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Heizen im grünen Bereich - Interview mit Karl-Heinz Stawiarski über den Nutzen von Wärmepumpen im Wärmemarkt

Gerade erst hat der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) auf der ISH in Frankfurt einen fulminanten Start der Kampagne „Heizen im grünen Bereich“ gefeiert. Rund 30 Wärmepumpenhersteller und Energieversorger unterstützen diese Kampagne. Herzstück der neuen Kampagne ist deshalb die Website www.heizen-im-gruenen-Bereich.de. Hier erfahren die Verbraucher, warum sich die Investition in eine Wärmepumpe lohnt. Z.B., dass mit 60 bis 80% Anteil Erneuerbarer Energien Wärmepumpen nicht nur besonders klimafreundlich sind, sie sind auch ein außerordentlich effizientes Heizsystem, wie das ab September 2015 vorgeschriebene EU-Energielabel für Heizgeräte beweist. Wärmepumpensysteme erreichen als einziges Heizsystem die Spitzenwerte A+++ und A++. Fossile Heizgeräte erreichen nur dann die Effizienzklasse A+, wenn man unterschiedliche Komponenten kombiniert, wie beispielsweise einen Brennwertkessel und Solarthermie. Oder dass Wärmepumpen zur thermischen Speicherung genutzt werden können. Hierüber sprach die IKZ-ENERGY mit Karl-Heinz Stawiarski, Geschäftsführer des BWP.

BWP-Geschäftsführer Karl-Heinz Stawiarski.

Die neuen Effizienzklassenlabel.

 

IKZ-ENERGY: Herr Stawiarski, was hat die Wärmepumpe als Heizsystem mit dem Stromnetz zu tun?
Karl-Heinz Stawiarski: Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir eine Gesamtstrategie. Was nutzt es ökologisch, wenn wir nur den Ausbau Erneuerbarer Energien im Stromsektor voranbringen, im Wärmesektor – immerhin verantwortlich für 40% des Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland – weiterhin die fossilen Energieträger dominieren?
Wärmepumpen sind das ideale Bindeglied zwischen Strom- und Wärmesektor: Wärmepumpen verwandeln eine Einheit zunehmend regenerativ erzeugten Stroms zu 3 bis 4 Einheiten regenerativer Wärme. Die Wärmepumpe fungiert quasi als „regenerativer Verstärker“ für den Ökostrom. Gleichzeitig dienen Wärmepumpen als effizienter Stromspeicher: Schon heute werden Wärmepumpen zum Lastmanagement eingesetzt, üblich sind Sperrzeiten von 3-mal täglich 2 Stunden. Wärmepumpen lassen sich aber nicht nur gezielt bei Stromengpässen abschalten, sondern können auch z.B. bei Starkwindphasen und damit einhergehenden Erzeugungsspitzen gezielt zugeschaltet werden. Durch größere Warmwasserspeicher oder Aktivierung der Speichermassen im Gebäude lässt sich dieses Potenzial weiter steigern. Im Sommer können wir die Warmwasserbereitung und die sich zunehmender Beliebtheit erfreuende Klimatisierung für diese Zwecke nutzen.

IKZ-ENERGY:
Warum ist diese Flexibilität notwendig?
Karl-Heinz Stawiarski: Die Energiewende ist ein langfristiges Projekt, verliert sie den Rückhalt in der Bevölkerung, droht sie zu scheitern. Schon jetzt skandalisiert die Presse „Irrsinn Energiewende“, wenn Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen zu Dumpingpreisen ins Ausland verschoben wird oder PV-Anlagen und Windmühlen abgeregelt werden müssen, um einen Blackout zu verhindern. 400 GWh grünen Stroms sind so 2013 verloren gegangen, 30 Mio. Euro haben die Stromkunden für diesen nicht genutzten Strom bezahlt. Deswegen: Je mehr volatilen Wind- und PV-Strom wir in unsere Netze einspeisen, desto entscheidender wird es, den Verbrauch mit dem aktuellen Stromangebot zu synchronisieren. Die Notwendigkeit, Strom der anderweitig abgeregelt werden müsste, einer sinnvollen Verwendung zuzuführen, beispielsweise im Wärmemarkt, steht auch deswegen als Forderung im Koalitionsvertrag. Wärmepumpen übernehmen diese Aufgabe im Kleinen, beispielsweise bei einer PV-Anlage auf dem eigenen Dach wie im Großen in einem Smart Grid.

IKZ-ENERGY: Welchen besonderen Vorteil bietet thermische Speicherung mit der Wärmepumpe?
Karl-Heinz Stawiarski: Erstens sind Wärmepumpen bereits verfügbar und technisch erprobt und müssen nicht erst mit Millionen an Fördergeldern zur Marktreife geführt werden. Zweitens arbeiten Wärmepumpen äußerst effizient. Im Gegensatz zu Power-to-Gas und Power-to-Heat mit elektrischem Heizstab vervielfacht die Wärmepumpe den eingesetzten Strom bei der Umwandlung in Heizwärme. 1 kWh Strom kann mittels Power-to-Gas lediglich in 0,54 kWh Methan umgewandelt werden. Wird das so erzeugte Methan dann in einem Brennwertkessel mit einem Wirkungsgrad von 90% verheizt, vergrößern sich die Verluste weiter. Die Verluste bei der thermischen Speicherung mit Wärmepumpen sind mit 10% minimal. Drittens ist die Wärmepumpe als vollwertiges regeneratives Heizungssystem geeignet, die ökologisch notwendige und politisch gewollte Wärmewende voranzubringen. Und viertens führt die Verdrängung von Gaskesseln durch Wärmepumpen im Heizungskeller dazu, dass Gasmengen frei werden, die dann für eine flexible Stromerzeugung durch GuD-Kraftwerke zur Verfügung stünden.

