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Das Finanzministerium zieht den Stecker - Geplante Änderungen des Stromsteuergesetzes bewirken gravierende Einschnitte

Die seitens des Bundesfinanzministeriums geplanten Änderungen des Stromsteuergesetzes sehen deutliche Einschränkungen der Stromsteuerbefreiungen für Strom aus Kleinanlagen und aus Erneuerbaren Energien vor. Der Referentenentwurf vom 22. April 2016 enthält insbesondere drei Änderungen, die dazu führen werden, dass künftig fast alle zur Versorgung der näheren Umgebung und zur Eigenversorgung gewerblich genutzten Dach- und Freiflächensolaranlagen den selbstgenutzten und den an Dritte gelieferten Strom versteuern müssen.

Dorothée Janzen, LL.M., ist Rechtsanwältin und Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle (www.cms-hs.com).

Matthias Sethmann ist Rechtsanwalt und Counsel bei CMS Hasche Sigle.

 

Das Ministerium begründet die Änderung mit der Umsetzung von Vorgaben des Rechts der Europäischen Union im Bereich der staatlichen Beihilfen. Zur Umsetzung des beihilferechtlichen Verbotes von „Doppelbegünstigungen“ sollen Stromsteuerbefreiungen künftig – soweit sie nach europäischem Recht als staatliche Beihilfe anzusehen sind – nur noch gewährt werden, wenn daneben keine weitere Beihilfe für dieselben Kosten bezogen wird.
Dabei wird seitens des Finanzministeriums nach der Entscheidung des Gerichtes der Europäischen Union vom 10. Mai 2016 jede Förderung unter dem EEG seit Einführung des Umlageverfahrens in 2010 als Beihilfe erachtet. Eine parallele Inanspruchnahme von EEG-Förderung und Stromsteuerbefreiungen würde hiernach künftig ausscheiden, sofern nicht feststeht, dass die Stromsteuerermäßigung nicht als staatliche Beihilfe einzustufen ist.
Noch gravierender für die Solarbranche sind die außerdem vorgesehenen Einschränkungen der Steuerbefreiung von Kleinanlagen sowie der Steuerbefreiung für Strom aus Erneuerbaren Energieträgern. Nach dem aktuellen Stromsteuergesetz ist Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 MW erzeugt wird, von der Stromsteuer befreit, wenn er vom Betreiber der Anlage selbst im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird oder an Letztverbraucher im räumlichen Zusammenhang geleistet wird. Diese Regelung kommt bislang auch PV-Anlagen zugute, selbst bei Durchleitung des Stroms durchs öffentliche Netz. Nach § 8d des Referentenentwurfes soll diese Steuerbefreiung für Strom aus Kleinanlagen künftig nur noch für Anlagen mit einer Nennleistung von weniger als 1 MW und vor allem nur noch für Anlagen gelten, die Strom aus Energiequellen erzeugen, die grundsätzlich der Energiesteuer unterliegen – dies ist bei der Sonnenenergie augenscheinlich nicht der Fall. Ebenso ist bislang Strom aus PV-Anlagen und anderen EE-Anlagen von der Stromsteuer befreit, der durch eine Direktleitung, die nur für Strom aus Erneuerbaren Energien genutzt wird, direkt zum Verbraucher geleitet wird. Dies gilt unabhängig von der Größe der Anlage sowie der Person des Verbrauchers. Auch diese Stromsteuerbefreiung soll nach dem Referentenentwurf vollständig und ohne Übergangsfrist entfallen.
Stattdessen soll künftig Strom aus Erneuerbaren Energieträgern nur noch bis zu einem Verbrauch von maximal 20 MW pro Kalenderjahr und Anlagenbetreiber steuerbefreit sein und auch dies nur dann, wenn der Strom ohne Netznutzung in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Anlage entnommen wird. Wird die Grenze von 20 MWh pro Jahr überschritten, entsteht die Steuer in voller Höhe von derzeit 20,50 Euro pro MWh auf die gesamte Strommenge.
Eine Stromerzeugung von 20 MW pro Jahr entspricht etwa einer PV-Anlage mit einer Größe von 20 kWp, die etwa eine Fläche von 200 m² benötigt. Bei Umsetzung der geplanten Reform wäre künftig nur noch der Verbrauch aus Kleinanlagen, die zu privaten Zwecken oder allenfalls noch für Mieterstrommodelle auf Privat- oder Mietgebäuden installiert sind, befreit. Die ganz überwiegende Anzahl gewerblich genutzter PV-Dach- und Freiflächenanlagen zur eigenen Versorgung oder zur (Mit-)Versorgung Dritter im räumlichen Zusammenhang wird bei Umsetzung der geplanten Regelungen künftig den selbstgenutzten und an Dritte gelieferten Strom aus der PV-Anlage versteuern müssen. Die geplante Reform beeinträchtigt damit erheblich die Wirtschaftlichkeit bestehender Anlagen. Sie wird zudem den Zubau von Neuanlagen zum gewerblichen Eigenverbrauch und damit ohne jegliche EEG-Förderung und Kosten für die sonstigen Stromverbraucher deutlich reduzieren.
Die geplanten Änderungen des Stromsteuergesetzes stehen weder mit den Zielen der Energiewende noch der Ökosteuer, auf der Stromsteuer- und Energiesteuergesetz beruhen, in Einklang. Höchst fraglich ist auch, ob derartig gravierende Einschnitte tatsächlich zur Umsetzung des EU-Beihilferechtes erforderlich sind.
Kritik an den geplanten Einschnitten äußern dementsprechend nicht nur Verbände und Anlagenbetreiber, sondern zuletzt auch das Bundeswirtschaftsministerium. Dies mit guten Recht, denn mit der angestrebten Reform zieht das Bundesfinanzministerium der dezentralen Energieerzeugung unter Nutzung gewerblicher PV-Dach- und Freiflächenanlagen buchstäblich den Stecker. Ein kurzsichtiges Ansinnen, dass mit den Zielen der Energiewende nicht in Einklang zu bringen ist.

Autoren:
Dorothée Janzen und Matthias Sethmann

 


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