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Ist der Online-Energieausweis geeignet, Modernisierungsempfehlungen auszusprechen?

Seit einigen Jahren ist jeder Immobilienbesitzer verpflichtet, einen Energieausweis über die energetische Qualität seines Gebäudes erstellen zu lassen. Das Dokument wird immer dann gefordert, wenn die Immobilie verkauft werden soll oder es einen Mieterwechsel gibt. Nun hält die Energieeinsparverordnung (EnEV), die den gesetzlichen Rahmen dafür geschaffen hat, zwei Möglichkeiten offen (sofern bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind): den Bedarfs- oder den Verbrauchsausweis.

Beim Bedarfsausweis wird das gesamte Gebäude analysiert (Fassade, Dach, Fenster, Heizungsanlage u. a.). Dies erfordert unweigerlich eine Begehung des Energieberaters.

 

 


 

 

Der Verbrauchsausweis ist durchaus in der Lage, die energetischen Schwachstellen eines Gebäudes aufzudecken und Modernisierungsmaßnahmen zu empfehlen. Das liegt vor allem an den einheitlichen deutschen Baustandards: Auch ohne eine Begehung vor Ort können erfahrene Energieberater aus den Gebäudedaten zahlreiche Rückschlüsse ziehen.
Mit Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung 1977, deren Neuauflage 1982 und 1995 und der seit 2002 gültigen, 2007 neu verfassten und zuletzt 2009 novellierten Energieeinsparverordnung wurden deutschlandweit einheitliche Energiestandards für Wohngebäude geschaffen. Entsprechend aufschlussreich ist das Baujahr des Gebäudes: Ein Energieberater weiß sofort, welcher Wandaufbau und welche Fens­terverglasung in diesem Jahr üblich waren, wo die typischen Schwachstellen liegen und mit welchen Maßnahmen diese am effektivsten behoben werden können.
Neben dem Baujahr werden auch der Sanierungsstand der wichtigsten Bauteile wie Dach, Außenwände, Fenster und Kellerdecke abgefragt und ausgewertet. Ähnlich verhält es sich mit den gebäudetechnischen Anlagen: Das Baujahr und der Sanierungsstand der Heizungsanlage lassen auf deren technischen Standard wie Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik schließen.
Aufschlussreich ist auch, ob Erneuerbare Energien wie Solar- oder Geothermie zum Einsatz kommen und welchen Anteil sie an der Raumheizung bzw. Warmwassererwärmung haben. Ebenfalls wichtig ist die Art der Belüftung (Fensterlüftung, Schachtlüftung oder Lüftungsanlage mit oder ohne Wärmerückgewinnung).
Seriöse Aussteller fragen all diese Kriterien ab, die in der Regel jeder Eigentümer problemlos beantworten kann. Daraus leiten sie dann Modernisierungsempfehlungen ab, die zum Beispiel auf eine zusätzliche Dämmung der Fassaden, eine Dämmung des unteren Gebäudeabschlusses oder eine Modernisierung der Heizungsanlage zielen.
Die Qualität der Sanierungsvorschläge steht und fällt also mit der Genauigkeit der zugrunde liegenden Daten. Die wiederum hängt von der Arbeitsmethode des Ausstellers ab. Werden Energieausweise im Internet ungeprüft und „per Knopfdruck“ angeboten, darf am Ergebnis zu Recht gezweifelt werden. Seriöse Anbieter nutzen das Medium Internet nur, um über die Ausweisvarianten zu informieren und eine einfache Bestellung zu ermöglichen. Der Ausweis selbst ist dann das Handwerk erfahrener Energieberater. Damit der Kunde die erforderlichen Angaben korrekt liefern kann, enthält das Formular seriöser Anbieter zur Datenerhebung verständliche Anleitungen mit Beispielen. Entscheidend ist auch, dass der Aussteller im Zweifelsfall Kontakt mit dem Eigen­tümer aufnimmt, um verbliebene Fragen zu klären.
Fazit: Auch wenn der Verbrauchsausweis in Bezug auf Modernisierungsvorschläge nicht die Präzision eines umfangreichen Bedarfsausweises erreichen kann, so bietet er dennoch eine gute Übersicht sinnvoller Maßnahmen.
Modernisierungen sind außerdem nur ein Aspekt des Energieausweises. Für die meis­ten Eigentümer zählt vor allem der Ist-Zustand: Sie wollen den Energieverbrauch ihrer Immobilie Käufern und Mietern gegenüber belegen und einordnen können. Plant der Eigentümer dann tatsächlich eine Modernisierung, wird er sich in der Regel an einen Architekten oder ein Bauunternehmen wenden und sich dort intensiv über die Wirksamkeit und die Kosten verschiedener Maßnahmen beraten lassen.

 


 

 

Um zu beurteilen, inwieweit Modernisierungsempfehlungen im (Online-)Energieausweis aussagekräftig sind, ist zunächst einmal die Frage zu klären, was der Verordnungsgeber mit der Einführung von Ener­gieausweisen bezweckt. Miet- bzw. Kauf­interessenten sollen über die energetische Qualität und damit über die zu erwartenden Energiekosten einer Immobilie informiert werden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen den Energieausweis auf Grundlage des Energiebedarfs und zum anderen den Energieausweis auf Grundlage des Ener­gieverbrauchs.
In der Anlage zum Ausweis werden auf Grundlage der Datenermittlung „Maßnahmen zur kostengünstigen Verbesserung der Energieeffizienz“ aufgelistet. Diese Empfehlungen können nur so aussagekräftig wie die Datengrundlage und die Erfahrung und der Wissensstand des Energieberaters sein.
Innerhalb der EU ist nur in Deutschland die Methode zugelassen, dass der Eigentümer einer Immobilie die Daten für die Ausstellung des Ausweises dem Ausweisaussteller zur Verfügung stellen kann. Der Aussteller muss diese Daten lediglich auf Plausibilität prüfen und ist nicht dazu verpflichtet, das Gebäude in Augenschein zu nehmen.
Durch die fehlende Kenntnis des Gebäudes können die Empfehlungen aus einem Online–Energieausweis nicht individuell auf das jeweilige Gebäude abgestimmt sein. Der Eigentümer bekommt nur allgemeine Empfehlungen, die er auch in kostenlosen Informationsbroschüren von z. B. Verbraucherzentralen finden kann. Der Besitzer bzw. zukünftige Eigentümer wird an dieser Stelle mit diesen Informationen alleine gelassen.
Als Aussteller kann man zwei Kundengruppen unterscheiden. Die eine Gruppe möchte lediglich der gesetzlichen Forderung gerecht werden, Miet- oder Kaufinteressenten einen Energieausweis zugänglich zu machen. Für ihn kann der Online-Energieausweis eine preiswerte Alternative sein. Er sollte allerdings beachten, dass er die Haftung für die Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Daten übernimmt. Dies ist seit 2009 in der Energieeinsparverordnung geregelt und ist im Energieeinsparungsgesetz mit einem Bußgeldkatalog (grundsätzlich bis zu 15 000 Euro) hinterlegt. Er kann aber nicht damit rechnen, aussagekräftige, individuelle Modernisierungsempfehlungen zu bekommen.
Die andere Kundengruppe möchte eine aussagekräftige, individuelle Bewertung der Immobilie und entsprechende Maßnahmenvorschläge. Dies kann ein Online-Energieausweis nicht bieten.
Meine Empfehlung für Immobilienbesitzer ist der Energieausweis auf Grundlage des Energiebedarfs. Am besten ausgestellt im Rahmen einer umfassenden Ener­gieberatung durch einen Energieberater, der das Gebäude kennt. Zum Beispiel von einem Ener­gieberater des SHK-Handwerks, der das Gebäude schon über einen längeren Zeitraum betreut und dessen Schwachstellen kennt. Er hat gelernt, das Gebäude als Gesamtsystem zu sehen und kann Modernisierungsempfehlungen geben, die dem Gebäude gerecht werden.
Mir ist bewusst, dass sich in der Realität ein anderer Energieverbrauch einstellen wird als im Bedarfsausweis angegeben ist. Aber das ist bei einem Kühlschrank der Ener­gieeffizienzklasse A++ nicht anders: Wenn der Nutzer diesen Kühlschrank in die Sonne stellt und dauernd die Tür öffnet, wird sich auch nicht der auf dem Label angegebene Energiekennwert einstellen. Ich kann aber meine Entscheidung von der Ener­gieeffizienz abhängig machen.

 

 


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