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Dichtheitsprüfung in der Diskussion

Trocken oder nass? Was ist sicher und hygienisch?

Die Trinkwassergüte steht in öffentlichen Gebäuden an oberster Stelle. Dazu ist in solchen Großobjekten die trockene Dichtheitprüfung unabdingbar. Bild: Viega

Mit entscheidend für eine zuverlässige Dichtheitsprüfung – ob trocken oder nass – ist die Qualität der Verbinder. Sie sollten die geforderte Zwangsundichtheit im unverpressten Zustand über den gesamten Prüfdruckbereich gewährleisten. Zusätzlich zum Druckabfall am Manometer lässt sich durch ein geeignetes Lecksuchspray ein versehentlich unverpresster Verbinder zweifelsfrei erkennen. Bilder: Viega

Für Dr. Christian Schauer ist die Qualität der Verbinder entscheidend für das Verhindern von Leckagen und nicht die Rückkehr zur nassen Dichtheitsprüfung. Bild: Viega

„Die menschliche Gesundheit und damit eine einwandfreie Trinkwasserqualität ist als Schutzziel immer höher zu bewerten als die Prävention materieller Schäden“, sagt Harald Köhler. Bild: Köhler

Dr. Thomas Kistemann: „Es ist evident, dass stagnierendes Wasser zu den Rahmenbedingungen gehört, die das Wachstum von Mikroorganismen begünstigen oder beschleunigen.“ Bild: Universitätsklinikum Bonn

 

Kürzlich getroffene Aussagen über die Dichtheitsprüfung in Trinkwasser-Installationen haben zu Irritationen über deren Sicherheit geführt. Eine These lautet, dass nur eine nasse Dichtheitsprüfung zuverlässig Leckagen anzeigt. Aus diesem Vorgehen würden sich jedoch speziell in Großobjekten erhebliche Risiken für die Trinkwasserhygiene ergeben, die sich nur mit einer trockenen Dichtheitsprüfung ausschließen lassen. Denn wird nach einer Prüfung mit Trinkwasser die Anlage nicht direkt in Betrieb genommen, besteht die Gefahr der Verkeimung. Was also tun? Wir lassen Experten zu Wort kommen.

Sauberes Trinkwasser ist ein Menschenrecht. Seit 2010 ist es in der Charta der Vereinten Nationen verankert. Auf internationaler und nationaler Ebene werden deshalb Vorgaben zum Erhalt der Trinkwasserqualität ständig angepasst. Das ist auch dringend erforderlich. Denn mit der steigenden Komplexität von Gebäuden und deren technischer Ausstattung nehmen auch Risikofaktoren für die Trinkwasserhygiene zu. Schutzmaßnahmen für gesundheitlich einwandfreies Trinkwasser müssen also mit dem technischen Fortschritt schritthalten, am besten sogar durch die Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse immer einen Schritt voraus sein. Aus diesem Grund wurde beispielsweise die trockene Dichtheitsprüfung entwickelt und von den Fachverbänden DVGW und ZVSHK mit konkreten Handlungsempfehlungen Installateuren empfohlen.

Trockene Dichtheitsprüfung ist der Standard
Bei größeren Bauvorhaben wird eine Trinkwasseranlage häufig in Teilschritten installiert – manchmal sogar aufgeteilt in mehrere Lose, die an verschiedene Fachhandwerker vergeben werden. Bei solchen Projekten ist die trockene Dichtheitsprüfung der Standard. Dazu wird in Abschnitten die Rohrleitungsinstallation mit ölfreier Druckluft oder Inertgas beaufschlagt. Das ZVSHK Merkblatt gibt einen Prüfdruckbereich von 22 mbar bis 3,0 bar vor. Die Prüfdauer bis 100 l Leitungsvolumen beträgt 30 min. Bei größeren Leitungsvolumina muss der Prüfdruck pro weitere 100 l Volumen jeweils 10 min. länger anliegen. Vom DVGW zertifizierte Pressverbinder für Trinkwasser-Installationen weisen eine Zwangsundichtheit im unverpressten Zustand innerhalb dieses Druckbereichs auf. Wurde ein Verbinder versehentlich nicht verpresst, ist somit am Manometer ein Druckabfall zu erkennen. Pressverbinder sind in der Regel zudem mit Markierungen versehen, die erkennen lassen, welche Stelle nicht verpresst wurde. Darüber hinaus macht ein geeignetes Lecksuchspray austretendes Gas bzw. Druckluft offensichtlich.
Dass sich inzwischen die trockene Dichtheitsprüfung durchgesetzt hat, ist gut begründet, wie Harald Köhler erläutert. Er ist Leiter der akkreditierten Inspektionsstelle für Trinkwasserhygiene ATHIS. „Die nasse Dichtheitsprüfung mit Trinkwasser ist in weitverzweigten Installationen großer Objekte praxisfremd und hygienisch bedenklich“, urteilt Köhler aus Erfahrung. Kommt es zu Verkeimungen in Trinkwasseranlagen, betreibt er als Gutachter häufig Ursachenforschung. „Sobald die Anlage mit Trinkwasser befüllt wird, um die nasse Dichtheitsprüfung auszuführen, muss der Fachhandwerker anschließend den regelmäßigen Wasseraustausch sicherstellen – also quasi den bestimmungsgemäßen Betrieb simulieren. Das geht oft technisch gar nicht, weil erst einzelne Bauabschnitte installiert sind oder die Feininstallation der Entnahmestellen noch gar nicht abgeschlossen ist“, kennt Köhler die Praxis. Spätestens nach sieben Tagen muss gemäß DIN EN 806 jeweils ein vollständiger Wasserwechsel erfolgt sein. Die DVGW/VDI-Richtlinie 6023 empfiehlt sogar einen Wasseraustausch innerhalb von 72 Stunden. Der Fachhandwerker hat die ordnungsgemäße Spülung zu dokumentieren, bis er die Trinkwasseranlage an den Betreiber übergibt. Ein Aufwand, der über längere Bauabschnitte hinweg nicht zu leisten ist – und bei einer trockenen Dichtheitsprüfung erst gar nicht entsteht.

Wahrscheinlichkeit von Verkeimungen sehr hoch
Ist diese hohe Sorgfalt zur Vermeidung von Wasserstagnation in den Trinkwasserleitungen tatsächlich erforderlich? Oder handelt es sich bei dem Risiko einer mikrobiellen Kontamination durch fehlenden Wasseraustausch lediglich um eine theoretische Gefährdung? Das Verbundprojekt „Erkennung und Bekämpfung von vorübergehend unkultivierbaren Pathogenen in der Trinkwasser-Installation“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, belegt den hohen Gefährdungsgrad durch gesundheitsgefährdende Mikroorganismen in Trinkwasser-Installationen [1]. In einem Teilprojekt wies Prof. Dr. Thomas Kistemann dabei nach: „Es ist evident, dass stagnierendes Wasser zu den Rahmenbedingungen gehört, die das Wachstum von Mikroorganismen begünstigen oder beschleunigen“, so der stellvertretende Direktor des Instituts für Hygiene & Public Health der Universität Bonn.

Präventive Desinfektion keine Lösung
In die Diskussion um den Vorzug einer nassen oder trockenen Dichtheitsprüfung wurde der Vorschlag eingebracht, nach einer Prüfung mit Trinkwasser und direkt vor der Inbetriebnahme der Installation präventiv eine Desinfektion durchzuführen. Dazu Prof. Dr. Kistemann: „Potenzielle Krankheitserreger wie Pseudomonaden und Legionellen können im Biofilm einer Trinkwasser-Installation in einen lebensfähigen, aber nicht kultivierbaren Zustand – den VBNC-Zustand – übertreten. Dadurch überstehen sie sogar Desinfektionsmaßnahmen. Ändern sich dann die Betriebs- und Nutzungsbedingungen in der Trinkwasser-Installation, werden die Bakterien wieder aktiv – und sind dann auch wieder infektiös.“
Dr. Christian Schauer, Leiter des Kompetenzbereichs Trinkwasser bei dem Systemhersteller von Installationstechnik Viega, bestätigt das aus der Praxis: „Desinfektionsmaßnahmen können eine akute Verkeimung vorübergehend eindämmen, aber eine nachhaltige ‚Heilung‘ ist auf diesem Weg nur schwer möglich. Außerdem widerspricht eine prophylaktische Desinfektion dem Minimierungsgebot der Trinkwasserverordnung“, so der Trinkwasserexperte.

