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Das baubiologische Lüftungskonzept - Lüftungstechnische Grundlagen zur thermischen Behaglichkeit und Ordnung im umbauten Raum

Obgleich das Bedürfnis nach „frischer Luft“ für den Menschen elementar ist, hat sich das Wohnen heute zu einer recht komplexen Sache entwickelt. Nicht nur was den Austausch überhaupt betrifft, sondern auch die Frage, ob denn die erneuerte Luft wirklich im umgangssprachlichen Sinne als „frisch“ bezeichnet werden darf – oder ob es sich dabei um eine Unterstellung handelt, was die Worthülse Frischluft da suggeriert. In diesem Sinne sprechen wir heute vielmehr von einer Energiezentrale als Wohnraum als von einem Lebensraum – (würden wir einen Lebensraum definieren, fänden wir darin sicherlich die Entsprechungen für einen Funktionsraum).

Abgesehen von Giftstoffen, die zu vermeiden sind, ist der Mensch die zentrale Emissionsquelle im umbauten Raum. Bild: www.solargrafik.de

Grundlage für den Luftwechsel ist die biologische Tatsache, dass der Mensch Sauerstoff „verbraucht“ und Kohlendioxid freisetzt. Bild: Forum Wohnenergie

Zeitliche Intervalle für die Fensterlüftung im Jahreslauf. Bild: Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit (IBN)

Die Temperaturbereiche des menschlichen Körpers bilden die Grundlage der Wohnwärmegestaltung in der Baubiologischen Haustechnik. Bild: Frank Hartmann

Der thermische Auftrieb im Schacht liefert eine relativ sichere, d.h. ermittelbare Lüftungsleistung. Bild: Frank Hartmann

Das Schnittbild einer baukonstruktiven Solarfassade zeigt die Luftführung zwischen dem Solarglas und dem Wärmespeicherputz. Diese Schicht sollte mindestens 30 mm betragen. Bild: Frank Hartmann

Grundprinzip einer freien Solarlüftung (solar erwärmte Zuluft) in Kombination mit einer Schachtlüftung (Abluft). Bild: Frank Hartmann

Detailansicht (Schnitt) der freien Solarlüftung – bauphysikalisch optimiert. Bild: Frank Hartmann

 

Festzustellen ist an dieser Stelle, dass es nicht immer nur die Luftdichtigkeit eines Gebäudes ist, die eine lüftungstechnische Maßnahme in Form einer kontrollierten Lüftung verlangt. Vielmehr liegt es an den Rahmenbedingungen der unmittelbaren Umgebung, wie z.B. den Schadstoffbelas­tungen der Außenluft, dem Schall oder Lärm. Die Baubiologie betrachtet zuerst den Menschen im Zentrum des umbauten Raumes und die jeweiligen Wechselbeziehungen, die sich daraus ergeben.

Der Mensch im umbauten Raum

Im Bewusstsein vieler Bauschaffender und Marktakteure wird der Lebensraum im biologischen Sinne als solcher nahezu ausgeklammert. Er umfasst dennoch die gesamte Umgebung, in der wir unser Dasein fristen. Dieser (unendliche) Außenraum ist allgemein geprägt von der Klimazone und zeigt sich regional als Mikroklima, das als Außenraum unseren Innenraum umgibt und freilich mit dem Innenraumklima korrespondiert. Es war und ist jenes übergeordnete Klima, das uns nach einer Hülle verlangt, ob als Kleidung oder als Haus. Dies entspricht unserem Lebensbedürfnis: unsere Körperwärme (= Lebenswärme) zu erhalten, in dem wir unsere bauliche Hülle ebenso wie unsere stofflichen Hüllen – naturgemäß nach den jahreszeitlichen und regionalen Einflüssen des Mikroklimas – gestalten.
Mit der Herstellung eines umbauten Raumes wird diese konstruktive Hülle geschaffen, die im Grunde aus mindestens sechs Trennflächen (als Umschließungsflächen) besteht, uns vor Wind und Wetter schützt und heute als thermische Hülle bezeichnet wird. Jede Fläche bildet eine bauliche Grenzschicht und steht dabei auf seiner jeweiligen Weise gleichermaßen mit dem Außenraum und dem Innenraum in Verbindung. Diese Verbindung wird essentiell durch den Materialaufbau und die Materialeigenschaften baukonstruktiv gestaltet und sollte absolut als bauliche Funktion begriffen werden. Wenn die Kleidung die zweite Haut des Menschen ist, so sind eben diese Grenzflächen die dritte Haut des Menschen. Es gilt also die Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, dass eine Wechselbeziehung zwischen Innenraum und Außenraum besteht.
Der Außenraum umfasst die Gesamtheit des direkten und unmittelbaren Einflusses auf den Innenraum. Der Mensch als Wärmekörper benötigt weder Abschottung noch Rückzug in ein intelligentes Haus. Die Intelligenz vermag der Mensch selbst zu besitzen, was allein Not tut, ist ein wärmendes, lebensqualifizierendes Haus zu schaffen.

Luftwechsel und Luftwechselrate

Wenn wir von der Notwendigkeit eines Luftwechsels zur Lufterneuerung innerhalb eines umbauten Raums sprechen, verlangt dies logischerweise die Definition eines Luftwechsels als Mindest-Luftwechsel. Ausgangspunkte hierfür ist zum einen das Volumina des umbauten Raumes, die Art und der Aufbau der thermischen Hülle sowie die verwendeten Baustoffe und -materialien. Andererseits relevant sind der Mensch, der sich innerhalb dieses umbauten Raumes befindet, sowie seine Aktivität in der Nutzung und die daraus resultierenden Belastungen der Raumluft, die eine Lufterneuerung fordern.
Die Luftwechselrate bezieht sich jeweils auf das gesamte Netto-Raumluftvolumen des umbauten Raumes, der jedoch zu differenzieren ist, ob es sich um einen spezifischen Einzelraum oder einen Bereich innerhalb einer Nutzungseinheit handelt, oder um die Summe aller Einzelräume und Bereiche einer Nutzungseinheit. Daraus lassen sich die Bedeutungen der Bezugssetzung erschließen, die personenbezogen und gebäudebezogen sind. Diese Zweigleisigkeit ist auch normativ erkennbar und findet seine Entsprechungen im Mindest-Außenluft-Volumenstrom zum baulichen Feuchteschutz (baulicher Luftwechsel) und Mindest-Außenluftvolumenstrom entsprechend den physiologischen Anforderungen des Menschen (hygienischer/physiologischer Luftwechsel). Daraus erschließt sich die Aufgabenstellung der baubiologischen Haustechnik: in der Sicherstellung dieser beiden Luftwechsel-Qualitäten.
Die sich bezüglich des Mindest-Luftwechsels im Kontext der Lüftung von Gebäuden in den letzten Jahren durchgesetzte Mindest-Luftwechselrate von 0,5 h-1, wie sie auch in der DIN 4108-2 „Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden, Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“ postuliert wurde, meint jedoch in diesem Zusammenhang stets die Luftwechselrate innerhalb einer Systemgrenze. Als Systemgrenze ist in diesem Sinne das Gebäude bzw. die Nutzungseinheit in Form der thermischen Hülle zu begreifen. Hier unterscheidet sich der baubiologische Ansatz vehement, indem die Systemgrenze nie ohne den Menschen definiert werden kann. Vielmehr handelt es sich um eine bauliche Grenzschicht, die durchaus in Wechselwirkung mit dem Menschen steht.
Aus diesem Grund gibt es auch immer Unterschiede in der Auslegung nach der baubiologischen Betrachtung mit dem Menschen im Mittelpunkt des umbauten Raumes, wo sich die Luftwechselrate eines spezifischen Einzelraumes von der einer gesamten Nutzungseinheit in der Regel deutlich unterscheidet. Entsprechend der spezifischen Nutzung einer Wohneinheit beispielsweise ist es durchaus legitim, dass zwar die gesamte Nutzungseinheit sich an einer Mindest-Luftwechselrate von 0,5 h-1, orientiert, einzelne Räume aber eine durchaus höhere Luftwechselrate aufweisen.
Besondere Räume wie Schlaf- und Ruheräume besitzen in der Baubiologie nicht zuletzt deshalb einen sehr hohen Stellenwert, weil sie wesentlich sind für die geistige und körperliche Regeneration des Menschen. Dieses Faktum betritt letztendlich die Raumgestaltung ebenso wie die Raumplanung nach den Kriterien der baubiologischen Raumordnungslehre. Diese verlangt für Schlaf- und Ruheräume deutlich größere Raumvolumina. Leider ist viel zu oft das Motto gängige Praxis: Da schläft man ohnehin nur. In der Baubiologie sind solche Räume aber auch Rückzugsräume zum Innehalten, meditieren oder auch für eine kurze Ruhephase.
Fakt ist also, dass sich die Räume, in denen sich Menschen aufhalten, durch die Dauer und Anzahl der Anwesenheit ebenso unterscheiden wie durch die Art der Aktivitäten des Menschen, der sich in diesem Raum befindet.
Da die Baubiologie jegliche Raumluftemissionen aus Baustoffen oder Einrichtungsgegenständen auf ein absolutes Minimum reduziert, sind es allein die Lasten, die durch den Menschen innerhalb des umbauten Raumes produziert und freigesetzt werden – ob in Bädern, Küchen, oder Schlaf- und Ruheräumen.
Diese objektbezogenen Betrachtungen führen zu einem seriösen Nutzungsprofil und dem daraus resultierenden Lastprofil, die ebenso die – wie noch zu sehen sein wird – Unterscheidung und Festlegung der Luftbereiche beinhaltet. Der sogenannte Mindest-Luftwechsel in einem umbauten Raum, in dem sich der Mensch aufhält, muss naturgemäß den physiologischen Anforderungen des Menschen entsprechen. Wird man dieser Anforderung gerecht, ergibt sich der Bautenschutz von selbst.
Der Begriff „nutzerunabhängig“ wird hinsichtlich der Funktionsweise dieses Mindest-Luftwechsels als oberste Priorität genannt. Dabei wird dieser Begriff stets sehr eindeutig darauf bezogen, dass der Nutzer von einer lüftungstechnischen Maßnahme abhängig ist, die ohne sein Zutun für jenen Mindestluftwechsel sorgt, von dem allenthalben – wenn auch recht nebulös – die Rede ist. So kann man es aber nicht wirklich sagen, denn der Nutzer hat freilich allerhand zu tun, je komplexer eine lüftungstechnische Maßnahme zur Sicherstellung des Mindest-Luftwechsels ist.
Nicht nur der Aufwand für die Investition, sondern auch des Einbaus, der Integration in den umbauten Raum und seiner thermischen Hülle müssen berücksichtigt werden. Und unmittelbar nach der Inbetriebnahme beginnt der Aufwand für die Instandhaltung. Um jegliche Maßnahme hinsichtlich des Mindest-Luftwechsels im Sinne einer biologischen Bauordnungslehre im Detail zu betrachten, sollte man sich eine bauliche Vorstellung von der thermischen Ordnung im umbauten Raum als Basis der thermischen Behaglichkeit machen.

Die thermische Behaglichkeit und Ordnung im umbauten Raum
Die thermische Ordnung im umbauten Raum ist wesentliche Grundlage für die physiologische Behaglichkeit des „Wärmekörpers Mensch“. Er befindet sich im direkten Wechselspiel mit den Oberflächentemperaturen der Hüllflächen, der Luftbewegung im Raum und der Qualität der Raumluft. Die Luftqualität besitzt dabei schon aus rein physiologischen (lebensqualifizierenden) Gründen einen übergeordneten Stellenwert. Die Ausrichtung des Raumes sowie die Anordnung von transparenten Flächen und die daraus resultierende Tageslichtausbeute ein weitere Faktor der thermischen Ordnung. Dies nicht nur hinsichtlich der passiven Solarnutzung, sondern ebenso im Sinne des menschlichen Organismus und seinem biochemischen Licht- und Schattenbedürfniss.
Der biologische Rhythmus des Menschen wird wesentlich durch die natürlichen Lichtverhältnisse geprägt. Aus diesem Grund ist eine maximale Tageslichtausbeute Grundlage zur Gesunderhaltung des Menschen. Die Kubatur entscheidet ebenso über die thermische Qualität des Bauwerks im Verhältnis von Innenraumvolumen und Hüllfläche wie die Auswahl von Baustoffen und -materialien und die Vermeidung von Wärmebrücken bzw. die Optimierung von geometrischen Wärmebrücken.
Damit einher geht freilich der sommerliche Hitzeschutz, der jedoch mitnichten komplexe und technisch aufwendige Verschattungselemente benötigt. Viel zielführender kann er baukonstruktiv durch die richtige Baustoffauswahl und die natürliche Ordnung des Außenraumes durch entsprechende Vegetation usw. sichergestellt werden. Denn freilich wird das Raumklima auch durch das Mikroklima des Außenraums geprägt, das nicht nur die regionale Wetterlage umfasst, sondern auch sämtliche Emissionen wie etwaigen Lärm und Luftschadstoffe (wie z.B. Feinstäube von Außen) sowie die Freiflächengestaltung und Infrastruktur.
Im Zentrum des Raumklimas steht heute mehr denn je die thermische Behaglichkeit und die Raumluftqualität. Die immer mehr zunehmende Luftdichtigkeit von Gebäuden, die in der Praxis weit unter den Anforderungen liegen und im Bannkreis der sogenannten Energieeffizienz so weit getrieben wird, dass eine automatisierte Zwangslüftung von Räumen, in denen sich Menschen über einen längeren Zeitraum aufhalten, kaum mehr zu vermeiden ist. Durch die auf diese Weise bereits auf ein Minimum reduzierte Infiltration (natürlicher Luftwechsel) benötigen wir für das heutige  Bauen – ungleich bewusster als ehemals es der Fall war – ein Lüftungskonzept. Der Mindest-Luftwechsel ist also grundlegend für jegliche Art der Nutzung eines umbauten Raumes durch den Menschen festzulegen, da er allein es ist, der die Belastungen der Raumluft verursacht.
In der baubiologischen Haustechnik stellt sich primär die Frage nach der „Notwendigkeit eines ventilatorgestützten Lüftungssystems“, da die Frage nach der „Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme (LtM)“ bereits im Ansatz schon seit alters her geklärt ist. Umso mehr, je dichter die Gebäudehülle gebaut wird. Allerdings bedeutet „lüftungstechnische Maßnahme“ nicht zwangsläufig eine komplexe technische Ausstattung, die nicht nur in das Gebäude zu integrieren, sondern eben auch entsprechend zu warten und instandzuhalten (inkl. Primärenergieaufwendungen, Transport und Umweltbelastungen) ist.
In diesem Sinne sei auch darauf hingewiesen, dass es in der Praxis durchaus vorkommt, dass trotz Lüftungsanlage Schimmelbelastungen auftreten. Umso wichtiger sind die baulichen Grundlagen und die bauliche und raumgestalterische Umsetzung einer umfassenden und vollständigen Luftdurchdringung des umbauten Raumes sowie an allen Flächen, Bauteilen und Einrichtungen zur Vitalisierung des Innenraumklimas.

Grundlagen eines baubiologischen Lüftungskonzepts

Grundlegend für ein baubiologisches Lüftungskonzept sind die baulichen Voraussetzungen zur Schaffung eines lebensqualifizierenden Raumklimas nach den anerkannten Regeln der Baubiologie. Des Weiteren die Vermeidung von Wohngiften und Problemstoffen in Materialien und Einrichtung sowie die Verwendung von natürlichen Baustoffen, die problemlos wieder in den Stoffkreislauf eingebracht werden können (Wertschöpfungskette).
Natürliche Baustoffe können dabei aber allein nicht pauschal als umfassend heilsbringend bezeichnet werden, wenn daraus in bestimmten Einzelfällen allergische Sensibilitäten bestehen, z.B. Terpene usw. emittieren. Umweltkrankheiten nehmen auch in Innenräumen stetig zu. Dementsprechend ist immer im jeweiligen Fall die individuelle Situation der Bewohner in gesundheitlicher/umweltsensibler Sicht zu berücksichtigen, z.B. ob diese besondere Sensibilitäten, allergische Reaktionen oder dergleichen aufweisen.
Unabhängig davon sind die wichtigsten raumklimatischen Kriterien im Folgenden kurz zusammengefasst:

  • Thermische Ordnung der Umschließungsflächen und konsequente Vermeidung von Wärmebrücken bzw. bauliche Optimierung von geometrischen Wärmebrücken.
  • Beachtung der Materialreinheit, insbesondere im Schichtenaufbau der thermischen Hülle wie auch über die gesamten Oberflächen als homogene Einheiten, ohne Störungen.
  • Feuchteausgleichende Baustoffe und Einrichtungsgegenstände, insbesondere in Feucht- und Nassräumen, im Sinne erhöhter Wasserdampfaktivitäten an/in den Oberflächen von Bauteilen.
  • Diffusionsoffene Aufbauten und Materialschichten, insbesondere der thermischen Hülle, unter Beachtung des winterlichen Wärmeschutzes sowie des sommerlichen Hitzeschutzes (Phasenverschiebung).
  • Beachtung der spezifischen Materialgüte, insbesondere der hygrothermischen Eigenschaften wie beispielsweise Wärmespeichervermögen, Wärmeeindringfaktor, Wasserdampfabsorbtionsvermögen, Alkalität.

Das ist die Basis: die reine Baubiologie im ganzheitlichen Sinne (Erde). Doch all dies ist nichts, wenn dem umfassenden Medium Luft nicht die notwendige Aufmerksamkeit und Sorgfalt entgegengebracht wird, sodass wir für eine nachhaltige Lufterneuerung im umbauten Raum nicht nur den notwendigen Mindest-Luftwechsel in m³/h betrachten, sondern ebenfalls die Luftqualitäten.
Das bedeutet freilich auch, die Wechselwirkungen mit unserer Umgebung und die Qualität der Außenluft mit einzubeziehen. Natürlich gilt es dabei, über die Wohnbereiche hinaus auch Kellerräume oder Nebenräume zu berücksichtigen.
Die spezifischen Anforderungen an einen Mindest-Luftwechsel lassen sich nicht pauschalisieren, sondern sind zuerst individuell für jeden einzelnen Raum, seiner Nutzung und Bedeutung zu definieren. Auch dies entspricht im klassischen Sinne einer baubiologischen Beratung und Hausplanung, wo stets der jeweilige Mensch im Mittelpunkt steht. Daraus entwickelt sich der umbaute Raum, den wir Haus nennen und neben dem Menschen freilich auch von seiner Umgebung (Mikroklima) beeinflusst werden.
Die Biologie allein fordert die Notwendigkeit nach einer Lufterneuerung im umbauten Raum, der in seinem Volumen – im Verhältnis zum Außenraum – sehr klein ist und nur dementsprechend geringe Luftmengen beinhalten kann. Der „Luftverbrauch“ bzw. die daraus resultierenden Belastungen der unmittelbaren Umgebung (Innenraum) können also ungleich schneller und größer ausfallen als im Außenraum mit einem Umgebungsvolumen gegen unendlich. Dennoch spielt das Raumvolumen in Abhängigkeit der anwesenden Personen eine Rolle, wie auch ihre Aktivität und der Grad der zu erwartenden Luftbelastung. Dementsprechend ist der Mindest-Luftwechsel zu gestalten.
Die zwei wichtigsten und anerkanntesten Parameter sind der Wasserdampfgehalt der Luft sowie die Kohlendioxid-Konzentration. Beide bilden die Grundlage zur Bewertung bzw. Klassifizierung der Raumluft. Darüber hinaus sind Feinstäube und VOCs relevant.

Dynamische Lufterneuerung/Luftwechsel

Da wir für unsere Atmung, die auch einen Entgiftungsprozess beinhaltet, entsprechend gute Einatemluft benötigen und unsere Ausatemluft per Definition sehr belastete Luft ist, bedarf es einer Lufterneuerung. Anzahl, Menge und Intervall dieser Lufterneuerung durch Luftaustausch richtet sich nach dem Grad der Belastungen durch unseren Körper und durch unser Handeln. Also muss zwischen relativer und absoluter Feuchte unterschieden werden. Die Realisierung einer dynamischen Lufterneuerung muss ermöglicht werden – eben bedarfsorientiert.
Allein die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen gilt es in ein ordentliches lebensqualifizierendes Maß zu bringen. Und auch dies: Das sorgfältige Abwägen in sämtlichen Handlungen des Bauens und Siedelns ist ein Kernelement der Baubiologie. Sicherlich stellt sich diese Frage auch hinsichtlich des sogenannten Nutzens, der kaum weniger als eine Notwendigkeit ist. Nutzerunabhängig kann also kein Luftwechsel betrachtet werden, da der Nutzer wesentlicher Emittent/Verursacher von Raumluftbelastungen ist. Die Bestimmung und Festlegung eines wirksamen Mindest-Luftwechsels kann nicht statisch, sondern nur dynamisch erfolgen.
Die Nennung eines (Mindest)-Luftwechsels sollte also immer auslegungsspezifisch als Maximal-Luftwechsel verstanden werden, um eine zu definierende und festzulegende maximale Luftmenge austauschen zu können, wenn hierzu wirklich der Bedarf/die Notwendigkeit besteht.
Hinter diesem Systemgedanken steht die Möglichkeit einer sehr wohl nutzerabhängigen Lufterneuerung, z.B. durch Fens­terlüftung oder eine freie Lüftung mit der Sicherheit einer systemischen Ventilatorintegration (Arbeitsenergie).
Als quasi Bivalenzpunkt zum Einsetzen des Ventilators können sinnvollerweise CO2- und Feuchtesensoren den entsprechenden Schwellenwert in Abhängigkeit von zeitlichen Intervallen an die Steuereinheit kommunizieren. Dies entspricht dem automatisierten Übergang von einer passiven (freien) zu einer aktiven (ventilatorgestützten) Lufterneuerung. Dabei werden die Betriebszeiten auf ein wesentliches reduziert und der Bewohner (Mensch) kann jederzeit eingreifen.
Die baubiologische Haustechnik unterscheidet dementsprechend in zwei wesentliche Lüftungsprioritäten, die da lauten:

  • Vitalisierung der Raumluft (freie Lüftung/baulich – passiv),
  • Abfuhr von belasteter Raumluft (ventilatorgestützte Lüftung/baulich – aktiv).

Natürlich besitzt in diesem Sinne eine baulich konstruktive freie/passive Luftwechsellösung die weitaus höhere Priorität, da sie diverse Aufwendungen und Pflichten auf ein Minimum reduziert und den Bewohnern, ein selbstständiges und freibestimmtes Leben in ihrem umbauten Raum ermöglichen.
Im Folgenden sollen diese beiden Lüftungsprioritäten für Bauwerk und Mensch genauer betrachtet werden, um sie systemisch in das Bauwerk zu integrieren.

Vitalisierung der Raumluft (frei Lüftung)

Die Vitalisierung der Raumluft ist ein passiver Zustand (was den Aufwand an Fremdenergie angeht), der allein baulich herzustellen ist und im Grunde eine Infiltration der Luft (Innen- und Außenluft) über die thermische Hülle zulässt. Dies um einerseits mit dem Außenraum in Verbindung zu stehen und den natürlichen Drang des Ausgleichs nicht zu behindern und dennoch Schutz vor Wind und Wetter zu bieten. Das ist im Sinne des Gebäudes und seinen baulichen Wechselwirkungen zwischen innen und außen zu sehen.
Nicht die vermeintlichen Kriterien der sogenannten Energieeffizienz sind hierbei von Belang, sondern allein die physiologischen Anforderungen des Menschen. Aus diesem Grund geht es nicht darum, ein Null-Energiehaus zu schaffen, obwohl der Fokus heute aus wirtschaftlichem Interesse allein darauf gerichtet wird, da wir Energie allein als Kostenstelle einer monopolistischen Energiepolitik zu betrachten gelernt haben.
Keineswegs bedeutet dies einen „Freibrief“ für Wärmeverluste während der Heizperiode, sondern vielmehr einen konsequent nachhaltigen Umbau mit Energie überhaupt, was an anderen Stellen weiter zu erörtern ist.
Die Erbauung eines Innenraumes erfolgt aus dem einzigen zentralen Grund, nämlich einen Lebensraum zu schaffen. Die Grundlage eines Lebensraumes für den Menschen ist zuerst das Vorhandensein von Luft zum Atmen sowie eine lebensqualifizierende thermische Behaglichkeit entsprechend der thermischen Ordnung im umbauten Raum.
Kriterien einer vitalen (lebensqualifizierenden) Raumluft sind:

  • Geruchsfreiheit, keine belastenden Gerüche, z.B. beim Kochen von Fleisch und Fisch, oder auch von Kleber, Haushaltsarbeiten, Hobby usw.,
  • relative Luftfeuchte, in Abhängigkeit der Jahreszeit zwischen 35 und maximal 55% (unter Berücksichtigung der absoluten Feuchte des Außenraumklimas),
  • CO2-Konzentration, max. 1000 ppm (Orientierung nach Pettenkofer),
  • Luftbewegung, 0,10 m/s bis maximal 0,15 m/s,
  • keine Elektrostatik und auch keine anderen Störungen bzw. Feldbelastungen,
  • Ionisierung der Raumluft, eine ausgeglichene Ionisierung ist das Resultat der oben beschriebenen Kriterien eines lebensqualifizierenden Raumklimas,
  • Energiebedarf passiv, kein Energiebedarf notwendig!

Hinweis: Auch wenn in der obigen Aufführung hinsichtlich der Raumluftfeuchte – wie fast immer – die relative Luftfeuchtigkeit angenommen wird, ist dies insofern kritisch zu betrachten, weil diese Größe hinsichtlich eines Luftwechsels zwischen innen und außen keine verlässliche Angabe ist und keineswegs vor Feuchtelasten im Innenraum schützt. Letztendlich geht es um den Wasserdampfgehalt der Raumluft. Dieser ist maßgebend durch die absolute Feuchte definiert. Relevant ist der Wasserdampfgehalt der Luft sowie der jeweilige Grad der Sättigung in Abhängigkeit der Temperaturen (Raumluft- und Oberflächentemperaturen).
Die bauliche Umsetzung verlangt konstruktive Öffnungen in der thermischen Hülle, wie sie normativ die freie Lüftung vorsieht. Diese erlauben eine umfassende Durchströmung, nicht nur der Nutzungseinheit, sondern auch der Räume. Dabei geht es darum, Wärmebrücken zu vermeiden bzw. konstruktiv zu reduzieren/optimieren sowie eine Zugänglichkeit und Reinigungs- bzw. Revisionierbarkeit zu ermöglichen (Vermeidung von Tauwasserausfall in entsprechenden Komponenten, wie beispielsweise ALD und dergleichen).
Hinweis: Sicherlich ist in diesem Zusammenhang immer auch die optionale Verschließbarkeit zu hinterfragen bzw. zu berücksichtigen, da diese Frage, insbesondere bei ALD oft kontrovers behandelt wird.
Allein stellt sich die Frage nach der „Kontrollierbarkeit“ und der gewünschten, notwendigen Luftwechselrate. Die Luftwechselrate ist dementsprechend auch von den raumklimatischen Kriterien abhängig sowie vom Raumvolumen und der Raumordnung. Sie ist dynamisch zu realisieren, obgleich statisch als ein Maximum festzulegen.
Nicht zu vergessen sind die physikalischen Grundlagen für einen Luftwechsel (Luftaustausch). Diese basieren in der Regel durch Druck- oder Temperaturdifferenzen zwischen Innen- und Außenraum. Beide Differenzen vermögen einen Luftaustausch zu schaffen. Die Druck- bzw. Temperatursenken bestimmen dabei die Richtung des Luftwechsels. Dabei ist die Richtung des Luftstroms bedeutend, der stets vom sogenannten Zuluft- über den Übergangs- in den Abluftbereich sicherzustellen ist. Somit wird vermieden, dass belas­tete Raumluft in Bereiche mit unbelasteter Raumluft eindringt.
Hinweis: Dies ist freilich auch bei der freien Lüftung zu berücksichtigen – unter Abwägung der tatsächlichen Lasten und der Wirkung auf den Innenraum.
Die Aufgabe eines baubiologischen Lüftungskonzepts ist, einen notwendigen Luftaustausch durch Lufterneuerung, wie es den biologischen Anforderungen des Menschen entspricht, sicherzustellen. Also steht ein hygienischer Luftwechsel im Sinne Pettenkofers an erster Stelle, deutlich vor dem baulichen Feuchteschutz, der im Wesentlichen baulich herzustellen ist. Pettenkofer forderte bereits vor mehr als 150 Jahren, die Grenze von 1000 ppm CO2-Gehalt der Raumluft nicht zu überschreiten. Naheliegend ist also, einen maximalen Luftwechsel sicherzustellen, der eine solche Überschreitung ausschließt. Die Schutzfunktion der (thermischen) Hülle beinhaltet sowohl den baulichen Feuchteschutz für das Gebäude als auch einen Luftwechsel nach hygienischen Aspekten entsprechend den physiologischen Anforderungen des Menschen.
Eine (passive) Vitalisierung der Raumluft vermag die Qualität der Innenraumluft zu stabilisieren. Allerdings meist nur, wenn keine besonderen Lasten auftreten, sprich: Wenn der Mensch sich nicht in diesem Raum aufhält und dementsprechend keine Belastungen der Raumluft durch seine Wohnaktivität erzeugt. Dennoch gilt es im Rahmen eines integralen Planungsansatzes, baukonstruktive Lösungen zu erarbeiten und umzusetzen und dabei den Anteil einer passiven Lufterneuerung zu maximieren.
Sobald aber Luftbelastungen allein durch Menschen stattfinden (Ausdüns­tungen, Erhöhung der CO2-Konzentration und des Wasserdampfgehalts in der Raumluft) ist es der Grad der Belastung, der darüber entscheidet, ob die passive Vitalisierung durch freie Lüftung ausreichend ist, um die Raumluftqualität weiter aufrechtzuerhalten. Dieser Aspekt verlangt eine genaue Untersuchung der Begrifflichkeit „nutzerunabhängig“.
Diese Anforderungen unterstellen dem Menschen, dass er nicht in der Lage ist (aus welchen Gründen auch immer), den Luftwechsel selbstständig auszuführen, z.B. durch Fensterlüftung und/oder Schachtlüftung, wie es Jahrhunderte der Fall war.
Nutzerunabhängig bedeutet also eine Automation, die dem Menschen den Akt des Luftwechsels abnimmt. Da naturgemäß die meisten Lasten aber durch die Aktivitäten des Menschen auftreten, könnte man davon ausgehen, dass er selbstständig auch für die Abfuhr belasteter Raumluft sorgen kann, z.B. nach dem Duschen oder Baden. Nun stellt sich aber die Frage nach der Zumutbarkeit, die mit den Bauherren konkret zu besprechen ist und als Planungsgrundlage definiert wird. Um dies im Detail zu ermöglichen ist es notwendig, sich die diversen Belastungen der Raumluft durch den Menschen genauer anzusehen.

Lüftungssysteme für die passive und aktive Lufterneuerung

Ein Luftwechsel kann in der Regel nur durch Druck und Temperaturdifferenzen zwischen Innenklima und Außenklima entstehen. Dementsprechend gibt es bezogen auf den Innenraum im Verhältnis zum Außenraum eine Luftwechselwirkung durch Überdruck oder Unterdruck.
Um diese Druckdifferenzen herzustellen, können sowohl natürliche als auch technische Wirkweisen genutzt werden, die da u.a. sind:

  • Natürliche Wirkweisen: Wind, Thermik, Temperaturdifferenzen, Mikroklima – keine zusätzliche Energie notwendig.
  • Technische Wirkweisen: Ventilatoren, Stellglieder, Steuereinheiten – zusätzliche Energie notwendig.

Eine sehr traditionelle Lüftungsart von Gebäuden ist die Schachtlüftung, die als wirkweise die Kraft des thermischen Auftriebs nutzt. Aufgrund ihrer Wirkweise ist sie traditionell als Abluft-Anlage zu begreifen, nicht zuletzt, da sich die Schachtlüftung historisch aus dem Mehrgeschosswohnungsbau mit fensterlosen Nassräumen entwickelt hat. Natürlich entspricht das Prinzip eines Kamins zur Abgasführung ebenso der Wirkweise einer Schachtlüftung.

Die Schachtlüftung (Unterdruck)

Die Schachtlüftung wirkt nach dem Prinzip des thermischen Auftriebs (ähnlich wie im Kamin) und aktiviert durch seine Bauweise einen Luftsog, der im Raum einen Unterdruck aufbaut. Dieser Unterdruck ermöglicht die Nachführung von Außenluft durch ALD in den Zuluftbereichen. Mittels Drosselklappe kann die Abluftmenge durch den Abluftschacht reguliert werden.
Für die Berechnung der Luftleistung sind der Querschnitt des Schachtes (rund oder eckig), die Höhe (innen und außen) sowohl die jeweiligen Temperaturen (Temperaturdifferenzen) wesentliche Grundlagen.
Der Abluftschacht befindet sich stets im Abluftbereich, dies gilt es zu berücksichtigen. Insbesondere, wenn ein Schacht reversibel betrieben werden soll, muss sichergestellt werden, dass etwaige Feuchtelasten sich nicht unkontrolliert im Innenraum verteilen.
Das immerwährende Prinzip des Ausgleichs ermöglicht auch hier eine Feuchteabfuhr bei starken Feuchtebelastungen im Innenraum. Somit wirkt der Wasserdampfgehalt der Luft ähnlich als Antriebskraft wie die Temperatur.
Grundsätzlich funktioniert dieses Prinzip nutzerunabhängig. Allerdings gilt zu berücksichtigen, dass die Funktion durchaus als nutzungsabhängig zu begreifen ist, da diese von den Lasten der Nutzung  beeinflusst wird (z.B. die temporäre Entstehung von Wärme- und Feuchtelasten während einer Duschsituation).
Früher haben diese Aufgabe die Feuerstellen im Raum erledigt. Sie holten sich über die undichten Fensterrahmen ihre notwendige Verbrennungsluft, sammelten die Luft und führten sie mit den Rauchgasen durch den Schornstein ab.

