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Mieterstromgesetz bislang kaum wirksam – Grund zur Aufregung?

Das vor einem Jahr vom Deutschen Bundestag verabschiedete Mieterstromgesetz habe kaum Abhilfe geschaffen und müsse dringend nachgebessert werden, lautet die übereinstimmende Auffassung des GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW).

Mieterstromprojekte entstehen – erfolgreich. Die Branchenverbände GdW und BSW zeigen sich aber unzufrieden. Bild: Stadtwerke Heidelberg

Mieterstrom: Während die einen wehklagen, realisieren die anderen. Bild: Polarstern

Autor Dittmar Koop meint: „Nach einem Jahr Schlüsse zu ziehen und Forderungen zu resultieren scheint etwas verfrüht.“ Bild: Dittmar Koop

 

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes ziehen beide Verbände eine ernüchternde Bilanz. Die Bundesnetzagentur registrierte bislang lediglich 108 Mieterstromprojekte mit einer Photovoltaik-Gesamtleistung von rund 3 MW. Nach Einschätzung von GdW und BSW wurde damit nicht einmal 1% des Solarpotenzials auf Miethäusern gehoben, das die Bundesregierung in einer Studie ermittelt hat. Demnach könnten in Deutschland bis zu 3,8 Millionen Wohnungen mit Mieterstrom versorgt werden.

Mieterstrom braucht Zeit

Stimmen aus der Wirtschaft, die konkret mit Mieterstromprojekten befasst sind, weisen allerdings darauf hin, dass Mieterstromprojekte nicht von heute auf Morgen realisiert werden, so dass es zumindest fraglich erscheint, nach nur einem Jahr bereits diese Schlüsse ziehen zu können, dass das Mieterstromgesetz unzureichend ist.

Eine Umfrage zeigt Unzufriedenheit

Dennoch muss man zu Kenntnis nehmen: In einer Befragung von Akteuren der Immobilienbranche sowie der Solar- und Energiewirtschaft bestätigt sich das Bild, das die beiden Bundesverbände zeichnen. Im Mai und Juni beantworteten 169 Unternehmen der Solar-/Energie- und Wohnungswirtschaft den Onlinefragebogen des BSW. Davon füllten 118 Befragte den ganzen Fragebogen aus. Die Auswertung der Onlinebefragung kann man hier herunterladen.
Die Mehrheit der Befragten ist eher unzufrieden (43 %) oder gar sehr unzufrieden (28 %) mit dem Mieterstromgesetz. Ein Drittel ist positiv gestimmt (28 % eher zufrieden, 3 % sehr zufrieden). Tenor: Abschreckend wirken in dem Mieterstromgesetz vor allem die Komplexität des Geschäftsmodells, die zu geringe Wirtschaftlichkeit sowie das komplizierte Zählerwesen und der komplizierte Netzanschluss.
„Die Wohnungswirtschaft steht bereit, die Energiewende in den Städten voranzubringen. Wohnungsbauunternehmen drohen jedoch noch immer gravierende Steuernachteile bei der Vermietung von Wohnraum, wenn sie ihren Mietern Solarstrom anbieten“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW).
Dem steht gegenüber, dass Unternehmen zum Beispiel wie Polarstern bereits sehr aktiv in Mieterstromprojekte investieren – unter den gegebenen Rahmenbedingungen. In einem aktuellen Projekt in der Schwäbischen Alb geht das Unternehmen mit Hilfe von Sektorkopplung sogar so weit, dass sich ein Mieterstromkonzept für einen Wohnkomplex mit lediglich 7 Mietereinheiten lohnen wird.

„Zersplittertes Land“
Die Befragten fordern neben der Beseitigung steuerlicher Nachteile vor allen Dingen eine Abschaffung der EEG-Umlage auf direktgelieferten Solarstrom (74%), die Entbindung kleinerer Projekte von Energieversorgerpflichten (51%) sowie ein einfacheres Zähler- und Abrechnungswesen. Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer beim BSW: „Deutschland ist bei den Stromnetzen ein zersplittertes Land, in dem jeder der mehr als 850 Netzbetreiber in seinem Kleinstaat eigene Regeln verlangen kann. Mit klaren Vorgaben kann die Politik hier Mieterstromprojekte erheblich vereinfachen.“

Fazit: Wehklagen ist verfrüht
Von Juli 2017 bis April 2018 sind 108 Mieterstromprojekte, die nach dem Mieterstromgesetz gefördert werden, bei der Bundesnetzagentur angemeldet worden. Die Gesamtleistung der dabei installierten Photovoltaikanlagen beträgt 2,8 Megawattpeak (MWp). Damit ist die jährliche Höchstgrenze von 500 MWp nicht im Ansatz ausgeschöpft. Diese Analyse von GdW und BSW ist richtig. Doch daraus schon nach einem Jahr den Schluss zu ziehen und Wehklage anzustimmen, scheint allerdings etwas verfrüht. Beispiele aus der Praxis zeigen überdies, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen bereits viel geht. Und niemand hat versprochen, dass Geld verdienen einfach ist.

von Dittmar Koop

 


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