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Jahrestagung des FVS zu energieeffizientem und solarem Bauen - Gebäude als Klimaschützer

Ganz im Zeichen des energieeffizienten und solaren Bauens stand die Jahrestagung des ForschungsVerbunds Sonnenenergie (FVS) Ende September in Berlin. Dabei wurde eindrucksvoll demonstriert, dass zur Erreichung der Energie- und Klimaschutzziele der Bundesrepublik kein Weg vorbeiführt an der Nutzung der gebäudetechnischen Potenziale von Energieeffizienz und EE.

1-Liter-Solarhaus. Bild: ISE

Experimentierfassade am Erweiterungsgebäude des ZAE Bayern in Würzburg: Südansicht mit transparenten Wärmedämmungen, schaltbaren und evakuierten Wärmedämmungen sowie Sonnenschutzeinrichtungen. Bild: ZAE Bayern

Gegenüberstellung des Primärenergiebedarfs eines Doppelhauses, der sich aufgrund der Mindestanforderungen der Wärmeschutz- bzw. Energieeinsparverordnungen höchstens ergeben durfte, mit dem, der in den wegweisenden Demonstrationsobjekten, die in den letzten 20 Jahren vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik begleitet wurden, erzielt wurde. Die Baupraxis bewegt sich zwischen diesen beiden Begrenzungslinien.

„SorTech ACS 08“: Erste Produktgeneration der Adsorptionskältemaschine. Bild: SorTech

Aufbau eines Vakuumisolationspaneels: Der Kern besteht in diesem Fall aus nanostrukturiertem SiO2-Pulver, das zu einem Board gepresst wurde. Die Hülle besteht aus einem mehrfach metallisierten Kunststoffhochbarrierelaminat. Bild: ZAE Bayern

(Fast) unsichtbare Stützen: In der Durchsicht erkennt man in diesem Muster eines VIG die Stützen nur aus nächster Nähe, insbesondere vor dunklem Hintergrund und nur, wenn die Augen auf die Scheibenfläche fokussiert sind. Bild: ZAE Bayern

Eine von vielen Diskussionsrunden auf der FVS-Tagung in Berlin. Über Plusenergiestädte und -gemeinden – Energieüberschüsse für Verkehr und Produktion diskutierten u.a.: Gudrun Maaß, BMBF, Dr. Gerd Hauser, Fraunhofer IBP, Dr. Christof Witwer, Fraunhofer ISE und Moderator Klaus Oberzig. Bild: FVS

Vakuumisolationspaneele in der praktischen Anwendung. Bild: ZAE Bayern

 

Schon mit den heute zur Verfügung stehenden Technologien lassen sich 50 – 85% des gegenwärtigen Energieverbrauchs im Gebäudebereich – das sind bis zu 840 TWh – kostengünstig einge-spart werden. Der verbleibende Energiebedarf lässt sich mit EE decken. In Kombination von Energieeffizienztechniken und solaren Energien können Plus-Energie-Häuser entstehen, die im Jahr mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. So einige der Botschaften, die auf der Tagung zu hören waren.

Revolution am Bau

In der Bau- und Wohnungswirtschaft findet ein Paradigmenwechsel statt, so Prof. Dr. Gerd Hauser, wissenschaftlicher Leiter der Tagung und Direktor des Fraunhofer Instituts für Bauphysik. „Es hat eine Revolution in den Bau- und Energietechniken stattgefunden, die den Energiebedarf der Gebäude erheblich senkt, mit verschiedenen Techniken die EE nutzt und den Strom- und Wärmemarkt in Deutschland vollständig verändern wird.“
Der konsequente Einsatz von Energieeffizienztechniken und EE führe bereits heute zu Null-Energie-Häusern, die mit sehr guter Wärmedämmung und mit hocheffizienter Lüftungstechnik für Wärmerückgewinnung ausgestattet sind. Regierungsgebäude in Berlin, Fabriken und Stadtteile beziehen schon heute ihre Energie zu 100% aus EE. Energieeffizienztechniken in Kombination mit solaren Energien können sogar Plus-Energie-Häuser ermöglichen, die im Jahr mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen.
Spätestens ab 2020 können – so Dr. Hauser – alle Neubauten als Mini-Kraftwerke gebaut werden. Gebäude, Dörfer und Städte würden somit zu Bausteinen einer dezentralen Energieversorgung.
Vorgestellt wurden auf der Tagung auch die neuesten Techniken für energieeffizientes und solares Bauen sowie deren systemtechnisches Zusammenspiel in leistungsfähigen Gesamtkonzepten. Durch die energetische Nutzung der Gebäudehülle, mit hausintegrierten Wärmespeichern, Solaranlagen und Lüftungstechniken lässt sich beispielsweise die gesamte im Gebäude benötigte Energie erzeugen. Mit intelligenter Kommunikations- und Informationstechnik werden die Gebäude in die Netze für Strom und Wärme integriert.

