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Ein glattes Parkett Haftungsrisiken des GmbH-Geschäftsführers vor und in der Krise oder Insolvenz

Der Geschäftsführer einer GmbH ist erheblichen Haftungsrisiken unterworfen. Umso gefährlicher ist es, dass diese Brisanz im Alltagsgeschäft nach wie vor unterschätzt wird. In diesem Beitrag sollen daher einige wichtige Aspekte in der Geschäftsführerhaftung vor und in der Krise des von ihm geführten Unternehmens besonders hervorgehoben werden.

 

Eine zentrale Aufgabe besteht für den Geschäftsführer darin, die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherzustellen und – bei knapper werdender Liquidität – einzelne Gläubiger nicht zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Die Gesellschafter sind über die Krise zeitnah zu informieren und bei einer nicht mehr zu vermeidenden Insolvenz haben sie rechtzeitig den Insolvenzantrag zu stellen.
In diesem Zusammenhang lauert für den Geschäftsführer eine Reihe von Haftungsrisiken. Praxisrelevant sind vor allem die Anforderungen im Zusammenhang mit der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer, die Insolvenzverschleppung, die Geschäftsführerhaftung wegen Zahlungen zulasten des Stamkapitals sowie die durch  das MoMiG neu eingeführte Haftung nach § 64 Satz 3 GmbHG, wenn der Geschäftsführer Zahlungen an den oder die Gesellschafter zulässt, die zur Zahlungsunfähigkeit der GmbH führen.

Abführung von Sozialabgaben und Lohnsteuer

Die Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ist nicht nur strafrechtlich relevant, sondern führt nach der BGH-Rechtsprechgung auch zur Schadensersatzhaftung des Geschäftsführers nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 a Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegenüber den Sozialversicherungsträgern.
Der Autor stellt immer wieder fest, wie viele Geschäftsführer sich dieser Problematik nicht bewusst sind. Umso größer ist die Überraschung, wenn sie auf eine entsprechende Zahlung in Anspruch genommen werden.
Ein „Vorenthalten“ von Sozialversicherungsbeiträgen liegt auch dann vor, wenn gar kein Lohn gezahlt worden ist. Daraus sowie aus weiteren Vorgaben der Rechtsprechung wird eine Verpflichtung zur vorrangigen Abführung der Arbeitnehmeranteile gefolgert. Zwar liegt kein „Vorenthalten“ vor, wenn die GmbH zahlungsunfähig ist. Dies soll aber erst der Fall sein, wenn die Gesellschaft selbst bei Zurückstellung sonstiger Verbindlichkeiten und der Ausnutzung eines ggf. bestehenden Kreditrahmens zur Befriedigung des Sozialversicherungsträgers nicht in der Lage ist. Der Geschäftsführer hat vorausschauend zu prüfen, ob am Fälligkeitstag hinreichende Zahlungsmittel vorhanden sind, um die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu entrichten.
Hat eine GmbH mehrere Geschäftsführer, ist nicht nur der unmittelbar ressortmäßig zuständige Geschäftsführer straf- und zivilrechtlich verantwortlich, sondern haben sich auch die anderen Geschäftsführer aufgrund ihrer Überwachungspflicht davon zu überzeugen, dass der Beitragszahlungspflicht nachgekommen worden ist.
Die tendenziell vorrangige Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung kann zu einer Kollision mit der dem Geschäftsführer ebenfalls obliegenden Massesicherungspflicht bei Eintritt der Insolvenzreife führen, die in § 64 Satz 1 GmbHG zu einer Ersatzpflicht des Geschäftsführers führt. Da der Geschäftsführer dieser Kollision nicht ausweichen kann, wird in der Rechtsprechung vertreten, dass der Geschäftsführer, der die Beitragsentrichtung vornimmt, sich im Rahmen der Erfüllung der Pflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 64 Satz 2 GmbHG) bewegt.
Ähnliche Überlegungen hat der Geschäftsführer in Bezug auf die Abführung von Lohnsteuer anzustellen, für die er gemäß §§ 34, 69 AO persönlich haftet.

