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Die Effizienzgrenze weiter schieben

Bei Silicium-Solarzellen ist bei 29,3 % Wirkungsgrad noch nicht Schicht

Forscher des HBZ bauen organische Schichten in die Solarzelle ein. Diese nutzen die Energie der hochenergetischen Photonen aus grünem und blauem Licht. Bild: M. Künsting, HZB

 

Forscher des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) haben einen Weg gefunden, die Wirkungsgrad-Grenze für Silicium-Solarzellen zu erhöhen.

Jeder Naturwissenschaftler und die, die praktisch im Beruf mit Energie unterwegs sind, kennen den Energie-Erhaltungssatz aus dem Physikunterricht: Sie kann nicht verbraucht werden; sie wird nur von einer Form in eine andere umgewandelt. Ungünstiger Weise meist von einer hochwertigen in eine unbrauchbare Form (diffuse Abwärme, z. B. aus Kohlekraftwerken). Den umgekehrten Weg beschreitet die Photovoltaik: Sie wandelt „diffuse“ Sonnenenergie in konkret nutzbaren Strom um. Die Frage ist, wie effizient sie das macht.

Am Wirkungsgrad feilen

Der Wirkungsgrad einer Solarzelle ist eine ihrer wichtigsten Kenngrößen. Er gibt an, wieviel Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie in elektrische Energie umgewandelt wird. Die theoretische Grenze für Silicium-Solarzellen liegt aufgrund physikalischer Materialeigenschaften bei 29,3 %. Die Produktionstechnologien sind ausgereift, die besten Solarzellen erreichen heute Effizienzen um die 25 %. Der theoretisch maximale Wirkungsgrad des Halbleiters von 29,3 % ist damit fast erreicht. Forschergruppen weltweit wollen sich damit aber nicht zufrieden geben. Sie suchen nach unterschiedlichen Wegen, diese Grenze in die Höhe zu treiben.

Silicium im Tandem
Der größte Teil des Verlusts entsteht dadurch, dass ein Teil der eingestrahlten Lichtenergie in Wärme umgewandelt wird und somit verloren geht. Nur ein Teil des Lichtspektrums kann genutzt werden, um tatsächlich elektrischen Strom zu erzeugen.
Ein häufig genutzter Ansatz zur Verminderung der Wärmeverluste ist daher die sogenannte Tandem-Solarzelle: Man kombiniert Silicium mit einem zusätzlichen Material, welches andere Bereiche des Lichtspektrums als Silicium verwerten kann. Vielversprechend sind aktuell Silicium-Perowskit-Tandems.

Multiplikator-Solarzelle

Jetzt haben Forscher des HBZ zusammen mit internationalen Kollegen einen weiteren Weg gefunden. Sie bauen organische Schichten in die Solarzelle ein. Diese wandeln die Energie der hochenergetischen Photonen (grünes und blaues Licht) so um, dass sich die Stromausbeute in diesem Energiebereich verdoppeln lässt. „Damit lässt sich der theoretisch maximale Wirkungsgrad einer Silicium-Solarzelle auf cirka 40 % steigern“, sagt der Australier Rowan MacQueen, der sich dem HZB-Team vor zwei Jahren angeschlossen hat und die Ladungsträgermultiplikator-Solarzelle am HZB realisiert.

Über das Experiment

In dem Experiment haben die Forscher eine 100 nm dünne organische Schicht aus Tetracen-Kristallen in die Oberfläche einer Silicium-Solarzelle integriert. Mittels spektroskopischer Untersuchungen konnten sie die Triplett-Ladungsträgerpaare in der Tetracen-Schicht nachweisen. „Die Herausforderung bestand darin, die Tetracen-Schicht so einzubauen, dass der Stromfluss der Siliciumsolarzelle nicht nennenswert gestört wird“, erläutert Klaus Lips, Professor am HBZ.

Ergebnisse der Messungen
Die Mess-Ergebnisse der ersten Silicium-Multiplikatorsolarzelle mit der organischen Huckepack-Schicht zeigen deutlich: Tetracen absorbiert den blau-grünen Anteil des Lichts, die energieärmeren Photonen werden vom Silicium absorbiert. Mit einer Simulation konnten die Forscher abschätzen, dass derzeit cirka 5 - 10 % der erzeugten Triplett-Paare dem Solarstrom zugefügt werden konnten.
Klaus Lips wertet dies als riesigen Erfolg: „Der zusätzliche Stromfluss, der durch die Huckepackschicht erzeugt wird, ist in dem aktuell vorgestellten Experiment zwar noch nicht sehr groß, jedoch haben wir mit dieser Solarzellenstruktur gezeigt, dass der Ansatz prinzipiell funktioniert.“ Er kündigt zugleich Nachfolgeexperimente an.

Autor: Dittmar Koop, Fachjournalist


Glossar:
Triplett
Steht für ein Set aus drei Teilen
Spektroskopie
Untersucht anhand von Farb­zerlegungen einer Lichtquelle (ihres Spektrums)
Tetracen
Tetracen ist ein organischer Halbleiter

 


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