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„Nur einem Ziel verpflichtet“

ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann über die zukünftige Ausrichtung der Verbandsarbeit

Hauptgeschäftsführer des ZVSHK ist seit Juli 2018 Helmut Bramann. Der 53-jährige studierte Bauingenieur wechselte vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie.

Der Markt in der SHK Branche bricht derzeit an vielen Stellen auf, digital geprägte Geschäftsmodelle dringen vor, Marktpartner verlängern ihre Wertschöpfung ins Handwerk hinein und werden gegebenenfalls zu Konkurrenten, sagt Helmut Bramann.

Der Zentralverband hat seinen Hauptsitz in St. Augustin – und damit weit weg von der politischen Bühne. Für Helmut Bramann ist eine erfolgreiche Lobbyarbeit deshalb zwingend mit einem Verbandsstandort direkt in Berlin verbunden.

 

Volle Auftragsbücher, steigende Bürokratielasten, der notwendige digitale Wandel sowie Facharbeitermangel und Nachwuchssorgen kennzeichnen die derzeitige Situation im SHK-Handwerk. Für den neuen Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), Helmut Bramann, sind das gleich mehrere zentrale Herausforderungen, die es – um im Handwerk zu bleiben – zu meistern gilt. Über das „Wie“ äußert sich der 53-jährige studierte Bauingenieur im Interview mit der IKZ-Redaktion.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das SHK-Handwerk boomt. Die Betriebe sind viele Wochen im Voraus ausgelastet. Hat das den Einstieg ins neue Amt erleichtert?

Helmut Bramann: Nein, erleichtert hat eher der Einstieg in der Sommerzeit. So bestand wenigstens etwas Zeit, den notwendigen Aufbruch der Verbandsorganisation in die Zukunft strategisch vorzubereiten. Davon abgesehen haben Sie natürlich Recht, unsere Betriebe haben derzeit enorme Auftragsreichweiten, die bei jeder unserer vierteljährlichen Konjunkturumfragen auch noch weiter anwachsen. Kurz: Die wirtschaftliche Situation ist ohne Zweifel komfortabel; und nach aller Wahrscheinlichkeit wird das so auch noch eine Weile anhalten. Das freut mich, gleichwohl darf es nicht den Blick auf die Zukunft verstellen: Der Markt in der SHK Branche bricht derzeit an vielen Stellen auf, digital geprägte Geschäftsmodelle dringen vor, Marktpartner verlängern ihre Wertschöpfung ins Handwerk hinein und werden gegebenenfalls zu Konkurrenten. Der Beschäftigungsgrad der Betriebe bringt die Gefahr mit sich, dass die Unternehmer schlicht keine Zeit finden, sich auf diese Entwicklungen vorzubereiten, die sie in absehbarer Zeit treffen können. Umso mehr ist es Aufgabe des ZVSHK, jetzt wichtige Weichenstellungen vorzunehmen. Das heißt, sowohl Verbandsstrukturen von der Innung über die Landesinnungsverbände bis zum ZVSHK als Dienstleistungsgemeinschaft zukunftsfähig aufzustellen, aber gleichzeitig auch Hilfestellungen zu entwickeln, die den Mitgliedsbetrieben auch künftig ermöglichen, ihre Beratungs- und Verkaufskompetenz als Point of Sale zu behalten bzw. erfolgreich auszubauen. Der Schlüssel liegt also in der Digitalisierung der Geschäftsprozesse als auch in digitalen Plattformangeboten für die Branche, die wir derzeit erschaffen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Nachwuchs- und Fachkräftemangel sowie steigende bürokratische Auflagen belasten die Betriebe. Dazu kommt die Flut an Normen, Richtlinien und Arbeitsblättern. Kann die Handwerksorganisation da unterstützen und wenn ja, wie möchten Sie die Herausforderungen angehen? Gibt es eine Blaupause aus der Baubranche, aus der Sie ja kommen?

