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Im Kleinen groß

Lieferwagen sind beliebt bei Handwerkern – sie sind klein, wendig und bieten doch ausreichend Platz

Typisch Lieferwagen: Beim Ford „Connect“ in Normallänge (L1) passen 2,9 m³ in den Frachtraum. Beim 40 cm längeren L2 sind es ca. 3,6 m³. Bild: Thomas Dietrich

Türen oder Klappe: Etliche Lieferwagen (hier VW „Caddy“) sind am Heck wahlweise zu öffnen. Eine seitliche Schiebetür ist beim Basismodell nicht immer Standard. Bild: Thomas Dietrich

Variantenreich: Für den Fiat „Doblò“ gibt es nicht nur den kurzen oder langen Radstand sowie ein Hochdach, sondern auch die Pritschenversion Work-up. Bild: Fiat Professional

Service komplett: Eine voll ausgestattete Werkstatteinrichtung lässt sich auch im Lieferwagen realisieren – da reicht selbst ein knapper Parkplatz. Bild: Milan Hoppe

Länger mobil: Allradtechnik bewährt sich vor allem dann, wenn winterliche Fahrbahnen oder unbefestigte, steile Wege auf Baustellen zu meistern sind. Bild: Thomas Dietrich

Marktübersicht: Lieferwagen in der Klasse 2,3 t zGG bzw. 3 m3.

Elektroantrieb: Das Preis-/Leistungsverhältnis sowie ein langwieriges Laden unterwegs kann sich als Handikap erweisen. Bild: Thomas Dietrich

Variante mit Erdgas: Wenige Lieferwagen mit Turbotechnik bieten weiterhin einen Verbrenner mit stark reduzierten Emissionen. Im Bild der „Doblò“ von Fiat. Bild: Fiat Professional

Länger laden: Dank klapp- oder absenkbarem Beifahrersitz passt ein halber Kubikmeter mehr an Bord. Bild: Peugeot

 

Für den kleinen Service sind Nutzfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht (zGG) von ca. 2,3 t vor allem in City-Regionen mit knappen Parkmöglichkeiten geeignete Zubringer. Sie bieten meist ein Ladevolumen von 3 m3. Und in dieser Größe summiert sich das Angebot bereits auf zehn Modelle mit Verbrennermotoren – besonders kompakte Varianten sowie alternative Antriebe nicht mitgezählt.

Im Fuhrpark-Mix eines SHK-Betriebes sind mobile Nützlinge wie „Caddy“, „Kangoo“ & Co unentbehrlich. Der Lieferwagen hat deshalb seine Berechtigung, weil für den Beratungstermin beim Kunden, den Check an einer Anlage oder die kleine Lieferfahrt kein großes Fahrzeug erforderlich ist. Der höhere Spritverbrauch sowie die Parkplatzprobleme für einen gro­ßen Transporter oder schlicht die Tatsache, dass in der Firma alle großen Servicefahrzeuge im Einsatz sind, wecken den Bedarf, auch einen kleinen Nützling auf dem Betriebshof zur Verfügung zu haben.
Für solche Fälle empfiehlt sich die Lieferwagenklasse. Dazu zählen mindestens zehn Fahrzeuge, denn ein elftes Modell, der „NV200“ (Nissan), darf nicht außen vor bleiben. Im gerade begonnenen Modelljahr 2020 startet das bewährte Modell nämlich nicht mehr mit einem Benzin- oder Diesel-Verbrenner, sondern nur noch mit Elektroantrieb.1)
Unter verschiedenen Marken bestehen Allianzen, um Entwicklungskosten zu splitten und um bei der Fertigung von baugleichen Komponenten auf möglichst hohe Stückzahlen zu kommen. Jüngstes Beispiel: Nicht nur der „Berlingo“ (Citroën), „Partner“ (Peugeot) und „Combo“ (Opel) entstehen aus gemeinsamer Fertigung des französischen PSA-Konzerns: Ab 2020 soll noch der Toyota „Proace City“ als viertes Modell hinzukommen.

3 m3 Ladevolumen
Welche Kriterien sind bestimmend, um die eine oder andere Karosse eindeutig der Lieferwagenklasse zuzurechnen? Antwort: Es ist die Größe des Frachtraumes mit etwa 3 m3 – die Grenzen sind allerdings fließend. Schon allein „Caddy“ (VW) und „Kangoo“ (Renault) bieten eine um 25 oder gar 40 cm gestreckte Variante. Auch „Berlingo“ (Citroën), „Connect“ (Ford) und erst recht der variantenreiche „Doblò“ (Fiat) bieten ein Plus hinter der Trennwand, sodass vier oder mehr Kubikmeter erreicht werden können. Die Marktübersicht weist die entsprechenden Daten aus.

