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Klimaschutzklage: Politik jetzt unter Druck

Das Bundesverfassungsgericht hat Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat in einem Schreiben Gelegenheit gegeben, bis Ende November Stellung zu nehmen zur Klage wegen unzureichender Klimaschutzpolitik. Der Vorgang ist bezüglich dieser Thematik ein Novum.

Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat eine Hausaufgabe in Sachen Klimaschutz verpasst. Bild: Shutterstock

 

Ein Klagebündnis von Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und vielen Einzelklägern wie dem Schauspieler Hannes Jaenicke und dem Ex-Bundestagsabgeordneten Josef Göppel (CSU) hat im November 2018 Klage wegen völlig unzureichender deutscher Klimapolitik vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben.

Eine Wende?
Das Gericht hat in diesen Tagen mit einem Schreiben des Ersten Senats Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat Gelegenheit gegeben, bis Mitte November zur Klage Stellung zu nehmen. Dies erfolgt normalerweise dann, wenn das Gericht sich mit einer Klage vertieft auseinandersetzen will. Das Gericht hat solchen Klagen in der Vergangenheit kaum Erfolgsaussichten eingeräumt und sie nach knapper Prüfung nicht zur Entscheidung angenommen.

Erfreute Reaktionen
„Wir freuen uns, dass das oberste deutsche Gericht offenbar die Dringlichkeit des Klimaschutzes erkannt hat. Wir sind gespannt, ob und wie Bundesregierung und Bundestag ihre grundrechtswidrige Klimapolitik rechtfertigen wollen“, erklären der SFV und BUND für die Klägergemeinschaft. Professor Volker Quaschning, Energieexperte an der HTW und einer der Einzelkläger, ergänzt: „Aktuelle Entwicklungen wie Dürresommer und immer neue Hitzerekorde zeigen, dass der Klimawandel schon heute schwerwiegende Auswirkungen hat. Angesichts der immer größer werdenden Bedrohung sind wir zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht die Gefahr erkennt und die nötigen Gegenmaßnahmen einfordert.“

Demokratie versagt
Die Klage hat folgenden Hintergrund. Die Kläger argumentieren: Um die Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen, müsse Deutschland mindestens die im Pariser Klima-Abkommen vereinbarte Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau einhalten und in der EU sein Gewicht dafür in die Waagschale werfen und die Emissionen in maximal zwei Jahrzehnten in allen Sektoren auf Null bringen. Zwar habe die Politik demokratische Entscheidungsspielräume. Diese erlaubten es grundrechtlich jedoch nicht, die Grundlagen menschlicher Existenz und damit auch der Demokratie zu untergraben. Genau das riskiert aber laut Kläger die unambitionierte deutsche Klimapolitik.

Musterverfahren
Der weitere Prozessverlauf liegt, auch zeitlich, im Ermessen des Verfassungsgerichts. Auf die Stellungnahmen der Prozessparteien kann eine mündliche Verhandlung folgen. „Sollte das Karlsruher Gericht der Klage stattgeben, wäre in Deutschland, europa- und weltweit verdeutlicht: Das Klimathema ist ein massives Menschenrechtsproblem und steht nicht im Belieben der jeweiligen politischen Mehrheit“, so die Initiatoren.
Die Klage wurde vom SFV initiiert und wird vom SFV mit Spendengeldern finanziert. Die Klage wird rechtlich vertreten durch die Fachanwältin für Verwaltungsrecht Dr. Franziska Heß, Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, und Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt aus Leipzig, der die Klage außerdem seit 2010 mit einigen Menschenrechts-Gutachten für den SFV vorbereitet hat.

 


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