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In die Pflicht genommen: Auswirkungen der novellierten Trinkwasserverordnung für Betreiber/Hintergrundinformationen für TGA-Planer

Die Überwachung von Trinkwasserversorgungsanlagen ist eine der Hauptaufgaben der Gesundheitsämter. Grundlage ist die Trinkwasserverordnung, deren erste Version 1976 in Kraft getreten ist. Erst mit der 3. Novellierung 2001 wurde die Hausinstallation in die Überwachungspflichten einbezogen. Die am 1. November 2011 in Kraft getretene Novellierung der Verordnung sieht neue Pflichten für die Gebäudeeigentümer und die Gesundheitsämter vor.

Bild 1: Nicht mehr genutzte Alt-Installationen im Keller einer Schule. Bild: Siegfried Hauswirth

Bild 2: Trinkwasserspeicher in einem Hochhaus. Bild: Siegfried Hauswirth

Bild 3: Blick in einen Auffangbehälter einer Autowaschanlage. Bild: Siegfried Hauswirth

Bild 5: Nickel­konzentrationen in Stagnationsproben aus einer Armatur. Bild: Siegfried Hauswirth

Bild 7: Die für die Trinkwasserinstallation Verantwortlichen müssen nach VDI 6023 an Schulungen teilnehmen, um die Trinkwasseranlage hygienebewusst planen oder betreiben zu können.

 

Die technischen Anforderungen an die Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung sind in zahlreichen technischen Regeln festgelegt. Nach §50 Abs. 4 des Wasserhaushaltsgesetzes [1] dürfen „Wassergewinnungsanlagen …nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, unterhalten und betrieben werden.“ Dies wird von den zuständigen Behörden streng überwacht.
Für die Trinkwasserinstallation in Gebäuden existiert ebenfalls eine Vielzahl technischer Regeln, z.B. die DIN 1988, DIN EN 1717 oder die DVGW W 551. Allerdings unterliegen die Installationen nur in begrenzter Hinsicht der behördlichen Überwachung. Im Beschwerdefall waren die Gesundheitsämter als die für die Trinkwasserhygiene zuständige Behörde immer schon tätig. Erst mit der Novellierung der Trinkwasserverordnung [2] im Jahr 2001 (TrinkwV2001) wurde die Pflicht zur Überwachung von Trinkwasserinstallationen eingeführt, allerdings nur in Gebäuden, die Trinkwasser für die Öffentlichkeit bereitstellen. Solche Anlagen sind nach einem Stichprobenkonzept zu prüfen.
Hier heißt es in § 19 Abs. 7: „Bei Wasserversorgungsanlagen nach § 3 Nr. 2 Buchstabe c, (gemeint sind Hausinstallationen) aus denen Wasser für die Öffentlichkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 bereitgestellt wird, hat das Gesundheitsamt im Rahmen der Überwachung mindestens diejenigen Parameter der Anlage 2 Teil II zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, von denen anzunehmen ist, dass sie sich in der Hausinstallation nachteilig verändern können. Zur Durchführung richtet das Gesundheitsamt ein Überwachungsprogramm auf der Grundlage geeigneter stichprobenartiger Kontrollen ein.“
Bei elf der in der Anlage 2 Teil II genannten 12 Parametern handelt es sich um Stoffe, die von den verwendeten Materialien in das Trinkwasser übergehen können, z.B. Blei, Kupfer, Nickel, Benzo(a)pyren, Vinylchlorid u.a. Trihalogenmethane sind Chlorreaktionsprodukte, die nur bei der Trinkwasserdesinfektion mit Chlorprodukten eine Rolle spielen. In den meisten Fällen sind es die Schwermetalle, die unter bestimmten Umständen von Trinkwasserleitungen und deren Komponenten in das Trinkwasser übergehen können.
Zu den Parametern, die sich in der Hausinstallation nachteilig verändern können, zählen aber auch die mikrobiologischen Parameter; in Warmwassersystemen vor allem die Legionellen. Aufgrund der besonderen Bedeutung dieser Krankheitserreger haben die Gesundheitsämter in den zurückliegenden Jahren entsprechende Untersuchungen in öffentlichen Einrichtungen durchgeführt. Dabei wurden regelmäßig Grenzwertüberschreitungen und hygienisch relevante Mängel festgestellt.
Die aktuelle Novellierung der Trinkwasserverordnung sieht nun eine Ausdehnung der Anzeige-, Untersuchungs- und Überwachungspflichten vor, die sowohl die Betreiber einer Hausinstallation (künftig „Trinkwasserinstallation“) als auch die Behörden vor neue Herausforderungen stellt.

Gesetzliche Grundlagen
Die Trinkwasserinstallation ist in den letzten 8 Jahren, seit dem Inkrafttreten der damals novellierten Trinkwasserverordnung, verstärkt ins Blickfeld geraten. Die Verordnung basiert auf der europäischen Trinkwasserrichtlinie 98/83/EG [3] vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch. In der Begründung hierzu hieß es: (21) „Die Parameterwerte sind an dem Punkt einzuhalten, an dem Wasser für den menschlichen Gebrauch dem jeweiligen Abnehmer zur Verfügung gestellt wird. (22) Die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch kann vom Zustand der Hausinstallation beeinflusst werden. Außerdem ist anerkannt, dass die Verantwortung für die Hausinstallation und deren Instandhaltung von den Mitgliedstaaten nicht übernommen werden muss. (30) Da die Aufbereitung oder Verteilung von Wasser für den menschlichen Gebrauch die Verwendung bestimmter Stoffe oder Materialien bedingen kann, muss deren Verwendung geregelt werden, um eventuelle nachteilige Einflüsse auf die menschliche Gesundheit zu vermeiden.“
Des Weiteren basiert sie auf dem Infektionsschutzgesetz [4] aus dem Jahr 2001, der oben erwähnten EU-Trinkwasserrichtlinie, sowie auf dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) [5]. Grundsätzliche Anforderungen an das Trinkwasser sowie die Ermächtigungsgrundlage für die Trinkwasserverordnung finden sich in § 37 und 38 des Infektionsschutzgesetzes wieder: § 37 Abs. 1:
„Wasser für den menschlichen Gebrauch muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist.“
Abs. 3: „Wassergewinnungs- und Wasserversorgungsanlagen ?.einschließlich ihrer Wasseraufbereitungsanlagen unterliegen hinsichtlich der in den Absätzen 1 und 2 genannten Anforderungen der Überwachung durch das Gesundheitsamt. Für die Durchführung der Überwachung gilt § 16 Abs. 2 entsprechend. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) wird insoweit eingeschränkt.“

§ 38 Abs. 1: „Das Bundesministerium für Gesundheit bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates,
1. welchen Anforderungen das Wasser für den menschlichen Gebrauch entsprechen muss, um der Vorschrift von § 37 Abs. 1 zu genügen,
2. dass und wie die Wassergewinnungs- und Wasserversorgungsanlagen und das Wasser in hygienischer Hinsicht zu überwachen sind.“
Die Weltgesundheitsorganisation hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Sicherheit von Trinkwasserversorgungssystemen beschäftigt. Eine der jüngsten Publikationen (Water Safety in Buildings) [6] behandelt die Wassersicherheit in Gebäuden. Hierin werden ausführlich die mikrobiologischen und chemischen Einflüsse von Trinkwasserinstallationen auf die Trinkwasserbeschaffenheit und die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken, deren Identifizierung und des Risikomanagements behandelt. Es bleibt abzuwarten, wann dieses Konzept in die gesetzlichen Regelungen Eingang findet.

