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Nachhaltige Wasserkonzepte für Wohngebäude - Vom Umgang mit der lebenswichtigen Ressource Wasser

Der Umgang mit der Ressource Wasser im Kontext des Bauens betrifft nicht nur die Gebäudetechnik, sondern das gesamte Bauschaffen, über den Baugrund hinaus. Die zumeist einseitig fokussierte Trinkwasserhygiene ist dabei nur ein Teilaspekt.

Tabelle 1: Wasserwirtschaft in und an Gebäuden.

Tabelle 2: Nutzungsprofil Trink-/Grauwasser.

Tabelle 3: Schmutzwasserarten in Wohngebäuden.

Tabelle 4: Nutzungsprofil Betriebswasser.

Tabelle 5: Interne Wasserbilanz eines Mehrgeschoss-Wohnungsbaus.

Tabelle 6: Beispiel Wasserbedarf für Waschmaschinen.

 

In Bestandsgebäuden steht es in Sachen Trinkwasserhygiene zwar nicht immer zum Besten, im Neubau allerdings ist diese heute das zentrale Thema der Sanitärtechnik. Die Trinkwasserverordnung überträgt die Verantwortung (Sorgfaltspflicht) ab der Gebäudeeinführung (Wasseruhr) an den Betreiber. Diese Schnittstelle ist als Übergabe zur Hausinstallation definiert. Für die gesamte Hausinstallation gelten Kenn- und Grenzwerte zur Trinkwassergüte. Diese Qualitätsanforderungen umfassen nicht nur die Trink-Kaltwasserversorgung, sondern im besonderen Maß die Trink-Warmwasserversorgung mit weiteren Anforderungen und technischen Regeln (DVGW, usw.) zur Reinhaltung der Trinkwasserhygiene. In diesem Zusammenhang steht die Gesundheit der Nutzer vor der Energieeffizienz in der Bereitstellung von Trink-Warmwasser.
Nachhaltige Wasserkonzepte für Gebäude umfassen allerdings nicht nur das Trinkwasser als solches, sondern betrachten die gesamte Wasserwirtschaft in und an Gebäuden. Das bedeutet freilich, dass zuerst eine wesentliche Unterscheidung notwendig ist, die den Wasserhaushalt in und an Gebäuden umfasst. Diese ist in Tabelle 1 dargestellt. Die Unterscheidung ist wesentlich für die Betrachtung der Wasserwirtschaft in und an Gebäuden, da sie erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat, um nicht zu sagen auf die gesamte Biosphäre, in der wir uns befinden.
Die Errichtung eines Bauwerkes wirkt immer auf den Umraum, seine unmittelbare Umgebung. Besonders der natürliche Wasserkreislauf wird dabei erheblich beeinflusst. In der Regel ist leider eine massive Störung des natürlichen Wasserhaushalts die Folge, die sich nicht nur in der Verdichtung und Versiegelung von Freiflächen auswirkt. Durch den Umgang mit Wasser ergeben sich weitreichende Kettenreaktionen, besonders auch im Inneren des Gebäudes. Allein schon die Nutzung und Verwendung der Ressource Wasser führt zu ökologischen und also auch ökonomischen Folgen.
Der Umgang mit dem Informations- und Energieträger Wasser in und an Gebäuden muss aber nicht immer eine Verschlechterung der Gesamtsituation und Reduzierung von Lebensqualität bedeuten. Bei einer nachhaltigen Wasserwirtschaft ist vielmehr das Gegenteil der Fall, da nicht nur der Umraum, sondern die gesamte Region eines Siedlungsgebiets bis hin zur Steigerung der Lebensqualität aller Beteiligten davon profitieren wird. Das Bauen an sich ist im Sinne der Ökologie nicht immer schlecht, sondern nur, wenn schlecht gebaut wird.
Fernab von Nachhaltigkeits-Zertifikaten und anderen Beschäftigungsmaßnahmen mündet auch hier allein der klare Menschenverstand in der Erkenntnis: Die natürliche Ordnung ist nicht zu stören. Dieses Leitmotiv beinhaltet konsequenterweise die sich durch das Bauen ergebenden Störungen zuerst auf ein Minimum zu reduzieren und diese vermeintlich unvermeidlichen Störungen auszugleichen. Dieser Ausgleichsprozess vermag nicht nur eine Korrektur, sondern vielmehr auch in der Tat eine Verbesserung der Ausgangssituation zu bewirken.
Die Freifläche, der Baugrund und das gesamte Siedlungsgebiet kann durch die Errichtung eines Bauwerks in der Tat aufgewertet werden. Mit anderen Worten geht es also konkret darum, durch das Errichten eines Bauwerks die Gesamtsituation zu verbessern und nicht zu verschlechtern. Letzteres ist leider noch viel zu oft der Fall.
Die systemische Einbeziehung des Bauwerks in seinen Umraum (Umgebung) ist die Grundübung des nachhaltigen Bauens im Rahmen einer Biologischen Bauordnungslehre. Dabei spielt der Umgang mit der Ressource Wasser eine wesentliche Rolle, wie es in folgenden Ausführungen zu erkennen sein wird.

Externe Wasserwirtschaft an Gebäuden

Die externe Wasserwirtschaft an Gebäuden befasst sich mit der unmittelbaren Auswirkung durch die Präsenz des Bauwerks auf seine Umgebung. Etwaige Nutzungsanforderungen spielen bei dieser Betrachtung keine Rolle, da es sich allein um das anfallende Wasser innerhalb der Biosphäre handelt, in der ein Gebäude errichtet ist. Der Baugrund in seiner topografischen Lage und Exposition spiegelt die besonderen und regionalen Eigenschaften des Mikroklimas wider, die sich auf den Wasserdampfgehalt der Außenluft (absoluter Feuchtegehalt der Luft) auswirken. Der Baugrund ist also immer auch als Feuchtgebiet spezifischer Ausprägungen zu kategorisieren, und zwar zumindest in „trocken“, „mittel“ oder „feucht“. So wird man den mikroklimatischen Tatsachen selbst auf engstem Raum gerecht. Wichtig ist, wie sich verschiedene „Wetterlagen“ hinsichtlich des Wassers auf das Gebäude auswirken, beispielsweise bei Häusern in Hanglage oder bei erdberührten Bauteilen in schlecht umlüfteten Bereichen, eventuell gar mit verminderter Sonneneinstrahlung etc.
Aus dieser Kenntnisnahme heraus lassen sich spezifische Einflüsse und Wechselwirkungen bis hin zum baulichen Feuchteschutz erkennen. Wasserführende Schichten, Grundwasserleiter und anstehendes Wasser im Untergrund sind grundlegende Parameter, die überhaupt erst eine Eignung des Baugrunds bestimmen. All diese Voraussetzungen lassen sich als gegeben einordnen und wirken auf das Bauwerk. Das Bauwerk selbst wirkt allerdings sehr indirekt auf den natürlichen Wasserhaushalt in Form von Versiegelungsflächen (Dach- und Erschließungsflächen), wo dem Niederschlagswasser sein natürlicher Weg verbaut wird, direkt in den Untergrund einzudringen.
Die Bewirtschaftung von Niederschlagswasser ist eine zentrale Herausforderung der externen Wasserwirtschaft an Gebäuden, die im Wesentlichen den Umgang mit der Störung des natürlichen Wasserhaushaltes als Konsequenz jeglicher Bebauung umfasst. Niederschlagswasser als Abwasser zu betrachten und in die Kanalisation einzuleiten, war ein verheerender Grundirrtum, für den nachfolgende Generationen noch bezahlen müssen. Es bleibt also keine Zeit zu verlieren, diesen Irrtum grundlegend zu korrigieren, um jene Hypothek deutlich zu mildern.
In den Grundsätzen der Abwasserbeseitigung schreibt das Wasserhaushaltsgesetz in § 55: „Abwasser ist so zu beseitigen, dass das ,Wohl der Allgemeinheit’ nicht beeinträchtigt wird.“ Wie auch immer der Gesetzgeber das „Wohl der Allgemeinheit“ im Konkreten auszulegen vermag, sollte es keinerlei Diskussion bedürfen, dass die Aufrechterhaltung des natürlichen Wasserkreislaufes als auch der Umweltschutz als Ganzes die elementare Basis bilden, um von einem „Wohl der Allgemeinheit“ überhaupt sprechen zu können. Wie es aber in der Praxis um das „Wohl der Allgemeinheit“ bestellt sein mag, vermag der zweite Absatz „Niederschlagswasser soll ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen“ mannigfach anzudeuten.
Versiegelungsflächen gilt es grundsätzlich zu vermeiden und auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren, um damit dem behördlichen und verwaltungsjuristischen Verständnis von Abwasserbeseitigung von vornerein zu entgehen, da ein solcher Tatbestand gar nicht erst geschaffen wird. Dies betrifft die Art der Erschließung des Gebäudes ebenso wie etwaige Stellplätze. Das Niederschlagswasser von versiegelten Freiflächen, und vor allem von Dachflächen, Terrassen (und Balkonen), gilt es auf direktem Wege – seiner Bestimmung nach – dem Untergrund zuzuführen. Man spart kein Wasser mit einer Regenwassernutzung, man entreißt es dem natürlichen Wasserkreislauf und ignoriert die Folgen. Bei einer Grauwassernutzung besteht ohnehin keinerlei Bedarf, Regenwasser als Betriebswasser zu nutzen.
Der natürliche Wasserhaushalt des Untergrunds wird durch eine direkte Versickerung mit eventueller Retention dezentral stabilisiert, was sich freilich auf die Freiflächen- und Gartengestaltung, das Mikroklima, die Artenvielfalt und die Luftqualität nachhaltig auswirkt. Dadurch können Trockenperioden gemildert und zusätzliche Bewässerungsaufwendungen deutlich reduziert werden. Das Sammeln und etwaige Reinigen von Niederschlagswasser ist aus der Regenwassernutzung hinreichend bekannt und verlangt lediglich einen konsequenten und klaren Schnitt an jener Stelle, wo das Regenwasser ins Gebäude gebracht wird. Genau an dieser Stelle ist die Einleitung in den Untergrund herzustellen. Dementsprechend handelt es sich bei einer Regenwasserbewirtschaftung um nichts anderes als eine Umleitungsmaßnahme, indem das Wasser von den Dachflächen dezentral auf dem Grundstück in den Untergrund geführt wird, freilich ohne die Bausubstanz dabei zu beschädigen.

Versickerungssysteme

Für die Versickerung von Niederschlagswasser und Grauwasserüberschüssen bieten sich vielerlei Systeme an. Die Versickerung verfolgt das Ziel, den natürlichen Wasserhaushalt zu unterstützen und Störungen des Wasserkreislaufes auf direktem Wege auszugleichen. Sie kann sowohl klassisch über verschiedene Bauarten von Sickerschächten, Rigolen oder über Mulden, einen Sickerteich oder durch eine kontrollierte Bewässerung (Verregnung) entsprechend der jeweiligen Gartengestaltung erfolgen.
Jede einzelne Bauart und Umsetzung enthält eine Vielzahl von Varianten und Möglichkeiten; ebenso können verschiedene Systeme miteinander verbunden oder kombiniert werden. Grundsätzlich muss bei einer Versickerung von Regenwasser auf ausreichenden Abstand oder etwaige besondere Schutzmaßnahmen zum Gebäude geachtet werden. Da spielt auch die unterirdische Fließrichtung des Sickerwassers eine wichtige Rolle, die zu beachten ist.
Die Versickerungsleistung von Untergründen und deren Eigenschaften hinsichtlich der Durchlässigkeit sind in jedem Fall zu prüfen. Die Durchlässigkeit des Untergrunds, eines Bodens, ist nicht nur von seiner Materialbeschaffenheit abhängig, sondern auch vom Verdichtungsgrad. Besonders durch Baufahrzeuge kann selbst ein Sandboden so verdichtet werden, dass er eine sehr schlechte und durchaus untypische Wasserdurchlässigkeit erhält. Die Versickerungsleistung wird als kf-Wert in Meter pro Sekunde definiert und bildet die Grundlage zur Auslegung der Versickerungseinheiten.
Bei einer Versickerung sollte immer auch die Bodenbiologie betrachtet und die Positionierung von Versickerungseinheiten berücksichtigt werden.

