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Oberschwingungen im Stromnetz

Zunahme von nicht-linearen Verbrauchern führt zu massiven Netzrückwirkungen

Um die Netzrückwirkungen einzudämmen, wurden an einem Bahnhof in einer deutschen Großstadt zwei aktive Multiwave-Oberschwingungsfilter eingesetzt. Dadurch konnten der Neutralleiterstrom deutlich gesenkt und die EVGs erheblich entlastet werden.

Bei einem gewöhnlichen Verlauf schwingen sowohl die Spannung (Grafik links) als auch der Strom (Grafik rechts) in gleichmäßigen und reinen Sinusschwingungen mit 50 Hz. In der Praxis werden lineare Stromverbraucher jedoch nur noch selten angetroffen.

Im Falle eines Bahnhofs in einer deutschen Großstadt war der Neutralleiter deutlich höher belastet als der Außenleiter. Ursache dafür war ein hohes Aufkommen der 3. Harmonischen, die sich aufgrund ihrer Phasenlage auf dem Neutralleiter addierte und dazu führte, dass der 3-fache Neutralleiterstrom floss.

 

Für den Erfolg der Energiewende ist neben einem möglichst CO2-neutralen Strommix vor allem ein sparsamer Verbrauch entscheidend. Die Krux dabei: Je energieeffizienter ein Unternehmen arbeitet, desto mehr nicht-lineare Verbraucher werden eingesetzt und erzeugen unter Umständen störende Oberschwingungen. Netzrückwirkungen als Nebenprodukt der Energiewende sind so keine Seltenheit mehr, werden jedoch oft zu spät als solche erkannt – im schlimmsten Fall können sogar Brände und Überspannungsschäden eintreten.

Die Power Quality Service-Abteilung der KBR GmbH empfiehlt Unternehmen deshalb, vorsorglich eine Filtereinheit zu installieren. Das wurde z. B. an einem Bahnhof in einer deutschen Großstadt veranlasst: Nach umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen versorgen etwa 2000 elektronische Vorschaltgeräte (EVG) 5000 LED-Spots mit Strom. Während des Probebetriebs wurde ein hoher Neutralleiterstrom festgestellt, der durch Netzrückwirkungen der Verbraucher entstanden ist. Durch die Installation von zwei aktiven „Multiwave“-Oberschwingungsfiltern des Schwabacher Unternehmens wurden deutliche Entlastungen erreicht.
Laut den Technischen Anschlussbedingungen für den Anschluss an das Mittelspannungsnetz 2008 (TAB) endet die Verantwortung des Netzbetreibers am Übergabepunkt. Konkret heißt das: Ein Unternehmen ist selbst dafür verantwortlich, dass die Netzqualität hoch genug ist, um einen normalen Betrieb zu gewährleisten. Treten Versorgungsstörungen auf, hat das selten mit dem Energieversorger, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer hohen Anzahl an nicht-linearen Verbrauchern im Unternehmen zu tun. Denn während bei linearen Verbrauchern Strom und Spannung mit 50 Hz in einer gleichmäßigen und reinen Sinusform schwingen, die auch als Grundschwingung bezeichnet wird, beziehen nicht-lineare Verbraucher einen Strom aus dem Netz, der von der bekannten Sinusform abweicht und häufig als ein Vielfaches der Grundschwingung auftritt. Diese Stromabnehmer arbeiten zwar energieeffizient, können dafür aber Oberschwingungen und damit auch Netzrückwirkungen erzeugen.

EVU kann Übergabestation des Unternehmens vom Netz nehmen
Die Folge sind neben einfachen Funktions- und akustischen Störungen auch Stillstände; zuweilen treten schon nach kurzer Lebenszeit Defekte bei Maschinen ein. Außerdem können Leitungen und Transformatoren thermisch deutlich höher belas­tet werden. Im Extremfall sind sogar andere Kunden des Netzbetreibers von den negativen Effekten betroffen. „Das Unternehmen ist dann dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Netzrückwirkungen dauerhaft auf ein zulässiges Maß zu begrenzen“, erklärt Manuel Polinski, Power Quality-Sachkundiger bei KBR. „Der Netzbetreiber ist bis zur Behebung der Mängel dazu berechtigt, die Übergabestation des Betriebs vom Netz zu nehmen.“
KBR hat die Problematik bereits frühzeitig erkannt und im Jahr 2007 die Abteilung Power Quality Service ins Leben gerufen, die sich ausschließlich mit dem Thema Spannungsqualität auseinandersetzt. „Seit der Gründung steigt die Zahl der Unternehmen, die uns mit der Überprüfung ihrer Netze beauftragen, konstant an. Dazu bieten wir ausführliche Beratungen und liefern passende Filtergeräte, um das Netz wieder auf einen hohen Qualitätsstandard zu bringen“, so Polinski.

Zahl der nicht-linearen Verbraucher in Unternehmen steigt stetig
Dabei haben die Netzrückwirkungen eigentlich positive Ursachen:  Unternehmen, die ihren Energiebedarf optimieren und etwa ein Energiedatenmanagementsystem nach ISO 50001 einführen, sparen aufgrund des geringeren Stromverbrauchs nicht nur Kosten, sondern unter Umständen auch erheblich Steuern. „Wer besonders energieeffizient arbeitet, hat jedoch auch eine hohe Anzahl an nicht-linearen Verbrauchern im Betrieb. Dazu zählen neben Elektronischen Vorschaltgeräten, die etwa bei LED-Beleuchtungen eingesetzt werden, auch Energiesparlampen, Netzteile bei PCs und Druckern, Steuerungen in Maschinen, Umrichter oder die Drehzahlregelung von Motoren“, erläutert Polinski.
Viele Betriebe, die den Energieverbrauch optimieren wollen, übersehen die Problematik der Oberschwingungen jedoch und erleben dann ein böses Erwachen, wenn plötzlich unerklärlich scheinende Defekte und Störungen an Anlagen auftreten und der Maschinenhersteller die Verantwortung dafür von sich weist. Denn Probleme treten meistens dann auf, wenn eine große Monokultur eines Betriebsmittels installiert wird, z. B. der Einsatz eines einzigen Lampentyps bei der Beleuchtung. „Die zunächst recht kleine Störaussendung multipliziert sich dann mit der häufig recht hohen Anzahl der Leuchten, was am Ende zu einer erheblichen Netzbelastung führen kann“, so Polinski weiter.
KBR rät Unternehmen deshalb, neben dem Installationsort auch einen Wandler sowie einen Filterabgang vorzusehen. Auch die Installation einer kleinen Filter­einheit hält der Schwabacher Energieexperte für sinnvoll. Eine Netzanalyse muss immer im referenzfähigen Betrieb durchgeführt werden, da sich einzelne Störpegel nicht zwangsweise aufsummieren müssen. So kann es – bedingt durch die Phasenlage der Oberschwingungen – auch zu Kompensationseffekten kommen. Ist also bereits eine kleine Filtereinheit vorhanden, kann während des Probebetriebs der endgültige Bedarf festgestellt und die Filterleistung entsprechend angepasst werden.

Bahnhof vermindert Netzrückwirkungen durch Oberschwingungsfilter
Die Problematik trat auch in dem eingangs erwähnten Bahnhof mit 5000 LED-Spots,  die von ca. 2000 EVGs versorgt werden, auf.   Im Probebetrieb fiel jedoch ein ungewöhnlich hoher Neutralleiterstrom mit 235 A auf, der den Außenleiterstrom, der 155 A betrug, deutlich überstieg. Ursache dafür war ein hohes Aufkommen der 3. Harmonischen – sie schwingt mit 3 x 50 Hz –, die sich auf die Netzrückwirkungen der elektronischen Vorschaltgeräte zurückführen ließ. Der Installateur ermittelte anhand der Einbaumessgeräte den Filterbedarf selbst.
KBR wurde schließlich mit der Qualitätssicherung des Netzes beauftragt und lieferte zwei aktive Oberschwingungsfilter „Multiwave“ 120 A sowie 30 A, um die Netzrückwirkungen der EVGs zentral in der Verteilung zu filtern und damit die Zuleitung zur Verteilung und das vorgelagerte Netz zu entlasten. Dadurch konnte der Außenleiterstrom in der Hauptverteilung von 155 A auf 130 A und auf dem Neutralleiter von 235 A auf 40 A gesenkt werden. Da auch der Gesamt­oberschwingungsgehalt der Spannung von 7,5 % (Grenzwert 8 %) auf 2,8 % gesenkt werden konnte, wurden somit auch die Vorschaltgeräte von ihren eigenen Netzrückwirkungen entlastet, was zu einer deutlich längeren Lebenserwartung führt. Die Zuleitung der Verteilung, die sich vorher noch erheblich erwärmt hatte, blieb außerdem deutlich kühler; das Hauptziel des Projektes war damit erreicht. „Hätten die Verantwortlichen der dortigen Verkehrsgemeinschaft nicht so schnell reagiert, hätte es im schlimms­ten Fall zu einem Abbrand des Neutralleiters kommen können – auch ein Brandschaden inklusive Feuerwehreinsatz wäre denkbar gewesen. Durch die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten ist nun jedoch ein störungsfreier Betrieb gewährleistet“, zieht Polinski ein Fazit.

Bilder: KBR Kompensationsanlagenbau GmbH

www.kbr.de

 


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