Qualität der Verbinder entscheidend
Steckt damit der Fachhandwerker bei der Wahl der Dichtheitsprüfung in der Klemme, sich zwischen sicherer Dichtheit oder sicherer Hygiene entscheiden zu müssen? Dr. Schauer von Viega sieht keinen Beleg dafür, dass eine trockene Dichtheitsprüfung weniger Sicherheit beim Erkennen versehentlich unverpresster Verbindungen bietet: „Über die Haftungsübernahmevereinbarung mit dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima haben wir einen guten Überblick über die Schadenshäufigkeit bei Neuinstallationen. Hier verzeichnen wir aber kaum Meldungen und schon gar nicht einen Anstieg.“ Auch die Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geben keinen Anlass, an der Zuverlässigkeit einer trockenen Dichtheitsprüfung zu zweifeln: „Am häufigsten platzen die Rohre in Gebäuden im Alter von 40 bis 45 Jahren, zeigen die Schadenstatistiken der Versicherer. Auf 1000 Versicherte kommen 77 Schäden. Zum Vergleich: In den ersten 15 Jahren ist die Quote nur halb so hoch. Ist der Bau und damit das Rohrleitungssystem jünger als fünf Jahre, werden nur 15 Wasserschäden pro 1000 Verträge gemeldet“, so zu lesen in „positionen“, dem Magazin der deutschen Versicherer [2].
Die Ursachen von Wasserschäden in Neubauten bis fünf Jahre sind bemerkenswerterweise höchst unterschiedlich und lassen sich nicht pauschal erklären. „Es kann natürlich vorkommen, dass trotz einer sorgfältigen Dichtheits- und Belas­tungsprüfung undichte Verbindungen übersehen werden – sowohl bei einer nassen als auch bei einer trockenen Prüfung“, konstatiert Dr. Schauer. Oft sind unzureichend abgedichtete Gewindeverbindungen die Schwachstelle. Aber auch vergessene Pressverbindungen können schuld sein. Dr. Schauer benennt dafür zwei häufige Gründe: „Wie die geforderte Zwangsundichtheit von Pressverbindern hergestellt wird, ist sehr unterschiedlich. Bei vielen Fabrikaten wird über die Form des O-Rings die Zwangsundichtheit im unverpressten Zustand erzeugt. In so manchem Fall war durch einen beschädigten O-Ring – zum Beispiel durch das Verkanten des Rohres beim Einführen in den Verbinder – die Zwangsundichtigkeit nicht mehr gegeben. Ein zweiter Punkt ist, dass viele Verbinder nicht über den gesamten Prüfdruckbereich die Zwangsundichtheit gewährleisten, sondern nur über einen eingeschränkten Druckbereich“, macht Dr. Schauer einen weiteren Schwachpunkt aus. Der kann allerdings sowohl bei der trockenen als auch bei der nassen Dichtheitsprüfung problematisch werden.
Hintergrund ist, dass allein schon durch die geodätischen Höhenunterschiede in einer Trinkwasser-Installation beim Abdrücken an jedem Verbinder ein unterschiedlicher Druck anliegen kann. Bei einigen Verbindern wird die nach DVGW-Zertifikat geforderte Zwangsundichtigkeit allerdings nur bei einzelnen Druckpunkten oder aber in einem sehr eingeschränkten Druckbereich angesprochen. Wird der über- oder unterschritten, kann ein versehentlich unverpresster Verbinder tatsächlich unentdeckt bleiben – ganz gleich, welche Art der Druckprüfung angewandt wird.
Für Dr. Christian Schauer ist daher die Qualität der Verbinder entscheidend für das Verhindern von Leckagen und nicht die Rückkehr zur nassen Dichtheitsprüfung: „Durch die SC-Contur sichert Viega die Zwangsundichtheit aller Verbinder über den normativen Prüfdruckbereich – ob bei der trockenen oder nassen Dichtheitsprüfung. Verbinder mit versehentlich vergessenen Verpressungen fallen am Druckmanometer also auf jeden Fall auf. Für die Dichtheitsprüfung sollten Manometer mit einer Skala von 0,1 bar gewählt werden“, empfiehlt der Trinkwasserexperte von Viega.

Fazit
Für Harald Köhler ist die trockene Dichtheitsprüfung unverzichtbar, um Risiken für die Trinkwasserhygiene auszuschließen: „Die menschliche Gesundheit und damit eine einwandfreie Trinkwasserqualität ist als Schutzziel immer höher zu bewerten als die Prävention materieller Schäden. Das wird im Übrigen auch in der Rechtsprechung so gesehen“, konstatiert der Gutachter von der Inspektionsstelle für Trinkwasserhygiene ATHIS. Zumal eine trockene Dichtheitsprüfung ebenso zuverlässig ist wie eine nasse, wie Dr. Christian Schauer feststellt: „Werden qualitativ hochwertige Verbinder eingesetzt, besteht an der Zuverlässigkeit einer trockenen Dichtheitsprüfung kein Zweifel“, sagt der Leiter des Kompetenzbereichs Trinkwasser bei Viega und zieht das Fazit: „Aus hygienischer Sicht ist die trockene Dichtheitsprüfung von Trinkwasseranlagen, die nicht direkt in den bestimmungsgemäßen Betrieb übergehen, alternativlos.“

Literatur:
[1] BMBF-Verbundprojekt: Erkennung und Bekämpfung von vorübergehend unkultivierbaren Pathogenen in der Trinkwasser-Installation; Koordination: Prof. Dr. Hans-Curt Flemming (IWW Mülheim und Uni Duisburg-Essen); Laufzeit: 01.09.2010 bis 28.02.2014
[2] positionen, Das Magazin der deutschen Versicherer, Ausgabe 2/2017, Seite 13.

www.athis-hygieneinspektionsstelle.de
www.viega.de/trinkwasser
www.biofilm-hausinstallation.de

 


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