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Interview: "Die Haus- und Gebäudeautomation steht vor spannenden Entwicklungen"

Dr. Peter Hug, Geschäftsführer des Fachverbandes Automation + Management für Haus + Gebäude im VDMA, zur Messe Light+Building 2010

 

"Die Haus- und Gebäudeautomation steht vor spannenden Entwicklungen." Anlässlich der bevorstehenden Light+Building, Weltleitmesse für Architektur und Technik vom 11. bis 16. April 2010 in Frankfurt am Main, verweist Dr. Peter Hug, Geschäftsführer des Fachverbandes Automation + Management für Haus + Gebäude im VDMA, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V., auf die weiterhin hohen Einsparpotentiale der Automatisierungstechnik im Gebäudebereich. Zudem bieten der wachsende Komfortanspruch und die zunehmende Alterung der Gesellschaft der Branche neue Chancen. Auch der Markt für Dienstleistungen wird weiter wachsen.

Herr Dr. Hug, die Messe Light+Building 2010 findet in einem angespannten Wirtschaftsumfeld statt. Wie stellt sich die Situation für die Haus- und Gebäudeautomation dar?

Hug: Die Haus- und Gebäudeautomation steht vor spannenden Entwicklungen. Der Markt im Neubaubereich ist europaweit rückläufig. In Deutschland kann das Jahr 2009 gerade im Vergleich zu anderen Branchen relativ gut abschneiden, auch - aber nicht nur - wegen des Konjunkturpakets der Bundesregierung. Die Vorjahresumsätze werden nicht ganz zu halten sein, aber wir sind nahe dran. Manche Unternehmen in unserem Geschäft werden in 2009 ein Rekordjahr verbuchen können.

Über Energieeffizienz wird viel berichtet. Es ist klar, dass eine integrierte und intelligente Steuerung der technischen Gewerke in Gebäuden Einsparpotentiale bietet, die jederzeit im zweistelligen Prozentbereich sind. Aber auch die Schrumpfung und Alterung der Gesellschaft wandeln schon in den kommenden Jahren das Anforderungsprofil an den Gebäudebestand. Ambient Assisted Living (AAL) ist ein Schlagwort. Unter AAL werden Konzepte, Produkte und Dienstleistungen verstanden, die neue Technologien und soziales Umfeld miteinander verbinden und verbessern mit dem Ziel, die Lebensqualität für Menschen in allen Lebensabschnitten zu erhöhen. Hier liegen neue Bereiche, und die Kreativität der Anbieter im Markt ist gefragt, um entsprechende Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln.

Worauf beruht im Wesentlichen Ihr Optimismus?

Hug: Nun, es gibt verschiedene Einflussfaktoren: Auf der einen Seite wird das Thema Gebäudeautomation den häuslichen Bereich in Zukunft stärker umfassen. Damit steigen die Stückzahlen und die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Automatisierungstechniken. Das Thema Energie spielt weiterhin eine wesentliche Rolle. Machen wir uns nichts vor. Energie wird teuer bleiben, eher teurer werden. Einsparungen bilden daher einen Netto-Ertrag, der immer stärkere Anreize bietet, Einspartechnologien intensiv zu nutzen. Will man dies ohne wesentliche Komfortverluste tun, muss man zwangsläufig auf intelligente Technik setzen. Das gilt für die Automation in allen Haus- und Gebäudebereichen - reicht also von Heizungs- und Lüftungsanlagen bis hin zu Beleuchtungs- und Überwachungssystemen.

Welchen Einfluss übt dabei das Thema Nachhaltigkeit aus?

Hug:
Nachhaltigkeit ist ein viel verwendeter aber auch unterschiedlich definierter Begriff. Der Beitrag der technischen Gebäudeausrüstung zur Nachhaltigkeit ist neben der Energieeffizienz auch die Erhaltung des Gebäudes in dem Sinne, dass wir beispielsweise durch intelligente Technik die Lasten aus dem Gebäude bringen, und das bei minimiertem Energieverlust.

Auch im Sinne der Nachhaltigkeit sollten alle Potentiale ausge-schöpft werden. Dies geht nur mit systemübergreifenden Lösungen. Wieweit konnte sich Systemtechnik bereits im Markt durchsetzen?

Hug: Die intelligente Integration der Systeme macht Sinn. Aber die Gebäudetechnik ist auch hochkomplex, wenn es in die Details geht. Deshalb ist - theoretisch gesprochen - die Optimierung der Zusammenarbeit der technischen Gewerke mittelfristig mit Sicherheit bedeutsamer als die Entstehung von Systemangeboten, die dann doch in einer standardisierten Form nicht das Optimum für jedes Gebäude bieten können. So wie sich die Gebäude architektonisch unterscheiden, so sind auch technische Unterschiede notwendig, sei es nun bei den Themen Wärme, Kälte, Lüftung, Licht oder Beschattung. Auf der Messe Light+Building werden sehr anschaulich die verbindenden Elemente, aber auch die Komplexität der einzelnen Anwendungen der Gebäudetechnik präsentiert. Zudem werden Werkzeuge gebraucht, um das Gesamtsystem zu optimieren. Die Gebäudeleittechnik liefert entsprechende Monitoring-Systeme und Optimierungstools.

Wichtig für Systemlösungen sind Kommunikationsstandards. Wieweit besteht hier noch Handlungsbedarf?

Hug: Hier hat sich in den letzten Jahren viel bewegt. Dies war einerseits technisch erforderlich, weil Performance und Möglichkeiten der Soft-und Hardware gestiegen sind. Andererseits sind einheitliche Kommunikationsstandards das A und O, um zukunftsfähig zu sein. Wer sich heute nicht an den gängigen Standards, also Bussystemen, orientiert, der wird Schwierigkeiten im Markt bekommen, weil der Kunde in der Regel schon eine offene Kommunikation fordert. Wenn heute vermehrt über TCP-IP gesprochen wird, dann führt dies mit Sicherheit in eine Richtung, die zu offen und damit am Ende wieder zu herstellerindividuell werden kann. Insoweit werden die Diskussion und die Abstimmungsprozesse in den Fachkreisen auch in Zukunft noch ausreichend Nährstoff haben.

Welche Bedeutung nimmt das Segment Dienstleistung mittlerweile für die Branche ein?

Hug: Die Firmen aus dem Bereich der Gebäudeautomation haben sich teilweise diesem Betätigungsfeld angenommen. Aber nicht alle sind im Gebiet des Gebäudemanagements tätig. Service ist ein wachsendes Segment. Das technische Gebäudemanagement ist in aller Regel nicht die Kernkompetenz  der Gebäudebenutzer. In den Büros greift man in der Regel auch auf eine spezialisierte IT-Abteilung zurück, wenn es komplexer wird. Insoweit macht es auch sachlich Sinn, den Betrieb von Gebäuden externen Fachleuten in die Hände zu geben. Insoweit denke ich, der Markt für Dienstleistungen generell in Bezug auf Gebäude wird weiter wachsen.

 


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