Werbung

ISH: Technologietrends im Wärmemarkt - BDH-Hauptgeschäftsführer Andreas Lücke gibt einen Überblick über neue Entwicklungen und Trends

Die deutsche Energie- und Umweltpolitik gibt außerordentlich ambitionierte Ressourcen- und Klimaschutzziele vor. Immerhin soll bis 2050 der Gebäudebestand 85% weniger Klimagase, insbesondere CO2, emittieren. Aus Europa kommen zusätzlich Vorgaben, die Energieeffizienz bis 2030 um 27% und den Anteil der Erneuerbaren Energien ebenfalls um 27% zu steigern bei gleichzeitiger Reduktion der Klimagase um 40%.

BDH Hauptgeschäftsführer Andreas Lücke.

 

Chart 1 zeigt eindrucksvoll, dass nicht der viel diskutierte Strombereich oder der Verkehr, sondern der Gebäudebereich/die Raumwärme und die Prozesswärme die mit Abstand größten Endenergieverbrauchssektoren Deutschlands sind. Innerhalb des sogenannten Wärmemarktes dominiert der Gebäudebereich bzw. die Raumwärme mit einem Anteil von einem Drittel am deutschen Endenergieverbrauch.
Chart 2 zeigt den Status quo der ener­getischen „Qualität“ des Bestands an Heizungsanlagen. Nur 29% der über 20 Mio. Heizungsanlagen in Deutschland entsprechen dem Stand der Technik. Nur 4 Mio. der 14,1 Mio. Gaskessel nutzen über die Brennwerttechnik die am Abgas enthaltene latente Wärme zusätzlich. Noch gravierender ist der Modernisierungsstau im Ölkesselbereich: Gerade einmal 10% der knapp 6 Mio. Heizölkessel entsprechen mit Brennwertnutzung dem Stand der Technik. Auf Wärmepumpen und Biomassekessel entfallen 3% bzw. 4,4% des Anlagenbestandes respektive.
Würde der veraltete Anlagenbestand auf den Stand der Technik gebracht, könnten alleine bei anlagentechnischen Maßnahmen ca. 13% des deutschen Endenergieverbrauchs eingespart werden. Hinzu kommen Endenergieeinsparpotenziale von zusätzlich 2%, gesetzt den Fall, dass rund 250000 veraltete industrielle Wärmeerzeuger zwischen 100 kW und 36 MW in Deutschland auf den Stand der Technik gebracht würden (siehe Chart 3).
Die höchsten Einsparpotenziale beim Anlagentausch lassen sich durch Einsatz sogenannter hybrider Systeme erzielen. Hierunter versteht der BDH heiztechnische Systeme, die fossile Energieträger hocheffizient nutzen und zugleich Erneuerbare Energien über solarthermische Systeme, Wärmepumpen sowie flüssige, gasförmige und feste Biomasse einkoppeln. Der Schwerpunkt der ISH liegt 2015 auf solchen hybriden Systemen und zusätzlich auf dem Systemgedanken. Zu den Technologietrends gehören nicht nur der energetisch optimierte Wärmeerzeuger, sondern ebenso – im Sinne des Systemgedankens – die Wärmeverteilung, die Wärmeübergabe und die Wärmespeicherung.
Heute und in Zukunft ist und bleibt die Gas- und Öl-Brennwerttechnik das technologisch anspruchsvolle Volumenprodukt. Eine europäische Betrachtungsweise zeigt bezüglich der Hauptenergieträger, dass es neben Erdgas praktisch kaum Alternativen gibt. Heizöl spielt nach wie vor eine bedeutende Rolle in Deutschland, Belgien, Österreich und zu einem geringeren Maße in Frankreich. Überall sonst liegt der Anteil von Erdgas an der Versorgung des europäischen Wärmemarktes bei über 85%.
Gleichzeitig belegen die Zahlen der EU-Kommission (siehe Chart 4), dass nur etwa 10% der in Europa installierten 120 Mio. Wärmeerzeuger dem Stand der Technik, also Brennwert und Wärmepumpe, entsprechen.
Ein weiterer Punkt betrifft die Wirtschaftlichkeit der energetischen Modernisierung in heiztechnisch weniger anspruchsvollen Märkten wie Südeuropa. Hier wird die Lösung nicht zwingend die anspruchsvolle und hocheffiziente Luft-Wasser-Wärmepumpe oder Sole-Wasser-Wärmepumpe, sondern erneut ein gasgeführtes System und dann allerdings die Brennwerttechnik sein. Hierzu werden diese bisher kaum brennwertnutzenden Heizungsmärkte praktisch über Eco ErP gezwungen, ab September 2015 Brennwert einzusetzen.
