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Den Riesen Wärmemarkt aus dem Tiefschlaf holen - 3. Deutsche Wärmekonferenz im Berlin

Zentrales Thema der 3. Deutschen Wärmekonferenz am 26. Januar 2010 in Berlin mit etwa 250 Teilnehmern war einmal mehr die Frage: „Wer dem schlafenden Riesen Wärmemarkt die Überdosis Valium verabreicht hat?“

Rund 250 Entscheider aus Politik und Wirtschaft trafen sich auf der 3. Deutschen Wärmekonferenz zu einem engagierten Meinungsaustausch.

Moderator Daniel Wetzel (Die Welt) brachte das Dilemma auf den Punkt: Wer hat denn dem schlafenden Riesen Wärmemarkt die Überdosis Valium verabreicht?

 

Auf Einladung des BDH trafen sich rund 250 Entscheider aus Politik und Wirtschaft bei der 3. Deutschen Wärmekonferenz zu einem engagierten Meinungsaustausch. Die Veranstaltung setzte sich am Vormittag unter dem Motto „Energiepolitische Strategien“ mit aktuellen Themen auseinander, bevor man sich der gleichfalls konkreten wie zentralen Fragestellung widmete: wie die Quote der energetischen Modernisierung des Gebäudebestands deutlich erhöht werden kann.

Unübersichtliche Förderstruktur

Effizienz und Erneuerbare Energien Made in Germany nannte Klaus Jesse, Präsident des Bundesindustrieverbandes Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V., seinen Beitrag und sprach dabei über die Entwicklung und Hindernisse des Wärmemarktes und dass die politischen Ziele zum Schutz des Klimas und zur Energieeinsparung jetzt mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden müssen.
Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-agentur (dena), forderte in seinem Vortrag mehrmals das Haus als System zu begreifen. Unzureichende Energieeffizienz in der Sanierung ist der Normalfall. Nur 12% der aktuellen Heizungsanlagen sind auf aktuellem Stand. Hier muss angesetzt werden, um die Probleme des Sanierungsstaus endgültig beheben.
Die Technik ist längst schon da, wird aber nicht eingesetzt. Neben dem öffentlichen Desinteresse und den bekannten Wahrnehmungsdefiziten der Bedeutung des Wärmemarktes bezüglich der CO2-Emissionen, mag dies sicherlich zu einem nicht unerheblichen Teil an den sehr komplexen Förderstrukturen liegen. Etwa 200 verschiedene Förderprogramme: Bundesprogramme, regionale und kommunale Programme sowie private Förderprogramme beispielsweise von Gasversorgern, überfordern den Bauherren und Modernisierer auch wenn dieser willig ist, zumal auch die sehr unübersichtliche Förderstruktur schlicht auch den Handwerker und viele Energieberater in der Fördermittelauskunft überfordert. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn auch Energieberater zeigen hier oft mangelnde Kenntnis, da diese bürokratischen Exzesse  eine Spezialisierung verlangen , die es nicht zum Nulltarif oder gar als Appendix einer Standard-Energieberatung geben kann. Professionelle Fördermittelauskunft verlangt heute eine detaillierte Dienstleistung, die stets die tages-aktuellen Kenntnisse der jeweiligen Fördermittelsituation für das betreffende Objekt bzw. Bauvorhaben als zielorientierte Handlungsgrundlage für Entscheidungen und die Finanzierungsplanung auf den Tisch legt.

Gütesiegel Energieeffizienz

Die dena fordert daher ebenso wie der BDH und andere Marktakteure eine Vereinfachung der Förderstrukturen, um diesen auch die Chance zu geben zu wirken. Ein weiteres Hemmnis ist fraglos die  mangelnde Markttransparenz, die den Sanierungsstau weiter fördert und zusätzlich mit einem Überangebot an „kostenlosen“ Halbinformationen via Internet oder zweifelhaften Energieagenturen den Weg bereiten, die dann fürwahr umsonst sind, den Verbraucher verunsichern und zum Rückzug verleiten. Gemeinsamer Tenor dennoch: Zentrales Instrument in der Gebäudesanierung ist der bedarfsorientierte Energiepass. Er schafft – wenn er seriös ausgestellt ist – Transparenz und gibt konkrete Handlungsanweisungen, mit welchen Maßnahmen die Energieeffizienz des Gebäudes verbessert werden kann und sollte aber auch einen auf die individuelle Situation des Beratungsempfängers abgestimmten Sanierungs- bzw. Modernisierungsfahrplan enthalten.
Um etwaige Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz am Gebäude sichtbar zu machen, hat die deutsche Energieagentur das Gütesiegel Energieeffizienz auf den Weg gebracht, was sich jeder, der die entsprechenden Anforderungen erfüllt, neben die Haustür nageln darf. Der Gebäudeenergieausweis ist daher eines der zentralen Instrumente und verlangt eine hohe Qualität, was durch das Label dena-Gütesiegel dem Verbraucher suggeriert werden soll. Ein stringentes standardisiertes Verfahren, Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse und Maßnahmenkontrolle. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein weiteres  Gütesiegel des Rätsels Lösung ist, da ein solches beim Verbraucher oft nicht den Stellenwert genießt, den sich die Initiatoren erhoffen. Des Weiteren bemüht sich die dena zur Sensibilisierung des öffentlichen Bewusstseins Modellvorhaben zur Darstellung „Niedrigenergiehaus im Bestand“ weiter zu entwickeln.

Gemeinsame Resolution von BDH und BEE

Die Podiumsdiskussion, welche von Daniel Wetzel (Die Welt) moderiert wurde, stand unter dem Titel „Energetische Gebäudesanierung in der neuen Legislaturperiode: Quo vadis?“ Die Einleitung des Moderators brachte das Dilemma auf den Punkt, indem er die Frage in die Runde stellte: wer denn dem Schlafenden Riesen Wärmemarkt die Überdosis Valium verabreicht hat? Lebhafte Diskussionen unter den anwesenden Parlamentariern löste die Forderung des Bundesverbandes Verbraucherzentrale (vzbv) nach einer Verwendung der abgeschöpften Gewinne aus der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke für Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich aus. Zu befürchten ist, dass diese Gewinne ausschließlich dem Strompreis untergeordnet werden, um den Atomstrom billiger zu machen und so einen Meinungsumschwung in der Bevölkerung zu provozieren. Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des BDH, wies auf die hohen CO2-Minderungspotenziale hin, die im Wärmesektor zu erschließen sind und ergänzte aufgrund der politischen Diskus-sion: „Wir teilen die Auffassung, dass die abgeschöpften Gewinne nicht ausschließlich für Fördervorhaben im Elektrizitätsbereich verwendet werden dürfen. Wir brauchen eine Äquivalenz in der Mittelverteilung zwischen Strom- und Wärmesektor. Nur so kann effizienter Klimaschutz gewährleistet werden.“
Ferner wurde eine gemeinsame Resolution zum Wärmemarkt von BDH und BEE (Bundesverband Erneuerbare Energien e.V.) vorgestellt. Sie fordert einen Maßnahmenkatalog, der die Investitionsentscheidungen von Hauseigentümern konstruktiv anreizt und  positiv fördert. Folgende Handlungsfelder werden in dieser Resolution vorgeschlagen:

  • Die Heizungsmodernisierung beschleunigen und dabei EE und Energieeffizienz durchsetzen.
  • Die Marktentwicklung durch Optimierung des Marktanreizprogramms (MAP) verstetigen.
  • Das Investor-Nutzer-Dilemma lösen, indem Interessen ausgeglichen werden.
  • Die Investitionsbereitschaft durch mehr Information, Kommunikation und mehr Marktvertrauen aktivieren.

Andreas Lücke resümierte, dass die Erkenntnisse in der Politik vorhanden sind und dass die Wärmekonferenz allein deshalb schon ein Erfolg ist, da die Politik weiter sensibilisiert wurde. Martin Bentele, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Wärme im BEE, stellte im Kontext der gemeinsamen Resolution fest, dass der schlafende Riese nur gemeinsam geweckt werden kann.

Bilder: Hartmann

 


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