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Photovoltaik über Brokkoli, Blumenkohl und Shrimps

Agrophotovoltaik (APV) ist nicht ein Positions-Ausdruck contra Photovoltaik, sondern der Begriff dafür, Photovoltaikanlagen auf – oder besser gesagt: über landwirtschaftlichen Flächen zu installieren. Die Wechselwirkungen werden derzeit vom Fraunhofer ISE in mehreren Projekten in Chile und Vietnam untersucht. Die Ergebnisse sind interessant.

In Chile laufen derzeit drei Forschungsprojekte, Photovoltaik in der Landwirtschaft einzusetzen. Bild: Fraunhofer ISE

Die Überspannung von Agrarflächen mit Photovoltaik ist ein Thema, das offenbar erstaunliche Ergebnisse resultiert. Bild: Hofgemeinschaft Heggelbach

 

In einem APV-Pilotprojekt in Kooperation mit Fraunhofer Chile, das im Frühjahr 2018 abgeschlossen wurde, wurden drei APV-Anlagen mit einer Leistung von je 13 kW in den Gemeinden El Monte, Curacaví und Lampa getestet. In dem Projekt wird untersucht, welche Kulturpflanzen von einer weniger starken Sonneneinstrahlung profitieren. Sensoren erfassen meteorologische Daten wie Sonneneinstrahlung und Luftfeuchte, aber auch Bodenfeuchte und –temperatur.

Drei sehr unterschiedliche Betriebe
Die landwirtschaftlichen Betriebe in Chile weisen dabei sehr unterschiedliche Profile auf. Im ersten Fall kam die APV-Anlage in einem landwirtschaftlichen Betrieb zum Einsatz, der mit sehr professionellen Methoden Brokkoli und Blumenkohl anbaut. Der Solarstrom wird in den Veredelungsprozessen wie Reinigung, Verpackung und Kühlung verwendet. Die zweite Pilotanlage wurde in einem Familienbetrieb errichtet, der darunter Kräuter anpflanzt. Im dritten Fall, in einer abgelegenen Region mit schwach entwickelter Infrastruktur und unzuverlässiger Stromversorgung, stellt die APV-Anlage die Stromversorgung für sieben Familien sicher, u.a. auch für einen Inkubator zum Ausbrüten von Hühnereiern.

Was man meinen könnte
Was man meinen könnte ist, dass die Photovoltaik-Überdachung der landwirtschaftlichen Flächen die Landwirtschaft negativ beeinflussen könnte. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein.
Durch die partielle Verschattung von Ackerflächen senken APV-Anlagen laut Fraunhofer nachweislich den Bedarf an der wertvollen Ressource Wasser und bieten Nutztieren Schatten. Auch Fruchtarten, die normalerweise bei trockenheißem Klima und starker Sonneneinstrahlung nicht wachsen würden, könnten in einem APV-System kultiviert werden. Gleichzeitig könnte der produzierte Solarstrom für den Betrieb von Wasserpumpen oder –entsalzungsanlagen genutzt werden.

Aqua-Photovoltaik
Für das vietnamesische Mekong Delta, wo sich ein Landnutzungskonflikt zwischen Aquakulturen und erneuerbaren Energien bereits abzeichnet, hat das Fraunhofer ISE in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ in Vietnam eine erste Vormachbarkeitsstudie zur Kombination von Shrimpsfarmen mit Photovoltaik erstellt. Das Projekt „Shrimps“ (Solar-Aquaculture Habitats as Resource-Efficient and Integrated Multilayer Production Systems) hat demnach laut ISE das Potenzial, eine Reihe systemischer Probleme Vietnams zu lösen: Entwicklung von erneuerbaren Energien und Gegenmaßnahmen gegen den Klimawandel, Ausbau der Shrimps-Produktion bei gleichzeitigem Schutz der Wasserressourcen sowie Verringerung von Landnutzung und CO2-Emissionen.

Mehr Shrimps unter PV
Den ersten Analysen zufolge kann die Pilotanlage in Bac Liêu etwa 15.000 t CO2-Emissionen einsparen und den Wasserverbrauch im Vergleich zu einer konventionellen Shrimp-Farm im Mekong-Delta um 75 % senken. „Die Landnutzungsrate steigt bei der Kombination von Aquakultur und Photovoltaik um mindestens 65 % im Vergleich zu einer Freiflächen-Photovoltaikanlage“, berichtet Autor Max Trommsdorff vom Fraunhofer ISE.
Damit könne die Aqua-Photovoltaik einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Flächenkonflikten in dem dicht besiedelten Land schaffen und helfen, den jährlich um 10 % steigenden Energiekonsum aus erneuerbaren Energien zu decken, so das ISE. Weitere Vorteile für die Betreiber der Aqua-Farm wären der Schutz gegen Raubtiere, verbesserte Arbeitsbedingungen durch die Verschattung und eine stabile und niedrigere Wassertemperatur, die das Shrimpswachstum begünstigt.
Angesichts der weltweit hohen Wachstumsraten von Aquakulturen und Photovoltaik habe das Konzept auch für eine ganze Reihe weiterer Entwicklungs- und Schwellenländer große Relevanz, so das ISE.

 


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