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Drei Zimmer, Küche, Bad

Die Rolle des Bades im Wandel der Zeit

In „Schwarz-Weiß“-Zeiten eine Seltenheit: fließend warmes Wasser direkt in die Kombiwanne – in diesem Fall nicht zur Lagerung von Kartoffeln genutzt. Bild: Vaillant

In den 70er-Jahren war das Bad noch weit weg von dem, was es einmal werden sollte: ein Regenerationsort. Bild: VDS

Treffpunkt Bad 2014: Die einstige „Einzelzelle“ hat sich längst dem Wohnbereich geöffnet und das nicht nur Zweibeinern. Bild: Keuco

Wohnbaden anno 2000: Das Wellness-Center Bad kündigte sich an – mit starken Farben, dem obligatorischen „Sternenhimmel“ über der Dusche, reichlich, teils offenem Stauraum sowie wohnlichen Accessoires. Bild: Duscholux

2007 wird die Vision zur Wirklichkeit: Das kommunikative Bad ersetzt zwar nicht das Wohnzimmer, bandelt dafür aber mit dem Schlafzimmer an. Und der Spiegelschrank bietet einen Anschluss für den iPod. Immerhin. Bild: Burgbad

Das Bad 2034 hat infolge des demografischen Wandels eine ganz neue Bedeutung: „Healthness“-Bäder helfen beim individuellen Gesundheitsmanagement. Bild: Grohe

 

In Zeitungsannoncen steht das Bad immer noch ganz hinten. In Häusern und auch Wohnungen hat sich das geändert. Die ungesellige Nasszelle von früher präsentiert sich aufgeschlossen und gilt in den eigenen vier Wänden vieler Menschen als heimlicher Star.

Da stellt sich die Frage, warum es nur so lange brauchte, bis dass man sich im Badezimmer endlich wieder rundum wohl und wie zu Hause fühlt. In kulturellen Hochburgen wie der römischen Antike krönte ein vergnüglicher Besuch der Thermen das Streben nach Wohlbefinden. Im Islam war es stets der Hammam, der zur körperlichen und seelischen Reinigung beitrug und zudem eine wichtige soziale Funktion übernahm. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Während es anderen Religionen also fern lag, auf ihre Reinigungsrituale zu verzichten, verkam ausgerechnet im christlichen Europa das Waschen zur Pflicht­übung. Im 17. Jahrhundert wahrte man gar den Anschein von Reinlichkeit mithilfe von Puder, Perücke und Parfüm. Der Toilettentisch avancierte zum wichtigsten
Sanitärelement, die Badewanne wurde zu Repräsentationszwecken degradiert.
Noch schlimmer erging es ihr Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Bewohner der ers­ten – ganz fortschrittlich – mit Badezimmer gebauten Berliner Mietshäuser wussten die Badewanne nicht anders zu nutzen, als dass sie die Kartoffeln statt im Keller in ihr deponierten, um das viele Treppensteigen zu vermeiden. Noch in den 60er-Jahren besaß ein Drittel aller Haushalte kein eigenes Bad und wenn ja, dann war die Freude am Wasser darin versiegt. Im Grunde sah man im Bad nichts weiter als einen hoffnungslos kleinen Raum, in dem Hygiene betrieben wurde, wie es 1978 im „Röhm Spektrum“ hieß: „Alles war steril, kalt und roch so ein bisschen nach Rotem Kreuz.“

Anno 1980 wohnbaden wir alle
Die Röhm GmbH stellte zur „BAU 68“ in München das nicht zuletzt auch seines Namens wegen berühmt gewordene „Wohnbad“ im Sinne eines ersten Komplettbades vor – und lieferte dazu folgende Erklärung: „Mit ihm wollten wir nicht nur ausdrücken, dass wir das Bad heim in den Wohnbereich holen wollten, sondern wir wollten mit seinem warmen Klang auch visualisieren, dass mit ihm dem stressgeplagten und dadurch so häufig frustrierten Menschen ein Raum geschaffen wurde, in dem er in des Wortes reinster Bedeutung wirklich und wahrhaftig regenerieren konnte.“ Der „Stern“ brachte damals zwei Vierfarbseiten und „Schöner Wohnen“ titelte „Anno 1980 wohnbaden wir alle“. Damit hatte das Badezimmer zwar seine Nische im Grundriss noch nicht verlassen, seine neue Aufgabe jedoch stand fest: ein Regenerationsort zu werden.
Im ausgehenden 20. Jahrhundert nahm man Abschied von Katzenwäsche und kurzer Dusche. Überschriften wie „Sinnliches Badevergnügen“, „Paradiesisches Prickeln“ und „Wellness-Center Bad“ kündeten von neuen, genussvollen Zeiten. Whirlpool und Dampfdusche waren auf dem Vormarsch, ätherische Aromen durchströmten den Raum und entführten gemeinsam mit Licht und Farben in die Welt tropischer Wasserfälle. Die Sanitärindustrie verzeichnete im Segment Luxusbäder zweistellige Zuwächse und profitierte davon, dass „plötzlich“ jeder „Cocooning“ und damit auch in den eigenen vier Badwänden untertauchen wollte. Und da der Mensch nicht nur in der Nacht nicht gern alleine ist, war in der neuen Badewanne sicherheitshalber Platz für zwei. Zumindest, wenn keine begrenzte Quadratmeterzahl die Planungen einschränkte.

Die Visionäre sollten recht behalten
„Wenn man den Visionären der Sanitärzunft glaubt, soll das kommunikative Bad der Zukunft irgendwann das Wohnzimmer ersetzen“, stand 1996 in der „FAZ“. Und weiter: „Mit Fernseh-Bar, Telefon, Faxgerät und Stereoanlage entwickelt sich der neue Tempel der Behaglichkeit zum wichtigsten Raum der Wohnung. Die Pflicht wird zum Vergnügen, die Funktion zur Emotion, die Einzelzelle zum Treffpunkt und das verschlossene Kämmerlein zu einem offenen Wohnbereich.“ Die Visionäre sollten recht behalten.
Ebenfalls bemerkenswert: 2008 rückte das Bad auf der Liste der Wohnwünsche ganz nach oben. Die von Experten klar am häufigsten genannte Maßnahme, um schneller Abnehmer für Wohnungen im Bestand zu finden, war laut IBB-Wohnungsbarometer der Einbau eines neuen Bades. Mit einigem Abstand folgte der Anbau von Balkonen und Dachterrassen.
Mehr „Wandel“ geht nicht? Durchaus. Prof. Dr. med. Klaus-Michael Braumann, Leiter des Institutes für Sport- und Bewegungsmedizin an der Uni Hamburg, stellte im Mai 2014 anlässlich des Badforums der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) zum Thema „Bad und Gesundheit“ fest, dass das moderne Bad infolge des demografischen Wandels und des ständig größeren Anteils älterer Menschen auch unter gesundheitlichen Aspekten eine „ganz neue Bedeutung“ bekommt. „Healthness-Bad“ heißt das Etikett, unter dem diese neuen Gesundheitsstationen künftig firmieren sollen. „Das Bad 2034“, so hat es zumindest die Zukunftsstudie der Sanitärhersteller Grohe und Villeroy & Boch ebenfalls im letzten Jahr ermittelt, „wird zum zentralen Punkt für individuelles Gesundheitsmanagement, an dem der Nutzer das körperliche Wohlbefinden durch eigenes Zutun formt.“
Gleich, wie die Sache ausgeht: Dem privaten Badezimmer ist sein Status innerhalb des Hauses oder der Wohnung so schnell nicht mehr zu nehmen, und sei es eben auch als heimlicher Star.

Autorin: Dipl.-Ing. Cornelia Paulien-Hausberger, Journalistin, PR-Beraterin bei Linnigpublic Agentur für Öffentlichkeitsarbeit GmbH, Büro Hamburg

 


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