Insolvenzverschleppungshaftung

Bei Insolvenzreife, also bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO), hat der Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Insolvenzreife einen Insolvenzantrag zu stellen. Was viele noch nicht wissen: Nach der neuen Gesetzeslage trifft diese Pflicht bei Führungslosigkeit der GmbH auch jeden einzelnen Gesellschafter.
Die verspätete Antragstellung hat für den Geschäftsführer nicht nur strafrechtliche Folgen, sondern führt auch zu dessen Haftung gegenüber der Gesellschaft sowie den Gläubigern der Gesellschaft.
Im letzteren Fall sind sowohl die sogenannten Altgläubiger, die bereits vor der Insolvenzreife der GmbH eine Forderung gegen diese erworben haben, wie auch Neugläubiger, die ihre Forderung nach Eintritt der Insolvenzreife und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben haben, erfasst.
Den Altgläubigern steht der Ersatz des sogenannten Quotenschadens zu, also des Differenzbetrages, um den sich die tatsächlich erzielbare Quote gegenüber der bei rechtzeitiger Antragstellung erzielbaren Quote verschlechtert hat. Die Neugläubiger sind dagegen in vollem Umfang zu entschädigen, da sie so zu stellen sind, als hätten sie das betreffende Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft gar nicht abgeschlossen.
Besonders hinzuweisen ist noch auf die erweiterte Strafbarkeit des Geschäftsführers, wenn dieser den Insolvenzantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt (§ 15 a Abs. 4 InsO). Da auch die fahrlässige Begehung strafbar ist, führt dies zu einer deutlichen Verschärfung der Haftung, die den durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Geschäftsführer hart treffen kann.

Zahlungen zuLasten des Stammkapitals

Nach § 30 Abs. 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Nimmt der Geschäftsführer gleichwohl entsprechende Zahlungen vor, ist er der Gesellschaft zum Ersatz verpflichtet. Durch das MoMiG hat sich die Bedeutung dieser Haftung jedoch erheblich geändert.
Die sogenannte eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistung ist aufgegeben worden. Daraus folgt, dass z. B im Falle von Gesellschafterdarlehen nicht mehr danach unterschieden wird, ob diese in der Krise gewährt wurden oder nicht. Die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen stellt daher keinen Fall der Einlagenrückgewähr dar (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG), sodass außerhalb der Insolvenz  Gesellschafterdarlehen – freilich in den Grenzen des § 64 Satz 3 GmbHG – frei zurückzahlbar sind.
Die Qualifikation als Gesellschafterdarlehen hat künftig allerdings weiterhin Bedeutung für Rückzahlungsforderungen des Gesellschafters in der Insolvenz und für die Anfechtbarkeit von vor der Insolvenzreife der GmbH vorgenommenen Rückzahlungen an den Gesellschafter.
Die Darlehensforderungen sind in der Insolvenz nachrangig und Rückzahlungen, die z.B. im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen werden, sind anfechtbar.
Durch diese Rechtslage könnte sich ein Geschäftsführer, möglicherweise auf entsprechenden Druck der Gesellschafter, veranlasst sehen, die GmbH nach Rückführung von Gesellschafterdarlehen noch mindestens ein Jahr weiter zu führen. Damit würde er sich aber gleichzeitig dem Risiko der Insolvenzverschleppung aussetzen.

Schutz des GmbH-Vermögens nach § 64 Satz 3 GmbHG

Diese Norm stellt eine Maßnahme zum Schutz der GmbH bei all jenen Vermögens- oder Liquiditätsverschiebungen dar, die nicht von § 30 GmbHG erfasst sind und die vor Eintritt der Insolvenzreife die Liquidität der Gesellschaft in existenzgefährdender Weise schädigen. Während § 64 Satz 1 GmbHG Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH sanktioniert, ist nach § 64 Satz 3 GmbHG ein Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen vor Insolvenzreife verpflichtet, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in § 64 Satz 2 GmbHG bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar.
Vom Zahlungsbegriff sind insoweit auch Sachleistungen erfasst.
Eine Entlastungsmöglichkeit sieht das Gesetz für Zahlungen vor, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind. Eine Haftung soll insbesondere dann entfallen, wenn der Geschäftsführer das Tatbestandsmerkmal des Zahlungsverbots, also ihre Geeignetheit, die Zahlungsunfähigkeit herbeizuführen, nicht kannte. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass der Geschäftsführer die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ableiten lässt, trägt.
Daher der Praxistipp: Geschäftsführer sollten bei Transaktionen mit dem Gesellschafter, insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die vor entsprechenden Zahlungen angestellten Überlegungen, Prüfungen etc. eingehend dokumentieren.

Resümée

Allein der vorstehende Ausschnitt der Haftungsrisiken macht deutlich, auf welch glattem Parkett sich Geschäftsführer bewegen. Sie sollten sich daher rechtzeitig mit dieser Problematik auseinandersetzen – und nicht erst, wenn es zu spät ist.

Autor: Prof. Dr. Ulrich Dall, Essen, ist seit 1993 als Rechtsanwalt auf wirtschaftsrechtlichem Gebiet tätig. Sein Leistungsspektrum erstreckt sich auf die Beratung (insbesondere Vertragsgestaltung) sowie die bundesweite Prozessführung (einschließlich Schiedsverfahren) in den Bereichen Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht.
Seine umfangreichen Erfahrungen bringt Prof. Dr. Dall auch in seine Vortrags- und Lehrtätigkeit ein. Im März 2002 wurde er zum Professor ernannt und ist Herausgeber mehrerer Gesetzeskommentare.

 


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