Bauwerksbegrünung und Freiflächengestaltung

Die Regenwasserbewirtschaftung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Bauwerksbegrünung, die aus mannigfachen Gründen nicht nur in Ballungsgebieten und Städten nottun, um diese Lebensräume überhaupt noch lebenswert zu erhalten bzw. die (immaterielle) Lebensqualität zu steigern. Quartierübergreifende Gebäudebegrünung zur Verbesserung des Mikroklimas wirken sich auf das städtische Mesoklima aus. Gleichzeitig erzeugt die mit einer konsequenten Bauwerksbepflanzung verbundene Gestaltungsverbesserung des Umfelds eine Steigerung der Arbeitsplatzqualität, des Wohnwerts und der sozialen Bindung der Bewohner untereinander. Das Rückhaltevermögen von Niederschlägen in Substrat, Bewuchs und Regenwasserspeichern führt durch die reduzierte und zeitversetzte Versickerung zur Entspannung der Starkregenproblematik und zur Entlastung der Kanalisation bzw. einer nachhaltigen Niederschlagswasser-Bewirtschaftung.
Unumstritten sind diesbezüglich auch die energetischen Wechselwirkungen zwischen Bauwerk und Umgebung (Umraum) durch die Vermittlung gebäudenaher Bepflanzungen, wie beispielsweise die Verdunstungskälte der Pflanzen im Sommer, Luftreinigung und CO2-Reduzierung, Staubbindung, Nachtauskühlung von Städten im Sommer, um nur diese zu nennen. Die Luftreinigung der Pflanzen durch Staubausfilterung und Feinstaubbindung an ihrer Blattoberfläche sowie die CO2-Bindung und Sauerstoffproduktion der Pflanzen durch Photosynthese verbessern die Außenluftqualität nachhaltig. Besonders bei der dezentralen Außenluftnachführung (Luftwechsel) vom Außen- in den Innenraum, unterstützt die Bauwerksbegrünung die Lufterneuerung im umbauten Raum durch die Qualitätssteigerung der Außenluft im Umraum.
Die Bauwerksbegrünung schließt nicht nur den Kreis des natürlichen Wasserkreislaufes unmittelbar, sondern bietet ebenso Optionen für einen öko-sozialen Gartenbau, wie z. B. Versickerungs-Hochbeete, Teichlandschaften und Sickerteiche, als natürliche Wasserreservoire.

Interne Wasserwirtschaft in Gebäuden

Die Handlungsschwerpunkte zur Trinkwassergüte sind in der Branche durchaus bekannt, werden mannigfach diskutiert und sollen hier nicht weiter betrachtet werden, obgleich sie natürlich das Resultat  unserer Wasserwirtschaft überhaupt sind. Denn es ist eben unser Umgang mit dem Wasser, als auch die verheerenden Folgen der industriellen Landwirtschaft, die Ignoranz wassergefährdender Stoffe, der Umgang mit Altlasten ebenso wie durch unser Handeln absehbare Neulasten, welche die heutigen Probleme der Trinkwassergewinnung ausmachen.
Wie verhält es sich aber mit all dem Nicht-Trinkwasser, dem sogenannten Betriebswasser, welches keine so hohe Wasserqualität verlangt, wie es bei Trinkwasser für den primären (direkten) menschlichen Gebrauch der Fall ist und deren Definitionen oft sehr schwammig sind. Das Abwasser ist eine nicht unwesentliche Größe, da die Abwassermenge sich aus der Konsequenz des nahezu gesamten Wasserbedarfs im Gebäude aus Trinkwasser und Nicht-Trinkwasser (Betriebswasser) entwickelt. Das Trinkwasser, das als Nahrungsmittel in der Tat „verbraucht“ wird, ist marginal und pro Person mit kaum mehr als 5 l/Tag zu veranschlagen.
Leider wird aber das Abwasser als solches sehr stiefmütterlich betrachtet und in der Regel kaum differenziert, sondern vielmehr als Wirtschaftsfaktor, und nicht als Ressource begriffen. Dabei ist es genau dieses Wasser, welches uns irgendwann wieder als Trinkwasser zur Verfügung stehen sollte. Es bildet die Summe dessen, was nach dem menschlichen Gebrauch, ob direkt oder indirekt, übrig bleibt, wie es der Begriff Abwasser-Sammelleitungen nur allzu deutlich macht, und ist wesentlicher Teil eines offenen Systems. Das Abwasser wird nicht selten schlicht als durchlaufender Posten betrachtet, die Folgen kaum reflektiert. Allein bei selbstbestimmten Bauherren ist in den letzten Jahren ein deutlicheres (Umwelt-)Bewusstsein, jenseits vom Tunnelblick verordneter Energieeffizienz und Worthülsen wie „Öko“ und „Bio“, festzustellen.
Erst in letzter Zeit setzt sich nicht nur in der Baubranche, sondern auch in manchen Regionen von Amts wegen eine differenzierte Betrachtung des Abwassers durch. Besonders in Regionen, in denen die unmittelbaren Folgen beim besten Willen nicht mehr zu übersehen bzw. zu kaschieren sind, z.B. durch stetig steigende Verdichtung von Freiflächen und stetiger Reduzierung von Ausgleichsflächen, Starkregenereignisse, Trockenperioden, Kostenexplosionen bei Kanalsystemen usw., wird gezwungenermaßen nach Alternativen gesucht. Diese liegen längst auf der Hand und sind für einen klar denkenden Menschen durchaus auch als Laie nachvollziehbar, bzw. erschließen sich in der Ausarbeitung von Wasserbilanzen. Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bezeichnet in Abschnitt 2 „Abwasserbeseitigung“ unter § 54 im Wesentlichen Schmutzwasser und Niederschlagswasser als Abwasser. Hinsichtlich Abwasseranlagen wird lediglich darauf verwiesen, dass diese nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden müssen. Eine weitere Differenzierung von Schmutzwasser bleibt jedoch aus. Umso mehr handelt es sich dabei um zentrale Aufgabenstellungen der Baubiologischen Haustechnik.
Dabei gilt es aber, das Schmutzwasser von Wohngebäuden zumindest in Schwarzwasser und Grauwasser weiter zu unterscheiden (s. Tabelle 2) – wie es den Prinzipien der Baubiologischen Haustechnik entspricht. Schwarzwasser ist vor allem fäkalienhaltiges Abwasser aus den Toilettenbereichen oder Reinigungswasser mit grobstofflicher Verunreinigung. Grauwasser ist nichts anderes, als das, was nach dem Waschen, Duschen und Baden übrigbleibt, wenn man den Stöpsel zieht. Es handelt sich also allein in Wohngebäuden hierbei um zwei vollkommen unterschiedliche Schmutzwässer.
Im Wohnungsbau ist in zwei wesentliche Wasser-Nutzungsarten zu unterscheiden: Trinkwasser zur direkten Nutzung durch den Menschen (Nahrungszubereitung und Körperreinigung) und Betriebswasser zur indirekten Nutzung durch den Menschen (Toiletten-Spülung und Reinigungswasser). Die Bedarfskonstanten unterscheiden sich also in:

