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Desinfektion in der Trinkwasser-Installation: Ergebnisse von Untersuchungen in der Praxis

In Trinkwasser-Installationen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant, gebaut, in Betrieb genommen, betrieben und gewartet werden, ist eine mikrobiologisch einwandfreie Trinkwasserqualität auch ohne den Einsatz von Desinfektionsmitteln möglich. Eine permanente, prophylaktische chemische Desinfektion von Trinkwasser in Trinkwasser-Installationen wird weder als notwendig noch sinnvoll erachtet [1]. In Fällen, in denen es zu einer mikrobiellen Kontamination der Trinkwasser-Installationen gekommen ist, kann jedoch eine Desinfektion der Anlage oder vorübergehend bis zur technischen Sanierung der Trinkwasser-Installation eine Desinfektion des Trinkwassers erforderlich sein.

Bild 1: Temperaturverläufe an den Warmwasserzapfstellen im Objekt D.

Bild 2: Legionellenkonzentration, Temperatur und Desinfektionsmittelkonzentration bei der am 04.11.2009 im Objekt D durchgeführten Beprobung (Desinfektionsmitteldosierung: 0,2 mg/l ClO2 im Kaltwasser und 0,2 mg/l ClO2 im Warmwasservorlauf).

Bild 3: Abhängigkeit der Befundhäufigkeit an Legionellen von der Temperatur im Warmwasserbereich (Ergebnisse der Untersuchungen im Objekt A).

Bild 4: Entwicklung der Legionellenbelastung im Warmwasser im Objekt C, Bauteil D.

Bild 5: Ergebnisse der Legionellenuntersuchungen in der Kaltwasser-Installation des Bauteiles A–C im Objekt C.

Bild 6: Ergebnisse der Chloritmessungen an den PNS 11 und 12 im Objekt C.

Bild 7: Chlordioxidkonzentration hinter der Dosierstelle im Objekt A.

Bild 8: Einfluss der Temperatur auf die gemessene Extinktion beim Einsatz der DPD-Methode.

 

Während für die Durchführung einer Anlagendesinfektion Hinweise zur Verfügung stehen [2, 3, 4] liegen für die Desinfektion des Trinkwassers in der Trinkwasser-Installation bisher keine detaillierten Empfehlungen vor.
Ziel eines vom DVGW und den Firmen Alldos Eichler GmbH, Franke Aquarotter AG, Hammann Wasser GmbH, Kyro Chem GmbH, Lutz Jesco GmbH, ProMaqua GmbH, Späne GmbH, newtec Umwelttechnik GmbH geförderten Forschungsvorhabens [5] war es deshalb, auf der Grundlage von objektkonkreten Untersuchungen in Verbindung mit ergänzenden Laborversuchen die Möglichkeiten und Grenzen der Desinfektion des Trinkwassers in der Trinkwasser-Installation aufzuzeigen und Empfehlungen zum Einsatz zu erarbeiten.
Im Rahmen des Vorhabens wurden Untersuchungen in fünf Objekten durchgeführt, in denen Desinfektionsanlagen am Projekt beteiligter Firmen im Einsatz waren. Eine Übersicht gibt Tabelle 1. Zudem wurden die Betriebsdaten aus fünf weiteren Objekten mit kontinuierlicher Desinfektionsmitteldosierung in der Trinkwasser-Installation ausgewertet.
Bei den Untersuchungsobjekten handelt es sich in drei Fällen um Kliniken mit jeweils mehreren Gebäuden. Zudem wurden ein Wohngebäude und eine Schulturnhalle untersucht. Bis auf eine Ausnahme (im Objekt B) waren vor Beginn der Desinfektionsmitteldosierung in allen Trinkwasser-Installationen Legionellenkontaminationen vorhanden. Die Trinkwasser-Installationen entsprachen, mit Ausnahme von Objekt B, nicht den Regeln der Technik bzw. wurden nicht entsprechend den Regeln der Technik betrieben. Als Hauptproblem zeigte sich die nicht vorhandene bzw. unzureichende Zirkulation. Zudem wurde in einigen Fällen nicht die geforderte Temperatur im Vorlauf erreicht.
Als Desinfektionsmittel kamen Chlor oder Chlordioxid zum Einsatz. Beide Chemikalien wurden vor Ort hergestellt. In Abhängigkeit von der Zielstellung der Desinfektion und der Philosophie bzw. den technischen Vorgaben der Hersteller der Desinfektionsanlagen wurde in das Kaltwasser- und/oder in den Warmwasservorlauf dosiert. In den Untersuchungsobjekten wurden vom TZW vor und nach Inbetriebnahme der chemischen Desinfektion umfangreiche Beprobungen durchgeführt. Dabei sind sowohl die mikrobiologische Situation mit dem Schwerpunkt Legionellen als auch die Desinfektionsmittel- und Desinfektionsnebenproduktkonzentration bestimmt worden. Daneben wurden von dem Betreiber der Trinkwasser-Installation bzw. den zuständigen Gesundheitsbehörden zum Teil sehr umfangreiche Kontrollbeprobungen durchgeführt, deren Ergebnisse ebenfalls in die Auswertung mit einbezogen worden sind.
Bei der Auswertung der Legionellenbefunde wurde neben der Befundhäufigkeit (Anzahl der Probenahmestellen (PNS) mit positiven Legionellenbefunden bezogen auf die Gesamtanzahl der beprobten Stellen) die von Hentschel u.a. [6] entwickelte Bewertungszahl verwendet.
Dabei wird die festgestellte Legionellen­belastung entsprechend ihrer Höhe mit Zahlen zwischen 0 und 4 bewertet. Die Einteilung richtet sich nach DVGW-Arbeitsblatt W 551 [3], in dem der Sanierungsbedarf einer Trinkwasser-Installation in Abhängigkeit von der Höhe der Legionellen­belastung beschrieben ist. Einen Überblick über den Zusammenhang zwischen Anzahl der Legionellen und der Bewertungszahl gibt Tabelle 2. Jedem bei einer Beprobung ermittelten Messwert wird eine entsprechende Bewertungszahl zugeordnet. Aus den Messwerten wurde dann der Mittelwert bestimmt, der eine Bewertung des Sanierungserfolges bzw. des Erfolges des Desinfektionsmitteleinsatzes ermöglicht.

Ergebnisse
Der Einsatz der chemischen Desinfektion in der Trinkwasser-Installation führte in den mit Legionellen kontaminierten Systemen zu einer Verringerung der Legionellenbelastung. Eine vollständige nachhaltige Beseitigung konnte jedoch nicht sichergestellt werden. Der Effekt der Dosierung auf die Legionellenbelastung im Warmwasserbereich war abhängig von den konkreten Systembedingungen, der Dosis und der Temperatur. Eine Wirkung des Desinfektionsmittels wurde nur in durchströmten Bereichen bzw. an Zapfstellen mit unmittelbarer Anbindung an durchströmte Bereiche erreicht.

Im Objekt D lag eine Legionellenbelas­tung vor, obwohl die im DVGW-Arbeitsblatt W551 vorgegebene Temperatur von > 60°C im Vorlauf bei einer Temperatur im Zirkulationsrücklauf von > 55°C eingehalten wurde. Ursache hierfür war, wie Bild 1 zeigt, die unzureichende Durchströmung der Trinkwasser-Installation. Lediglich an den PNS 3.3 wurde eine Temperatur von ca. 55°C gemessen. An den drei anderen PNS ist diese Temperatur auch nach der Entnahme größerer Wasservolumina nicht erreicht worden. Die ungünstigsten Verhältnisse lagen an der PNS 3.2 vor.
Bild 2 zeigt als Beispiel die Ergebnisse der am 04.11.2009 durchgeführten Beprobung. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits seit mehreren Monaten 0,2 mg/l Chlordi­oxid in den Kaltwasserzulauf und zusätzlich 0,2 mg/l Chlordioxid in den Warmwasservorlauf dosiert. Insgesamt wurde die Legionellen­belastung im Objekt dadurch deutlich verringert. Während vor Inbetriebnahme der Desinfektion Bewertungszahlen von 2–3 ermittelt worden sind, lagen diese nach Inbetriebnahme der Desinfektion im Bereich um 1. Für die einzelnen Probenahmestellen ist jedoch eine unterschiedliche Wirkung der Desinfektionsmitteldosierung festzustellen. Eine erhöhte Legionellenbelastung liegt nach wie vor an der PNS 3.2 vor, die nicht ordnungsgemäß durchströmt wurde, sodass hier weder eine ausreichende Temperatur noch eine ausreichende Desinfektionsmittelkonzentration erreicht worden ist. Die trotz höherer Temperaturen und dem Nachweis von Desinfektionsmitteln auffallend hohe Legionellenbelastung im Vor- und Rücklauf deuten darauf hin, dass im System nicht oder nur gering durchströmte Bereiche vorliegen, in denen nach wie vor ein Legionellen­wachstum stattfindet.
Im Objekt A lag die Temperatur im Zirkulationsrücklauf im Bereich zwischen 45 und 55°C. Unter diesen Bedingungen wird die Legionellenbelastung, wie Bild 3 zeigt, wesentlich mit von der Temperatur bestimmt. Ohne Dosierung von Chlordioxid lag die Befundhäufigkeit bei einer Temperatur von ca. 53°C bei ca. 20%. Trotz Chlordioxiddosierung wurde bei Temperaturen unter 52°C bei zwei Beprobungen eine höhere Befundhäufigkeit festgestellt.
Der Betrieb bei niedrigeren Temperaturen führt in dem kontaminierten System trotz Desinfektionsmitteldosierung zu einer höheren Legionellenbelastung. Eine zusätzliche Wirkung durch die Dosierung eines chemischen Desinfektionsmittels kann nur erreicht werden, wenn das Desinfektionsmittel in ausreichender Konzentration in Bereiche gelangt, in denen keine oder nur noch eine geringe Temperaturwirkung vorliegt.