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Die Bedeutung der Trinkwasser­installation in der novellierten Trinkwasserverordnung
In der novellierten Trinkwasserverordnung wurde in § 3 Abs. 3 der Begriff „Hausinstallation“ durch den Begriff „Trinkwasserinstallation“ ersetzt. Nach der amtlichen Begründung [7] zur Änderung der Trinkwasserverordnung wurde der frühere Begriff „Hausinstallation“ aufgegeben, da in einem Haus verschiedene Installationssysteme vorhanden sind (z.B. auch die Elektro- und die Gasinstallation) und der neue Begriff mit der Bezeichnung im technischen Regelwerk übereinstimmt. Die Trinkwasserinstallation ist nach der Trinkwasserverordnung: „die Gesamtheit der Rohrleitungen, Armaturen und Apparate, die sich zwischen dem Punkt des Übergangs von Trinkwasser aus einer Wasserversorgungsanlage an den Nutzer und dem Punkt der Entnahme von Trinkwasser befinden.“ Es ist allerdings auch in § 3 Abs. 1 ein weiterer Begriff zu finden, der mit der Trinkwasserinstallation verbunden ist: die „ständige Wasserverteilung“ unter dem Oberbegriff „Wasserversorgungsanlage“.
Wasserversorgungsanlagen nach Buchstabe e sind: „Anlagen der Trinkwasserinstallation, aus denen Trinkwasser aus einer Anlage nach Buchstabe a oder Buchstabe b an Verbraucher abgegeben wird…“ (zur Erläuterung: Anlagen nach Buchstabe a sind zentrale Wasserwerke, Anlagen nach Buchstabe b sind dezentrale kleine Wasserwerke). Neu ist auch die Definition der „Stelle der Einhaltung“ nach § 8, d.h. der Stelle, an der die Anforderungen und Grenzwerte der Trinkwasserverordnung eingehalten werden müssen: „am Austritt aus denjenigen Zapfstellen, die sich in einer Trinkwasserinstallation befinden und die der Entnahme von Trinkwasser dienen“ sowie „bei Trinkwasser in einem an die Trinkwasserinstallation angeschlossenen Apparat, der entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht Teil der Trinkwasserinstallation ist, an der nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik notwendigen Sicherungseinrichtung“. Somit ist klargestellt, dass beispielsweise eine Spülmaschine oder ein Darmspülgerät mit Trinkwasser betrieben werden müssen, die Anforderungen aber nur bis zur Sicherungseinrichtung gelten. Sobald das Trinkwasser die Sicherungseinrichtung verlassen und die Spülmaschine bzw. das Darminnere berührt hat, hat es seine Eigenschaften als Trinkwasser verloren. Sicherungseinrichtungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sind nun auch nach § 17 der Trinkwasserverordnung zwingend vorgeschrieben. Dies gilt beispielsweise auch für installationsgebundene Wasserspender. Das in diesen Anlagen gekühlte Wasser ist rechtlich gesehen ein Lebensmittel, wenn auch die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung analog einzuhalten sind.
Der Begriff „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ ist in der Trinkwasserverordnung insgesamt 21-mal zu finden. Es werden allerdings keine speziellen Normen genannt. Insofern gilt das gesamte technische Regelwerk für die Trinkwasserinstallationen. Hier zeigt sich, dass ihm eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Nach § 4 der Trinkwasserverordnung gilt Trinkwasser als „genusstauglich und rein“, wenn sowohl die Anforderungen und Grenzwerte, als auch die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Das Abgabeverbot bezieht sich nur auf Grenzwertüberschreitungen. Sollten Grenzwertüberschreitungen auf die Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückzuführen sein, ist eine Anpassung an das Regelwerk zwingend erforderlich. Dieses ist jedoch teilweise überaltert und wird zurzeit überarbeitet.
Die VDI 6023 – Hygiene in Trinkwasserinstallationen [8] fasst die in anderen technischen Regeln, wie z.B. die DIN 1988 Teile 1 bis 8 aufgeführten hygienischen Grundlagen zusammen. Planungsregeln, Auswahl der Materialien, Dimensionierung und Leitungsführung, Betriebsanleitung und Hygieneplan, Montage, Inbetriebnahme und Qualifikation bzw. Schulung des Personals sind nur einige der Themenbereiche. Die für die Trinkwasserinstallation Verantwortlichen müssen nach VDI 6023 an Schulungen teilnehmen, um die Trinkwasseranlage hygienebewusst planen oder betreiben zu können. Im Zusammenhang mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik darf nicht unerwähnt bleiben, dass deren Missachtung unter Umständen strafrechtliche Folgen haben kann. So steht im Strafgesetzbuch in §319 Abs. 2 und 3 – Baugefährdung [9]: (2) „Ebenso wird bestraft, wer in Ausübung eines Berufs oder Gewerbes bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Vorhabens, technische Einrichtungen in ein Bauwerk einzubauen oder eingebaute Einrichtungen dieser Art zu ändern, gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib und Leben eines anderen gefährdet. (3) Wer die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.“

Pflichten des Inhabers einer ständigen Wasserverteilung
Der Inhaber einer ständigen Wasserverteilung bzw. einer Trinkwasserinstallation hat eine Reihe von Pflichten nach den § 13 und 16 der Trinkwasserverordnung zu beachten. Dabei ist zwischen privat, öffentlich bzw. gewerblich betriebenen Anlagen zu unterscheiden. Rein private Anlagen, d.h. Trinkwasserinstallationen in Einfamilienhäusern, müssen auch den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Dies ergibt sich auch aus der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) [10], in der nach § 12 die Kundenanlage „nur unter Beachtung der Vorschriften dieser Verordnung und anderer gesetzlicher oder behördlicher Bestimmungen sowie nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert und unterhalten werden“ darf. Dabei steht das Interesse des Trinkwasserlieferanten im Vordergrund, seine Anlage vor nachteiligen Rückwirkungen zu schützen. Anzeigepflichten sind für diese Inhaber nicht aus der Trinkwasserverordnung herzuleiten. Inhaber von gewerblich und öffentlich betriebenen Trinkwasserinstallationen haben hingegen eine Reihe von Pflichten, die bei Nichteinhaltung mit einem Bußgeld geahndet werden können:

Anzeigepflichten im „Normalbetrieb“ nach §13
Unternehmer oder sonstige Inhaber einer ständigen Wasserverteilung, aus der Trinkwasser im Rahmen einer öffentlichen Tätigkeit abgegeben wird sind verpflichtet,

  • die Errichtung,
  • die erstmalige Inbetriebnahme, die Wiederinbetriebnahme bzw. die Stilllegung,
  • bauliche oder betriebstechnische Änderungen, die Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit haben können,
  • den Übergang des Eigentum bzw. des Nutzungsrechtes,
  • den Bestand sowie die erstmalige Inbetriebnahme einer Großanlage zur Trinkwassererwärmung nach DVGW?W 551 [11]

schriftlich vorher innerhalb bestimmter Fristen anzuzeigen. Dies betrifft folglich alle öffentlichen Gebäude, z.B. Schulen, Kindergärten, Altenheime und Krankenhäuser. Der letzte Punkt betrifft auch Inhaber von Gebäuden, die im Rahmen der Vermietung der Immobilie Trinkwasser an ihre Nutzer abgeben, also Wohnungsbaugesellschaften, Inhaber von Mehrfamilienhäusern, aber auch Vermieter von gewerblichen Gebäuden. Nach DVGW W 551 zählen zu den Großanlagen alle Anlagen mit Speicher-Trinkwassererwärmern oder zentralen Durchfluss-Trinkwassererwärmern, z.B. in Wohngebäuden, Hotels, Altenheimen, Krankenhäusern, Bädern, Sport- und Industrieanlagen, Campingplätzen und Schwimmbädern. Anlagen mit Trinkwassererwärmern und einem Inhalt > 400l und/oder > 3l in jeder Rohrleitung zwischen dem Abgang Trinkwassererwärmer und Entnahmestelle zählen ebenfalls dazu.
Leider ist die Definition im Arbeitsblatt nicht klar formuliert. Voraussetzung ist immer, dass mindestens eines der beiden Kriterien – Behältervolumen > 400l  bzw. Volumen der Rohrleitung > 3 l – erfüllt sein muss. Ein- und Zweifamilienhäuser gelten hingegen stets als Kleinanlagen im Sinne des DVGW-Arbeitsblattes W 551.

