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Deutschland ist nicht Down

Das Land, welches der ganzen Welt die Energiewende über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) brachte, musste in den vergangenen Jahren zusehen, wie andere schneller wurden und es – teilweise sehr schmerzlich – überholten. Aber es analysiert und berappelt sich.

Da hatten alle noch gut lachen. Dass die alte Generation der PV-Gründer nun abtritt bedeutet nicht, dass der Produktionsstandort Deutschland verloren gegangen ist. Bild: Solarworld

Hidden Champion Solarwatt (im Bild der Stammsitz in Dresden). Das Wirtschaftsmagazin Capital attestiert dem Batterie- und Photovoltaikhersteller, dass Made in Germany in dieser Branche weiterhin gut funktioniert. Bild: Solarwatt

Fraunhofer ISE Photovoltaik-Technologie Evaluations Center, „Back end“-Standort im Freiburger Solar Info Center, nach Wiederaufbau im Juli 2018 eingeweiht.Bild: Fraunhofer ISE/Dirk Mahler

E-Mobilität made in Germany. Diese Aussage könnte an Fahrt gewinnen, denn der chinesische Batteriekonzern CATL baut eine Batteriezellen-Fabrik in Thüringen. Bild: Audi

 

Die schlechten Nachrichten über den Niedergang der deutschen Photovoltaikbranche rissen in den letzten Jahren nicht ab: Reihenweise Insolvenzen, zuletzt traf es im wahrscheinlich spektakulärsten Fall Solarworld. Weniger medial wahrgenommen wurde die Insolvenz des Dünnschicht-Solarmodul-Herstellers Calyxo bei Leipzig in den letzten Tagen, die aber jetzt ein glückliches Ende fand, nämlich einen Neuanfang: Sie fand in der TS Group aus Aachen einen Käufer, der nicht nur den Betrieb vollumfänglich sofort wieder fortsetzen will, sondern der auch alle Mitarbeiter übernimmt. Es wird Zeit, wieder nach vorne zu sehen.

Licht unter dem Scheffel
In einem aktuellen Beitrag listet das Wirtschaftsmagazin Capital den Dresdener Batterie- und Photovoltaikhersteller Solarwatt hinter SMA auf Platz zwei der „Hidden Greentech Champions“ Deutschlands auf.
Capital benennt in diesem aktuellen Beitrag die acht führenden deutschen Greentech-Firmen, die „mit grüner Technologie Geschäfte machen und die sich im internationalen Wettbewerb behaupten“. Solarwatt wird von Capital an zweiter Stelle genannt – hinter Wechselrichter-Hersteller SMA.

„Wir haben erstklassige Unternehmen“
„Ich habe schon öfter betont, dass sich in Deutschland im Bereich der Umwelttechnologien erstklassige Unternehmen entwickelt haben. Sie bringen mit ihren Innovationen nicht nur hierzulande die Energiewende voran, sondern dienen damit auch weltweit als Vorbilder“, sagt Solarwatt-CEO Detlef Neuhaus. „Nun gilt es, diese Technologieführerschaft international weiter auszubauen.“ Redet Neuhaus sich die deutsche Lage schön? Selbst Solarwatt war ja vor ein paar Jahren in ernste Bedrängnis geraten – und hat sich allerdings wieder hochgerappelt.

Eine deutsche Erfolgsgeschichte
Solarwatt agiert weltweit, ist aber dennoch in Deutschland fest verwurzelter Mittelständler mit 25-jähriger Geschichte. Anders als in der PV-Branche üblich, bietet das Dresdner Unternehmen alle Komponenten eines dezentralen PV-Energiesystems aus einer Hand an. „Wir entwickeln die Komponenten selbst und produzieren sie in Deutschland – und zwar in Premiumqualität. Das gibt uns die Flexibilität, immer wieder schnell auf neue Marktanforderungen zu reagieren“, erklärt Neuhaus. Seit 2015 wurden bei Solarwatt rund 100 neue Mitarbeiter eingestellt, besonders in den Bereichen Forschung & Entwicklung und in der Kundenbetreuung. Aktuell arbeiten weltweit rund 350 Menschen für das Unternehmen. „Wir werden aber auch 2018 weiter wachsen und haben neue Stellen geschaffen“, so Neuhaus weiter.

Evaluationscenter PV-TEC wieder in Betrieb
Ein Blick nach Freiburg. Nach einem Brand im vorigen Jahr ist die Technologie-Plattform PV-TEC des Fraunhofer ISE nun mit neuer Ausstattung wieder eröffnet.
Ein Brandfall im Februar 2017 hatte die Ausstattung des im Freiburger Solar Info Center angesiedelten Fraunhofer ISE Photovoltaik-Technologie Evaluationscenter PV-TEC unbrauchbar gemacht. Ein Jahr und vier Monate später wird die PV-Technologie-Plattform für Materialhersteller und Zulieferer der PV-Industrie neu in Betrieb genommen. Laufende Projekte konnten zwischenzeitlich mit Zeitverzögerungen weitgehend in anderen Labors bearbeitet werden.

Ziel: PV-Neustart in Europa
Das Ziel ist ein nicht geringeres als der Photovoltaik-Neustart in Europa. Mit neuer Ausstattung wird nun im PV-TEC die nächste Stufe der technischen Weiterentwicklung der Photovoltaik vorbereitet. Ziele dabei sind höhere Solarzellenwirkungsgrade, ein höherer Produktivitätsgrad in der Prozesstechnologie sowie nicht zuletzt die Begleitung des von Forschung und Industrie angestrebten Neustarts der PV-Zell- und Modulproduktion in Europa.
„Deutschland und Europa haben nach wie vor die technologische Führerschaft, und es ist jetzt wichtig, die Anstrengungen zu verstärken, um die gesamte Wertschöpfungskette der PV-Industrie wieder zu komplettieren und mit neuesten nachhaltigen Zell- und Modulkonzepten in Europa wieder eine Produktion anzusiedeln“, sagt Institutsleiter Dr. Andreas Bett.

CATL baut Batteriezellen-Großfabrik in Thüringen
Andere Entwicklungen werfen ihr Licht voraus. Im Zukunftsmarkt Elektromobilität baut der chinesische Batteriekonzern CATL eine Großfabrik für Batteriezellen in Thüringen. Pessimisten würden sagen: Jetzt werden wir komplett überfremdet. Der VDMA sieht das anders: Für den Technologiestandort Deutschland sei dies ein wichtiger Schritt, um in der Elektromobilität eine führende Rolle zu spielen.
Der Verband sieht in dieser Großfabrik eine Chance, dass Produkte und Prozessinnovationen, die für die Zukunft der Elektromobilität gebraucht werden, schneller auf die Straße kommen. Die deutsche Zuliefererindustrie und insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau könnten von einer direkten Kooperation mit dem Hersteller profitieren.
„Wenn Zellhersteller aus Übersee in deutsche Produktionsstandorte investieren, bringen sie Erfahrungen aus ihren Heimatmärkten zum Vorteil der gesamten deutschen Industrie ein. Dass CATL nun den Schritt in Deutschland wagt, ist ein wichtiges positives Zeichen“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann und blickt nach vorne: „Vielleicht ist dies der Auftakt für weitere Investitionen in Batterietechnologie am Standort Europa.“

Nicht den Kopf in den Sand stecken
Historisch gesehen neigen die Deutschen dazu, sich selbst schlecht zu reden. Das Problem ist oftmals, dass man am Anfang sehr erfinderisch und damit der Welt eine Zeit lang ein Stück voraus ist. Im Rausch des Erfolgs werden dann aber oft Signale übersehen oder einfach ignoriert, bis man hart auf den Boden der Tatsachen geworfen wird und in eine Krise oder Niederlage gerät. So geschehen in der Photovoltaik-Industrie, so geschehen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018. Das ist aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Sondern die neue Situation zu analysieren und wieder vorne anzufangen.

von Dittmar Koop

 


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