Im Objekt C war mit Beginn der Desinfektionsmitteldosierung die Temperatur im System auf < 45°C verringert worden. Ohne Desinfektionsmitteldosierung muss unter diesen Bedingungen in einem bereits kontaminierten System mit einem verstärkten Legionellenwachstum gerechnet werden. Durch die Dosierung von 0,3 mg/l Chlordioxid in das Kaltwasser und zusätzlich 0,2 mg/l Chlordioxid in den Warmwasservorlauf konnte die Legionellenbelastung, wie Bild 4 anhand der Ergebnisse der im Bauteil D des Objektes C durchgeführten Messungen zeigt, jedoch begrenzt werden. Im Vergleich zur Situation ohne Desinfektionsmitteldosierung bei Vorlauftemperaturen von 50 bis 55°C und wöchentlicher Erhöhung der Vorlauftemperatur für 48 Stunden auf 70°C ist sogar eine deutliche Verringerung der Legionellenbelastung des Systems erreicht worden. Eine Verringerung der Desinfektionsmitteldosis ab 08.10.2009 führte jedoch sofort zu einem Anstieg der Legionellenbelastung. Davon war auch der Vor- und Rücklauf der Warmwasser-Installation betroffen, in denen bei erhöhter Chlordi­oxiddosierung keine Befunde zu verzeichnen waren. Eine am 27.01.2010 durchgeführte thermische Anlagendesinfektion war nur kurze Zeit wirksam. Bereits 2 Wochen nach der Maßnahme war wieder die gleiche Belastung zu verzeichnen wie vor der thermischen Desinfektion.
Bild 5 zeigt als Beispiel die Ergebnisse von Legionellenuntersuchungen in der Kaltwasser-Installation der Bauteile A bis C im Objekt C. In dem Objekt wurde Chlordioxid auch in den Kaltwasserzulauf dosiert. An allen Probenahmestellen war mit Inbetriebnahme der Desinfektion ein Rückgang der Belastung zu verzeichnen. Bezüglich der Entwicklung der Belastung zeigten sich an den einzelnen PNS jedoch deutliche Unterschiede. Während an der PNS 15 auch nach Verringerung der Chlordioxiddosierung keine Legionellen nachweisbar waren, war an der PNS 11 ein Anstieg zu verzeichnen. An der PNS neu zeigte sich trotz gleichbleibender Dosierung nach ca. 4 Monaten ein Anstieg der Belastung, der möglicherweise auf höhere Temperaturen in den Sommermonaten zurückzuführen ist. Die Ergebnisse zeigen, dass die Wirkung der Dosierung eines chemischen Desinfektionsmittels im Kaltwasser, wie im Warmwasser, von den konkreten Systembedingungen und hierbei insbesondere von der Temperatur und dem Entnahmeverhalten sowie der Dosis abhängig ist. Voraussetzung für eine Wirkung ist, dass das Desinfektionsmittel regelmäßig in die entsprechenden Bereiche gelangt. Hierzu ist parallel zur Desinfektionsmitteldosierung die regelmäßige Nutzung aller Zapfstellen zu gewährleisten. Werden bei niedrigen Temperaturen (< 20°C) im Kaltwasser erhöhte Legionellenbelastungen festgestellt, kann dies auf eine Kontamination der Zapfstelle zurückzuführen sein. Ein Hinweis hierfür ist die im Objekt D festgestellte Verringerung der Legionellenbelastung im Kaltwasser nach Inbetriebnahme der Desinfektionsmitteldosierung, die hier ausschließlich im Warmwasser vorgenommen worden ist.
Mit der Dosierung chemischer Desinfektionsmittel ist auch die Bildung von Desinfektionsnebenprodukten verbunden. Die Konzentration der Nebenprodukte wird dabei von der Wasserbeschaffenheit und der Desinfektionsmitteldosis beeinflusst. Bild 6 zeigt die Ergebnisse der an einer Zapfstelle im Objekt C im Kaltwasser und im Warmwasser durchgeführten Chloritmessungen. Die Chloritkonzentration entsprach dabei sowohl im Warmwasser- als auch im Kaltwasserbereich annähernd den Chlordioxidzugabemengen, die bis zum 07.10.2009 bei 0,3 mg/l im Kaltwasser und zusätzlich 0,2 mg/l im Warmwasser lagen. Mit der Überschreitung des Chloritgrenzwertes von 0,2 mg/l muss danach gerechnet werden, wenn die Chlordioxiddosis bei > 0,2 mg/l liegt.
Bei der Dosierung von Chlor kommt es zur Bildung von Trihalogenmethanen (THM), für die in der TrinkwV ein Grenzwert von 50 µg/l vorgegeben ist. Die THM-Bildung wird dabei von der Konzentration und Zusammensetzung der natürlichen organischen Inhaltsstoffe (DOC) und der Chlordosis bestimmt. Ein Temperatureinfluss war im Laborversuch insbesondere bei höheren Zugabemengen festzustellen. Wird, wie in den Objekten B und F, Chlor in Abhängigkeit von der Chlorkonzentration in die Zirkulation dosiert, ist unabhängig von der Konzentration und Zusammensetzung der organischen Wasserinhaltsstoffe mit erhöhten THM-Konzentrationen zu rechnen, da hier in Abhängigkeit von den Systembedingungen und der Wasser­entnahme immer wieder eine Nachdosierung erfolgt. Im Objekt B, in dem im Warmwasser eine Chlorkonzentration von 0,2 mg/l eingestellt wurde, sind bei mehrfachen Beprobungen THM-Konzentrationen von 60–70 µg/l gemessen worden.
Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse der mit diesem Wasser im Labor durchgeführten THM-Bildungsversuche. Bei einer Chlordosis von 0,2 mg/l war auch nach Reaktionszeiten von 48 Stunden unabhängig von der Temperatur eine nur sehr geringe THM-Bildung zu verzeichnen. Das THM-Bildungspotenzial (Chlordosis 10 mg/l und Reaktionszeit 48 h) zeigt deutlich höhere Werte, verbunden mit einer verstärkten Chlorzehrung und THM-Bildung bei 60°C. Die in der Warmwasser-Installation gemessenen THM-Konzentrationen sind danach auf die höhere Dosierung von Chlor (bedingt durch die Nachdosierung) in Verbindung mit den hohen Temperaturen zurückzuführen.
Bild 7 zeigt als Beispiel die Ergebnisse der Chlordioxidmessungen hinter der Dosierstelle im Objekt A. Trotz volumenstromabhängiger Dosierung waren hier, wie auch in anderen Objekten, erhebliche Schwankungen der Desinfektionsmittelkonzentration festzustellen. Ob die Schwankungen auf eine ungleichmäßige Dosierung oder aber auf die ungünstige Lage der Probenahmestelle (vor einer vollständigen Einmischung des Desinfektionsmittels) zurückzuführen sind, lässt sich nicht bewerten. Die schwankenden Messwerte erschweren die Überwachung der Desinfektionsmittelkonzentration in der Trinkwasser-Installation, die unter diesen Bedingungen nur durch Mehrfachmessungen und Mittelwertbildung möglich war.