Nochmals kleiner geht auch
Doch die Vielzahl wendiger Stadtlieferwagen ist damit nicht erschöpft. Seit über zehn Jahren runden Nutzfahrzeughersteller ihr Modellangebot zusätzlich noch mit sogenannten Mikro-Vans nach unten ab. Dazu gehören beispielsweise „Kangoo Compact“ (Renault), „Fiorino“ (Fiat) oder „Courier“ (Ford). Sie bieten bei einem sehr kurzen Radstand max. 2,5 m³ hinter der Trennwand. Bei dieser Marktübersicht bleiben sie ebenso außen vor wie die Service-„Winzlinge“ „LoadUp!“ (VW) oder – ganz neu – der „Zoe Cargo“ (Renault, mit E-Antrieb). Beide haben statt Rücksitzbank ein Trenngitter plus Ladefläche und kommen so auf einen Frachtraum von gut 1 m3.

Ladevolumen ist nicht alles
Es zählt aber nicht nur die Frachtraumgröße. Auch kann die Option einer Leiterklappe Nutzen bringen oder asymmetrische Flügeltüren, um auch Langgut im Sondermaß mitzunehmen. Doch rastet die breitere Hecktür solo ein? Kann die schmalere während der Fahrt sicher geöffnet bleiben?
Zudem lohnt es für den Entscheider im Fuhrpark, bestimmte Kriterien vor dem Fahrzeugkauf im Blick zu haben:

  • Ist die Distanz zwischen den Radkästen ausreichend?
  • Ein absenkbarer bzw. klappbarer Beifahrersitz in Kombination mit einem schwenkbaren Schutzgitter eröffnen ein Plus von 0,5 m3 und geben Langgut ein Terrain von gut 1 m zusätzlich frei.
  • Eine weitere Option kann auch eine Durchlademöglichkeit in der Trennwand sein.
  • Reichen Breite und Höhe der Frachtraumtüren?
  • Sind Wölbungen im Inneren der Karosserie hinderlich?
  • Die Wandverkleidung muss bis unters Dach reichen, damit Dellen vermieden werden.
  • Sind Zurrschienen oder Fixpunkte zur Ladungssicherung auch seitlich vorhanden?
  • Soll eine modulare Einrichtung eingebaut werden, bietet der Händler meist mehrere Lösungen im Einrechnungsgeschäft.

Mal Frachter – mal Team-Taxi
Ob vollverblechter oder teilverglaster Kas­tenwagen oder ein Kombi mit zweiter oder gar dritter Sitzreihe: Für die Kaufentscheidung ist eventuell einzubeziehen, dass mal Utensilien, mal Personen transportiert werden sollen. Letzteres realisiert beispielsweise der „Caddy“ auf passable Weise. Seit etlichen Jahren sind alle hinteren Sitze des Kombis nur durch Steckverbindungen im Boden verankert. Ein zeitraubendes Lösen von Schrauben entfällt, sodass der Personenwagen mit bis zu sieben Sitzen durchaus auch zum Frachter taugt.
Der „Kangoo“ bietet eine clevere Alternative: Eine Umrüstung von Sitzen entfällt komplett, wenn man die Option eines faltbaren Trenngitters nutzt. Denn dann kann im Handumdrehen der ebene Laderaumboden verkleinert und im Aufrichten der Rückenlehne eine Mitfahrgelegenheit für drei Personen hergerichtet werden.

Fahrkomfort nahe am Pkw
Lieferwagen mit einem zGG von etwa 2,2 - 2,4 t machen sich für die vielen Jobs im Handwerksbetrieb leicht unentbehrlich. Nicht nur für den Personentransport sind die Modelle die bessere Wahl. Die durchweg als Fronttriebler konstruierten Fahrzeuge lassen sich auch mit etlichen Einhundert Kilo Nutzlast unkompliziert fah­ren.
Selbst wenn unbefestigte oder rutschige Wege zu meistern sind, muss der Lieferwagen nicht am Ende sein. Beispielsweise bietet der „Kangoo“ die erweiterte Traktionskontrolle „Extended Grip“, damit nicht ein einzelnes, im Morast durchdrehendes Rad die Weiterfahrt verhindert. Weit mehr Technik setzt der „Caddy“ mit der Option „4Motion“ ein. Mit der „Visco“-Kupplung kann er seine Antriebskräfte bei rutschiger Fahrbahn auf alle vier Räder leiten. Mit hinzunehmen lässt sich noch die Ausstattung „Alltrack“, die vom verstärkten Unterboden über die erhöhte Bodenfreiheit bis zur komfortablen Fahrwerkseinstellung für schwieriges Gelände reicht.

Höherwertiges Interieur möglich
Obwohl ein Frachtraum an Bord ist, kann ein City-Flitzer meist auch mit höherwertigem Interieur einschließlich zeitgemäßer Konnektivität ausgestattet sein. Denn dies erwartet der Nutzer nicht nur in seinem Privatwagen, sondern auch am Arbeitsplatz hinter dem Steuer.
Allerdings fällt dort das Platzangebot für größere Personen oft nicht üppig aus. Vor allem vor einer Trennwand haben lange Fahrer Mühe unterzukommen. Deshalb sollte man sich die Zeit nehmen, um sich vor dem Kauf mit möglichen Ausstattungen auseinanderzusetzen und Probefahrten zu vereinbaren.

Zulassung gemäß Euro 6d Temp
Hinter dem Steuer lassen sich etliche Qualitäten eines Lieferwagens erfahren. Dabei haben möglicherweise Drehmoment, Sitzkomfort oder Design am Instrumentenbord Priorität. Doch welche schadstoffreduzierte Motortechnik ist im Angebot? Durch die Verringerung von Hubraum oder gar der Zylinderzahl sind auch Lieferwagen inzwischen bereit, im Idealfall mit 4 l Kraftstoff auf 100 km auszukommen.
Die geltende Einstufung in die Schadstoffklasse Euro 6d Temp ist jetzt bei den Lieferwagen Standard. Hierbei zählt, ob die Emissionen nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch in einem längeren Testzyklus im Fahrbetrieb niedrig sind. Das Messverfahren für Abgastests erfolgt auf Grundlage des neuen europaweit eingeführten WLTP-Standards (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure). Und nicht nur das: Bei der Zulassung gemäß Euro 6d Temp kommt zum WLTP-Verfahren noch ein zertifizierter Testzyklus hinzu, der die Realemissionen des Fahrzeugs in dem sogenannten RDE-Prüfverfahren im Straßenverkehr unter Alltagsbedingungen ermittelt (RDE = Real Driving Emissions).
Klar geregelt hat das Kraftfahrtbundesamt auch den nächsten Schritt in der Reduzierung von Emissionen: Ab dem 1. Januar 2020 gilt Euro 6d mit nur noch geringen Toleranzen der Grenzwerte bei kaltem, warmem oder heißem Motor – allerdings bezieht sich dies zunächst auf die Typzulassung eines Modells, das der Hersteller neu auf den Markt bringen will. Für das Angebot beim Neuwagenhändler wird sich dies verzögert auswirken, spätestens aber zum 1. Januar 2021.

Bei Schnäppchen genau hinschauen
Der Entscheider im Handwerksbetrieb sollte diese Zusammenhänge kennen und sich nicht von besonders attraktiven Konditionen blenden lassen. Es macht Sinn, in die modernste Motorentechnik zu investieren. Denn das Ziel sollte sein, dass auch in einigen Jahren – wenn weitere Restriktionen für den Cityverkehr Wirklichkeit werden – die freie Fahrt für den Lieferwagen bestehen bleibt.

Mobilität 2030
Gemessen an den heutigen Grenzwerten für Fahrzeugemissionen plant die EU bis zum Jahr 2030 noch erheblich schärfere Restriktionen, die mit einem reinen Verbrenner kaum mehr einzuhalten sind. Das soll den Trend verstärken: Weg vom herkömmlichen Verbrenner – hin zum alternativen Antrieb.
Schon seit Jahren wird der batteriebetriebene Lieferwagen vor allem bei Renault/Nissan sowie bei Citroën/Peugeot gepusht. Doch das Handikap einer mäßigen Reichweite – vor allem im Winter – sowie ein hohes Preisniveau lassen die Modelle am ehesten für Betreiber auf täglich wiederkehrenden Kurzstrecken bis zu 80 km interessant erscheinen.
Anders bei den Erdgas-Modellen. Sie haben längst ihren Kundenstamm gefunden und bieten mit der besonders emissionsarmen Turboentwicklung keineswegs Technik von gestern – wenn auch die Akzeptanz für diesen Antrieb in den letzten Jahren weit hinter den Erwartungen geblieben ist. Für das Modelljahr 2020 bleibt es dabei, dass Fiat und Volkswagen in der Lieferwagenklasse mit Erdgas-Versionen vertreten sind.

1) Nutzfahrzeuge mit E-Antrieb bildeten einen Schwerpunkt in der IKZ-HAUSTECHNIK 11/2019, nachzulesen im Heft oder online unter ikz.de.

Autor: Thomas Dietrich, freier Journalist

 


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