Untersuchungspflichten nach § 14
Die Novellierung der Trinkwasserverordnung sieht erstmalig eine Untersuchungspflicht des Warmwassers auf Legionellen vor. Dazu heißt es: (3) „Der Unternehmer und der sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage nach § 3 Nummer 2 Buchstabe d oder Buchstabe e, in der sich eine Großanlage zur Trinkwassererwärmung nach der Definition der allgemein anerkannten Regeln der Technik befindet, haben unter Beachtung von Absatz 6 (hier: Probenahme und Untersuchung durch ein bei der obersten Landesgesundheitsbehörde gelistetes Labor), sofern sie Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit abgeben, das Wasser durch ergänzende systemische Untersuchungen gemäß Satz 3 an mehreren repräsentativen Probenahmestellen auf den in Anlage 3 Teil II festgelegten Parameter (Legionellen) zu untersuchen oder untersuchen zu lassen.“ Wie häufig die Probenahmen zu veranlassen sind, findet man in Anlage 4, Teil II, Buchstabe b:

  • In Gebäuden sind 1 x jährlich Proben zu untersuchen. Wenn in drei aufeinander folgenden Jahren keine Beanstandungen festgestellt worden sind, kann das Gesundheitsamt längere Intervalle festlegen, sofern die Anlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Für Gebäude mit Risikogruppen, wie z.B. Altenheime und Krankenhäuser, bleibt es auf jeden Fall beim jährlichen Turnus.
  • Gebäude, aus denen Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit abgegeben wird, müssen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung, d.h. bis zum 31.?10.?2013, eine erstmalige orientierende Untersuchung im Sinne des DVGW-Arbeitsblattes W?551 durchführen lassen.
  • Der Gebäudeinhaber ist außerdem verpflichtet, eine entsprechende Anzahl geeigneter Probestellen installieren zu lassen. Die Probennahme erfolgt nach DIN EN ISO 19458, wie dort unter „Zweck b“ beschrieben, d.?h. ohne Perlatoren, nach Desinfektion, minimales Ablaufenlassen. Die Menge des vor dem Befüllen des Probenbehälters abgelaufenen Wassers darf 3l nicht übersteigen.


Besondere Anzeige- und Handlungspflichten nach §16
Die besonderen Anzeige- und Handlungspflichten kommen immer dann zum Tragen, wenn etwas Besonderes vorgekommen ist. Gebäudeinhaber müssen dem Gesundheitsamt unverzüglich Grenzwert­überschreitungen (mikrobiologisch, chemisch, Indikatorparameter), Erreichen bzw. Überschreitung eines technischen Maßnahmenwertes, Grobsinnlich wahrnehmbare Veränderungen des Trinkwassers sowie außergewöhnliche Vorkommnisse mit möglichen Auswirkungen auf die Trinkwasserbeschaffenheit anzeigen. Wichtig ist die Tatsache, dass die Abgabe des Trinkwassers vom Zeitpunkt der Meldung an als erlaubt gilt, wenn das Gesundheitsamt nicht anders entscheidet. Die Trinkwasserverordnung verpflichtet den Gebäudeinhaber bei einer Überschreitung eines Grenzwertes (nicht eines technischen Maßnahmenwertes) unverzüglich, Untersuchungen zur Aufklärung der Ursache und erforderlichenfalls Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen oder durchführen zu lassen und darüber das Gesundheitsamt zu unterrichten.

Weitere Pflichten
Weiterhin gehört zu den Pflichten des Gebäudeinhabers, seinen Verbrauchern den Beginn der Zugabe eines Aufbereitungsstoffes und dessen Konzentration im Trinkwasser unmittelbar schriftlich anzuzeigen. Nach § 21 ist den Verbrauchern außerdem anzuzeigen, wenn nach dem 30.11.2013 noch Bleileitungen in der Trinkwasserinstallation vorhanden sind. Einige Gesundheitsämter haben zur Erfüllung der vielen Pflichten des Inhabers geeignete Meldeformulare auf ihre Homepage gestellt.

Neu sind die Regelungen im § 9 für den Fall des Erreichens oder der Überschreitung eines technischen Maßnahmenwertes, also 100 KBE Legionellen/100 ml. Nach dem DVGW Arbeitsblatt W 551 richtet sich die Beurteilung nach dem schlechtesten Befund. Es reicht also, wenn eine Probe den Wert erreicht hat.
(8) „Wird dem Gesundheitsamt bekannt, dass der nach § 7 Absatz 1 in Verbindung mit § 14 Absatz 3 festgelegte technische Maßnahmenwert erreicht oder überschritten wird, kann es den Unternehmer oder den sonstigen Inhaber der Trinkwasserinstallation anweisen, unverzüglich, spätes­tens innerhalb von 30 Tagen, eine Ortsbesichtigung durchzuführen oder durchführen zu lassen. Im Zusammenhang damit hat er eine Gefährdungsanalyse und Überprüfung zu veranlassen, ob mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Die Ortsbesichtigung ist zu dokumentieren. Das Gesundheitsamt prüft, ob und in welchem Zeitraum Maßnahmen zu ergreifen sind, und ordnet diese gegebenenfalls an.“
Die Ortsbesichtigung kann der Gebäudeinhaber selbst durchführen, es ist aber nicht beschrieben, was dabei zu beachten und was zu dokumentieren ist. Die Gefährdungsanalyse muss er in Auftrag geben. Hierbei sind sicher die Konzentration der Legionellen, die Infektionsanfälligkeit der versorgten Personen und der Zustand der Warmwasseranlage zu berücksichtigen. Dabei ist ein Hygieniker oder zumindest ein entsprechend geschulter Sachverständiger gefragt. Die Überprüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik der vorhandenen Anlage erfordert hohen technischen Sachverstand. Ggf. sind für die Beurteilung umfangreiche Erhebungen, Messungen usw. erforderlich.
Erfahrungen des Gesundheitsamtes des Rhein-Kreises Neuss seit 2003 haben gezeigt, dass in Abhängigkeit von der Größe, dem Alter und dem Wartungszustand eines Warmwassersys­tems in 20 bis 50 % der Proben erhöhte Legionellenkonzentrationen zu finden sind. Dies bedeutet beispielsweise regelmäßige thermische Desinfektionen und Nachbeprobungen. Anpassungen an das DVGW-Arbeitsblatt W551 sind wegen der hohen Kosten meist erst mittel- bis langfris­tig möglich. Kritisch werden die Versuche beurteilt, durch eine Dauerdosierung von Desinfektionsmitteln das Problem der Legionellen in den Griff zu bekommen, z.B. durch unterchlorige Säure, die durch Elektrolyseverfahren vor Ort hergestellt wird. Um Legionellen abzutöten sind sehr hohe Konzentrationen an frei wirksamen Chlor notwendig, die den Grenzwert in der Liste nach §11 Trinkwasserverordnung überschreiten.

Schwermetalle im Trinkwasser
Nach der Trinkwasserverordnung gelten die Grenzwerte für Blei, Kupfer und Nickel unter der Voraussetzung, dass die Probe „mit einem geeigneten Probenahmeverfahren an der Wasserentnahmestelle in der Weise entnommen wird, dass sich eine für die durchschnittliche wöchentliche Wasseraufnahme durch den Verbraucher repräsentative Probe ergibt.“ Da es praktisch unmöglich ist, eine solche Probe zu ziehen, hat das Umweltbundesamt UBA 2003 hierzu Empfehlungen zur Beurteilung der Trinkwasserqualität hinsichtlich der Parameter Blei, Kupfer und Nickel [12] herausgegeben. Hier sind entsprechende Probenahmeverfahren beschrieben. Es fehlt aber noch die in der EU-Trinkwasserrichtlinie vorgegebene europäische Harmonisierung:

  • Zufallsstichprobe (Z-Probe): An einer Entnahmestelle ist zu einer zufälligen Tageszeit eine Probe von 1l Volumen ohne vorherige Spülung zu entnehmen.
  • Fließwasserprobe (S0-Probe): Entnahme von 1 l nach Wasserabfluss bis zur Temperaturkonstanz.
  • Stagnationsproben (S1- und S2-Probe): Der Zapfhahn ist für eine Zeit von 4 Stunden zu schließen. Anschließend sind direkt hintereinander 2 Proben von je 1 l zu entnehmen. Eine Reduktion der Zeitspanne auf 2 Std. ist zulässig, dann muss aber das Ergebnis mit 2 multipliziert werden.
  • Untersuchungen der Trinkwasserbeschaffenheit aus Trinkwasserinstallationen öffentlicher Gebäude im Rhein-Kreis Neuss haben in 9,2% der Fälle Grenzwertüberschreitungen für Nickel und in 7,7% für Blei (Grenzwert 2013) ergeben, jeweils gemessen in der S1-Probe gemäß den o.?g. UBA Empfehlungen nach 4 Stunden Stagnation. In allen Fällen konnte durch Austausch der Armatur das Problem behoben werden.


Die Abhängigkeit der Nickelkonzentration von der entnommenen Wassermenge zeigt Bild 5. In den ersten 50 bis 250 ml des ersten Liters nach 4 Stunden Stagnation sind die Werte sehr hoch. Schon nach 250 ml entsprach in den genannten Fällen das Wasser wieder der Trinkwasserverordnung.

Ausblick
Angesichts der Vielzahl von Gebäuden, die innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Trinkwasserverordnung Untersuchungen veranlassen müssen, sind auch die Trinkwasserlabore gehalten, für entsprechende Kapazitäten zu sorgen. Die Gesundheitsämter sehen einer Vielzahl von Anzeigen und Untersuchungen entgegen. In vielen Fällen werden Gefährdungsabschätzungen und die Notwendigkeit der Anordnung von Maßnahmen erforderlich werden. Hauseigentümer und Überwachungsbehörden sind gefordert, ihren Pflichten verantwortungsvoll nachzukommen.
Literatur:
[1]    Wasserhaushaltsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), das durch Artikel 12 des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163) geändert worden ist
[2]    Trinkwasserverordnung vom 21. Mai 2001 (BGBl. I S. 959), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Mai 2011 (BGBl. I S. 748) geändert worden ist
[3]    Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch, Amtsblatt Nr. L 330 vom 05/12/1998 S. 0032 – 0054
[4]    Artikel 1 des Gesetzes zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften - (Seuchenrechtsneuordnungsgesetz – SeuchRNeuG vom 20. Juli 2000); Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG)
[5]    Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juli 2009 (BGBl. I S. 2205), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist
[6]    WHO: Water Safety in Buildings, März 2011, ISBN: 978 92 4 154810 6
[7]    Begründung zur Ersten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung (Bearbeitungsstand: 10.03.2010)
[8]    VDI 6023 – Hygiene in Trinkwasserinstallationen, VDI Gesellschaft  Techn. Gebäudeausrüstung, Beuth Verlag
[9]    Strafgesetzbuch in § 319 Abs. 2 und 3 – Baugefährdung, in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322)
[10]     Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV); Bonn, den 20, Juni 1980, der Bundesminister für Wirtschaft Lambsdorff
[11]     DVGW Arbeitsblatt W 551 - Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen, April 2004, DVGW Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V.
[12]    Beurteilung der Trinkwasserqualität hinsichtlich der Parameter Blei, Kupfer, Nickel; Empfehlung des Umweltbundesamtes 2003

Autor: Siegfried Hauswirth, Dipl. Ing. Umwelt- und Hygienetechnik

 


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