  • Lebensmittel – Nahrungszubereitung, Heiß- und Kaltgetränke für den direkten menschlichen Verzehr,
  • Körperhygiene – Ausstattung sanitärer Einrichtungsgegenstände und Armaturen (in Bädern, Duschbädern  und Toiletten usw.),
  • Haushaltshygiene – Ausstattung an Einrichtungen und Geräten zur Hauswirtschaft (Küchenspüle, Waschmaschine usw.),
  • Nutzungsvariabilität – Anzahl der Bewohner und Nutzungsfrequenz, Größe der Wohneinheit.

Diese Bedarfsparameter gilt es in einem Nutzungs- und Lastprofil abzubilden. In der Tabelle 3 wird das Nutzungsprofil aus Trinkwasserbedarf und der daraus resultierenden Grauwasserlast in einer Wohneinheit mit vier Personen dargestellt. Diese Wohneinheit ist mit einem Duschbad und einem Badezimmer ausgestattet, in denen sich jeweils eine Toilette und ein Waschtisch befinden.

Wasser in Duschbädern, Badezimmern und Toiletten

Der Markt bietet schon seit geraumer Zeit wassersparende Armaturen im Sinne eines sparsamen Umgangs mit der Ressource Trinkwasser an, was lediglich als Grundlage eines nachhaltigen Wasserkonzepts zu verstehen ist. Freilich als erster Schritt nur, denn wir werden bei allen sogenannten Sparmaßnahmen nie unter eine bestimmte (nutzungsspezifischen1) Mindestmenge an Wasserbedarf im Wohnungsbau gelangen. Also macht es doch umso mehr Sinn, die Ressourcenschonung nicht nur vordergründig zu propagieren, sondern auch tatsächlich konsequent umzusetzen, in dem man eine strategische Partnerschaft mit der Ressource Wasser eingeht.
Die Menge dieses gering verunreinigten Trinkwassers (Grauwasser) entspricht etwa 2/3 dessen, was in Bad und WC überhaupt benötigt wird. Das restliche Drittel wird für WC und Urinal benötigt, verlangt aber keineswegs die Wasserqualität, die wir uns unter der Dusche oder beim Zähneputzen wünschen. Nun stellt sich die Frage, was wir uns denn so in das Badewasser kippen. Letztendlich aber sollte dieses Wasser, ebenso wie das Wasser aus dem Duschbereich oder vom Waschtisch, im Wesentlichen nur leicht verschmutzt sein. Nach einer gebäudezentralen biologischen und mechanischen Reinigung, kann dieses Wasser in einer Qualität, die den EU-Richtlinien für Badegewässer entspricht, direkt in die WC-Spülkästen gebracht werden. Daraus resultiert sodann das Schwarzwasser, das über die Entwässerung „entsorgt“ wird (Dezentrale Klärinseln).
Analog zum Nutzungsprofil Trinkwasserbedarf für Duschbad und Badezimmer und die daraus resultierende Grauwasserlast, zeigt das Nutzungsprofil Betriebswasserbedarf (Tabelle 4) die Wassermenge für die Toilettenspülungen. Das ist gerade mal die Hälfte der zeitnahen Grauwasserlast. Also muss man an dieser Stelle keinerlei Bedenken tragen, ob nun die Anzahl der Toilettenspülungen pro Tag auch tatsächliche den individuellen Empfindlichkeiten vollkommen entsprechen, oder wie oft vielleicht noch etwas nachgespült werden muss (was nicht selten bei sogenannten Wasser-Sparlösungen der Fall ist). Es soll an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, inwieweit ein richtiger Umgang mit Wasser zwangsläufig ein „Sparen“ verlangt. Der Anspruch des Wassersparens ersetzt keineswegs die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Wasserwirtschaft.
Natürlich schmeißt das dynamische Nutzerverhalten so manch statische Berechnung über den Haufen. Aber die offengelegten Verhältnismäßigkeiten zeigen in aller Deutlichkeit, dass bei einer Grauwassernutzung nicht nur ein Drittel Wasser vom Ganzen eingespart wird, sondern darüber hinaus de facto sogar noch ein Überschuss besteht, der anderweitigen Nutzungen zugeführt werden kann. Über die Doppelnutzung in Bad und WC hinaus, lassen sich weitere ökologische Potenziale erschließen.
Die interne Wasserbilanz eines Mehrgeschoss-Wohnungsbaus mit 10 Wohneinheiten (Tabelle 5), unterschiedlicher Größe und Anzahl der Bewohner zeigt die Verhältnismäßigkeiten der Nutzungsvariablen auf. Besonders im Wohnungsbau ist der Grauwasserüberschuss so erheblich, dass er nicht nur Defizite an Betriebswasser, die sich im (vielleicht nebenstehenden) Nicht-Wohngebäude oder gebäudeintegrierte Nutzungseinheiten mit viel geringerem Trinkwasserbedarf ergeben, auszugleichen vermag. Ebenso kann er durch Versickerung in den Untergrund den Freiflächen zugeführt werden und den natürlichen Wasserhaushalt stabilisieren.

Struktur von Ver- und Entsorgungsleitungen

Ein nachhaltiges Wasserkonzept differenziert sowohl die Versorgungsleitungen in Trinkwasser- und Betriebswassernetze als auch die Abwasserleitungen in Grauwasserleitung und Schwarzwasserleitung. Unabhängig von einer praktischen Differenzierung bedeutet dies, dass bei der separierten Herstellung der Leitungsführungen das Grauwasser über Sammelleitungen mit dem Schwarzwasserstrang erst zusammengeführt werden kann, bevor beide Abwässer als Schmutzwasser das Gebäude verlassen. Eine solche Infrastruktur ermöglicht dann jederzeit die Nachrüstung einer Grauwasser-Aufbereitungsanlage, die sich am tiefsten Punkt des Gebäudes (in der Regel im Kellergeschoss, oder neben dem Gebäude im Erdreich) befindet.
Gleichermaßen verhält es sich mit den Wasser-Versorgungsleitungen. Selbst wenn vorerst Trinkwasser als Betriebswasser genutzt wird, kann bei einer Bereitstellung von Betriebswasser die Verbindungsleitung getrennt und das installierte Betriebswassernetz mit Betriebswasser betrieben werden. Mit dieser Vorgehensweise kann jederzeit – ohne großen Aufwand – eine Grauwasser-Aufbereitungsanlage nachgerüstet werden, um nach der Pflicht (Struktur) die Kür (Betrieb) umzusetzen.

Wasser für den Haushalt

Abgesehen vom Wasserbedarf und den Abwasserlasten in den sanitären Räumen (Badezimmern und Duschbäder) fordert der Haushalt weiteren Wasserbedarf. Es handelt sich dabei um Wasser als Lebensmittel und eng damit verwoben jenes Wasser für die Haushaltsreinigung (Haushaltshygiene), das im direkten Zusammenhang mit dem Menschen steht (Küchenspüle, Geschirr-Spülmaschine). Das Trinkwasser, das unmittelbar zur Nahrungszubereitung tatsächlich verbraucht wird, ist in der Gesamtbilanz der Wasserwirtschaft einer Wohneinheit zu vernachlässigen. Anders verhält es sich mit dem Spülwasser der Küchenspüle, wie auch mit etwaigem Reinigungswasser für Geschirrspülmaschine und Waschmaschine und anderen Reinigungszwecken. Die Energieeffizienz von Waschmaschinen kann nicht allein nur auf den Strombedarf reduziert werden.
Wasser ist als Informations- und Energieträger umfassend zu achten. Daraus ergibt sich von selbst die Notwendigkeit einer Wasserbilanz von Gebäuden, die den Energiebedarf nicht nur für den Betrieb, sondern auch für die Erwärmung des Wassers auf bis zu 60 °C und mehr, wie es der Hygieneanspruch gerade im Haushalt erfordert, berücksichtigt.
Die energietische Bilanzierung unseres Umgangs mit Wasser sollte sich aber keineswegs auf die Energiezuführung als Wärmeträger reduzieren, sondern sich umso mehr mit den vielfältigen Energieaufwendungen für die Bereitstellung von Wasserbedarf beschäftigen. Konsequenterweise sollte am Ende des Tages auch der Wasserbedarf zur baulichen Erstellung eines Gebäudes verbucht sein.

Wärmerückgewinnung aus Grauwasser

In Tabelle 3 ist sowohl der Energieaufwand für die Warmwasserbereitstellung als auch die Energiemenge des Grauwassers als Grauwasser-Rest-Wärme dargestellt. Nicht nur in dieser Betrachtung zeigt sich, dass die Ökonomie nicht mehr und nicht weniger als ein Teil der Ökologie ist. Unabhängig von diversen Nutzungsvariablen und technischen Innovationen bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass bei größeren Wohneinheiten im Gebäude selbst, ein Energie-Einsparpotenzial von mehr als 30 % des Warmwasserbedarfs für Trinkwasser nutzungsbedingt schon vorhanden ist, welches nur noch generiert werden muss.
Dieser Anteil einer energetischen Selbstversorgung ist wohl am ehesten mit der Wärmerückgewinnung aus der Abluft zu vergleichen. Allein in Anbetracht der Tatsache, dass die spezifische Wärmekapazität von Wasser eine ungleich größere ist als von Luft, ist es höchste Zeit, analog zur Abluft, eben auch Abwasser (insbesondere Grauwasser – gebäudezentral) als Wärmequelle zu begreifen und sich ihrer zu bedienen.
Einer anfallenden Grauwasserlast ist stets ein Warmwasserbedarf vorausgegangen, der sodann eine erneute Bereitstellung von Trink-Warmwasser verlangt. Da ist es doch nur logisch, die Wärmeenergie aus dem Grauwasser zumindest für die Vorerwärmung des Warmwassers zu nutzen und eine zentrale Bereitstellung sicherzustellen.
Der Grauwasser-Überschuss, der aus einer konsequenten Grauwasseraufbereitung resultiert, ist eine nicht unbeträchtliche Menge, die dem natürlichen Wasserkreislauf auf unmittelbare Weise zugeführt werden kann. Diese Menge könnte ohne das errichtete Wohngebäude dem Untergrund nicht zugeführt werden; also profitiert in diesem Fall die Umwelt durch das Bauwerk.

Fazit

Mit der gebäudenahen Niederschlagsbewirtschaftung lässt sich nicht nur der natürliche Wasserhaushalt nachhaltig stabilisieren, sondern es können darüber hinaus im Kontext der Bauwerksbegrünung vielfältige Synergien erwirkt werden: mit der Rückhaltung von Regenwasser, zusätzlichem Schutz der Baukonstruktion und Oberflächen, Reduzierung sommerlicher und winterlicher Lasten usw. Die pflanzliche Evapotranspiration, die Lichtreflexion, die Verschattung und die Verdunstungskühle im Sommer des von Bauwerksbegrünungen gespeicherten Regenwassers verbessern das Mikroklima signifikant. Im Kontext des „Klimawandels“ und diversen Bemühungen um Energieeffizienz, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sollte die Grauwassernutzung längst schon Standard sein! Allein die Umwandlung der Strukturen ist eine zentrale Aufgabe und Herausforderung nicht nur der Gebäudetechnik. Die Bilanzierung der Wasserwirtschaft von Gebäuden ist hierfür ein geeignetes Mittel.

1) Nutzungsspezifisch bedeutet in diesem Sinne eine zivilisatorische Grundversorgung als Standardgröße.

Autor:
Frank Hartmann

 


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