Helmut Bramann: Als Fachverband ist der ZVSHK z. B. in der technischen Normungsarbeit aktiv und bietet den Innungsbetrieben nicht nur dadurch Vorteile. Das Bürokratie-Problem sind eher staatliche Auflagen, die unsere Handwerksbetriebe belasten. Dies betrifft das gesamte Handwerk, deshalb müssen wir politische Forderungen noch stärker handwerksübergreifend abstimmen und gemeinsam an die Politik herantreten. Dazu ist unser Dachverband ZDH da, den wir nach bes­ten Kräften unterstützen. Mit dem Fachkräftemangel sprechen sie ein weiteres fundamentales Problem unserer Gesellschaft an, aus meiner Sicht eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre. Als Verbandsorganisation werden wir unsere Anstrengungen zur Nachwuchswerbung weiter verstärken müssen – auch finanziell. Hier kann der Appell an alle Branchenbeteiligten nur lauten „gemeinsam“ statt „einsam“ agieren. Also finanzielles Engagement bündeln, sonst werden wir nicht wahrgenommen. Wir haben mit „Zeit zu starten“ eine funktionierende Nachwuchswerbekampagne für die SHK-Branche auf den Weg gebracht, die ihre Wirkungskraft mit jeder zusätzlichen Sponsorenleistung noch steigern kann und muss. Mein Appell an Hersteller und Handel lautet: Machen sie mit!Nun zu Ihrer Frage nach einer „Blaupause“. Der Begriff gefällt mir an der Stelle schon nicht, weil er einfache Lösungen verspricht. Die gibt es nicht. Das Nachwuchsproblem existiert überall, nicht nur in der Bau- und Ausbaubranche. Aber es gibt natürlich Ansätze, über die man auch bei uns nachdenken könnte – z. B. die Gewinnung von Quereinsteigern und ausländischen Fachkräften. Eine Frage, mit der sich der ZDH auf meine Anregung hin tatsächlich nun auch für unser Handwerk beschäftigen wird. Oder die Frage einer gerechten Verteilung der Lasten beruflicher Ausbildung innerhalb der SHK Branche. Dazu gibt es beispielsweise im Bauhauptgewerbe eine für Ausbildungsbetriebe sehr vorteilhafte Regelung.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bleiben wir bei den Herausforderungen und blicken wir auf die digitalen Veränderungsprozesse in der Branche. Wie können Betriebe im digitalen Zeitalter ihre Informationshoheit über die spezifischen Markt-, Produkt- und Kundendaten ausbauen und sichern und wie kann die Handwerksorganisation diesen Weg begleiten?

Helmut Bramann: Die Verfügbarkeit von Daten – damit meine ich alle für den Geschäftsbetrieb relevanten Produkt- und Kundeninformationen – ist das A und O. Sie werden zur neuen Währung der digitalen Transformation, das bestätigen uns Geschäftsmodelle wie Google, Amazon und Co. Wer die Datenhoheit hat, bestimmt den Markt und schafft Abhängigkeiten. Es muss deshalb unser Interesse sein, für den SHK-Bereich solchen Anbietern zuvor zu kommen, indem wir in der Branche einen wettbewerbsneutralen und offenen Datenpool aufbauen, der allen Branchenbeteiligten, insbesondere unseren Betrieben und deren Kunden, alle relevanten Daten in der gewünschten Qualität an einer Stelle zur Verfügung stellt. Damit meine ich nicht margenabschmelzende Vergleichbarkeit, sondern Transparenz bezüglich Verfügbarkeit und technischer Voraussetzungen als Arbeitserleichterung in einem komplexen Wettbewerb. Das alles ausgerichtet auf den „Point of Sale“. Dafür muss die Wertschöpfungskette SHK allerdings zusammenhalten und an einem Strang in eine Richtung ziehen, denn wir werden diese Herausforderung in unserer Branche nur gemeinsam meis­tern können. Als ZVSHK haben wir hierfür das neue Datenportal „Open Datapool“ auf den Weg gebracht. Es ist ein Angebot an alle Branchenbeteiligten und stellt qualitätsgeprüfte Produktdaten bereit, die kostenfrei von Handwerkern, Architekten und Planern genutzt werden können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Von der Fachöffentlichkeit meist kaum wahrgenommen werden die Aktivitäten des Verbands auf europäischer Ebene oder im Wirtschaftsbereich. Gleichwohl haben Sie erheblichen Einfluss auf die Branche. Welche Aufgaben und Ziele stehen hier auf Ihrer Agenda?

Helmut Bramann: Das mag so sein. Wir können gerne hierzu eine Kolumne in der IKZ eröffnen. Zu berichten wäre genug: Vor Kurzem war ich erst im europäischen Kontext unterwegs. Uns beschäftigt die Nachbesserung der bislang lückenhaften europäischen Normenbasis für Produkte im Trinkwasserbereich bis hin zur Einführung einer neuen europaweiten „Ener­gy Performance of Buildings Directive“, also verschärfter europäischer Rahmenbedingungen für Energieeffizienz im Gebäudebereich. Weitere Stichworte sind Luftqualität in Innenräumen, Anforderungen an Bauprodukte oder auch die Entwicklung des digitalen Binnenmarktes. Da sind wir für unsere Betriebe am Ball und treffen uns regelmäßig in Brüssel. Wir beobachten natürlich auch, was bei unseren europäischen Nachbarn passiert. Zum Beispiel im Bereich Building Information Modeling (BIM) sind uns Deutschen da einige andere Länder voraus; da können wir uns noch ein paar Dinge abschauen, auch wenn wir mit Open Datapool eine Grundlage zur Verteilung BIM-relevanter Daten gesetzt haben. Im Wirtschaftsbereich werden wir künftig auch stärkere Akzente setzen, vor allem im politischen Umfeld. Häusliche Pflege ist z.­ B. so ein Thema. Ein gigantischer Bedarf rollt da auf Deutschland zu. Wir greifen das auf, haben eine Studie dazu auf den Weg gebracht und führen zahlreiche politische Gespräche in Berlin, denn wir wollen und brauchen dringend Rahmenbedingungen, die Investitionen in Pflegebäder fördern.