Wärmedämmung – Techniken, Materialien und Kennwerte

Das ZAE Bayern und das Fraunhofer ISE haben Vakuumisolationspaneele (VIP) und Vakuumisoliergläser (VIG) entwickelt, die bei sehr schlankem Aufbau exzellente Wärmedämmwerte ermöglichen. Diese Systeme wurden bereits erfolgreich in Bauprojekten eingesetzt. Es wurde u.a. getestet,wie sich die flexiblen Elemente an die konkrete Geometrie von Gebäuden anpassen lassen.
Energieeffizienzmaßnahmen speziell in Wohngebäuden setzen vor allem an einer Reduzierung der Transmissionswärmeverluste der Gebäudehülle an. Neben konventionellen Dämmmaterialien bieten neue Materialien und Komponenten Lösungen, die unter dem Gesichtspunkt des hierfür benötigten Raums effizienter sind und zusätzlich neue technische und gestalterische Möglichkeiten eröffnen. Gegenüber konventionellen Dämmungen bieten VIP bei gleicher Dämmstärke eine um den Faktor 5 bis 10 bessere Dämmwirkung.
Mit VIG werden bei einer Gesamtstärke von nur 9 mm, Wärmedämmwerte erreicht, die besser sind als bei einer Dreifachverglasung. Die Evakuierung des Scheibenzwischenraums bietet ein enormes Verbesserungspotenzial in der Wärmedämmwirkung bis zu einem Faktor 2 im Vergleich zur konventionellen Zweischeibenisolierverglasung.

Solare Langzeitwärmespeicherung durch Zeolithe

Um den Beitrag der thermischen Solarenergie zur Gebäudebeheizung zu erhöhen, gilt es ein Verfahren zu entwickeln, mit dem die solare Wärme des Sommers möglichst verlustfrei für den Winter gespeichert werden kann. Am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart wurde ein integrales Konzept zur Gebäudeheizung entwickelt, das den solaren Beitrag zur Deckung des Wärmebedarfs gut wärmegedämmter Gebäude auf über 70% erhöhen kann.
Das Besondere des Verfahrens ist die Adsorption von Wasserdampf in porösen Speichermedien. Sie haben die Eigenschaft, große Mengen an Wasserdampf in ihren mikroporösen Strukturen zu binden. Im Winter wird der Sorptionsspeicher mit der feuchten Abluft des Gebäudes durchströmt.
Durch die Adsorption des in der Abluft enthaltenen Wasserdampfes wird die Adsorptionswärme freigesetzt. Diese wird nun in Verbindung mit einer kontrollierten Lüftungsanlage zur Erwärmung der Zuluft genutzt.
Nachdem der Speicher in den Wintermonaten mit Feuchtigkeit beladen wurde, erfolgt die Regeneration, bzw. Trocknung des Speichermaterials mit der überschüssigen Wärme der Kombianlage in den Sommermonaten.

Effiziente Wärme- und Kältespeicherung

Speicher spielen eine Schlüsselrolle beim Einsatz EE und auch bei der effizienten Energieumwandlung. Im vergangenen Jahrzehnt wurden wesentliche Fortschritte bei der technischen Entwicklung von Speicherkonzepten auf der Basis von Phasenwechselmaterialien erzielt.
In einer Reihe vom Bundeswirtschaftsministerium geförderter Verbundvorhaben wurden unter Koordination des Fraunhofer ISE in Zusammenarbeit mit BASF und verschiedenen Baustoffherstellern unterschiedliche Systeme mit mikroverkapselten Latentspeichermaterialien entwickelt. Heute stehen verschiedene Systemkonzepte mit sowohl rein passiver Be- und Entladung als auch mit aktiver Durchströmung zur Verfügung. Damit können Leichtbauten mit großer thermischer Speichermasse versehen werden. Ein mit der Firma Valentin EnergieSoftware parallel entwickeltes frei verfügbares Computer-Programm erleichtert die Umsetzung in den Markt, indem die für ein Gebäude notwendigen Mengen an Latentspeichermaterialien errechnet werden können.

Beispiel für Altbausanierung

Das „Renewable Energy House“ in Brüssel zeigt, dass auch denkmalgeschützte Gebäude zu 100% mit EE versorgt werden können. Dieses 140 Jahre alte Gebäude, das Sitz vieler europäischer Verbände im Bereich der EE ist, wurde unter Mitwirkung des Fraunhofer ISE und des ITW als Demonstrationsprojekt realisiert. Das Energiekonzept für die insgesamt 2800 m² Nutzfläche besteht aus drei Kernstücken:

  • Verringerung des Wärmeaustausches mit der Umgebung.
  • Einsatz von Wärmerückgewinnung und die Nutzung von effizienten Energiesystemen mit erneuerbaren Energiequellen.
  • Der verbleibende Energiebedarf wird durch den Einsatz EE gedeckt.

Mit einer Kombination aus fester Bio-masse (Holzpellets), Solarthermie und Geothermie stellt die eingesetzte Heizungs-, Kühlungs- und Klimatisierungstechnik des Gebäudes einen hohen Komfortstandard während des gesamten Jahres sicher mit Raumtemperaturen von 21°C im Winter und einem Maximum von 25°C im Sommer.

Gebäudeautomation und dezentrales Energiemanagement

Die Verbreitung der Gebäudeautomatisierung ist im Bereich Privathaushalte und Kleingewerbe noch recht gering, aber durch neue Informationstechnologien werden kostengünstige Lösungen zur Optimierung des Energiebedarfs verfügbar. Durch das sogenannte „Smart Metering“, d.h. eine Kombination mit neuen „intelligenten“ Strom-, Gas- und Wärmemengenzählern, wird in Kürze eine umfassende Information der Energiekunden über ihren Verbrauch möglich. Dadurch kann steigenden Energiekosten entgegengewirkt werden.
Durch eine Vernetzung von Haushaltsgeräten und Energieanlagen wäre somit ein Energiemanagement möglich, das den Betrieb steuerbarer Verbraucher und Erzeuger entsprechend der aktuellen Erzeugungs- und Nachfragesituation gezielt optimiert. Das am ISET entwickelte Bidirektionale Energiemanagement Interface (BEMI) gibt dem Kunden über einen variablen Tarif einen Anreiz, sich an diesem Energiemanagement zu beteiligen, und schaltet z.B. Kühlgeräte per Gebäudeautomatisierung kostenoptimal an oder ab.
Zur Information von Kunden und Energieversorgern sowie zur Abrechnung spielt auch hier das „Smart Metering“ eine entscheidende Rolle.

Betriebsführung von Gebäuden und Überwachung

Ergebnisse aus umfangreichen Messprojekten haben gezeigt, dass viele Gebäude erheblich mehr Energie verbrauchen, als in der Planung prognostiziert. Grund ist vielfach eine unzureichende Betriebsführung und der Mangel an Diagnosemöglickeiten von Fehlern im Betrieb.
Am Fraunhofer ISE werden neue Betriebsführungs- und Regelungskonzepte entwickelt, die einen fortlaufenden Vergleich von erwartetem und tatsächlichem Energieverbrauch implizieren. Es konnte gezeigt werden, dass die Implementierung derartiger Verfahren den Energieverbrauch ohne Eingriff in die Anlagentechnik um 5 bis 30% senken kann.

Solare Klimatisierung – Techniken und Energie-Management

Nach einem Jahrzehnt, in dem Forschung und Entwicklung national und international deutlich vorangetrieben wurden, beginnen sich Anlagen zur solaren Gebäudeklimatisierung am Markt zu eta-blieren. Mittlerweile sind nicht nur Lösungen für große Nichtwohngebäude, sondern auch Anlagen im kleinen Leistungsbereich verfügbar.
Solare Klimatisierung wird seit drei Jahren auch durch das Solarthermie2000plus-Programm des Bundesumweltministeriums gefördert; erste Anlagen nahmen in 2008 den Betrieb auf. Die wissenschaftliche Begleitung wird durch das Fraunhofer ISE durchgeführt. Im Rahmen von TASK 38 „Solar Air-Conditioning and Refrigeration“ des IEA Solare Heating & Cooling Programmes werden unter Leitung des Fraunhofer ISE auf internationaler Ebene Vorschläge zur standardisierten Bewertung von Anlagen der solaren Klimatisierung erarbeitet und Planungshilfen erstellt.

