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Podiumsdiskussion bei Garant Bad + Haus: Geht Bäderbau künftig ohne Handwerk?

Nicht ob, sondern „Wie wird der Bäderbau digitalisiert?“ – das war das Thema einer Podiumsdiskussion bei Garant Bad + Haus im A3 Forum in Rheda-Wiedenbrück. Der Einkaufsverband hatte im Rahmen seines Partnerevents zum Meinungsaustausch geladen – und ein Modell präsentiert, wie die Digitalisierung des Prozesses heute schon ablaufen könnte. Eine Bedrohung für das “Komplettbad vom Handwerk“?

Holger Siegel moderierte die Diskussion und skizzierte einen möglichen Weg der Digitalisierung des Badbau-Prozesses.

Hans-Arno Kloep: „40 m² in Innenstadtlage sind genug.“

Frank Kny: „Allein durch gute Prozesse sind 30% Kostenvorteil drin.“

Marc Schulte: „Bad-Einzelhandel muss On- und Offline kombiniert werden.“

Markus Rausch: „Es gibt eine gewisse Müdigkeit gegenüber Einzelhandelskonzepten.“

Der Prozess der Badrenovierung in zwei Tagen – nahezu ohne Handwerk

1. Über eine gut sichtbare Internetpräsenz werden Anfragen („Leads“) generiert.

2. Ein Konfigurator lädt zum Online-Badplanen ein.

3. Zwei Optionen: Selber messen oder Scanner-Aufmaßservice bestellen.

4. Planen im Konfigurator mit Expertensystem – mit jeweils aktuellem Budget.

5. Auftrag/Vertrag Online. Versicherungsmathematik deckt Risiken ab.

6. Fertigung der Maßkomponenten / Bestellung der Badobjekte.

7. Logistik – Just in Time.

8. Demontage und Montage in zwei Tagen.

 

Der Branchenjournalist und Moderator des Abends, Holger Siegel, stieg provokativ ins Thema ein: Wenn man vor fünf Jahren einen Taxifahrer gefragt hätte, wie sich sein Geschäftsmodell digitalisieren ließe – man hätte Schulterzucken zur Antwort bekommen: „Heute ist Uber das größte Taxiunternehmen weltweit; ohne ein einziges eigenes Taxi. Das sollte uns zu denken geben…“
Siegel sieht im Wettbewerb zwischen dem traditionellen SHK-Handwerk und an den Internet-Wettbewerb adaptierten Herausforderern eine Nagelprobe für das Bäderbau-Business und beschreibt ein mögliches Szenario wie folgt: „Der Kunde übernimmt mit einem Online-Konfigurator die Badplanung und das Angebot selbst. Das perfekte Aufmaß kommt vom Dienstleister wie in der Küchenbranche mit dem Aufmaß-Scanner. Danach folgt die industrielle Maßfertigung aller Komponenten. Das Komplettbad wird schließlich in zwei Tagen beim Kunden durch Monteure (nicht Handwerker) aufgehängt. Der Kunde spart dabei Baustellenzeit – und einiges Geld.“ Die These wurde von den anwesenden Diskutanten durchaus für zeitnah realistisch gehalten.
Unterstützung bekam Siegel vom Marktforscher Hans-Arno Kloep (Querschiesser-Unternehmensberatung). Bäder- und Heizungsbau stünden vor einem grundlegenden Wandel, der bereits in die Wege geleitet wurde: Konzerne in Handel und Industrie beschäftigen sich mit Hochdruck mit ähnlichen Modellen, um die personellen Engpässe im Handwerk aufzuweiten und Qualifizierungsdefizite bei den Verarbeitern zu lindern.
Es geht aber nicht nur um Personalressourcen, es geht auch um Geld. Podiumsgast Frank Kny, der sich mit der Itek GmbH auf Stammdatenharmonisierung und SHK-Branchensoftware spezialisiert hat, geht von einem Kostenvorteil von bis zu 30 % aus, der sich im Bäderbau allein aus optimierten Prozessen generieren lässt. Entscheidend, so Kny, sei die Sichtbarkeit im Internet: Ein bundesweit sichtbarer Online-Wettbewerber könnte problemlos einem SHK-Platzhirschen vor Ort das Leben schwer machen. Konfiguratoren mit hinterlegten Expertensystemen seien in der Lage, viel Planungsleistung zu übernehmen und indirekt auf den Kunden zu delegieren.
Marc Schulte, Geschäftsleiter der Garant Bad + Haus Verbundgruppe, sieht es als zentrales Thema für seinen Verband, seine mehr als 900 Mitgliedsunternehmen in Sachen Wettbewerbsfähigkeit gegen Online-Wettbewerb zu unterstützen: „Unsere Marge steht hier zur Disposition: branchenfremde Quereinsteiger und manche Marktteilnehmer aus Handel und Industrie machen sich auf, sie uns wegzunehmen.“ Schauplatz des Wettbewerbs seien das Internet und der stationäre Einzelhandel: „Wir brauchen die perfekte Kombination aus Online- und Offline-Point of Sales, um hier mithalten zu können. Unsere verkaufsaktiven Bäderplaner brauchen einen regionalen Auftritt für ihre Marke und zugleich alle wichtigen Leistungsmerkmale aus der Online-Welt“. Eine Meinung, die Kloep uneingeschränkt teilt: „Ein 40-m²-Ladenlokal in Innenstadtlage und Sichtbarkeit im Internet – mehr brauchen sie nicht, um beim Verbraucher auf den Zettel zu kommen.“
Bäderbauer Markus Rausch (Rausch GmbH, Sulzbach Murr) sieht eine gewisse Müdigkeit des Handwerks gegenüber Einzelhandelskonzepten: „Ich habe vor 20 Jahren eine wenig flexible Ausstellung im Industriegebiet gebaut – und mir wurde dafür reichlich auf die Schulter geklopft“. Das Ausstellungskonzept sei heute überholt, die Immobilie ein Mühlstein, den er ein Arbeitsleben lang mit sich herumschleppt. Bäder habe er trotzdem viele und erfolgreich verkauft – trotzdem: „Ich kenne einige, denen es ähnlich geht und die sich fragen, ob sie das nochmal grundlegend anpacken!“ Zum Thema erfolgreicher Einzelhandel und Einzelhandels-Showroom gebe es nach wie vor keine pauschale Antwort.
Hans-Arno Kloep empfiehlt eine konsequente Spezialisierung: „Das Komplettbad als Spezialisierungsfokus ist nicht genug. Spezialisierung muss durch die Brille des Kunden gesehen werden; und der bekommt in seinen Augen ein vergleichbares Komplettbad aus dem Internet möglicherweise bald ein Drittel günstiger.“ Weil Kunden Problemlöser wollen, sei die Herangehensweise des Handwerks oft viel zu produktfixiert: „Beim Online-Anbieter fangen die Probleme für den Kunden meist nach dem Vertragsschluss an - und bei uns sollten sie für den Kunden zu diesem Zeitpunkt aufhören ...“

Bilder: Garant Bad + Haus

 


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