Während die Messung der Chlor- und Chlordioxidkonzentration im Kaltwasser sowie der Chlorkonzentration im Warmwasser bei Einsatz der zur Verfügung stehenden Messtechnik möglich ist, bereitete die Messung der Chlordioxidkonzentration im Warmwasserbereich Probleme. Im Rahmen des Projektes durchgeführte Laborversuche zeigten für die DPD-Methode einen deutlichen Temperatureinfluss auf die Messergebnisse (siehe Bild 8). Die Messwerte aller drei bei verschiedenen Temperaturen durchgeführten Messreihen lassen sich jedoch durch lineare Ausgleichsgeraden beschreiben, die in Abhängigkeit von der Temperatur unterschiedliche Anstiege aufweisen. Daraus ergibt sich ggf. die Möglichkeit der Temperaturkorrektur der Messwerte. Hierzu sind jedoch weitere Entwicklungsarbeiten erforderlich.

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Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen
Aus den Ergebnissen des Projektes lassen sich folgende Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen zum Einsatz der Desinfektion in der Trinkwasser-Installation ableiten:

  • Eine kontinuierliche Desinfektionsmitteldosierung kann bei einer vorhandenen Legionellenkontamination in der Trinkwasser-Installation die Sanierung der Trinkwasser-Installation nicht ersetzen.
  • Die Dosierung chemischer Desinfektionsmittel im Warmwasserbereich ist dann sinnvoll, wenn die Temperatur in dem kontaminierten System zu niedrig ist und kurzfristig nicht erhöht werden kann (z.B. bei unzureichender Leistung des Trinkwassererwärmers bzw. unzureichender Dämmung des Leitungssys­tems). In diesen Fällen kann durch die Desinfektionsmitteldosierung eine Verringerung der Belastung erwartet werden, wobei der erreichbare Effekt von den Systembedingungen und der Desinfektionsmittelkonzentration beeinflusst wird.
  • Eine wesentliche Voraussetzung für die Wirkung des Desinfektionsmittels in der Trinkwasser-Installation ist die Sicherung der Zirkulation in allen Steigleitungen. Hierzu ist ein Abgleich erforderlich. Zusätzlich kann eine wirksame Reinigung der Trinkwasser-Installation mit anschließender Anlagendesinfektion vorteilhaft sein.
  • Um im Warmwasser eine ausreichende Wirkung zu erreichen, ist die Dosierung von bis zu 0,5 mg/l Chlordioxid erforderlich. Bei der Dosierung von
  • > 0,2 mg/l Chlordioxid muss mit einer Überschreitung des Chloritgrenzwertes gerechnet werden. Bei Überschreitung des Grenzwertes ist eine Ausnahmegenehmigung durch das Gesundheitsamt erforderlich. Diese kann nur zeitlich befristet erteilt werden. Bei der Dosierung von Chlor kann es zur Überschreitung des THM-Grenzwertes kommen. Das gilt insbesondere bei einer Dosierung in Abhängigkeit von einer vorgegebenen Chlorkonzentration in der Zirkulation. Auch in diesem Fall ist eine Ausnahmegenehmigung für die zeitlich befristete Überschreitung des Grenzwertes erforderlich. Die Messung der Desinfektionsnebenproduktkonzentration sollte im Warmwasserrücklauf erfolgen.
  • Die Dosierung chemischer Desinfektionsmittel im Kaltwasserbereich kann bei Legionellenkontaminationen als Folge von erhöhten Temperaturen sinnvoll sein, wenn die Probleme nicht kurzfris­tig durch die Realisierung von Spülplänen, mit denen ein regelmäßiger Wasseraustausch an wenig genutzten Zapfstellen gesichert wird, beseitigt werden können. Auf jeden Fall sind die Maßnahmen zur Sicherung des Wasseraustausches an wenig genutzten Zapfstellen auch mit Inbetriebnahme der Dosierung fortzuführen.