IKZ-ENERGY:
Geht das auch mit anderen Heizsystemen?
Karl-Heinz Stawiarski: Power-to-Heat funktioniert selbstverständlich auch mit bivalenten Systemen. Hier können sogar größere Lasten verschoben werden. Dem Ziel, 14% Erneuerbare Energien am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte bis 2020 zu erreichen, kommen sie damit aber nicht näher.

IKZ-ENERGY: Kritiker behaupten, die Wärmepumpe sei eine Belastung für das Stromnetz, weil sie angeblich dann Strom benötigen, wenn kein Erneuerbarer Strom produziert wird und sie darum eigene Kraftwerke bräuchten.
Karl-Heinz Stawiarski: Insgesamt wird der Strom in Deutschland immer „grüner“, 2014 wurde schon fast jede vierte Kilowattstunde Strom regenerativ erzeugt. Und gerade Windstrom erreicht doch im Herbst und Winter häufig Rekordwerte. Um die Auswirkungen eines forcierten Wärmepumpenausbaus auf die Zusammensetzung des Kraftwerksparkes zu untersuchen, haben wir 2012 eine Studie an der TU München in Auftrag gegeben: Selbst bei einem prognostizierten Wärmepumpenbestand von 3,5 Mio. Anlagen in 2030 – derzeit sind nicht einmal 600000 Anlagen in Betrieb – würden die 3,5 Mio. Anlagen lediglich 3,5% des gesamten Stromverbrauchs ausmachen. Die Wissenschaftler haben bei ihrer Untersuchung explizit das Lastprofil der Wärmepumpe mit ihrem Schwerpunktverbrauch im Winter berücksich­tigt. Dennoch würde der von Wärmepumpen zusätzlich verbrauchte Strom bis zu 50% aus regenerativen Quellen oder Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung stammen. Betrachtet man das gesamte Energiesystem, treten die Vorteile eines Wärmepumpenzubaus noch deutlicher in Erscheinung: Da die Wärmepumpen fossile Heizgeräte ersetzen, wird auch der Wärmesektor zunehmend erneuerbar.

IKZ-ENERGY: Warum wird Power-to-Heat noch nicht praktiziert?
Karl-Heinz Stawiarski: Hier ist die Antwort einfach: Es ist schlicht zu teuer. Wärmepumpenstrom kostet mit rund 20 Cent ein Vielfaches dessen, was sie für Erdgas, Heizöl oder Pellets ausgeben müssen. Und da ausgerechnet Strom als derjenige Energieträger, der zunehmend umweltfreundlicher wird, mit den meisten Steuern und Abgaben belastet ist. Rund 70% des Strompreises sind fix, da bleibt kein Spielraum für flexible Tarifmodelle, die einen angebotsabhängigen Verbrauch anreizen könnten.

IKZ-ENERGY:
Wie müssen diese Rahmenbedingungen aussehen? Flexible Strompreise, z.B. durch Befreiung oder Flexibilisierung von Preisbestandteilen, Regulierungsrahmen?
Karl-Heinz Stawiarski: Wir benötigen lastvariable Stromtarife und eine Flexibilitätsprämie des Energieversorgers für den Wärmepumpenkunden als Gegenleis­tung, dass er seine Anlage schalten darf. Damit die Energieversorger flexible Strompreise anbieten können, muss der sogenannte „Überschuss-Strom“ von staatlich regulierten Preisbestandteilen befreit werden. Der Gesetzgeber muss die notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen schaffen, u.a. die Verordnung nach §14a EnWG. Außerdem muss der regenerative Umbau des Wärmesektors und die Nutzung von Umweltwärme im Gebäudebestand vorangetrieben werden, um die thermischen Speicherkapazitäten weiter auszubauen.

IKZ-ENERGY: Die Wärmepumpen-Kunden mussten viele Strompreissteigerungen ertragen. Können sie hier auf Entlastung hoffen?
Karl-Heinz Stawiarski: Ohne eine stärkere Nutzung des Erneuerbaren Stroms durch Wärmepumpen sehe ich nicht, wie wir das Ziel von 14% Erneuerbare Wärme bis 2020 erreichen können. Geeignete Maßnahmen, um den Strompreis für Wärmepumpen zu senken, sind: Wegfall der Stromsteuer, Umverteilung der EEG-Umlage auf fossile Heizenergieträger, Bildung eines EEG-Altlastenfond.

IKZ-ENERGY: Herr Stawiarski, vielen Dank für das Gespräch.

Bilder: BWP

Kontakt: Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V., 10117 Berlin, Tel. 030 208799711, Fax 030 208799712, info@waermepumpe.de, www.waermepumpe.de

 


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