Freie Solarlüftung (Überdruck)

Eine passive Solarlüftung ist möglich, wenn an einer Fassadenfläche eine luftführende Verglasung luftdicht ausgebildet wird, die eine Mindesthöhe von etwa vier Metern aufweist und eine definierte Luftführung ermöglicht.
Diese Solarfassade kann sehr leicht in Holzbauweise gebäudeintegriert oder als Moduleinheit an die Fassade montiert werden. Ausgehend von einer Holz-Leichtbauweise, die sich aufgrund der gewünschten Fassadenlösung anbietet, wird eine wärmespeichernde Putzschicht aufgebracht, die mit mineralischen Zuschlägen und farblich auf die Solarabsorbtion abgestimmt wird.
Der Vorteil einer solaren Fassadenlüftung liegt nicht zuletzt in der systemischen Herstellung des Bauteils Außenwand, diemit der Fassadengestaltung eine Einheit bildet. Diese Einheit wird durch physikalische Wechselspiele (Wärmespeicherung – Wärmeabgabe) untermauert.
Die Herstellung kann werkseitig erstellt werden, aber auch vor Ort. Zu empfehlen ist allerdings die finale Montage der Solarverglasung vor Ort. Die Abstände der Haltekonstruktion (Kanthölzer) werden den Fensterelementen in der thermischen Hülle angepasst. Daraus ergeben sich die Breiten der Solarverglasungselemente.
Hinweis: In der baubiologischen Haustechnik hat stets die Ausrichtung der Fens­terelemente hinsichtlich der Tageslichtarchitektur erste Priorität. Danach entsteht die Fassade und die Fassadengestaltung sowie die wirksame Geometrie der Solarfassade.
Der Querschnitt der Luftschicht wird mittels Kanthölzern aufgedoppelt und ein Profil für die Glasabdeckung installiert. Bei Bedarf kann dieser Fassaden-Solar-Luftkollektor auch – um einen wassergeführten Absorber ergänzt – zu einem Solar-Hybridkollektor ausgebildet werden. Der thermische Auftrieb vermag in Abhängigkeit der Fläche bei einem Einfamilienhaus durchaus den hygienischen Luftwechsel herzustellen.
Der Luftzwischenraum der Solarfassade wirkt durch den thermischen Auftrieb, der durch die Sonneneinstrahlung, besonders im Winter, für einen solarerwärmten Außenluftvolumenstrom  sorgt und im Innenraum einen Überdruck bildet. Dementsprechend muss die Abluft durch entsprechende ALDs oder einen Luftschacht abgeführt werden. Im Sommer kehrt eine Bypasschaltung die Luftrichtung um.
Durch den thermischen Auftrieb können verschiedene Wirkweisen dieser Kräfte genutzt werden. Die Bypass-Klappe ermöglicht mit einer Verschlussoption des Lufteinführungselements gar eine dritte Betriebsstufe, die da lautet „AUS“. Bei der Umkehrung des Volumenstroms ist eine bauliche Außenluftnachführung notwendig, die allerdings nicht über einen Abluftschacht in einem Abluftbereich erfolgt, sondern durch ein im Zuluftbereich angeordnetes Außenluftnachführungselement.
Durch die Anordnung an der Fassade wird zugleich ein winteroptimierter Neigungswinkel (vertikal) ermöglich, der wiederum eine maximale Solarabsorbtion ermöglicht, da in den Wintermonaten (Wärmebedarf intern) die Sonne sehr niedrig steht und bei einer Dachneigung von z.B. 40° oder noch weniger kaum solare Erträge generieren könnte.
Selbstredend ist es sehr wohl möglich, die solare Zuluftführung mit einem Luftkanal auszustatten, um die Luftverteilung zu optimieren. Als Materialien bieten sich z.B. Holz an, aber auch herkömmliches Wickelfalzrohr.
Unabhängig der technischen Möglichkeiten ist es aber wichtig, die potenziellen Belastungen genauer zu betrachten. Eine pauschale Definition ist auch hier keinesfalls zielführend.
Ein Kriterium der baubiologischen Haustechnik ist die Verhältnismäßigkeit von Aufwand. Um diesen Aufwand absehen und beurteilen zu können ist es unumgänglich, die sogenannten Luftbelastungen genauer zu untersuchen und bei Lichte zu betrachten.

Belastungen der Raumluft durch den Menschen

Durch die Aktivitäten des Wohnens belastet der Mensch mal mehr, mal weniger die Raumluft. Diese  Lastschübe sind durchaus variabel und sind neben der Anzahl der Menschen im umbauten Raum von der Lebensführung und der Ausstattung der Wohn- oder Nutzungseinheit abhängig. In der Regel sind es aber die Spitzenlasten, die sehr temporär und konkret stattfinden (z.B. das Duschen) – wo ein nutzerabhängiger Ausgleich dieser Lastspitzen durchaus möglich ist. Die Belastungen selbst sind ja auch im höchsten Maß nutzerabhängig. Warum also einen nutzerun-abhängigen Luftwechsel fordern, könnte man ketzerisch fragen.
Bei einem Hausbau nach baubiologischen Kriterien sind folgende Belas­tungsquellen des Menschen wesentlich.

CO2- und Feuchtelasten des Menschen

Selbst bei geringer Aktivität gibt der Mensch Wasserdampf durch Strahlung und Konvektion an die Raumluft ab. Ebenso steigt die CO2-Konzentration in ähnlichem, durchaus vergleichbarem Maß. Bei mehr als 3 bis 4 Personen werden diese Lasten sehr schnell spürbar. Freilich immer im Verhältnis auch von Emissionsquelle und Raumvolumen.
Schlaf- und Ruheräume sind sehr oft eher kleine Räume, was freilich für die Raumluftqualität dahingehend problematisch ist, dass die Lasten, besonders die CO2-Konzentration besonders während der Schlafphasen entstehen, wo man nicht eben mal eine Stoßlüftung macht. Eine richtige Stoßlüftung mit einem vollkommenen Luftwechsel kann vor dem Schlafengehen schon ausreichen, um die CO2-Konzentration in den frühen Morgenstunden noch unter 1200 ppm bis zur nächsten Stoßlüftung nach dem Aufstehen zu halten, wenn der Raum ein Luftvolumen von mindestens 35 m³ (bei zwei Personen mindes­tens 60 m³) aufweist. Dies haben Untersuchungen am Forum Wohnenergie ergeben.
Gleiches gilt umso mehr für kürzere Ruhephasen während des Tages. Bei einer passiven Raumluftvitalisierung können überdies die CO2-Konzentrationen deutlich unterschritten werden.

