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Hocheffiziente Erdwärme-Erschließung

Eric Theiß

Zunehmend kommt der energetischen Nutzung des Untergrundes mit oberflächennahen Erdwärmesonden eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund ihres geringen Platzbedarfs können die Erdwärmesonden sowohl bei fast allen Neubauten und in dicht bebauten Gebieten als auch nachträglich im Gebäudebestand eingesetzt werden.

 

Durch Nutzung der Scheidwirkung von Wasserdruck werden beim "Geojetting"-Verfahren die Erdbohrungen schneller, einfacher und kostengünstiger.
Bild: Vaillant

Der Einsatz von Erdsonden ist insbesondere für kleine Grundstücksflächen geeignet, auf denen zur Integration der erforderlichen Erdflächenkollektoren kein ausreichender Platz zur Verfügung steht.

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Regelwerke
Zur Planung und Ausführung der erdgekoppelten Wärmepumpenanlagen sollten nachfolgend aufgeführte Richtlinien beachtet werden:

  • VDI 4640, Blatt 1, 2000-12: Thermische Nutzung des Untergrundes, Grundlagen, Genehmigungen, Umweltaspekte
  • VDI 4640, Blatt 1 (E), 2008-06: Thermische Nutzung des Untergrundes, Grundlagen, Genehmigungen, Umweltaspekte
  • VDI 4640, Blatt 2, 2001-09: Thermische Nutzung des Untergrundes, Erdgekoppelte Wärmepumpenanlagen
  • VDI 4640- Blatt 3, 2001-06: Thermische Nutzung des Untergrundes, Unterirdische Thermische Energiespeicher
  • VDI 4640, Blatt 4, 2004-09: Thermische Nutzung des Untergrundes, Direkte Nutzungen

Genehmigungen
Bergrecht (BBergG)
Das Bergrecht wird für die Aufsuchung und Nutzung der Erdwärme im Bereich von 0 bis 99 m unter Terrain nicht angewendet. In diesem Nutzungsbereich greift jedoch ggf. das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Ab einer Tiefe von 100 m sind für das Aufsuchen und die Nutzung der Erdwärme die Bestimmungen des BBergR anzuwenden.

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Bei der Planung und Ausführung von thermischen Anlagensystemen über Terrain, sind die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) sowie die hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften und Richtlinien der Bundesländer zu beachten.

Andererseits kann durch die Errichtung und den Betrieb einer Erdwärmesondenanlage, auch für den Fall, dass auf Grundwasser gestoßen wird oder nicht, ein erlaubnispflichtiger Benutzungstatbestand nach § 3 Abs. 2 des WHG erfüllt sein.

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Die geringfügige Temperaturveränderung beim Betrieb einer Wärmepumpe in Verbindung mit einer Erdwärmesonde in Einfamilien- und Zweifamilienhäusern stellt in der Regel keinen Benutzungstatbestand dar. Eine Bohranzeige wird jedoch in dem Fall erforderlich, wenn ein Einwirken auf das Grundwasser zu erwarten ist.

Generell sind nachfolgend aufgeführte wasserrechtliche Vorgaben zu erfüllen:

  • Die Wärmeträgerflüssigkeit muss den Anforderungen nach VDI 4640 Teil 1 entsprechen.
  • Die Bohrspülungen dürfen keine wassergefährdenden Stoffe enthalten.
  • Der Kurzschluss von zwei oder mehreren Grundwasserstockwerken durch Verpressen des Bereiches ist zu unterbinden.
  • In ergiebigen Grundwasserstockwerken für die Trinkwassergewinnung wird der Einbau einer Erdwärmesonde in der Regel abgelehnt.

Erschließung der Erdwärme
Zur Erschließung der kostenlosen Umweltwärme aus dem Erdreich werden Erdwärmesonden in senkrechte Erdbohrungen gesetzt. Dazu wird eine ca. 30 bis 100 m tiefe säulenförmige Bohrung auf dem Grundstück hergestellt, in die in der Regel ein Doppel U-Rohr-Kollektor integriert wird. Mit der gewonnenen Wärme wird eine erdgekoppelte Wärmepumpe versorgt, welche die aus dem Erdsondenkreislauf vorgewärmte Sole (Wasser-Frostschutz-Gemisch) auf das benötigte Temperaturniveau für die Heizung und Warmwasserbereitung anhebt. Andererseits können die Erdsonden während der Sommermonate auch zur Bauteilkühlung genutzt werden.

Die Erdtemperatur ist über das Jahr hinweg ab einer Tiefe von ca. 15 m nahezu konstant. Die Temperaturen der Luft schwanken mit der Jahreszeit sehr stark. Innerhalb der oberen Schichten des Erdbodens werden diese Temperaturen jedoch nicht bzw. nur sehr stark gedämpft nachvollzogen. Aus mathematischer Sicht folgt der Temperaturverlauf einer harmonischen Schwingung. In 5 bis 10 m Tiefe entspricht die im Boden gemessene Temperatur praktisch der Jahresmitteltemperatur des Standortes, die in Deutschland ca. 8 bis 10 °C beträgt.

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Systemvarianten
Für Erdwärmesonden und Rohrleitungen unter Terrain (im Untergrund) sind Kohlenwasserstoff-Polymere nach DIN 8074/DIN 8075, wie z. B.:

  • Polyethylen (PE)
  • Polypropylen (PP)
  • Polybutylen etc.

zu verwenden.

Die meisten Erdwärmesonden werden aus HDPE-Rohren (High-Density Polyethylen) gefertigt. Neben den Materialeigenschaften ist hier ein günstiger Preis für HDPE-Rohre zu verzeichnen.

Der Werkstoff weist im Gegensatz zu Metallen eine wesentlich schlechtere - für den Wärmetransport im Erdreich aber ausreichende - Wärmeleitfähigkeit auf, ist aber gegenüber den Metallen wesentlich korrosionsbeständiger.

Die Systemvarianten unterscheiden sich in Ausführung wie folgt:

  • Die vertikale U-Sonde, in der Regel als Doppel-U-Sonde ausgeführt, ist in Tiefen bis zu 100 m unproblematisch zu integrieren und weist Übertragungsleistungen auf, die in ihrer Größenordnung in Abhängigkeit von den vorliegenden geologischen Formationen als Richtwerte den Tabellen der VDI-Norm zu entnehmen sind.
  • Die thermische Ankopplung an das Gestein erfolgt über eine Verfüllmasse mit hoher thermischer Leitfähigkeit, dem Thermozement. Die vollständige Verpressung über die gesamte Länge der Sonde ist für eine maximale Energieausbeute wichtig und in den meisten Regionen auch deswegen vorgeschrieben, weil dadurch die hydraulische Verbindung von unterschiedlichen Grundwasserleitern unterbunden wird.

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Doppel-U-Rohr
Die innovative Erdwärmesonde des Systemherstellers Müller-Erdreichkollektorbau ist primär durch den Sondenfuß gekennzeichnet. Da der Sondenfuß währen des Einbaus und im Betrieb größeren Belastungen ausgesetzt wird, wurde der Sondenfuß zur Einbringung mit einem Einbaugestänge und Ausgleichgewicht ausgerüstet. Zudem wurde die Umlenkung am Sondenfuß in eine Kunststoffmasse eingebettet.

Koaxialsonde
Der Einsatz einer Koaxialsonde bietet zwar gegenüber einer U-Sonde den Vorteil einer hinsichtlich der für die Wärmeaufnahme effektiver zur Verfügung stehenden Oberfläche, wird aber aufgrund der höheren Kosten des Sondenrohres in Teufen bis zu 400 m nicht eingesetzt.

Zwischenzeitlich werden neben den Rohr-in-Rohr- und U-Rohr-Sonden auch andere Bauformen von Erdwärmesonden angeboten, die z. B. aus einem spiralförmig gewendelten Rohr bestehen. Diese Bauformen, deren Anwendungen im kleineren und mittleren Leistungsbereich liegen, verringern u. a. die Bohrungskosten.

Rehau-"Raugeo-Sonde PE-Xa" - Doppel-U-Sonden.
Bild: Rehau

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Dimensionierung
In den neueren technischen Regeln werden die Anforderungen und die Dimensionierung der Betonaktivierung sowie die Anforderungen an Erdsonden beschrieben. Das Regelwerk reicht allerdings zur Dimensionierung der Heiz- und Kühlanlagen nicht aus, weil zur Auslegung der Erdwärmesonden bzw. Erdkältesonden die Kenntnis des thermischen Verhaltens der Sonden, der Wärmeleitfähigkeit und der volumerischen Wärmekapazität des Erdreichs erforderlich ist. Aus diesem Grund werden zur Dimensionierung im Regelfall Simulationsrechnungen genutzt.

Die Gesamtlänge der Erdwärmesonden richtet sich nach der Gebäudeheizlast sowie nach den örtlichen geologischen und hydrogeologischen Verhältnissen. Hierzu können einzelne Bohrungen bis zu 100 m abgeteuft werden oder mehrere Bohrungen mit Bohrungen zwischen 30 bis 50 m. Entscheidend für die Entzugsleistung ist die Gesamtlänge der Erdsonde, wobei aus energetischen Aspekten bei zunehmender Tiefe auch die höheren Druckverluste im Erdsondenkreisklauf zu beachten sind.