IKZ-HAUSTECHNIK: Nach den beiden Volljuristen von Bock und Esser steht jetzt ein Techniker an der Spitze des ZVSHK. Was bedeutet das für die zukünftige Ausrichtung der Verbandsarbeit?

Helmut Bramann: Pragmatismus, Konzentration auf unsere Kunden und zielgerichtetes Projektdenken als Dienstleis­ter. Von seiner Historie und in seiner primären Aufgabenstellung ist der ZVSHK schon immer ein berufsständisch, technisch geprägter Verband. Da kann ein Techniker an der Spitze doch grundsätzlich schon mal nicht so verkehrt sein, oder? Wir sollten auch nicht unterschlagen, dass mit Andreas Müller in den letzten beiden Jahren schon ein Techniker Hauptgeschäftsführer im Zentralverband war. Den wesentlichsten Vorteil eines Technikers nenne ich aber jetzt: Wir sind – und ich bin es explizit – Teamplayer! Das benötigen wir heute mehr denn je. In Zeiten des Wandels durch Digitalisierung, sich dynamisch verändernder Rahmenbedingungen in allen Bereichen kann auch die Verbandsarbeit nie allein auf den Schultern einer Person lasten. Der ZVSHK agiert in enger Abstimmung mit seiner ehrenamtlichen Führung und vielen bei uns in Gremien engagierten Handwerkern in einem breiten Interessenspektrum des Marktes, von Fragen der Technik, über Berufsbildung, zu Wirtschafts-, Rechts- und Steuerfragen und das alles im Kontext bestmöglicher Öffentlichkeitsarbeit und Wahrnehmung. Da braucht es für einen modernen Verband ein starkes Mitarbeiterteam und das habe ich im ZVSHK vorgefunden. Ich glaube daran und motiviere aktuell alle Mitarbeiter, dass wir als Dienstleister das Beste für unsere Mitglieder geben und herausholen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der ZVSHK wird seine Hauptstadtrepräsentanz in Potsdam aufgeben und in absehbarer Zeit in Berlin eröffnen. Ist das ein Fingerzeig für eine verstärkte politische Arbeit – auch oder insbesondere durch den neuen Hauptgeschäftsführer?

Helmut Bramann: Der Zentralverband hat im politischen Berlin eine starke Stimme. Wir werden insbesondere auf der für so uns wichtigen fachlichen Ebene gehört. Das gilt für das brisante Thema Energiewende ebenso wie für die Herausforderung in den nächsten Jahren Millionen von Wohnungen altersgerecht umzubauen. Ich werde meine persönlichen Kontakte zur Politik und Verwaltung einbringen, um das noch weiter gesamtpolitisch auszubauen. Das versteht sich von selbst. Und ich kann in diesem Kontext auch den Ehrgeiz nicht verbergen, in den nächsten Jahren unseren Einfluss im politischen Umfeld weiter auszuweiten. Dazu gehört zwingend ein Verbandsstandort direkt in Berlin. Lobbyarbeit ist berechtigte Interessenvertretung. Sie bietet Dialog, Ideenaustausch und Wissenstransfer – eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen. Wir werden diesbezüglich das umsetzen, was für die SHK-Branche Sinn macht: Ich bin und bleibe auch da pragmatischer „Techniker“.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bei 17 Landesverbänden kommt es immer wieder mal vor, dass die Interessen bei übergreifenden Themen auseinander gehen. Welche Rolle und welche Aufgaben fallen dem Zentralverband unter Ihrer Führung zu?

Helmut Bramann: Für mich ist entscheidend, dass wir als Verbandsorganisation den Mehrwert einer Innungsmitgliedschaft über alle Ebenen – Zentralverband, Fachverband, Innung – dem freiwillig organisierten Handwerksbetrieb vermitteln können. Da müssen wir besser werden, sonst wird die gesamte Verbandsorganisation nicht bestehen. Unsere vielfältigen Leistungen über alle Instanzen können transparenter als bislang zum Kunden gelangen. Dabei ist es völlig egal, wer diese liefert, denn jeder zahlende Betrieb verlangt im Kern nur eine Antwort auf seine konkreten Fragen: War die Antwort gut, umfassend und hilfreich und lohnt sich daher die Mitgliedschaft in der Organisation? Wenn wir es nicht schaffen, dass diese Frage durchgängig positiv beantwortet wird, werden wir Betriebe verlieren und für immer weniger sprechen können. Deshalb sind wir als gesamte Organisation nur einem Ziel verpflichtet: den wirtschaftlichen Stand und Erfolg der SHK Branche und seiner Betriebe zu bewahren und zu steigern. Andererseits, müssen wir neuen Generationen in der Führung von Mitgliedsbetrieben erfolgreich vermitteln, weshalb sich Solidarität lohnt. Die einzelnen Betriebe erwarten zu Recht von ihrer Organisation dahingehend Geschlossenheit und Zusammenhalt. Meine ersten Gespräche mit den Kollegen aus den Landesverbänden geben mir das Gefühl, dass wir hier an einem Strang ziehen.

Bilder: ZVSHK

www.zvshk.de

 


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