Kochen (Zubereitung von Nahrungsmittel)

Die Raumluftbelastungen durch Kochen machen sich in einer temporären Erhöhung des Wasserdampfgehalts bemerkbar, was je nach Art des Kochens eine sehr hohe Spitzenlast zur Zeit dieser Aktivität bedeuten kann. Weitere Belastungen sind Gerüche, die sich besonders bei Fleisch und Fisch sehr negativ auswirken und meist noch mit hohen Fettanteilen.
Damit diese Belastungen sich nicht im gesamten Wohnraum ausbreiten, ist eine dezentrale Abfuhr notwendig, die – je nach Exzessivität des Kochens – einen erhöhten lüftungstechnischen Aufwand erfordert. Nicht zuletzt, da Kochbereiche oft einen offenen Raumverbund darstellen und dementsprechend eine sehr hohe Luftwechselrate einfordern.
Wird hierfür ein luftführendes System eingesetzt, ist eine intensive Filterung und Pflege notwendig. Wesentlich geringer ist der lüftungstechnische Aufwand, wenn die Nahrungsmittelzubereitung sanft erfolgt, weitestgehend auf Fleisch und Fisch verzichtet wird, weniger gekocht, sondern gedünstet wird.

Körperreinigung (Badezimmer und Duschbad)

Die Körperreinigung und hygienische Körperpflege findet dagegen in separaten, geschlossenen Einzelräumen, wie Duschbad oder Badezimmer, statt. Die zu erwartende Feuchtelast ist die Hauptlast, die sich nach der Anzahl der Vorgänge richtet. Eine Dusche bereichert die Raumluft mit mehr als 1300 g Wasserdampf, eine Wannenfüllung deutlich weniger. Natürlich spielen bei solchen Lasten auch die Oberflächen des Raumes bezüglich der Feuchtepufferung eine wichtige Rolle.
Fliesenflächen können keinen Wasserdampf aufnehmen, dafür aber die Fugen. Besonders durch kleine Haarrisse kann Wasser in die Oberfläche eindringen, sich dort kapillar verteilen und an Stellen gelangen, wo ein ablüften nicht oder nur unzureichend erfolgen kann. Offene Putzflächen, wie beispielsweise Lehm oder Kalk,  vermögen Feuchtespitzen zu puffern. Diese gilt es jedoch ebenso wieder zu entlasten, denn jeder Feuchtepuffer ist irgendwann einmal gesättigt und verlangt nach einem Ausgleich, um wieder zur natürlichen Materialfeuchte zurückkehren zu können.

Gerüche und andere Belastungen

Neben den Gerüchen in etwaigen Kochbereichen sind es vornehmlich Gerüche auf Toiletten, die zwar auch separierte Einzelräume sind, aber doch temporär recht hohe Lasten liefern können. In manchen Mehrgeschosswohnungsbauten besitzen Toiletten kein Fenster. In diesem Fall ist eine Zwangslüftung Pflicht. Ebenso bei Badezimmern und Duschen.
Durch Wohnungsreinigung oder Geschirrspülen und Wäschewaschen fällt ebenso Wasserdampf an. Diese Belas­tungen sollten aber in einer normalen Wohnsituation überschaubar sein. In einem Hauswirtschaftsraum soll es vorkommen, dass auch Wäsche zum Trocknen aufgehängt wird (was freilich auch in anderen Räumen geschehen kann). Dies ist ebenso als Feuchtelast zu berücksichtigen.
Lüftungsbereiche und Luftführung
Die Luftführung der Lufterneuerung  richtet sich nach Luftbereichen, die sich durch ihre spezifische Last unterscheiden. Dabei gelten Räume, in denen Feuchtelasten anfallen grundsätzlich als Abluftbereiche. Die feuchtebelastete Abluft soll dabei direkt in diesem Raum abgeführt werden, um zu verhindern, dass andere Wohnbereiche ebenso mit Wasserdampf angereichert werden. Jene Räume, die dem längeren Aufenthalt von Menschen dienen, gelten als Zuluftbereiche, in die die „neue“ Luft von außen nachgeführt wird. Dies gilt besonders bei der Anordnung von etwaigen Luftkanalführungen.
Ordnet man diese Lasten den einzelnen Räumen zu und ermittelt ihre Menge und Zeitintervalle, erhält man die jeweilige Luftwechselrate für die einzelnen Räume.
Lufterneuerung bedeutet immer einen umfassenden Luftaustausch aller Bereiche, nicht nur innerhalb einer Wohn- oder Nutzeinheit, sondern umso mehr innerhalb eines Einzelraumes.

Nutzerabhängigkeit

Die größten und schwerwiegendsten Raumluftbelastungen werden durch den Menschen selbst verursacht. Dies geschieht entweder durch seine Körperfunktion (stetige Grundlast bei Anwesenheit) oder durch seine Aktivitäten im umbauten Raum (temporäre Spitzenlasten).
Neben der baulichen Raumluftvitalisierung (passive Lüftung) steht noch die Fensterlüftung für Spitzenlasten als aktive Lüftung zur Verfügung. Diese verlangt allerdings die Anwesenheit und Verfügbarkeit des Menschen während bzw. unmittelbar nach dem Lastfall.
Mit Ausnahme der CO2-Belastung während der Schlafphase ist dabei der Mensch  – wenn er an keinen Gebrechen leidet – selbstbestimmt und handlungsfähig durchaus in der Lage, eine Fensterlüftung (aktive Lüftung) durchzuführen, wie beispielweise eine Stoßlüftung nach der Dusche im Badezimmer.  Um aber eine Fens­terlüftung zu ermöglichen, muss das entsprechende Außenklima vorhanden sein!
Eine Fensterlüftung verlangt natürlich ein ideales Mikroklima mit entsprechender Außenluftqualität, sowie keine Lärmbelas­tungen. Bei Behinderungen oder aus anderen Gründen, wo eine Fensterlüftung nicht möglich ist oder nicht ausreichend gewährleistet werden kann, ist eine Automation der aktiven Lüftung – nutzerunabhängig – notwendig.

Autor: Frank Hartmann

 


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