Brennwert wird vor dem Hintergrund dieser Marktrealitäten nach wie vor eine große Rolle auf der ISH spielen. Die deutsche Industrie setzt bei der Brennwertnutzung allerdings auf die Einkopplung Erneuerbarer Energien. Über weiter optimierte solarthermische Systeme und Speichertechnologien, die als „hydraulisches Zentrum“ der Hybriden-Anlage dienen, kann Solarenergie effektiv gespeichert werden. Speichersysteme mit Frischwasserstation bieten aufgrund der Tatsache, dass sie für die Verhinderung der Legionellenbildung keine tägliche Temperatur­anhebung von 60°C benötigen, über exzellente Voraussetzungen für die Nutzung der Solarthermie.
Weitere technologische Trends betreffen die hocheffizienten Heizungspumpen und Wärmeübergabesysteme, wie z.B. Flächenheizungen – auch für den Gebäudebestand.
Mit der Gas-Wärmepumpe zeigen einige deutsche Hersteller die konsequente Fortentwicklung der etablierten Brennwerttechnik.
Die Gas-Wärmepumpe nutzt ein zirkulierendes Kältemittel, welches durch Aufnahme und Abgabe von Wärme ständig seinen Aggregatzustand ändert: Es verdampft unter Aufnahme von kostenloser Umweltwärme und es wird verflüssigt unter Abgabe von Nutzwärme. Gaswärmepumpen zur Versorgung von Einfamilienhäusern arbeiten immer im Verbund mit einem in das Gerät integrierten Gasbrennwertkessel. Dieser bietet neben der thermischen Antriebsenergie für das System auch den Zusatznutzen zur Abdeckung von Spitzenlasten und für besonders hohe Temperaturen (z.B. zur Sicherstellung von Trinkwarmwasser >60°C).
Ebenfalls werden einige Marktführer marktfähige Brennstoffzellen-Konzepte zeigen. Bei der Brennstoffzelle wird aus Erdgas Wasserstoff gewonnen, der sich über Stacks in einem kontrollierten Prozess mit Sauerstoff verbindet und nach dem Prinzip der umgekehrten Elektrolyse Wärme und Strom produziert. Diese wärmegeführte Kraft-Wärme-Kopplung findet in einem kleinen Leistungsbereich statt und erhält für die Abdeckung von Spitzenlasten einen Back-up-Brennwertkessel.
Die ISH konzentriert sich traditionell nicht nur auf den kleinen und mittleren Leistungsbereich, sondern auch auf den Stand der Technik und Innovationen bei industrieller Wärme im Leistungsbereich bis 40 MW. Die Marktführer im Bereich der mittleren und großen Kessel sowie großer Brenner zeigen ihre Systeme im Wesentlichen in Halle 8.
Die ISH zeigt neben den wärmetechnischen Systemen Technologietrends im Bereich der Elektronik und der IT mit Relevanz für den Wärmemarkt. Zu nennen sind insbesondere Smart-Grid-Lösungen, die eine Verknüpfung des Strombereichs mit dem Wärmemarkt ermöglichen. Überschüssige Strommengen bei hoher Sonneneinstrahlung und hohem Windaufkommen können über Smart-Grid-Lösungen Stromverbrauchern im Wärmemarkt just in time zugeführt werden. Dieses unter dem Thema „Power-to-Heat“ bekannte Modell kann nach Auffassung des BDH besonders effizient über Wärmepumpen und Pufferspeicher umgesetzt werden. Heizsysteme und IT- bzw. App-basierte Monitoring- und Steuerlösungen bilden einen weiteren Technologieschwerpunkt auf der ISH. Neben erheblichen Einsparpotenzialen, die über die Fernsteuerung einer Anlage realisierbar werden, kann eine Heizungs-App einen Beitrag dazu leisten, Endverbraucher und Heizung im Sinne des Wortes näher zu bringen. So können zum Beispiel solare Einträge über die App beobachtet werden. Das Bewusstsein für die Bedeutung von Effizienz und Erneuerbaren Energien kann durch IT-basierte Lösungen und insbesondere über Heizungs-Apps geschärft und gesteigert werden.
Erneut gilt: Keine andere Veranstaltung bietet so komprimiert, kompetent und zukunftsorientiert die technologisch-kommerziellen Trends der Industrie wie die ISH, Weltleitmesse für die Erlebniswelt Bad, Gebäude-, Energie-, Klimatechnik und Erneuerbare Energien. In Frankfurt holt sich die FachWELT die moderne Technik für den internationalen Wärmemarkt ab.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: