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Realität meets Simulation

Autarkie-Häuser in Freiberg: Der Ergebnisbericht der Technischen Universität Freiberg nach vier Jahren Monitoring zeigt, dass die Prognosen stimmen.

Mit jeweils 190 Mess-Sensoren je Haus werden die beiden energieautarken Einfamilienhäuser in Freiberg detailliert vermessen. Bild: Timo Leukefeld

Der Strom aus der Photovoltaikanlage wird auch für das Elektroauto genutzt. Die Familie fährt damit rund 7 000 km im Jahr. Bild: Michael Bader

„Wir wollten Klimaschutz im Bauen und Wohnen durch ein neues solarbasiertes Konzept attraktiv machen“, sagt Timo Leukefeld, Solarenergie-Experte und Visionär. Bild: Michael Bader

 

Die beiden Gebäude wurden 2013 bezogen. In einem lebt der Mitschöpfer und Solarexperte Timo Leukefeld mit seiner Familie, das andere nutzt er als Büro für seine Firma.
In jedem der beiden Häuser sind 190 Mess-Sensoren installiert. Extra für die wissenschaftliche Begleitung des Projektes hat die Technische Universität Bergakademie Freiberg eine Planstelle eingerichtet, die von Dr. Ing. Thomas Storch besetzt wird. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt das Monitoring finanziell.
Bei dem energieautarken Wohnhaus in Freiberg hatte Leukefeld im Vorfeld einen solaren Deckungsgrad von 65 % für die Wärmeversorgung simuliert. Real lag er im Jahr 2016 bei 68,5 %. Für die Stromversorgung waren 100 % prognostiziert, im gleichen Jahr waren es laut Monitoring-Bericht 99,6 %.

Technische Daten
Die Einfamilienhäuser haben eine Wohnfläche von jeweils 162 m². Auf dem nach Süden ausgerichteten 45 Grad steilen Dach sind 46 m² Solarthermiekollektoren installiert. Der Langzeitwärmespeicher hat ein Fassungsvermögen von 9,1 m³. Ein Kamin mit 25 kW Leistung steht für die Nachheizung bereit.
Auf dem gleichen Dach sind weiterhin 58 m² Photovoltaikmodule montiert. Die PV-Anlage hat eine Leistung von 8,4 kW. Blei-Gel-Akkus mit 58 kWh Speicherkapazität speichern den Solarstrom zwischen, der gerade nicht direkt im Haus verbraucht werden kann.

Zuverlässige Simulation verschafft Vertrauen
Nicht nur die hohen Autarkiegrade stimmen Leukefeld zufrieden, sondern auch die Tatsache, dass die von ihm simulierten Werte für die solare Energieversorgung fast exakt eingetroffen sind. „Das ist oft nicht der Fall, und wenn große Differenzen dann auch noch bei Prestigeprojekten auftreten, ist es umso kontraproduktiver. Damit wird viel Vertrauen in die Möglichkeiten der Solartechnik zerstört“, sagt er, „Unser Ziel war es zu zeigen, wie integrales Denken für Strom, Wärme und Mobilität im Bauen funktioniert und hohe Autarkie in allen drei Sektoren erreicht werden kann.“ Dieses Ziel sieht er erfüllt. Auch beim Primärenergiebedarf schneiden die energieautarken Häuser sehr gut ab. Der spezifische Primärenergiebedarf für die Wärmeversorgung war mit 7 kWh/m²a berechnet. Real lag er in den Jahren 2014 bis 2016 zwischen 4,9 und 8,6 kWh/m²a und damit zum Teil noch unter dem prognostizierten Wert.

Blick in die Praxis
Der Wärmeverbrauch war in den Jahren 2014 bis 2017 zum Teil witterungsbedingt um 16 bis 33 % erhöht. Trotzdem übertraf die solare Deckung des Wärmbedarfs des bewohnten Hauses in den Messperioden die Planungsdaten von 65 %. Um überschüssige Wärme im Sommer zu nutzen, baute Leukefeld einen kleinen Pool im Garten. Weiterhin wird mit einer Erdsonde passiv gekühlt.
Eine 100-prozentige Stromautarkie wurde in den ersten zwei Jahren unter anderem aufgrund unterdurchschnittlicher Einstrahlungswerte und einiger technischer Defekte nur knapp verfehlt. Mit dem solaren Deckungsgrad von 99,6% im Jahr 2016 wurde sie jedoch fast erreicht. Der geplante geringe Gesamtstrombedarf in dem Wohnhaus von 2 000 kWh/a konnte mit 2 065 bis 2 245 kWh/a bis 2016 nutzerunabhängig sehr gut erreicht werden. „Das ist sehr sparsam, wenn man bedenkt, dass fünf Personen in dem Haus leben“, sagt Leukefeld.  

Haus als Tankstelle
Der Strom aus der Photovoltaikanlage wird auch für das Elektroauto genutzt. Die Familie fährt damit rund 7000 km im Jahr. In zehn bis elf Monaten tankt sie ausschließlich Solarstrom. Das Elektroauto und die Ladesäule hat die envia Mitteldeutsche Energie AG zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Forschung hat der Energieversorger und –dienstleister auch den Wärmespeicher in dem Haus, das als Büro genutzt wird, mit Power-to-heat bewirtschaftet.  

Was das Ziel ist
„Wir wollten Klimaschutz im Bauen und Wohnen durch ein neues solarbasiertes Konzept attraktiv machen“, sagt Leukefeld. „Die heute üblichen Ansätze sind Gängelei: Wir sollen die Fenster geschlossen halten, die Temperatur herunterregeln und das Licht ausschalten, um Energie zu sparen. So wird keine Lust am Energiesparen geweckt. Mit unserem Konzept der energieautarken Gebäude ermöglichen wir intelligentes Verschwenden anstatt blödem Sparen dank Solarenergie.“

 


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