Die Leistung einer Erdwärmesonde ist von der Beschaffenheit des Erdreichs abhängig und kann im Mittel mit ca. 50 W/m Bohrtiefe veranschlagt werden. Nach VDI 4640 erfolgt die Festlegung der Sonderlängen. In den neueren technischen Regeln werden die Anforderungen und die Dimensionierung der Betonaktivierung sowie die Anforderungen an Erdsonden beschrieben. Das Regelwerk reicht zur Dimensionierung der Heiz- und Kühlanlagen jedoch nicht aus, weil zur Auslegung der Erdwärme- bzw. Erdkältesonden die Kenntnis des thermischen Verhaltens der Sonden, der Wärmeleitfähigkeit und der volumerischen Wärmekapazität des Erdreichs erforderlich ist. Zur Dimensionierung werden daher im Regelfall Simulationsrechnungen genutzt.

Richtwert: Für ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 150 m2 und einem Heizleistungsbedarf von 8 kW wird eine Erdsonde von ca. 100 m benötigt.

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Spezifische Entzugsleistungen
Als spezifische Entzugsleistungen für Erdwärmesonden zwischen 40 und 100 m Länge können die Daten aus der Tabelle 2 verwendet werden.

Bis zu einer Tiefe von 50 m sollte der kleinste Abstand zwischen zwei Sonden mindestens 5 m sowie über 50 m mindestens 6 m betragen. Die in der Tabelle 2 aufgeführten Werte können durch die Gesteinsbildung wie Klüftung, Schieferung, Verwitterung erheblich schwanken.

Neben den geologischen und hydrologischen Untergrundverhältnissen sowie der gewählten Betriebsvariante ist die geothermische Nutzungsmöglichkeit auch von der Anzahl der Jahresbetriebsstunden abhängig. Entsprechend der VDI-Richtlinie 4640 wird die spezifische Entzugsleistung der Erdwärmesonden für jährliche Betriebsstunden von 1800 und 2400 Stunden berechnet. Im Vorfeld einer Anlagenplanung bietet die Berechnung und Bewertung der spezifischen Entzugsleistung eine Aussage über den Grad der Nutzungsmöglichkeit von Erdwärmesonden.

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CO2-Sonden
Für Bauprojekte in wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten oder für den Fall, dass die genehmigungspflichtigen Bohrungen mit Solesonden nicht genehmigt werden, bietet sich der Einsatz von CO2-Erdwärmesonden an. Im Gegensatz zu den sonst üblichen Erdwärmesonden, die mit einem Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel arbeiten, wird für diese Sonden Kohlendioxid (CO2) verwendet, das weder das Grundwasser noch das Mineralwasser negativ beeinflusst.

Die Funktionsweise einer CO2-Erdwärmesonde verläuft im Umkehrsinn zu den Sole-Sonden. Hier rinnt zunächst das flüssige CO2 als Wärmeträger nach dem "Heat-Pipe-Prinzip" an den Innenwänden der Sonde in die Tiefe und verdampft nach und nach durch die Aufnahme der Erdwärme, bevor es als leichteres Gas in der Rohrmitte wieder aufsteigt. In dem Wärmeübertrager wird also die Erdwärme in der CO2-Gasform an das Arbeitsmittel der Wärmepumpe abgegeben. Das so abgekühlte Gas wird wieder flüssig und gelangt erneut zu den Erdwärmesonden, die bis zu einer Tiefe von 100 m geführt werden. Weil das CO2 innerhalb der Sonde ohne Hilfsenergie selbstständig zirkuliert, wird bei diesem Verfahren auch keine Umwälzpumpe benötigt.

Gegenüber dem sonst verwendeten glatten Kunststoffrohr besteht die CO2-Sonde aus Edelstahl-Wellrohr. Das hat den Vorteil, dass der Kohlendioxidfilm innerhalb der Rillen mit einem geringeren Durchmesser effektiver wirken kann. Zudem wird durch die bessere Wärmeübertragung und die kleinere Temperaturdifferenz zwischen dem CO2 und dem Arbeitsmittel der Wärmepumpe eine höhere Leistungszahl erreicht. Als Folge sind auch niedrigere Betriebskosten zu verzeichnen.

Der Vorteil einer CO2-Sonde aus Edelstahl-Wellrohr liegt darin begründet, dass der Kohlendioxidfilm innerhalb der Rillen gegenüber einer Glattrohr-Sonde  mit einem geringeren Durchmesser effektiver wirken kann.

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Gewebepacker
Bei dem "GEOtight" Gewebepacker handelt es sich um ein Abdichtungssystem, das bei Erdwärmesonden-Bohrungen eingesetzt wird, insbesondere in den Fällen, in denen gewässerschutzrechtliche Vorschriften vorliegen.

Bei Erdwärmesonden-Bohrungen können Grundwasser, gespanntes Wasser und Gas bisweilen zum Problem werden. Der "GEOtight" Gewebepacker ist hier die neue, sichere und praktische Lösung - für ein dauerhaftes und sicheres Abdichten.

Funktionsprinzip: Ein Gewebeschlauch mit Zementfüllung, punktgenau eingesetzt, wirkt gezielt und dauerhaft gegen Grundwasserzirkulationen, Arteser und Gasaustritte. Zudem verhindert der "GEO-tight"-Gewebepacker, dass verunreinigtes Oberflächenwasser in den Untergrund gelangen kann und ist in jeder Einsatztiefe und mit individueller Abdichtungslänge einsetzbar.

Erdwärmesonde System "Müller-Doppel-U-Rohrbunde PE 100 SDR 11 d25/d32/d40" mit geschütztem Sondenfuß.
Bild: Mike Müller

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Sondenbohrungen
Schräg ausgeführte Erdsondenbohrungen
Das Schrägbohrverfahren des Systemherstellers Traco-Technik  vereint die Verfahrensvorteile vertikal und horizontal verlegter Erdwärmesonden und Erdwärmekollektoren. Das "GRD"-System nutzt mehrdimensional sowohl die Tiefe als auch die Breite eines Grundstücks. Als Wärmesonden werden Koaxialsonden verwendet, deren neuartiges Wellenprofil nicht nur eine größere Oberfläche zur effektiveren Energieaufnahme bietet, sondern auch sicherstellt, dass der Solefluss in der Sonde turbulent erfolgt.

Innovatives Bohrverfahren
"Geojetting"
Der Produkthersteller Vaillant hat das neue Bohrverfahren "Geojetting" zur Erschließung von Erdwärme entwickelt (siehe IKZ-ENERGY 10/2008). Diese Bohrtechnologie basiert auf einer Kombination aus klassischer Rotationsbohrung und der Schneidwirkung des Wasserdrucks bei bis zu 1000 bar.

Vorteile:

  • Die Bohrung erfolgt schneller und kostengünstiger als mit den bekannten konventionellen Bohrgeräten aus der Brunnenbautechnik.
  • Zudem fällt kaum Bohrgut an, weil der Boden durch den hohen Wasserdruck nahezu vollständig aufgelöst und mit dem Wasser in die Porenräume des Umgebungsgesteins verdrängt wird.
  • Zugleich eröffnet die vom Geothermiezentrum der Hochschule Bochum entwickelte Technologie auch die Chance, auf schwer zugänglichen Grundstücken und bei beengten Platzverhältnissen
  • inmitten des Gebäudebestands zu bohren.
  • Keine Flurschäden durch das Umsetzen der Bohrgeräte.

Unproblematischer gestaltet sich zudem der Einbau der Erdwärmesonden: Bisher konnten diese erst nach Erreichen der Entteufe und dem Entfernen des Bohrstrangs aus dem Bohrloch eingeführt werden, was mit der permanenten Gefahr verbunden war, dass das Bohrloch partiell in sich zusammenfiel. Beim "Geojetting" wird die Erdsonde stattdessen durch das noch im Boden steckende Bohrgestänge eingebracht und anschließend verpresst. Auch Schrägbohrungen sind möglich.

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Gütezeichen
Der ausführende Bohrfachbetrieb sollte nach dem DVGW Arbeitsblatt W 120 einen Qualifizierungsnachweis vorweisen. Mit dem neuen, anerkannten Gütezeichen "Geothermische Anlagen", zunächst gültig für den Bereich der Erdwärmesonden, bietet das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V. (RAL) verlässliche und neutrale Qualitätskriterien im Bereich der Erdwärmenutzung.

Die Gütesicherung Oberflächennahe geothermische Anlagen, Teil: Erdwärmesonden, RAL-GZ 969, legt den Inhalt und Umfang der Güte und der Überwachungsmaßnahmen für die Errichtung des Primärkreislaufes oberflächennaher geothermischer Anlagen fest.

Autor
Dipl.-Ing. Eric Theiß ist als freier Journalist mit den Themenschwerpunkten Technische Gebäudeausstattung (TGA) und rationelle und Regenerativtechnologien tätig.

81369 München
Dipl.Ing.E.Theiss@t-online.de

 


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