Werbung

FAQs zu Wohnungslüftungsanlagen - Sieben Fragen zur Dichtheitsprüfung

Wohnungslüftungssysteme verschiedenster Bauart werden verstärkt bei Neubau und Modernisierung von Wohngebäuden eingebaut. Der Betrieb dieser Systeme erfüllt jedoch nur dann die gesetzten Ziele an die Energieeinsparung, wenn der Einbau sachgerecht erfolgt. Mit der Dichtheitsprüfung der Gebäudehülle nach DIN EN 13829 [1] lassen sich Montagefehler aufdecken und ungewollte Lüftungswärmeverluste vermeiden.

Messaufbau der Dichtheitsprüfung der Gebäudehülle beim Ringversuch.

Grundriss EG und OG des Einfamilienhauses für den Ringversuch.

Übertragung von Geruch und Rauch durch ein nicht angeputztes Einbaugehäuse.

Dicht ausgeführte Durchdringung von Lüftungsleitungen.

Verbindungen in Lüftungsleitungen müssen dauerhaft abgedichtet werden.

Die Blende des Lüftungsgeräts wird abgedichtet.

Unsachgemäße Montage eines Außenluftdurchlasses.

 

Deshalb wurde auf einem Workshop des Fachverbands Luftdichtheit im Bauwesen e.V. (Berlin) im Mai 2012 das Thema Wohnungslüftung aus Sicht der Luftdichtheit der Gebäudehülle diskutiert. Der Workshop bestand aus zwei Teilen, einer Diskussionsveranstaltung und einem Ringversuch an einem sanierten Einfamilienhaus mit dezentralen Zu-/Abluftgeräten, bei dem unterschiedliche Abdichtungen des Lüftungssystems messtechnisch ermittelt werden sollten. Die Diskussionsergebnisse sollen im Folgenden anhand von sieben Fragen dargestellt werden.

Woran ist ein ventilatorgestütztes Wohnungslüftungssystem zu erkennen?

Nach EnEV (Energieeinsparverordnung) dürfen Energieeinsparungen des Wohnungslüftungssystems angerechnet werden, wenn

  1. die Dichtheit des Gebäudes n50 < 1,5h-1 beträgt, d.h. der Volumenstrom über Gebäudeleckagen bei einem Differenzdruck von 50 Pa ist in 1 Stunde maximal 1,5-mal so groß wie das beheizte oder gekühlte Luftvolumen des Gebäudes und
  2. der mithilfe des Lüftungssystems erreichte Luftwechsel die Anforderungen hinsichtlich Gesundheit und Beheizung erfüllt, d.h. mit dem Lüftungssystem muss ein hygienischer Luftwechsel im gesamten Gebäude erzeugt werden können.

Die DIN 1946-6 [2] spricht von einem hygienischen Luftwechsel, wenn die Nennlüftung über das Lüftungssystem erreicht wird und mindestens 80% des Gebäudes oder der Wohnung vom Lüftungssystem belüftet werden. Die Nennlüftung wird bei ventilatorgestützten Wohnungslüftungssys­temen nach der Größe des Gebäudes und Art sowie Anzahl der Ablufträume – Küchen, Bäder, Toiletten, Hauswirtschaftsraum – ermittelt. Darin enthalten ist ein planmäßiger Volumenstrom von mindestens 30 m³/h je Person, der als hygienisch gelten kann. Deshalb müssen ventilatorgestützte Wohnungslüftungssysteme nutzerunabhängig mindes­tens die Nennlüftung sicherstellen. Nach DIN 1946-6 und Musterbauordnung sind ventilatorgestützte Lüftungssysteme zudem so herzustellen, dass eine Geruchsübertragung in andere Räume verhindert wird.
Im Gebäude des Ringversuchs waren sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss jeweils zwei Lüftungsgeräte installiert, die paarweise in wechselweisem Betrieb zusammenarbeiten. Fördert das Gerät in der Küche Außenluft ins Gebäude, fördert gleichzeitig das Gerät im Wohn-/Essbereich die Abluft nach außen ab. Nach einem Zeitintervall wird die Strömungsrichtung der Geräte umgedreht. Über integrierte Wärmeübertrager wird der Abluft Wärme entzogen und an die Zuluft abgegeben.
Der Gesamtaußenluftvolumenstrom über die vier Lüftungsgeräte liegt zwischen 60 und 120 m³/h. Der notwendige Gesamtaußenluftvolumenstrom für die Nennlüftung nach DIN 1946-6 beträgt 190m³/h. Es darf ein Außenluftvolumenstrom von 26m³/h über die Infiltration angerechnet werden. Der Restbetrag in Höhe von 164 m³/h ist durch die installierten Lüftungsgeräte zu erbringen, die jedoch dafür nicht ausreichend sind.
Das Lüftungssystem ist so installiert, dass nicht alle Räume belüftet werden. So wird sich im Arbeitszimmer, Schlafzimmer und Zimmer im OG nur mittelbar bei geöffneten Türen ein Luftaustausch einstellen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Anforderungen der DIN 1946-6 durch das installierte ventilatorgestützte Lüftungssystem nicht erfüllt werden.
Ursprünglich geplant war eine direkte Belüftung aller Räume durch das Lüftungssystem, jedoch wurde es auf Bauherrenwunsch hin in der vorliegenden Form beschränkt, da das Haus nur von zwei Personen bewohnt wird. Wird diese Randbedingung zugrunde gelegt, so ist das Lüftungssystem durchaus in der Lage, personenbezogene Volumenströme von 30 bis 60 m³/h zu erzeugen, die den hygienischen Ansprüchen genügen. Eine Belüftung des gesamten Gebäudes durch das System erfolgt jedoch nicht. Und durch den wechselweisen Betrieb der Lüftungsgeräte kommt es immer zu einer Geruchsübertragung aus den Ablufträumen Bad und Küche in die Wohnräume.
Dieses Beispiel zeigt, wie schwer die Beurteilung von Wohnungslüftungssystemen ist. Im öffentlich rechtlichen Nachweis wurde das ventilatorgestützte Lüftungssys­tem mit Wärmerückgewinnung jedoch angesetzt, sodass für die Dichtheit dieses Gebäudes auf jeden Fall der EnEV-Grenzwert n50 < 1,5 h-1 für Gebäude mit raumlufttechnischen Anlagen gilt.

