Werbung

Ist der Bachelor- und Masterstudiengangein Gewinn für die SHK-Branche?

PRO + CONTRA

 

PRO

Dipl.-Ing. Johannes Philipps, Geschäftsführer des Bochumer Familienunternehmens Philipps GmbH & Co. KG

In vielen Ländern Europas ist der Bachelor-Grad im Rahmen des sogenannten Bologna-Prozesses eingeführt. Er wurde im Jahr 1999 formuliert und hat zum Ziel, einen einheitlichen europäischen Hochschulraum mit vergleichbaren Hochschulausbildungen und -abschlüssen zu schaffen. So dauert der SHK-Studiengang in Deutschland heute sechs Semester (drei Jahre) und schließt mit dem „Bachelor of Engineering“ ab. Er ist der erste (unterste) akademische Grad. Hat der Studierende eine starke Neigung zu Forschung und Lehre, kann er einen vertiefenden, wissenschaftlichen Studiengang anschließen (vier Semester oder zwei Jahre). Dies endet dann mit dem „Master of Engineering“. Vor dem Hintergrund dieser Staffelung ist für das SHK-Gewerk in Planung und Ausführung nur der Bachelor-Abschluss von Bedeutung.

Reformen des deutschen Hochschulwesens sowohl im europäischen Kontext als auch mit Blick auf die Internationalisierung der Arbeitswelt voranzutreiben, ist das Ziel der 1999 von 30 europäischen Staaten unterzeichneten sogenannten Bologna-Erklärung. Heute sind 47 Staaten beteiligt.
Das bekannteste, bzw. das am meisten diskutierte Ergebnis der Bologna-Reform ist die Umstellung der Studiengänge auf das zweistufige Bachelor-/Master-Studiensystem (mit der Möglichkeit zur anschließenden Promotion).
Als Unternehmer müssen wir uns darauf einstellen, dass in Zukunft Bachelor und Master das überwiegend verbreitete Abschlussmodell sein wird. Und wenn die Bologna-Reform, wie u. a. beabsich­tigt, zu einer Studienzeitverkürzung führen soll, muss das Gros der Studierenden die Hochschulen nach drei Jahren mit dem Bachelor verlassen. Der Vorteil des Bachelor-„Kurzstudiums“ ist, dass nicht jeder ein Vollstudium absolvieren muss, sondern nach Zweidritteln mit einem brauchbaren Abschluss aussteigen kann, ohne wie früher als Studienabbrecher dazustehen.
Für die Unternehmen bietet sich die Chance, einen jungen Studienabsolventen mit allgemeinem fachlichen Grundwissen einzustellen, der sich dann im Berufsalltag – den Erfordernissen der Praxis entsprechend –weiterentwickeln kann. Denn wann in der Vergangenheit hat es berufsfertige Hochschulabgänger gegeben, möchten sie noch so lange und qualifiziert studiert haben? Die im ersten Arbeitsjahr wirklich bewiesene Leistung ebnet den Karriereweg und nicht der eine oder andere akademische Titel, der höchstens ein Leistungspotenzial andeutet.
Die Bachelor-Absolventen haben einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss vorzuweisen. Sie können damit in die Arbeitswelt einsteigen und – wenn gewünscht – nach ein bis zwei Jahren in Richtung Mas­terabschluss weiter studieren. Für das Unternehmen wäre es dann wichtig, dass der Studiengang berufsbegleitend absolviert werden könnte, dass eine staatliche Anerkennung sowie eine Akkreditierung vorliegt und dass die Studieninhalte zu den Zielen des Unternehmens passen, also stärker anwendungs- als wissenschaftsorientiert sind.
Ein weiterer Vorteil beim Einstieg in die Berufswelt ist die Tatsache, dass die Zeit des Studiums aufgrund seiner Kürze bereits effektiv geplant werden muss, was zu einer strukturierten und zielorientierten Arbeitshaltung führt. Ohne die gelernte Fähigkeit, Arbeitsprozesse logisch zu gliedern und Prioritäten zu setzen, kommt es im Berufsalltag, wo von den Kunden Präzision und Schnelligkeit gefordert werden, sehr schnell zu physischer und/oder psychischer Überlastung.
Als jemand, der selbst ein kooperatives Ingenieur-Studium (Lehre parallel zum Studium) – allerdings noch mit Diplomabschluss – absolviert hat, kann ich besonders den letztgenannten Punkt nur unterstreichen: Der Aufprall beim „Sturz aus dem Studienhimmel“ auf den Boden der „rauen Berufswirklichkeit“ war nicht so hart.
Abschließend ein Zitat von Prof. Dr. Michael Wink, Direktor des Instituts für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie der Universität Heidelberg, dessen Einschätzung der Bachelor/Master-Studiengänge durch eigene Erfahrungen seit 2001 mit fast 500 Studierenden geprägt ist: „Die Einführung des BSc/MSc-Systems kann man mit der Einführung des Euro vergleichen. Die D-Mark war eine hervorragende Währung. Der Euro ist ebenso gut, führt aber zu vielen Verbesserungen und Vereinfachungen im internationalen Handel und auf Reisen.“


CONTRA

Dipl.-Ing. Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Sanitär Heizung Klima NRW

Vor alledem stand der traditionelle deutsche Abschluss „Dipl.-Ing.“. Er kommt einem Qualitätssiegel gleich und ist hoch angesehen. Über mehrere Jahrzehnte haben viele Millionen Studierende diesen Titel erworben und in die Welt getragen.
Mit der Bologna-Reform ist dieser Ingenieur-Abschluss abgeschafft und durch den Bachelor und Master ersetzt worden. Damit einher ging eine Umstrukturierung der Studieninhalte. Schließlich mussten vor dem Hintergrund der Internationalisierung auch hier Anpassungen vorgenommen werden. Dies blieb nicht ohne Kritik.
In dieser IKZ-HAUSTECHNIK soll nun der Frage nachgegangen werden, ob die Inhalte des Studiengangs und die Ablösung des Titels für die SHK-Branche positiv oder eher negativ zu bewerten sind.

Mit der Einführung modularer Bachelor- und Masterstudiengänge wurde das Ende der Diplom-Studiengänge auch für die Fachrichtung „Ingenieurwesen“ sowohl an Fachhochschulen wie auch an Universitäten und Technischen Hochschulen eingeläutet. Ohne größere Gegenwehr wurde damit der Titel „Diplom-Ingenieur“ zu Grabe getragen, der seit Jahrzehnten, insbesondere im Ausland, hohe Anerkennung genießt. Seitdem hat sich eine unüberschaubare Anzahl von spezialisierten Bachelorstudien­gängen flächendeckend über alle Hochschulen in Deutschland verteilt. Stark bezweifelt werden darf jedoch, dass diese inflationäre Ent­wicklung die Notwendigkeit, einer seit Jahren geforderten vermehrten Praxisnähe und Trans­parenz der Lehrinhalte – insbesondere in den für die technische Gebäudeausstattung relevanten Studiengängen – steigern wird.
Unmittelbar davon ist auch die Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche betroffen. Seit Jahrzehnten profitieren Unternehmen der Branche – insbesondere Planungsbüros, Industrie und Versorger, aber auch ausführende Unternehmen – von Ingenieuren der Versorgungstechnik oder Absolventen vergleichbarer Studiengänge. Obwohl oftmals hinsichtlich des fehlenden Praxisbezuges kritisiert, waren die Absolventen dieser Diplom-Studiengänge in Deutschland kaum von langfristiger Arbeitslosigkeit betroffen.
Leider erkennen nun auch die zunächst euphorischen Befürworter für das Bachelor- und Mastersystem, dass jede Medaille immer zwei Seiten hat. Die Umstellung auf sogenannte „Creditpoints“ nach dem ECTS-System und die erforderlichen Akkredi­tierungs­maßnahmen verlangen den Hochschulen hohen Einsatz ab, ohne dabei den Studierenden letztendlich mehr Effizienz und Vorteile bieten zu können. Die Chance auf höhere internationale Wettbewerbsfähigkeit ist aufgrund der komplexen Anerkennungsverfahren verpufft.
Leider ist es in Deutschland bislang nicht gelungen, die von Hochschule zu Hochschule zum größten Teil in Inhalt, Aufbau und Umfang völlig verschiedenen Module vergleichbarer Fächer real vergleichbar zu gestalten, um so Bewertungskriterien für Personalab­teilungen, Entscheidungs­­träger und auch für SHK-Betriebe zu erzielen. Von der Vergleichbarkeit auf europäischer Ebene, die mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge einherging, ganz zu schweigen.
In jedem Fall führen die nominell verkürzten Studiengänge auch nur in der Theorie zu verkürzten Studienzeiten. Da mittlerweile ein Drittel der Studierenden jobben muss und ein Viertel der Studierenden faktisch in Teilzeit studiert, verlängert sich die Studiendauer, und die qualitative Auseinandersetzung mit den Studieninhalten nimmt ab. Der vielfach insbesondere vom Handwerk ge­forderten Straffung der Fachhoch­schul­ausbildung im Bereich Versorgungstechnik wurde bislang ebenfalls kaum Rechnung getragen. Ganz im Gegenteil. Feststellen lässt sich, dass entscheidende Vertiefungen wie z. B. Heizungstechnik, Gas- und Wasserinstallations­technik, aber auch der Bereich Klimatechnik weiterhin den Grundlagenfächern zum Opfer fallen.
Diese Entwicklung führt dazu, dass aufgrund fehlender Qualifikation gerade in den Kernbereichen „Gas“ und „Wasser“ für Absolventen der Fachhochschulen häufig keine Anerkennung, die zur Eintragung in das Ins­tallateurverzeichnis des Versorgers führt, ausgesprochen werden kann. Eine bedauerliche und gerade für Hochschulen, die mit Praxisnähe werben, fatale Entwicklung.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: