Werbung

Der Depp ist der Steuerzahler

Die jüngsten Studienergebnisse von Agora Energiewende zeigen, welchen finanziellen Irrsinn es besitzt, wenn die Klimaschutzziele verfehlt werden. Es wird eine Menge Bürgergeld ausgegeben, um RWE und Co. weiter auf ihrer konventionellen, fossilen Schiene fahren zu lassen.

Aktuelle Studie des Thinktanks Agora Energiewende: Das Weiterlaufen der fossilen Energieerzeugung ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Bild: Pixabay

Statt Defizite in Milliardenhöhe an andere Staaten in Form von Zertifikaten zu überweisen sollte das Geld besser in die Energiewende gesteckt werden. Bild: BayWa r.e.

 

Deutschland hat sich in Abstimmung mit den anderen EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, die CO2-Emissionen von Gebäuden, Verkehr und Landwirtschaft deutlich zu mindern. Die europarechtlich verbindlichen Ziele werden ohne Trendumkehr in jedem der kommenden Jahre weit verfehlt werden, analysieren die beiden Thinktanks Agora Energiewende und Agora Verkehrswende in einer gemeinsamen Studie.

Die bisherigen Klimaschutzanstrengungen Deutschlands reichen jedoch nicht aus, um die Klimaschutzziele für 2020 sowie für die Jahre von 2021 bis 2030 in den Bereichen Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft zu erreichen. Dadurch drohen dem Bundeshaushalt von 2020 an Jahr für Jahr Belastungen in Milliardenhöhe. Denn die Klimaschutzziele in dem sogenannten Nicht-ETS-Bereich sind EU-rechtlich bindend: Erreicht Deutschland sie nicht durch eigene Maßnahmen, muss es bei anderen EU-Ländern Emissionsrechte in Höhe des Defizits zukaufen.

Teurer Defizitausgleich
Um die Defizite auszugleichen, muss Deutschland bis 2030 für bis zu 60 Milliarden Euro Emissionsberechtigungen von anderen EU-Ländern zukaufen. Sinnvoller wäre es, Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland voranzubringen und so auch Wachstum und Innovationen zu fördern, so die Berliner Thinktanks.

Hintergrund
Die Verpflichtungen Deutschlands, die Klimaschutzziele in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Teilen der Industrie (also jene Bereiche, die nicht unter den EU-Emissionshandel fallen, deshalb als „Nicht-ETS-Bereich“ bezeichnet) zu erreichen, fallen für die Zeit bis 2020 unter die EU-Effort-Sharing-Entscheidung. Für den Zeitraum von 2021 bis 2030 fallen sie unter die EU-Climate-Action-Verordnung. Diesem EU-Recht hat die Bundesregierung im Rahmen von Entscheidungen des EU-Rats zugestimmt. Es verpflichtet Deutschland, seine Treibhausgasemissionen in den Nicht-ETS-Sektoren bis 2020 um 14 % und bis 2030 um 38 % im Vergleich zu 2005 zu senken. Dabei gilt für jedes Jahr von 2013 bis 2030 eine bestimmte Emissionsobergrenze.

Der Unsinn in Zahlen
Schon heute steht laut Agora fest, dass Deutschland sein Klimaschutzziel 2020 im Nicht-ETS-Bereich deutlich verfehlen wird, voraussichtlich um 93 Mio t CO2. Das entspricht in etwa den jährlichen CO2-Emissionen aller privaten Haushalte der Bundesrepublik. Um das Defizit auszugleichen, muss die Bundesregierung Emissionsberechtigungen in entsprechender Höhe bei anderen EU-Mitgliedstaaten erwerben. Die Kosten für diese Rechte können 2020 bis zu zwei Mrd. € betragen – je nachdem, ob der aktuelle Preis von CO2-Emissionszertifikaten im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems ETS angesetzt wird oder ob Deutschland dafür einen „politischen Preis“ zahlt, der beispielsweise in der Unterstützung eines anderen Mitgliedstaats bei einem für diesen wichtigen Thema besteht.
Bei Fortschreibung des aktuellen Trends verfehlt Deutschland sein rechtlich verbindliches Nicht-ETS-Klimaschutzziel für die Jahre 2021 bis 2030 um konservativ geschätzte 616 Millionen Tonnen CO2. Der Ausgleich dieses Defizits könnte den Bundeshaushalt im nächsten Jahrzehnt insgesamt mit Kosten in Höhe von 30 bis 60 Milliarden Euro belasten. Bereits für 2021 existiert ein Kostenrisiko von 600 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro.
Könnte für Steuerzahler teuer werden

CO2-Zertifikate werden teurer

Aktuell zeigt sich, dass die Preise für CO2-Zertifikate am Markt nach oben schnellen. Hintergrund ist, dass Anleger diese Zertifikate kaufen im Sinne einer Geldanlage, die eine üppige Rendite verspricht: Während überschüssige Emissionsrechte anderer EU-Mitgliedstaaten bis 2020 noch reichlich vorhanden sind, weil diese Länder ihre Klimaschutzziele im Gegensatz zu Deutschland sogar übererfüllt haben, wird das Angebot nach 2020 infolge insgesamt schärferer Ziele deutlich knapper werden.
Weil für jedes Jahr eigene Emissionsobergrenzen gesetzt werden, wird auch für jedes Jahr, in dem diese Obergrenzen überschritten werden, ein Nachkauf von Emissionsrechten nötig werden. „Klimaschutz ist daher von jetzt an auch Sache des Bundesfinanzministers“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Unterlassene Klimaschutzbemühungen in Deutschland werden für den Steuerzahler zu einer teuren Angelegenheit.“

Die Studie „Die Kosten von unterlassenem Klimaschutz für den Bundeshaushalt“ steht unter www.agora-energiewende.de und www.agora-verkehrswende.de  zum kostenfreien Download bereit. Sie beschreibt die Mechanismen der Nicht-ETS-Klimaschutzverpflichtungen und schätzt die Kompensationskosten bis 2030 für unterschiedliche Szenarien ab. Die Studie umfasst 48 Seiten und legt in Grafiken und Tabellen die untersuchten Annahmen offen.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: