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Die neue Gretchenfrage - Für Holzgas-BHKWs ist die Technik nicht mehr länger der limitierende Faktor

Die Hersteller von Holzvergaser-BHKWs konnten in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Weiterentwicklung der Technik erzielen. Nun, wo die Glücksritter verschwunden sind und die Langzeit-Erfahrungen da sind, könnte der Markt anspringen – wenn es wirtschaftlich wäre. Aber der Staat zieht sich zurück. Umso mehr wird die Eigenstromnutzung zur neuen Gretchenfrage rentabler Projekte.

Die Achillesferse der Holzvergaser-BHKWs waren die wenigen Langzeiterfahrungen im praktischen Betrieb. Mittlerweile haben die etablierten Unternehmen Praxiserfahrung über etliche Jahre Betrieb in zahlreichen Referenzanlagen gesammelt. Hier im Bild das Fernheizwerk Mals in Italien (2 x 149 kWel, 280 kWth), das von Urbas gebaut wurde. Bild: Urbas

Ausgereifte Anlagentechnik: Durch die derzeit ungünstigen Rahmenbedingungen in Deutschland bei der Nutzung von Biomasse hat sich die Zahl der Anbieter reduziert und es sind weitgehend die „Könner“ übrig geblieben. Die noch vorhandenen Akteure sind vermehrt auf den Export angewiesen. Foto: Urbas

Fließbild vom Aufbau eines Holzgas-BHKWs: Über den Hackschnitzeleinlass und die Hackschnitzelschleuse gelangt der Brennstoff in die Förderschnecke. Diese transportiert ihn in den Reformer (Vergaser), in dem das Holzgas erzeugt wird. Im Holzgasfilter (Heißgasfilter) wird das Gas von Schadstoffen gereinigt. Das gereinigte Gas wird im Motor des Blockheizkraftwerks (BHKW) verbrannt, der wiederum den Generator antreibt. Es entstehen Strom und Abwärme. Foto: Spanner Re2

Im Vergaser wird der Brennstoff erhitzt. Bei 200 bis 500 Grad/C werden Wasserdampf, flüchtige Bestandteile sowie Gase freigesetzt und Koks gebildet. Bei Temperaturen von etwa 900 bis 1000 Grad/C wird schließlich auch der Koks vergast. Foto: Holzenergie Wegscheid

Im Heißgasfilter werden aus dem Rohgas schädliche Gasbestandteile entfernt. Schadstoffe wie Benzol oder Kohlenmonoxid sind bei den Anlagen etablierter Hersteller heute kein Problem mehr. Bild: Holzenergie Wegscheid

Das „Herz“ der Holzvergasung: Im Vordergrund zu sehen ist ein Vergaser, links dahinter ein Heißgasfilter. Rechts an der Wand befinden sich die dazugehörigen Schaltschränke. Bild: Holzenergie Wegscheid

Beispielhafter Brennstoff: Die Hackschnitzel sind homogen, haben einen geringen Feinanteil und sind wenig zerfasert. Außerdem sind keine Verunreinigungen oder Grünanteile zu sehen. Eine Aufgabe der Hersteller von Holzgas-BHKWs wird sein, die Brennstoffspezifikation zu erweitern, ohne den Prozess damit negativ zu beeinflussen. Bild: Urbas

12-Zylinder-BHKW-Motor. Das unschädliche Maß des Teergehalts von Biogas liegt für Gasmotoren bei um 15 mg pro Kubikmeter. Die Teer-Frage hat noch nicht jedermann im Griff. Bild: Holzenergie Wegscheid

Mehr Holzgas-Heizkraftwerke könnten an den Start gehen, wenn die Politik wieder wirtschaftliche Rahmenbedingungen setzen würde. Da das aber nicht in Aussicht steht, gewinnt das Thema Eigenstromnutzung stark an Bedeutung. Wärmeverkauf oder Eigennutzung sowieso. Bild: Spanner Re2

 

Vor wenigen Jahren war es fahrlässig, sich auf dem Holzvergaser-Blockheizkraft(BHKW)-Markt zu bewegen, ohne die alte Gretchenfrage zu stellen: Sind das Prototypen oder ist das schon marktreif? Manches wurde als ausgereifte Anlage angepriesen, was in Wahrheit noch ein technisches Experiment war. Die verschärfte Fördersituation, die mit dem EEG 2014 für Strom aus Biomasse kam, hat für das Bioenergie-Segment Holzvergaser-Heizkraftwerke wenn überhaupt dann nur ein Gutes gehabt: Sie hat die Spreu vom Weizen getrennt. „Durch die derzeit ungünstigen Rahmenbedingungen in Deutschland bei der Nutzung von Biomasse hat sich die Zahl der Anbieter reduziert und es sind weitgehend die ,Könner’ übrig geblieben. Die Glücksritter und Optimisten haben die Bühne verlassen und es ist damit zu einer Konsolidierung gekommen“, berichtet Günter Herdin. Herdin ist Geschäftsführer des in Wien ansässigen Planungs- und Consulting-Ingenieurbüros PGES (Professional Gas Engine Solutions GmbH). Er besucht bzw. begleitet Messungen an durchschnittlich 10 bis 15 Holzgasanlagen im Jahr überall auf der Welt – in China, Indien, Europa, USA und Kanada.  

Die (einstige) Achillesferse

Die Achillesferse der Holzvergaser-BHKWs waren die wenigen Langzeiterfahrungen im praktischen Betrieb. Hierin haben die am Markt etablierten Unternehmen aus Sicht von Herdin inzwischen signifikante Fortschritte erzielt: „Es ist hier einiges an Entwicklungsarbeit inklusive der gewonnenen Erfahrungen geschehen. Gut entwickelte Anlagen erreichen Verfügbarkeiten von über 90% und das ist sicherlich beachtlich“, sagt er.
Von den Anlagen, die Herdin persönlich gut kennt, wären bei Hackschnitzelanlagen das Konzept von SynCraft, Wegscheid, der Stadtwerke Rosenheim und Urbas hervorzuheben. Bei dem Anlagentypus der Nutzung von Pellets sei klar die Firma Burkhardt Technologieführer, Spanner RE2 bei Kleinanlagen in der Kosten-Nutzen-Betrachtung die Nummer 1. Der Branchenguide „Thermochemische Biomassevergasung“ der auf Holzvergasung spezialisierten Fördergesellschaft Erneuerbare Energien (FEE) listet insgesamt 14 Anbieter auf. Neben den von Herdin bereits genannten Unternehmen sind dies außerdem BR Engineering, ReGaWatt, Xyloenergy, Ettenberger, KWS Strohmenger, Ligento Green Power, Meva Energy und Qalovis.
Ein Beispiel für die mittlerweile angehäufte Praxiserfahrung über mehrere Jahre Betrieb ist der Anlagenbauer Holzenergie Wegscheid: „Alle unsere Anlagen laufen im Dauerbetrieb, lediglich die Anlage der Stadtwerke Bamberg wird in der warmen Jahreszeit mangels Wärmebedarf abgestellt“, berichtet Siegfried Schätzl, Vertriebsleiter bei Holzenergie Wegscheid. In Bau und Betrieb hat Wegscheid aktuell 76 Anlagen – die Zahl der Betriebsstunden summiert sich in Einzelfällen auf bis zu 50000. Wegscheids erste Anlage ging 2008 an den Start und hat mittlerweile rund 60000 Betriebsstunden auf dem Buckel. „Unsere Anlagen weisen eine sehr hohe Lebensdauer auf und sie sind verlässlich“, resümiert Schätzl. Wegscheid untermauert diesen Anspruch mit einer Garantieversicherung der Mannheimer Versicherung AG – sie garantiert 7500 Betriebsstunden zu laufen im Jahr.

Daueraufgabe Weiterentwicklung

Der Fokus richtet sich auf Details und wie die Anlagentechnik nun weiterentwickelt wurde/wird: Wie ist die Frage der Fördertechnik gelöst? Bei schlechteren Biomassequalitäten gebe es noch einiges zu tun bei der Fördertechnik, sagt Herdin. Auch bei der Dimensionierung der Glutbetten: Sind sie zu groß, verringert sich die Effizienz. „Hier wird nach wie vor teilweise vorhandener Stand der Technik ignoriert“, berichtet er.
Ein Schadstoff in jedem Biogas, der den Gasmotoren zusetzt, ist Teer. Bei Temperaturen von mindestens 900°C wird im Holzgas-Reaktor der Teer gecrackt. Das bedeutet, dass er in flüchtige Bestandteile aufgespalten wird. Der Teeranteil im Holzgas kann so unter 50 mg/m³ reduziert werden – ein für Gasmotoren unschädliches Maß liegt um 15 mg. Auch die Teer-Frage hat noch nicht jedermann im Griff. „Es gibt hier ein klares „Nein“, sagt Herdin. Nur die zweistufigen Konzepte hätten hier die Vorteile der Regelung nutzen können. Ausgenommen wären die Pelletanlagen mit guter Regelung.
Auch aschereiche Biomassen blieben eine Herausforderung aufgrund ihrer niedrigen Ascheschmelzpunkte. Außerdem besitze die Gasaufbereitung noch Verbesserungspotenzial und das Thema Restkoks sei nach wie vor bei einigen Konzepten offen. Benzol und Kohlenmonoxid sind laut Herdin kein Problem mehr. Die am Markt verfügbaren Katalysatoren erledigten diese Aufgabe zur Zufriedenheit. Voraussetzung sei aber eine gut funktionierende Gasaufbereitung.
Als nunmehr noch vorhandene Negativbeispiele für Anbieter am Markt nennt Herdin Importanlagen oder Nachbauten, speziell Technologie aus Indien und China. „Hier ist anzumerken, dass auch eine moderne Steuerung Mängel bei der Technologie beziehungsweise ungeeigneten Biomassen nicht aufheben kann“, sagt er.
Auf die Frage, wie sich der Holzvergaser-BHKW-Markt in den nächsten Jahren entwickeln wird, antwortet Schätzl: „Ich hoffe gut.“ Denn es würde immer mehr bekannt, wie standfest und technisch ausgereift die Anlagen mittlerweile bei einigen Herstellern sind. „Unsere Anlagen sind bei Auslieferung marktreif“, sagt er. Kinderkrankheiten wären vor allem die Förderschnecken gewesen.

Politik fuhr in die Parade

Dass bei Schätzl die Hoffnung mitschwingt und nicht Gewissheit, ist umstandsbedingt. Das EEG 2014 hat es in Deutschland schwierig gemacht, die Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Denn die Förderung wurde drastisch abgesenkt. Das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) 2016 vom 1. Januar und auch das neue EEG vom Juli dieses Sommers haben daran nichts geändert. Es wurde zwar im KWKG der KWK-Bonus für ins Netz eingespeisten Strom erhöht – in Deutschland wären Holzgas-BHKWs, dennoch nur noch bei hoher Eigennutzung des Stroms wirtschaftlich, meint Matthias von Senfft, Sprecher beim Branchenführer Spanner Re2. „Allerdings wird dann der Spitzenstrom beim Energieversorger oft auch teurer“, gibt er dabei zu bedenken. Marktführer Spanner, mit weltweit 600 installierten Anlagen, geht es dennoch gut – auch Dank des Exports. „Rund 80% der verkauften Anlagen gehen seit diesem Jahr ins Ausland“, berichtet von Senfft. In Österreich und in der Schweiz sei die Fördersituation besser, allerdings gebe es dort lange Genehmigungszeiten. Neben den vorhandenen Märkten in den DACH-Ländern sieht von Senfft insbesondere Zukunftsmärkte in Europa, z.B. im Baltikum. „Ich bin davon überzeugt, dass sich die Technologie durch bedarfsgerechte Autarkie weiter durchsetzen wird“, sagt er.

Zauberformel bedarfsgerechte Autarkie

Die bedarfsgerechte Autarkie ist somit zur Zauberformel geworden, mit der sich Wirtschaftlichkeit in der Postära des EEG errechnen lässt. Für Wolfram Schöberl vom Bioenergie-Netzwerk Carmen e.V. sind mittlerweile die Geschäftsmodelle am besten, in denen der Betreiber möglichst viel Strom selbst nutzen kann, denn die Schere zwischen Vergütung und Stromeinkaufspreis gehe immer weiter auseinander. Schöberl hat Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Holzgas-Heizkraftwerke angestellt. Sie zeigen die Bedeutung, die die Eigenstromnutzung mittlerweile eingenommen hat, bezogen auf die mögliche Höhe der Stromgestehungskosten, bei denen eine Anlage noch wirtschaftlich läuft: „Bei 100% Eigennutzung können auch noch Stromgestehungskosten von 18 Cent wirtschaftlich sein, während im Normalfall von ca. 25% Stromeigennutzung 14 Cent die Obergrenze darstellen dürften“, sagt er.

Heißes Eisen: erzielbarer Wärmepreis

Alle Anbieter stimmen darin überein, dass ein Holzgas-BHKW nur wirtschaftlich sein kann, wenn nicht nur der Strom, sondern auch möglichst viel Wärme selbst genutzt oder verkauft wird. Schöberl hat aber festgestellt, dass die erzielbaren Wärmepreise sehr stark regional und zeitlich variieren und sich immer an den Kosten der Alternativen orientieren. Es gibt keine genau bezifferbaren Wärmepreise, die am Markt erzielbar sind. „Den Markt gibt es leider nicht“, sagt er. Das Spektrum bei Wärmenetzen an „günstigen“ Standorten liege heute in etwa zwischen 80 und 120 Euro/Megawattstunden (MWh). Er betont, dass die Ergebnisse seiner Wirtschaftlichkeitsberechnungen nur die Kosten des Holzgas-BHKWs mit dessen Peripherie berücksichtigen würden, nicht aber die Kosten eines Wärmenetzes. „Wenn das Wärmenetz sehr teuer ist, kann selbst bei Preisen von 120 Euro/MWh ein Projekt eventuell unwirtschaftlich werden“, sagt er.

Blick auf Trends im Markt

Laut Schöberl zeichnet sich auf dem Markt eine klare Tendenz zu Anlagen mit immer kleineren elektrischen Leistungen ab, bei denen aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen eher ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist. „Das wird in der Folge dazu führen, dass in zunehmendem Maße Firmen auch Contracting für Holzvergaser anbieten werden.“ Die größte Unwägbarkeit, die die Entwicklung maßgeblich in die eine oder andere Richtung beeinflussen wird, ist die Unsicherheit bei den durch die Politik vorgegebenen, nicht verlässlichen Rahmenbedingungen. Für Tim Schulzke, Gruppenleiter Thermochemische Verfahren und Kohlenwasserstoffe am Fraunhofer UMSICHT, wird der Markt ein Nischendasein außerhalb des EEG mit geringen Stückzahlen vornehmlich im Kleinleistungs-Sektor führen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich so weiter entwickelten, wie es sich derzeit abzeichne. „Die Akteure werden weiterhin versuchen, sich mit Exporten in Länder mit besseren Rahmenbedingungen über Wasser zu halten, was aber auch nicht einfach sein wird“, sagt er im Interview mit der IKZ-ENERGY (siehe oben auf dieser Seite). Der Gesetzgeber habe aus seiner Sicht primär die Aufgabe, zunächst einmal wieder wirtschaftlich aussichtsreiche Rahmenbedingungen zu setzen.

Preise werden weiter sinken

Schöberl prognostiziert, dass die Holzvergaser-BHKWs noch stärker standardisiert werden im Sinne von Plug-and-Play-Anlagen und es weitere Fortschritte im Bereich Effizienz, Bedienerfreundlichkeit und Kompaktheit geben wird. In diese Richtung sieht auch Peter Urbas, Geschäftsführer der Urbas Maschinenfabrik im österreichischem Völkermarkt, die Entwicklung gehen. Sein Unternehmen hat bislang rund 20 Anlagen installiert, die beiden ältesten im Jahr 2008. Sie sind mittlerweile jeweils auf über 50000 Betriebsstunden gekommen. Um den Kundennutzen zu erhöhen werde es Ziel bleiben, die Anlagen günstiger anbieten zu können und zusätzlich die Brennstoffspezifikation zu erweitern, ohne den Prozess damit negativ zu beeinflussen, sagt Urbas. Die Aufgabe der Branche sei dabei, seriös zu argumentieren und dem potenziellen Kunden auch zu sagen, was nicht geht: „Dann sind am Ende alle zufrieden – der Kunde und der Anbieter“, resümiert er. „Wir können einige Anlagen zeigen, welche über 8000 Stunden pro Jahr in Betrieb sind. Dies ist wohl die Marke, welche der Markt erwartet.“

Ein Fazit

Früher, als die staatliche Förderung noch hoch war, lag der Risikofaktor für die Wirtschaftlichkeit ausnahmslos bei der Technik: Lief sie und hatte sie ein gutes Wärmekonzept, konnte der Betreiber ruhig schlafen. Heute ist es genau umgekehrt. Heute laufen sie deutlich standfester als noch vor 5 Jahren, aber das lässt einen Anlagenplaner oder Projektierer noch gar nicht ruhig schlafen.
Die Gretchenfrage für die Wirtschaftlichkeit hat sich von der Technik zur Vergütung verschoben und ist somit für Holzgas-BHKWs eine neue geworden. Jetzt, wo die Technik sich beweisen kann, kann sie es nicht, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen. Das ist zum Mäusemelken. Andererseits führt dies zu Innovationen und notwendigen Anpassungen. Das Thema Eigenstromnutzung wird auch unter Holzgas-BHKWs an Fahrt gewinnen und es dürfte gerade bei kleineren BHKWs auch in diesen Erneuerbare-Energien-Sektor das Thema Stromspeicher einziehen, so wie es zum Beispiel in der Photovoltaik heute bereits geschehen ist.

Autor: Dittmar Koop


Fakten zur Holzvergasung
Die Holzvergasung ist ein seit Langem bekanntes technisches Verfahren, aus fester Biomasse brennbare Gase herzustellen. Das erste Patent für Holzvergasung wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts in Frankreich erteilt. In Deutschland wurden Holzvergaser beispielsweise in den 30er- und 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts in Pkws und Lkws eingesetzt.
Der Vergasungsprozess besteht aus vier Stufen: Trocknung, Pyrolyse, Verbrennung und Reduktion. Bei der Trocknung verdampft das noch im Holz enthaltene Wasser. Während der Pyrolyse wird das Holz in seine festen, flüssigen und gasförmigen Bestandteile zersetzt. In der dritten Phase verbrennen die Gase sowie der verbliebene Kohlenstoff teilweise. Im vierten Schritt, die Reduktion, werden die Produktgase gebildet und anschließend gereinigt, sodass sie in einem Motor verbrannt werden können, der einen Generator antreibt. Durchschnittliches Holzgas setzt sich zusammen aus etwa 45% Stickstoff, 20% Kohlenmonoxid, 20% Wasserstoff, 13% Kohlendioxid und 2% Methan. Die während der Vergasung entstehende Prozesswärme wird Teil der Energie zur Trocknung, für die Pyrolyse und für die Reduktion.


Die Aufgaben liegen jetzt primär beim Gesetzgeber
Tim Schulzke ist Gruppenleiter Thermochemische Verfahren und Kohlenwasserstoffe am Fraunhofer UMSICHT. Der Chemieingenieur betreibt seit 2004 die Versuchsanlagen zur Holzvergasung mit Wirbelschichtreaktoren und betreut die Weiterentwicklung des Verfahrens zur trockenen, katalytischen Teerreformierung der Holzgase vor ihrer Verwendung. Darüber hinaus bewertet er herstellerunabhängig Wirtschaftlichkeitsberechnungen für zukünftige Betreiber von Holzvergasungsanlagen und führt Messungen zur Holzgasqualität (Teergehalt und Zusammensetzung der Hauptkomponenten) durch. Im Interview mit ihm sprachen wir über vielversprechende Vergaser, die Wirtschaftlichkeit von Holzgas-BHKWs, seine aktuelle Forschung und über die Zukunft des Markts.

IKZ-ENERGY: Herr Schulzke, welche Vergaser sind aus Ihrer Sicht vielversprechend?
Tim Schulzke: Aus meiner Sicht alle Verfahren, die eine räumliche Trennung von Trocknung/Pyrolyse und Vergasung/Verbrennung vorsehen.

IKZ-ENERGY: Warum gerade diese?
Tim Schulzke: Durch die räumliche Trennung ist eine bessere Regelung der beiden Vorgänge möglich, was am Ende die verbesserte Gasqualität ausmacht. Meine Einschätzung bezieht sich vorrangig auf Vergasersysteme mit kleinerer Leistung. Insbesondere Festbettvergaser tun sich nach wie vor schwer mit der Erreichung niedriger Teerkonzentrationen, von wenigen Ausnahmen abgesehen. In der letzten Zeit sind einige Verfahren entwickelt worden, die sich für kleine Leistungen eignen und niedrige Teerwerte aufweisen. Die große Mehrzahl davon beruht auf dem Konzept der räumlichen Trennung von Trocknung/Pyrolyse und Verbrennung/Vergasung.

IKZ-ENERGY: Ist Teer noch ein Problem für die Branche?
Tim Schulzke: Für einige Systeme mit definierten und qualitativ hochwertigen Brennstoffen ist das im Prinzip gelöst, auch große Vergaser können das technisch für verschiedenste Brennstoffe lösen. Leider gibt es noch immer Systeme, die mit Teer erhebliche Probleme haben.

IKZ-ENERGY: Was ist mit anderen Konzepten?
Tim Schulzke: Andere Konzepte wie Gegenstrom-Festbettvergasung, Wirbelschichten und Flugstromvergaser ohne räumliche Trennung der Vorgänge sind durchaus geeignet, sowohl mit nachgeschalteter Gasreinigung als auch ohne (vor allem für Flugstromvergaser) brauchbare Synthesegase zu erzeugen. Diese erfordern aber alle eine viel größere Leistung, um in die Nähe der Wirtschaftlichkeit zu kommen. Und hier liegt derzeit bei der Einnahmeseite das Problem.

IKZ-ENERGY: Sind Holzgas-BHKWs noch wirtschaftlich?
Tim Schulzke: Insbesondere bei diesen Vergütungssätzen im EEG 2014 lassen sich Holzvergaser-BHKWs in keiner Leistungsklasse mehr wirtschaftlich im Rahmen dieses Gesetzes betreiben. Auch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das sich nur für sehr kleine Holzvergaser-BHKWs wegen deren Eignung zur lokalen Wärmedeckung und einer wärmegeführten Fahrweise lohnt, ist keine wirkliche Gelegenheit, solche Kraftwerke in großer Stückzahl am Markt zu platzieren. Die Aussicht auf das Ausschreibungmodell für Biomasse-Anlagen im novellierten EEG zusammen mit dem viel zu kleinen Ausbaukorridor lassen befürchten, dass auch in den nächsten Jahren keine weiteren Holzvergaser-BHKWs in Deutschland errichtet werden.

IKZ-ENERGY: An welchen Forschungsprojekten arbeitet das Fraunhofer UMSICHT zurzeit zum Thema Holzvergasung?
Tim Schulzke: In Zusammenarbeit mit dem Unidad de Desarrollo Technologico (UDT) in Coronel, Chile, untersuchen wir in einem 3-jährigen, vom BMBF [Bundesministerium für Bildung und Forschung] geförderten Projekt die Weiterentwicklung der katalytischen Teerreformierung. Basiert dieses Verfahren bisher auf Katalysatoren, die auf keramischen Trägermaterialien aufgebracht werden, wird jetzt die Verwendung von kohlenstoffbasierten Materialien entweder direkt zur Katalyse oder aber zur Trägerung der Katalysatoren untersucht. Am Ende verspricht man sich, die Katalysatorträger möglicherweise preiswerter, sicher aber nachhaltiger herstellen zu können. Am Ende der Lebensdauer ist jedenfalls – durch simple Verbrennung der Grundstruktur – eine einfache Trennung der aktiven Substanz vom Trägermaterial möglich und damit eine preiswertere Entsorgung möglich, im Fall von nickelhaltigen Katalysatoren bzw. eine einfachere Rückgewinnung im Fall von edelmetallbasierten Katalysatoren.

IKZ-ENERGY: Wie wird sich der Holzvergaser-BHKW-Markt in den nächsten Jahren entwickeln?
Tim Schulzke: Wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland so bleiben, wie sie derzeit sind, oder sich so weiter entwickeln, wie es sich derzeit abzeichnet, dann wird der Markt weiter lediglich ein Nischendasein außerhalb des EEG führen, mit geringen Stückzahlen vornehmlich im Kleinleistungs-Sektor. Die Akteure werden weiterhin versuchen, sich mit Exporten in Länder mit besseren Rahmenbedingungen über Wasser zu halten, was aber auch nicht einfach sein wird.

IKZ-ENERGY: Welche Hausaufgaben hat die Branche aus Ihrer Sicht noch zu erledigen?
Tim Schulzke: Die Aufgaben liegen aus meiner Sicht primär beim Gesetzgeber, der zunächst einmal wieder (!) wirtschaftlich aussichtsreiche Rahmenbedingungen zu setzen hat.

IKZ-ENERGY:
Herr Schulzke, wir bedanken uns für das Gespräch.

Das Interview führte Dittmar Koop.

 


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