  • Im Kaltwasserbereich wird zur Bekämpfung von Legionellenkontaminationen mit Desinfektionsmittelkonzentrationen von 0,2 bis 0,3 mg/l Chlor bzw. 0,1 bis 0,2 mg/l Chlordioxid, bei Messung an den Zapfstellen nach Ablassen bis zur Temperaturkonstanz, gefahren. In Abhängigkeit von der Art und Konzentration der natürlichen Wasserinhaltsstoffe erfordert die Einhaltung dieser Konzentrationen eine deutlich höhere Dosierung. Die Bildung von Desinfektionsnebenprodukten sollte deshalb auch beim Einsatz der kontinuierlichen Desinfektion im Kaltwasserbereich überprüft werden. Ggf. ist auch hier eine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Die Messung der Nebenproduktkonzentration im Kaltwasserbereich sollte an einer Zapfstelle aus der Stagnationsprobe erfolgen.
  • Maßgebend für die Wirkung des Desinfektionsmittels ist die Konzentration im System. Dabei ist zu beachten, dass in Abhängigkeit von der Temperatur auch eine Zehrung des Desinfektionsmittels im Trinkwassererwärmer bzw. in den Warmwasserspeichern erfolgt. Im Warmwasser ist dabei eine schnellere Zehrung des Desinfektionsmittels zu verzeichnen, sodass zur Einhaltung einer erforderlichen Konzentration höhere Zugabemengen als im Kaltwasser erforderlich sind. Wird nur in das Kaltwasser am Hausanschluss dosiert, kann dies zu relativ hohen Desinfektionsmittelkonzentrationen im Kaltwasser führen. Vorteilhafter erscheint deshalb, je nachdem ob eine Kalt- und/oder Warmwasserkontamination vorliegt, eine zusätzliche oder ausschließliche Dosierung in den Warmwasservorlauf und/oder die Kaltwasserzuspeisung zum Trinkwassererwärmer.
  • Bei Ausfall bzw. Störung der Desinfektionsmitteldosierung muss mit einem schnellen Anstieg der Legionellenbelas­tung gerechnet werden. Die Überwachung der Desinfektionsmittelkonzentration ist deshalb von entscheidender Bedeutung. Sie sollte, wenn möglich, kontinuierlich als online-Messung im Vor- und Rücklauf erfolgen. Bei der Messung von Chlordioxid im Warmwasser ist der Temperatureinfluss zu beachten. Bis eine geeignete Messtechnik zur Verfügung steht, kann eine Temperaturkorrektur der Messwerte vorgenommen werden. Unabhängig von der Temperaturkorrektur werden Änderungen in der Desinfektionsmittelkonzentration auf jeden Fall erfasst.
  • Für die Desinfektionsmitteldosierung sollten quasikontinuierlich arbeitende Dosierpumpen verwendet werden. Der Einsatz von Mischern ist vorteilhaft und sollte bei großen Dosiermengen (bei großen Durchflüssen) bzw. bei geringen Fließgeschwindigkeiten in der Leitung zur Verhinderung einer verstärk­ten Korrosion aufgrund lokal auftretender höherer Desinfektionsmittelkonzentrationen auf jeden Fall erfolgen. Unabhängig davon ist zu beachten, dass in der Trinkwasser-Installation Materialien verbaut sein können, die eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Desinfektionsmitteln aufweisen. Eine Schädigung ist deshalb auch bei einer zeitlich befristeten Desinfektionsmitteldosierung nicht auszuschließen.
  • Aus den Ergebnissen der durchgeführten Untersuchungen lassen sich keine Aussagen darüber ableiten, ob der Betrieb einer vorher kontaminierten Trinkwasser-Installation nach erfolgreicher Sanierung bei niedrigeren Temperaturen unter Beibehaltung der Desinfektionsmitteldosierung möglich ist. Voraussetzung ist auf jeden Fall ein hydraulischer Abgleich, der auch bei niedrigeren Temperaturen ausreichend genau ist. Auf keinen Fall darf bei einer vorhandenen Kontamination mit Beginn der Desinfektionsmitteldosierung die Temperatur im Warmwasserbereich gesenkt werden.


Literatur:
[1] twin Nr. 05 Information des DVGW zur Trinkwasser-Installation.: Desinfektion von Trinkwasser-Installationen zur Beseitigung mikrobieller Kontaminationen (April 2009).
[2] DVGW-Regelwerk W 291: Reinigung und Desinfektion von Wasserverteilungsanlagen (März 2000).
[3] DVGW-Regelwerk W 551: Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen (April 2004).
[4] Verordnung über Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001), Bundesgesundheitsblatt, 959 (2001).
[5] DVGW-Forschungsvorhaben W 10/01/08: Desinfektion in der Trinkwasser-Installation unter besonderer Berücksichtigung des Warmwasserbereiches – Ergebnisse von Untersuchungen in der Praxis (November 2010).
[6] Hentschel W, Waider, D.: Kommentar zum DVGW-Arbeitsblatt W 551 – Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellen­wachstums in Trinkwasser-Installationen. Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH (2004).

Autoren: Dr.-Ing. B. Wricke; Dr. rer.nat. H. Petzoldt, DVGW-Technologiezentrum Wasser (TZW), Außenstelle Dresden, E-Mail: burkhard.wricke@tzw.de und heike.petzoldt@tzw.de

Erstveröffentlichung des Artikels im Magazin energie I wasser-praxis.

Bilder: TZW Dresden

www.tzw.de

 


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