Ist ein permanent laufender Abluftventilator ein Wohnungslüftungssystem?

Die DIN 18017-3 [3] lässt zwar weiterhin abschaltbare Einzelraumventilatoren in Ausnahmefällen zu. Im Standardfall wird jedoch permanent ein Abluftvolumenstrom aus dem fensterlosen Bad/WC gefördert.
Der stete minimale Abluftvolumenstrom des Abluftsystems nach DIN 18017-3
kann so groß dimensioniert sein, dass die Lüftung zum Feuchteschutz nach DIN 1946-6 sichergestellt wird. Zum Erreichen eines hygienischen Luftwechsels wie die Nennlüftung ist jedoch zusätzlich ein manuelles Fensterlüften notwendig. Das bestimmende Lüftungssystem ist damit die Fensterlüftung, die auch im öffentlich rechtlichen Nachweis angesetzt werden muss. Der Grenzwert der Luftdichtheit der Gebäudehülle nach EnEV wäre n 50 < 3,0 h-1 für Gebäude ohne raumlufttechnische Anlagen.
Anders verhält es sich, wenn das Abluftsystem im fensterlosen Bad Teil eines Wohnungslüftungssystems ist. Das System muss dann die Anforderungen von EnEV und DIN 1946-6 hinsichtlich hygienisch notwendigem Luftwechsel und ausreichender Lüftung der gesamten Nutzungseinheit erfüllen. Der Grenzwert nach EnEV wäre n50 < 1,5 h-1 und das Abluftsystem – auch der Einzelraumventilator im fensterlosen Bad – wird für die Dichtheitsprüfung abgedichtet.

Wie wird ein zentrales oder wohnungszentrales Wohnungs­lüftungssystem bei der Dichtheitsprüfung abgedichtet?

Ein Wohnungslüftungssystem soll den geplanten Luftaustausch gewährleisten. Die Lüftungsautorität soll auf diesem System liegen, damit die geplanten Einsparungen der Lüftungswärmeverluste auch erreicht werden. Ist ein Lüftungssystem nicht fachgerecht eingebaut, werden zusätzliche Luftströmungen aufgrund von Winddruck oder thermischem Auftrieb auftreten. Dies kann zu zusätzlichen Lüftungswärmeverlusten sowie Geruchs- und Rauchübertragung führen. Beispiele für eine nicht fachgerechte Installation ist z.B. der nicht luftdichte Anschlüsse eines Luftkanals oder Montagegehäuse zur Wand.
Mit der Dichtheitsprüfung lässt sich die sorgfältige Ausführung des Lüftungssys­tems prüfen, indem z.B. das Ventil oder der Rohrstutzen abgedichtet wird und die Montagefuge zur Wand nicht von der Abklebung verdeckt wird. So wird zwar das Lüftungssystem aus der Prüfung herausgenommen, aber die Einbaufehler, die später ggf. zu Bauschäden oder Reklamationen führen, können bei der Leckageprüfung weiter zu Tage treten.

Wie dicht ist ein Kanalnetz eines Wohnungslüftungssystems?