Integration von Solartechnik in die Gebäudehülle

Hocheffiziente Gebäude werden in Zukunft vermehrt auch die Gebäudehülle zur Energiegewinnung nutzen. Eine wichtige Rolle spielt die bautechnisch und architektonisch in die Fassade integrierte PV.
Neben opaken Fassadenbereichen können auch transparente Flächen genutzt werden. Dabei ist unbedingt eine Gesamtoptimierung notwendig unter den Kriterien: Durchsicht, Tageslichtnutzung, Sonnenschutz, Blendfreiheit und Energieertrag.
Am Fraunhofer ISE werden in diesem Themenfeld umfangreiche Entwicklungsarbeiten durchgeführt, bei denen neben dem energetischen Design insbesondere Themen wie Alterung und Gebrauchsdauertauglichkeit betrachtet werden.
Neben der PV sind auch für die Solarthermie Konzepte für eine stärkere bauliche Integration wichtig, um eine viel größere Verbreitung zu ermöglichen. Besonders gefördert werden zurzeit Konzepte, bei denen sowohl elektrische als auch thermische Energie aus der gleichen Fläche gewonnen wird (sogenannte PV-T-Kollektoren).

Kontakt: ForschungsVerbund Sonnenenergie (FVS), 12489 Berlin, Tel. 030 80621338, Fax 030 80621333, fvs@hmi.de, www.fv-sonnenenergie.de


Statements der Tagung Solares Bauen – gebäudeeigene Energieversorgung mit erneuerbaren Energien
Prof. Dr. Eicke Weber, Fraunhofer ISE:
Energieeffizientes Design und entsprechende Bauausführung kann den Energiebedarf eines Gebäudes beträchtlich senken. Es bleibt aber stets ein restlicher Energiebedarf, der aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt werden kann. Solarwärme kann zur Bereitung von Warmwasser und zur Gebäudebeheizung beitragen. In Gebäuden mit einem verbleibenden Bedarf an aktiver sommerlicher Klimatisierung können die gleichen solarthermischen Anlagen auch für Kühlung und Entfeuchtung genutzt werden. Zusätzlich ist eine Bereitstellung von Strom durch eine in die Gebäudehülle integrierte PV-Anlage oder den Betrieb eines kleinen BHKWs möglich, das durch Holz-Pellets oder Biogas aus organischen Reststoffen gespeist wird und Wärme sowie Strom liefert. So kann aus einem Niedrigenergiehaus ein Nullenergiehaus oder selbst ein Plus-Energiehaus werden, das netto
Energie ins Netz einspeist.

Dr. Knut Kübler, BMWi:

Die Bundesregierung hat in ihrem Integrierten Energie- und Klimaprogramm anspruchsvolle Energieeinsparziele vorgegeben. Aufgabe ist es jetzt, diese Vorgabe umzusetzen und die Energieeinsparprozesse zu beschleunigen. Dabei spielt der Gebäudebereich eine zentrale Rolle. Hier brauchen wir weitere Fortschritte.

Prof. Dr. Vladimir Dyakonov, ZAE Bayern:
Rund ein Drittel des Primärenergieverbrauchs in Deutschland wird für die Raumheizung aufgewendet. Hier helfen innovative Dämmstoffe und -techniken, Energie einzusparen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Aktueller Gegenstand der Forschung sind z.B. Vakuumdämmung und Vakuumverglasung, die bei sehr schlanken Systemaufbauten exzellente Wärmedämmwerte erreichen.

Dr. Peter Nitz, Fraunhofer ISE:
Architekten bauen heute hochtransparente Fassaden und beziehen Tageslicht
in die Planung mit ein. Die hohen Anforderungen an Energieeffizienz sowie
thermischen und visuellen Komfort lassen sich nur durch den differenzierten
Umgang mit solarer Einstrahlung erfüllen. Neuartige, z.B. mikrostrukturierte Licht-lenkelemente können das einfallende Sonnenlicht je nach Sonnenstand gezielt umlenken oder reflektieren. In Verglasungen integriert lenken sie Sonnenlicht tief ins Gebäude oder verbessern saisonal variabel den sommerlichen Wärmeschutz.

Dr. Jochen Manara, ZAE Bayern:

Die Verwendung von Wärmespeichern kann einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich und somit zur Reduktion des CO2-Ausstoßes leisten. Solche Systeme lassen außerdem die Nutzung von Energie niedrigen Energiepotenzials zu, was auch einen effizienteren Einsatz regenerativer Energiequellen ermöglicht.

 


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