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Möglichkeiten der barrierefreien Badplanung

Anforderungen nach Regelwerk in Verbindung mit individueller Badgestaltung

Im barrierefreien Bad steht die boden­gleiche Dusche im Mittelpunkt, zudem zahlreiche weitere Ausstattungselemente das Bad für alle Generationen unterstützen: der Klappsitz unter der Brause, das höhenverstellbare WC sowie der Bewegungsspielraum und kontrastreiche Akzente. Bild: Wahl/Livinghouse

Die schematische Darstellung eines typischen Badezimmers zeigt Merkpunkte für Barrierefreiheit auf: von der Beinfreiheit am Waschtisch über geeignete Wandverstärkung für die Nachrüstung von Haltegriffen bis zum Außenanschlag der Tür und Bewegungsflächen. Bild: VDMA

Bodengleiche Duschfläche für schwellenlosen Komfort. Das hinreichende, fast unmerkliche Gefälle ist bei der Stahlemailwanne ins Design integriert. Eine Farbauswahl ermöglicht darüber hinaus eine gewünschte Anpassung an das Umfeld. Bild: Bette

 

Für die im Bad geforderte Bewegungsfreiheit bieten sich komplett einklappbare Duschabtrennungen an. Bild: Artweger

Der seitliche bzw. wandseitige Rinnenablauf unterstützt das Konzept der Barrierefreiheit, da die Standfläche in der Dusche unberührt von Ablaufgittern oder Abdeckungen bleibt. Bild: Tece

 

Barrierefreiheit ist eine große Aufgabe im Wohnungsbau und zugleich wichtiges Thema in der Sanierung. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: zum einen die Gestaltung bzw. Ausführung nach DIN 18040-2 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen“, zum anderen eine individuelle Vereinbarung, bei der die Norm keine Vorgabe ist, aber wichtige Anregungen geben kann. Der Beitrag zeigt beide Möglichkeiten in Bezug zur Badplanung auf.

Allein die ältere Generation beim Thema „barrierefreies Bad“ in den Blick zu nehmen, ist kurzsichtig. Menschen können Handicaps in jedem Alter erleiden. Dabei können Einschränkungen verschiedene Aspekte der Sinneswahrnehmung sowie der Mobilität betreffen. Und nicht zuletzt handelt es sich um ein Vorsorgethema: Vorbeugen für den Fall der Fälle und um so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung bleiben zu können.
„Der Raum oder die Produkte sind so zu planen, dass bei der Nutzung des Bades möglichst wenig fremde Hilfe in Anspruch genommen werden muss“, sagt Harald Wahl, Sanitärfachhändler mit hauseigener Planungsfirma. Denn bei einer langfris­tigen Investition – wie sie ein Badneubau oder eine Sanierung bedeuten – ist über den Zeitverlauf an unterschiedliche Nutzerprofile zu denken. Hierbei ist in erster Linie zu beachten, dass bei Menschen mit zunehmendem Alter meist neben den motorischen auch die kognitiven Fähigkeiten nachlassen. Die Folge ist, dass sich Bedienfunktionen nicht mehr so einfach erfassen lassen wie von jüngeren Personen. Nicht zuletzt sollte auch an den Bewegungsdrang von Kindern gedacht werden.
Zur Umsetzung dieser zahlreichen Aspekte hat die barrierefreie Planung zunächst die Architektur ins Visier zu nehmen: Ist der Weg ins Badezimmer einfach, die Tür breit genug, der Boden rutschhemmend, genug Bewegungsspielraum vorhanden, sind hinderliche Kanten vermieden? Sodann geht es um die Badeinrichtung mit den jeweiligen Objekten, Armaturen und der Beleuchtung: Ist alles gut begehbar, leicht zu bedienen und auf den ersten Blick zu verstehen? Schließlich kann ein falscher Dreh zu gefährlichen Situationen führen. Denn Barrierefreiheit heißt stets: leichter Zugang sowie einfache und sichere Benutzung – für alle Badnutzer.

Landesbauordnung/Regelwerk
Die Anforderungen und Empfehlungen für barrierefreies Wohnen sind in der DIN 18040-2 enthalten. Die Norm kann – wenn vertraglich vereinbart – sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung zum Einsatz kommen. Ein Muss sind die Anforderungen daraus meist, wenn Förderprogramme (bsw. KfW-Kredite) in diesem Zusammenhang in Anspruch genommen werden. In welchem Umfang bei Mehrfamilienhäusern Bauträger auch barrierefreie Wohnungen vorsehen müssen, steht in der jeweiligen Landesbauordnung, die ggf. die DIN 18040-2 in die verpflichtenden technischen Baubestimmungen aufgenommen hat (Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise noch im Prozess, dies gesetzgeberisch umzusetzen).
Durch welche konkreten baulichen und produktspezifischen Maßnahmen die Barrierefreiheit erreicht wird, kann unterschiedlich ausfallen. Als Orientierungshilfe und worauf zu achten ist, haben z. B. die Vereinigung deutsche Sanitärwirtschaft e.V. (VDS) und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) auf der gemeinsamen Website „Aktion Barrierefreies Bad“ (www.aktion-barrierefreies-bad.de) zusammengestellt. Hier findet sich auch eine Checkliste zum Download. Ideenskizzen von barrierefreien Bädern in unterschiedlichen Dimensionen bieten sich des Weiteren auf der Internetseite unter www.bewegung-im-bad.net, einer Initiative vom Industrieverband VDMA. Diese Vorlagen sind hilfreich für das Gespräch mit dem Badkunden, der sich an den Kriterien der Norm orientiert oder eine individuelle Badgestaltung wünscht.

Bauliche Voraussetzungen klären
Beginnend bei den baulichen Voraussetzungen stellen sich bereits verschiedene Fragen, die mit dem Bauherren zu besprechen sind: Ist das künftig auf Barrierefreiheit ausgerichtete Bad an der richtigen Stelle? Ist es vom Schlafzimmer leicht zu erreichen? Oder sollte die Tür versetzt und der Raum eventuell vergrößert werden? Für eine Anpassung der Tür ist zu beachten, dass die Barrierefreiheit eine Durchgangsbreite von 80 cm (für Rollstuhlfahrer mindestens 90 cm), eine lichte Höhe von 205 cm und den Anschlag von außen verlangt. Hintergrund ist, dass die Tür im Falle eines Falles sich nach außen öffnen lässt. Für die barrierefrei Planung sollte auch beachtet werden, dass die Wände/Vorwandelemente ausreichend stabil für die ggf. spätere Montage von Haltestangen und -griffen sind.
Die Bewegungsfreiheit und der hindernisfreie Wege zwischen Tür, Waschtisch, WC und Dusche oder Wanne stehen am Beginn einer barrierefreien Planung. Dazu gibt es zwei Aspekte zu beachten: Zum einen ist selbstverständlich auf bauliche Hindernisse wie Stufen oder Podeste zu verzichten, und auch die Tür sollte schwellenlos sein. Zum anderen empfiehlt es sich, den Boden rutschhemmend zu gestalten, ob mit Fliesen (Klasse R 10 oder besser) oder einer anderen stumpfen Oberfläche. Dies gilt selbstverständlich besonders für die Duschfläche: „Antislip“-Beschichtung ist eine bewährte Lösung, aber rutschhemmend wirkt auch ein Mosaikboden mittels seines hohen Fugenanteils.

Sicherheit und Komfort in der Dusche
Wer nach DIN 18040-2 vorgeht: Die Norm ist auch in diesem Aspekt flexibel. Hier geht es um Schutzziele und weniger um Details der Umsetzung. Der Badplaner hat dahingehend also einen Spielraum, um individuelle Möglichkeiten umzusetzen, z. B. einen Rinnenablauf für die Dusche. Dies kommt dem barrierefreien Konzept entgegen, da kein Abfluss die Standfläche unterbricht. Die unterbrechungsfreie Ausführung, ob als Duschboard, als Duschwanne mit seitlichem Ablauf, zementäre oder beflieste Fläche, wird zwar in der Norm nicht spezifiziert, soll aber möglichst harmonisch in den übrigen Badfußboden übergehen. Lediglich ein Höhenunterschied von 2 cm (der möglichst abgeschrägt ausgebildet werden sollte) und ein Gefälle von bis zu 2 % sind gestattet. In puncto der Bewegungsfläche an der Dusche 120 x 120 cm (Rollstuhlfahrer 150 x 150 cm) lässt die Norm zu, dass sich diese je nach Gestaltung mit anderen Bewegungsflächen überschneiden kann, wie sie am WC oder vor dem Waschtisch vorgeschrieben sind (auch jeweils 120 x 120 cm). Dabei ist für die Rollstuhlbenutzung ein entsprechender Wendekreis zwischen den Einrichtungsgenständen mit mindes­tens 150 cm Durchmesser zu beachten. Mehr Bewegungsfreiheit schafft beispielsweise eine komplett einklappbare Duschabtrennung. Stehende Glas-Duschabtrennungen sind zwar elegant, können aber auch schnell übersehen werden. Eine visuelle Kennzeichnung, etwa durch ein grafisches Dekor, ist daher empfehlenswert. Nicht zuletzt sollte die Lösung mit einem Duschvorhang in Erwägung gezogen werden, wenn es um Barrierefreiheit und die Vermeidung von Stoßkanten oder Hindernissen geht.
Über die DIN hinaus liefert das Konzept vom Generationenbad, wie es Verbände und verschiedene Hersteller propagieren, praktische Hinweise für das zukunftsfähige Bad: So werden beispielsweise Thermostate mit klarer Kennzeichnung empfohlen. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Motorik zum sicheren Greifen und das Sehvermögen mit dem Alter abnehmen. Auch die Bedienung der Handbrause und das Einstellen ihrer Aufhängung an der Brausestange sollten leichtgängig sein. Last but not least bietet ein Klappsitz Unterstützung für sicheres Duschen. Bei der Planung sind dabei ggf. Wandverstärkungen zu berücksichtigen. Ebenso empfiehlt die Norm Verstärkungen und Traversen an Positionen, die für ggf. spätere Montagen von Stützgriffen infrage kommen.

Waschtisch und WC
Am Waschtisch muss nach DIN 18040-2 Beinfreiheit herrschen, und der Blick in den Spiegel soll problemlos im Sitzen möglich sein. Dafür muss dieser mindestens 100 cm hoch bzw. im Sitzen kippbar sein. Für die Sitzposition ist am Waschtisch eine etwas niedrigere Montagehöhe von 65 bis 70 cm gefragt. Zudem ist für die Unterfahrbarkeit ein entsprechender Waschtischablauf vorzusehen. Die WC-Sitzhöhe ist auf den Nutzer abzustimmen, wobei 46 bis 48 cm das Setzen und Aufstehen erleichtern. Das Maß der Ausladung muss mindestens 70 cm betragen. Zudem sind Stützklappgriffe vorzusehen.
Hilfreich ist auch eine individuelle Höhenverstellbarkeit. Für den Waschtisch und das WC gibt es entsprechende Module, die auch elektrisch zu verstellen sind. Beim Thema Stromanschluss, der bei diesen Modulen unverzichtbar ist, sollte auch an eine Versorgung eines Dusch-WCs gedacht werden, egal, ob dieses bereits heute oder morgen angeschafft wird. Dieser Komfort gehört zwar nicht zu den Kriterien der Barrierefreiheit, empfiehlt sich aber für das Seniorenbad mit Blick in die Zukunft. Bedienkomfort sollte zudem für die Spülbetätigung eingeplant werden, die von einer Fernauslösung am Klappgriff bis hin zur Fernbedienung oder einer Steuerung per App reicht. Gute Erreichbarkeit spielt nicht zuletzt bei den Waschtischarmaturen eine Rolle: Die Norm sieht wahlweise Einhebelmischer oder Sensor-Elektronik in Verbindung mit einer Temperaturbegrenzung vor. Weitere Überlegungen können die Platzierung des Mischers betreffen (seitlich an Stelle der hinteren Position).

Die Wanne bleibt erreichbar
Auf die Badewanne zu verzichten, fällt gerade älteren Menschen vielfach schwer – gehört das Entspannungs- oder hausmedizinisch wirksame Vollbad doch stark zur gewohnten Badkultur. Umso ärgerlicher, wenn die eingeschränkte Beweglichkeit das sichere Ein- und Aussteigen infrage stellt. Das gilt aber nur für herkömmliche Wannen. Angebote mit einer wahlweisen Öffnung als Einstieg sind Alternativen. Solche „Wannen mit Tür“ werden inzwischen von einem halben Dutzend Herstellern angeboten (siehe auch Artikel mit Marktübersicht im Internet unter www.ikz.de, Eingabe in Suchzeile: Komfortabel duschen und baden). Zwar ist der Zugang bei diesen im strengen Sinne nicht barrierefrei, weil eine Schwelle von zumeist 5 bis 15 cm zu beachten ist, aber ohne Zweifel sind die Dusch-Badewannen-Kombinationen gerade für die Sanierung eine Option. Modelle, bei denen sich sogar ein Sitz in das Wasser herabfahren lässt, bieten zusätzlich ungeahnten Komfort ohne die Optik von Pflege. In der Beratung der Kombi-Wannen sollten allerdings auch die Benutzungsabläufe zur Sprache kommen. Schließlich muss der Nutzer eines Vollbads entkleidet in der Wanne auf den hinreichenden Pegelstand warten, und hinterher ist das Verlassen der Wanne natürlich erst nach Leerstand möglich – wenn man nicht doch wieder über die Wannenbrüstung steigen mag. HK

 


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