Kein Luftleitungsnetz ist hundertprozentig dicht. Die häufigsten Leckagen treten dabei an den Verbindungsstellen auf. Die DIN 1946-6 (Lüftung von Wohnungen) stellt als Mindestanforderung an die Dichtheit des Luftleitungssystems die Dichtheitsklasse A nach DIN EN 12237 [4]. Dies entspricht einer Leckagemenge von ca. 20 m³/h bei 50 Pa Differenzdruck in einem Luftleitungsnetz eines KWL-Systems in einem Einfamilienhaus mit 120 m² (Luftleitungsoberfläche ca. 15 m²). Mit Dichtheitsklasse B lässt sich der Leckagevolumenstrom auf 7 m³/h und mit Klasse C auf 2 m³/h reduzieren. Zum Vergleich: Die notwendige Nennlüftung beträgt ca. 140 m³/h, d.h. bei Klasse A betragen die Leitungsverluste 14%!
Dazu kommen die Leckagen der Zu- und Abluftgeräte. Diese liegen jedoch bei guten Geräten bei 50 Pa unter 1% des Gerätenennluftvolumenstroms. Für die Abdichtung des Wohnungslüftungssystems im Zuge der Dichtheitsprüfung heißt das: Wenn nicht an den Ventilen in den Aufenthaltsräumen sondern außen an den Außenluft- und Fortluftdurchlässen abgedichtet wird, sind die Leckagen des Luftleitungsnetzes im Ergebnis der Dichtheitsprüfung der Gebäudehülle enthalten.

Wie wird ein undichtes Kanalnetz in die energetische Bilanz eingerechnet?

Gar nicht. Weder die DIN V 4701-10 [5] noch DIN V 18599-6 [6] berücksichtigen die Leckagen des Lüftungsleitungssys­tems. In der DIN V 18599-6 wird nur die Dichtheit des Lüftungsgerätes berücksichtigt. Wird das Leitungsnetz außerhalb der thermischen Hülle verlegt, bleiben diese Lüftungswärmeverluste unberücksichtigt.

Wie wird ein dezentrales Wohnungslüftungssystem für die Dichtheitsprüfung präpariert?

Dezentrale Wohnungslüftungssysteme werden raumweise in den Außenwänden montiert. Sie stellen also eine Durchdringung der Gebäudehülle dar. Bei der Dichtheitsprüfung soll der dichte Einbau überprüft werden. Dazu ist es wichtig, dass die provisorische Abdichtung nicht mögliche Leckagen um das Gerät herum ebenfalls abdichtet. Deshalb darf nur die Blende des Gerätes oder nach Entfernen der Blende die Wandhülse an sich abgedichtet werden. Wird die Abdichtung auf den Innenputz geführt, bleibt die Einbaufuge des Lüftungsgerätes zum Mauerwerk ungeprüft.

Wie werden Außenluftdurchlässe abgedichtet?

Außenluftdurchlässe als Teil eines ventilatorgestützten Wohnungslüftungssys­tems werden für die Dichtheitsprüfung abgedichtet. Auch hier gilt es, mit der Dichtheitsprüfung Montagefehler aufzudecken. Beispielsweise wird durch eine Abdichtung, die über die Innenblende bis auf den Innenputz geführt wird, die Einbaufuge der Wandhülse des Außenluftdurchlasses verdeckt. Der möglicherweise mangelhafte Einbau bleibt so verborgen. Für die Dichtheitsprüfung darf nur die Wandhülse, z.B. mittels Ballblase, abgedichtet werden.

Fazit

Werden Wohnungslüftungssysteme geplant und montiert, sollte das Augenmerk nicht nur auf dem Wirkungsgrad des Wärmeübertragers vom Lüftungsgerät liegen. Zur ordnungsgemäßen Funktion eines Lüftungssystems gehören ebenso ein dichtes Luftleitungsnetz und der sachgerechte, dauerhaft dichte Einbau des Lüftungssystems. Nur so sind Leckagen sowie Rauch und Geruchsübertragung ausgeschlossen. Mit der Dichtheitsprüfung der Gebäudehülle lässt sich nicht nur die notwendige Dichtheit des Baukörpers nachweisen, es lassen sich auch vorliegende Montagefehler aufdecken.

Literatur:
[1]    DIN EN 13829: Wärmetechnisches Ver­halten von Gebäuden. Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden – Diffe­renzdruckverfahren
[2]    DIN 1946-6: Lüftung von Wohnungen – All­gemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und In­standhaltung.
[3]    DIN 18017-3: Lüftung von Bädern und Toi­lettenräumen ohne Außenfenster – Lüftung mit Ventilatoren.
[4]    DIN EN 12237: Lüftung von Gebäuden – Luftleitungen. Festigkeit und Dichtheit von Luftleitungen mit rundem Querschnitt aus Blech
[5]    DIN V 4701-10: Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen – Heizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung.
[6]    DIN V 18599-6: Energetische Bewertung von Gebäuden. Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Endenergiebedarf von Lüftungsanlagen, Luftheizungsanlagen und Kühlsystemen für den Wohnungsbau

Autor: Dipl.-Ing. (FH) Oliver Solcher, Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. (FLiB)

Bilder: FLiB

www.flib.de

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: