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Planung, Bau und Betrieb im Einklang mit den Zielvorgaben

Einfluss des Building Information Modelings auf die Zukunft der TGA

Bild: Autodesk

Bild 1: Informationsentwicklung ohne Datenverlust (LOD = Level of Detail). Bild: Dr.-Ing. Schneider, in Anlehnung an [5]

Bild 2: Übersicht von BIM Lösungen. Bild: Dr.-Ing. Schneider, in Anlehnung an [1]

Bild 3: Schematische Darstellung des Koordinationsmodells. Bild: Dr.-Ing. Schneider

Bild 4: Konsolidiertes 3-D-Modell von acht unterschiedlichen TGA-Fachplanungen (links), Clash-Anzeige (rechts). Bilder: [6]

Bild 5: Potenziale durch BIM. Bild: Dr.-Ing. Schneider

 

Building Information Modeling, kurz BIM, ist aktuell eines der führenden Themen in der Bauindustrie. Innerhalb jeder Fachdisziplin können Potenziale durch die BIM-Methode entstehen. Auch in den Prozessen der Planung, der Realisierung und dem Betrieb der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) können durch die Methode BIM Effizienzen generiert werden. Bis sich eine flächendeckende Anwendung von BIM etabliert hat, steht insbesondere der Abbau von Hemmnissen durch Aufklärung im Fokus.

Die rasante Fortentwicklung von Digitalisierungsprozessen in Gesellschaft und Wirtschaft scheint grenzenlos. Führende Bereiche wie die Informations- und Telekommunikationsindustrie verinnerlichen dabei nach wie vor eine Vorreiterrolle. Innerhalb der Bauindustrie werden die digitalen Herausforderungen insbesondere mit den Potenzialen des BIM beantwortet. Unter BIM wird dabei eine optimierte Methode zur Planung, Ausführung und zum Betrieb von Bauwerken zur gemeinschaftlichen Nutzung verstanden.

Kollaborative Prozessabwicklung
Hierdurch wird die Kooperation innerhalb eines Projekts in den Fokus gesetzt. Dies verdeutlicht, dass die Methode BIM über das digitale Abbild eines Gebäudes mithilfe einer BIM-Software hinausgeht. Das Gebäudedatenmodell unterstützt die Arbeitsmethodik und stellt die Informationen zentrisch zur Verfügung. Alle Informationen der einzelnen Fachdisziplinen werden dabei innerhalb der Wertschöpfungskette von den interdisziplinären Beteiligten nicht nur ausgetauscht, sondern durch die Informationsfortschreibung auch der Detaillierungsgrad des Bauwerksdatenmodells systematisch erhöht.
Erleichtert wird dies, indem das sogenannte „open BIM“ angewandt wird, da hier keine identische Softwareverwendung aller Akteure verpflichtend ist und demnach die Wahlfreiheit der Softwarelösung eine optimale Auswahl der einzelnen Disziplinen ermöglicht [1]. Im Gegensatz hierzu spricht man von „closed BIM“, wenn eine geschlossene Softwarelandschaft vorherrscht. Zudem werden die Potenziale der BIM-Methode insbesondere durch die Anwendung von „big BIM“ deutlich. Anstelle einer Insellösung („little BIM“), wie beispielsweise innerhalb einer Fachdisziplin ohne Austausch untereinander, agiert „big BIM“ kollaborativ, indem alle Informationen innerhalb der Wertschöpfungskette zwischen den Disziplinen weitergegeben werden [2].
Mithilfe offener Standards kann eine Durchgängigkeit von Informationen bestmöglich realisiert und ein Datenverlust möglichst vermieden werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Schnittstelle IFC (Industry Foundation Classes) zu erwähnen. Diese ist herstellerunabhängig und wurde von building­SMART für das Bauwesen definiert. Auf Basis der IFC-Schnittstelle lassen sich Eigenschaften von Objekten sowie auch deren Geometrie übertragen [3]. Um die kooperative interdisziplinäre Zusammenarbeit der BIM-Methode realisieren zu können, ist es grundsätzlich empfehlenswert, dass offene Formate, Datenbanken und Schnittstellen angewandt und damit eine Abhängigkeit von Herstellern minimiert werden kann [4].

Umsetzung der BIM-Methode und Integration der TGA
Da die Einführung und Umsetzung von BIM in Deutschland im Gegensatz zu Ländern wie Großbritannien oder den USA noch verhalten voranschreitet, hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in 2015 einen Stufenplan vorgelegt. Zum aktuellen Zeitpunkt wird nach der Vorbereitungsphase (Stufe 1 – bis 2017) die verstärkte Umsetzung von Pilotprojekten gefördert (Stufe 2 – 2017 bis 2020), bis sich die Anwendung von BIM ab 2020 (Stufe 3) in Neuplanungen etabliert haben soll.
Innerhalb der häufig noch vorherrschenden Praxis erhalten Fachplaner der TGA die Ausführungsplanung, leiten dies in die Montagedokumentation über und erstellen anschließend die Bestandsdokumentation (As-built). Dabei werden den TGA-Unternehmen die Ausführungspläne in der Regel als zweidimensionale Pläne übermittelt, die häufig lückenhaft sind oder fehlende Planungsdetaillierungen aufweisen. Die Generierung einer geeigneten Montageplanung ist folglich aufwendig und verschlingt enorme Ressourcen. Um dem entgegenzuwirken und damit die Effizienz signifikant zu steigern, kann die Methode BIM genutzt werden. Das digitale Bauwerksdatenmodell ermöglicht Datendefizite schnell zu erfassen und fehlende Informationen gezielt zu beschaffen. Das 3-D-Modell kann auch im Rahmen der TGA-Planung um die Dimensionen Termine (4-D) und Kosten (5-D) erweitert werden [5]. Bei der Planung und Errichtung eines Bauwerks mithilfe der BIM-Methodik erstellen demnach die beteiligten Akteure für deren einzelne Fachdisziplinen unterschiedliche 3-D-Modelle. Diese sogenannten Teilmodelle bilden einzelne Bestandteile des Bauwerks und werden innerhalb eines Gesamtmodells, dem Koordinationsmodell, mittels einer BIM-Software verknüpft (Bild 3).
Auch die TGA-Fachplanung bildet diverse Teilmodelle, sodass durch die 3-D-Modellierung ein digitales Abbild aller TGA-Planungselemente in den Dimensionen der Funktion, Geometrie sowie der physikalischen Eigenschaften entsteht. Klassische TGA-Fachmodelle werden in der Regel für die Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Lüftungsplanung sowie für die Fernmelde- und Elektrotechnik angefertigt. Innerhalb eines TGA-Fachmodells befinden sich spezifische TGA-Daten wie beispielsweise Performance-Parameter der Lüftungstechnik sowie ebenfalls gesamtprojektspezifische Daten (z. B. Projektmeilensteine). Durch das Zusammenführen der unterschiedlichen Teilmodelle wird das Koordinationsmodell mit einer Vielzahl von Informationen, wie haustechnischen Geometrien und architektonischen Raumvorgaben, angereichert. In diesem Zusammenhang ist bei der Anfertigung des TGA-Teilmodells darauf zu achten, dass einheitliche Regelungen für alle Teilmodelle eingehalten werden, damit ein Austausch fehlerfrei funktioniert. Dies betrifft Bestimmungen hinsichtlich des zu verwendenden Koordinatensystems, des Farbschemas, der Detaillierungstiefe und der angewendeten Modellstruktur. Die Integration der Teilmodelle in ein Koordinationsmodell bietet dann den enor­men Vorteil einer digitalen Kollisionsprüfung, wodurch bereits innerhalb der Planungsphase Mängel vorab behoben werden können.

Potenziale durch BIM für die TGA
Eine Visualisierung durch das digitale Modell, besonders auch von technikintensiven Bereichen wie Installationsschächten oder Haustechnikzentralen, bietet demnach die Möglichkeit, Fehler vorab und nicht erst auf der Baustelle zu finden. Diese automatisierte Identifikation von Konflikten wird mit dem Begriff Clash Detection (bzw. Clashes) bezeichnet und stellt weltweit den häufigsten Anwendungsfall zur Nutzung von BIM dar. Diese Clashes entstehen insbesondere zwischen Leitungen unterschiedlicher Gewerke der TGA (Bild 4). Gerade bei komplexen Anforderungen an die TGA kann BIM somit enorme zeitliche sowie monetäre Potenziale realisieren.
Je nach Größe und Komplexität des Bauwerks zeigt die praktische Anwendung, dass die Anzahl der Kollisionen in die Tausende gehen kann. Aufgrund des schnellen Return of Investments ist eine Durchführung der Clash Detection trotzdem gängige Praxis. Im Fokus steht demnach nicht das alleinige Auffinden von Konflikten, sondern die Strukturierung dieser (z. B. nach Gewerken) und die Etablierung eines iterativen Regelprozesses, der sich abschnittsweise am Planungsfortschritt orientiert. Die Relevanz kann mithilfe eines TGA-Beispiels verdeutlicht werden. Kreuzt beispielsweise ein Rohr einen kompletten Leitungsstrang ist es möglich, dass durch die BIM-Software mehrere Konflikte identifiziert werden [7]. Des Weiteren hat sich in der Praxis gezeigt, dass häufig Probleme aufgrund von Sprinklerleitungen auftreten. Gerade bei einer Gipskartonwand werden keine Durchbrüche für die Sprinklerleitungen integriert und eine Kollision tritt stets zweimal (Vorder- und Rückseite) auf. Dies führt zu einer erhöhten Anzahl an Kollisionen. Eine Aufbereitung und Strukturierung kann diese Konflikte vermindern und so in Koordinationsbesprechungen mit den beteilig­ten Fachplanern eliminiert werden. Darüber hinaus ist es innerhalb der Planung möglich, einen sogenannten Model-Check durchzuführen, der eine Prüfung, beispielsweise des Brandschutzes, hinsichtlich vorgegebener Normen und Standards beinhaltet. Dabei werden Bauteile nach vorab definierten Regeln geprüft.
Weiter bietet das digitale Bauwerksdatenmodell Informationen zu Bauteilen, die für die Berechnung und Planung haustechnischer Anlagen benötigt werden. Eine Mehrfacherfassung der Daten, welche zeit- und kostenintensiv ist, wird hiermit vermieden. Folglich verringert sich der Aufwand für Rohrnetz- und Luftkanalberechnungen, die Berechnung von Heiz- und Kühllast oder auch Beleuchtungsberechnungen etc. Zur Ermittlung des Wärmebedarfs nach DIN EN 12831 kann ein digitales Bauwerksdatenmodell z. B. Daten liefern über Lage und Standort zur Ermittlung der Norm-Außentemperatur und der Windabschirmklasse, über die wirksame Masse und Abmessungen des Bauwerks sowie Geschossanzahl, Informationen zu erdreichberührten Flächen sowie der Abstand zum Grundwasser und Auskunft über die Nutzung der unterschiedlichen Zonen und Räume (Raumart). Diese Daten können nach Bedarf in weiteren Berechnungen, z. B. zur Kühllast nach DIN EN 13779 oder auch für Nachweise (z. B. nach EnEV) verwendet werden. In Bild 5 sind die Vorteile durch BIM anhand einzelner Prozesse abgebildet, wobei Potenziale mit hoher Relevanz für die TGA blau hervorgehoben sind. Dabei existieren übergeordnete Vorteile, die innerhalb aller Phasen sowie der Fachdisziplinen (auch TGA) zentral realisierbar sind, wie z. B. die bereits aufgezeigte Vermeidung von Mehrfacherfassungen der Daten, ebenso wie z. B. durch Clash Detection (dargestellt durch Pfeile).

Herausforderung bei der BIM-Einführung
Neben den aufgeführten Potenzialen, die sich durch eine Integration der BIM-Methode ergeben, ist eine Anwendung aber auch mit technischen, emotionalen sowie operativen Herausforderungen verbunden. Verfolgt ein TGA-Unternehmen die Absicht, die BIM-Methode zukünftig einzuführen, ist aus technischer Sicht die Schaffung einer geeigneten IT-Infrastruktur elementar. Da der Markt an aktuell verfügbaren BIM-Lösungen häufig als intransparent wahrgenommen wird, ist der beabsichtig­te Nutzen sowie die Kompatibilität mit der bereits bestehenden IT-Landschaft zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist die eigene Belegschaft in den Prozess miteinzubeziehen. Denn nur mithilfe einer motivierten Belegschaft, die fachgerecht Kompetenzen aufbaut und den Nutzen erkennt, ist die Neuerung BIM zu integrieren. Diese Phase des Übergangs erfordert ein hohes Maß an Koordination und Kommunikation einerseits der Belegschaft und andererseits des Managements.

Literatur:
[1]    Liebich, T. (2011), Thesen zu BIM, 7. building­SMART BIM Anwendertag
[2]    Malkwitz, A.; Ehlers, J. (2014), Building Information Modeling (BIM): Vision vom digitalen Bauen, in: UnternehmerBrief Bauwirtschaft, 01/14, Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG
[3]    Przybylo, J.; DIN (Hrsg.) (2015), BIM – Einstieg kompakt: Die wichtigsten BIM-Prinzipien in Projekt und Unternehmen, 1. Auflage, Beuth Verlag
[4]    Schneider, C. (2016), Effizienzsteigerungen im Lebenszyklus durch Facility Information Management (FIM), 1. Auflage, shaker Verlag
[5]    Essig, B. (2015), BIM und TGA: Engineering und Dokumentation der Technischen Gebäudeausrüstung, 1. Auflage, Beuth Verlag
[6]     Schaper, D.; Tulke, J. (2015), BIM bei HOCHTIEF Solutions, in: Borrmann et al. (Hrsg.): Building Information Modeling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, 1. Auflage, Springer Verlag
[7]    Tulke, J. (2015), BIM zur Unterstützung der ingenieurtechnischen Planung, in: Building Information Modeling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, 1. Auflage, Springer Verlag
[8]    Borrmann, A.; König, M.; Koch, C.; Beetz, J. (Hrsg.) (2015), Building Information Modeling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, 1. Auflage, Springer Verlag

Autoren: Dr.-Ing. Christin Schneider,
Prof. Dr.-Ing. Alexander Malkwitz,
beide Universität Duisburg-Essen (UDE)

 


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