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Betreiber in der Verantwortung

Gute Raumluft ist nicht selbstverständlich. Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) müssen regelmäßig überprüft und gewartet werden, wenn sie ein physiologisch günstiges Raumklima und eine hygienisch einwandfreie Qualität der Innenraumluft sicherstellen sollen. Die Richtlinie VDI 6022 regelt in Blatt 1 die „Hygieneanforderungen an raumlufttechnische Anlagen und Geräte“.

Bereich Außenluftansaugung einer RLT-Anlage. Mangelnde Reinhaltung des direkten Umfelds und bauliche Mängel können zu einer Beeinträchtigung der Zuluftqualität führen.

Bevor die Anlage nach einer Inspektion, Kontrolle oder Wartung und Instandhaltung wieder in Betrieb genommen wird, ist sie „besenrein“ zu hinterlassen.

Wäscherkammer mit stark sichtbarem mikrobiologischen Befall. Bei der Untersuchung des Wassers wird nicht nur die Gesamtkeimzahl bestimmt, sondern auch das Vorkommen von Legionellen und ggf. Pseudomonaden sowie von Pilzen und Hefen.

Beispielhaftes Anlagenschema einer Hygieneinspektion. Auf einen Blick erkennt der Auftraggeber die mikrobiologischen Probenentnahmeorte. Durch entsprechende Einfärbungen könnte zusätzlich noch deren Normenkonformität dargestellt werden. Bild: Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK)

Luftkeimmessung im Bereich der Außenluftansaugung.

 

Ein gutes Raumklima sichert nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Leis­tungsbereitschaft und die Motivation der Mitarbeiter eines Betriebs. Selbstverständlich muss es deshalb für jeden Unternehmer sein, eine hygienisch einwandfreie Qualität der Innenraumluft zu gewährleisten. Für Räume und Aufenthaltsbereiche, in denen sich Personen mehr als 30 Tage pro Jahr oder regelmäßig länger als zwei Stunden pro Tag aufhalten, greift die VDI-Richtlinie 6022 „Raumluftqualität, Raumlufttechnik“. Diese gilt für alle RLT-Anlagen und Geräte, deren zentrale und dezentrale Komponenten die Zuluftqualität beeinflussen, sowie für Abluftanlagen, die die Zuluftqualität durch Umluftströme beeinflussen. Die VDI 6022 liegt seit Juli 2011 in der dritten Fassung vor. Darin wurden die zuvor gültigen Blätter 1 und 2 der Richtlinienreihe zusammengefasst, wobei es keine inhaltlichen, sondern lediglich redaktionelle Änderungen gab. Die Richtlinie gilt als anerkannte Regel der Technik und hat den Charakter einer Empfehlung. Im Schadensfall stützen sich jedoch Gutachter in der Beurteilung darauf, ob solche Richtlinien eingehalten werden. Insofern kommt der VDI 6022 eine Bedeutung bei Haftungsfragen zu.
Das Regelwerk beinhaltet Anforderungen an die Planung, die Herstellung und das Errichten von RLT-Anlagen. Dazu zählen Gesichtspunkte wie das Verhindern feuchter Stellen, Zugänge für Inspektion und Reinigung, die Dimensionierung der Anlage sowie die Reinigung vor der Inbetriebnahme. Ebenso gibt die Richtlinie Anweisungen für den Betrieb und die Instandhaltung. Zu den Maßnahmen der Instandhaltung zählen insbesondere die in kürzeren Zeitabständen erfolgenden Hygiene­kontrollen und die in der Untersuchung tiefer gehenden Hygieneinspektionen. Für den hygienegerechten Betrieb und die Instandhaltung von RLT-Anlagen ist der Betreiber verantwortlich.

Hygienekontrollen

Als Hygienekontrolle wird das regelmäßige Beobachten des Hygienezustands in relativ kurzen Zeitabständen bezeichnet. Durch Sichtprüfungen oder durch stichpunktartige mikrobiologische Kontrollen des Befeuchterwassers sollen so Hygienemängel an der RLT-Anlage frühzeitig erkannt und behoben werden. Bei der Sichtprüfung werden Verschmutzungen, Korrosionen, Kalkablagerungen und Beschädigungen aufgedeckt. Eine orientierende mikrobiologische Prüfung bestimmt die Gesamtkoloniezahl im Umlaufwasser von Luftbefeuchteranlagen und von Rückkühlwerken. Die Hygienekontrollen sollten dokumentiert und die Unterlagen beim Betreiber entsprechend archiviert werden. Intervalle, Art und Umfang der Hygienekontrollen sowie ggf. durchzuführende Maßnahmen sind in Tabelle 6 „Checkliste für Hygienekontrollen“ des Blattes 1 der VDI 6022 festgelegt. Die Prüfintervalle liegen dabei je nach Anlageneinsatzzweck und -nutzung zwischen einem und vierundzwanzig Monat(en).

Hygieneinspektionen

Bei der Hygieneinspektion handelt es sich um eine deutlich umfangreichere Untersuchung des Hygienezustands der RLT-Anlage. Ziel ist das Erkennen und Beheben grundsätzlicher Mängel. Die Hygieneinspektion beinhaltet eine erweiterte Sichtprüfung sowie eine mikrobiologische Untersuchung und wird entsprechend dokumentiert. Unterschieden wird zwischen einer Hygiene-Erstinspektion und einer Wiederholungsinspektion. Eine Erstinspektion sollte vor jeder (Wieder-)Inbetriebnahme durchgeführt werden. Die Inhalte sind im Blatt 1.1 der Normenreihe definiert.
Für die Inspektionen gelten folgende Intervalle: Alle zwei Jahre sollen Anlagen mit Luftbefeuchtung sowie nasse Rückkühlwerke für RLT-Anlagen überprüft werden. Anlagen ohne Luftbefeuchtung müssen nur alle drei Jahre überprüft werden. Ebenso gilt für dezentrale RLT-Geräte, beispielsweise Splitgeräte, ein Überprüfungszeitraum von drei Jahren.
Die Norm empfiehlt, die Hygieneinspektionen nicht von derselben Person durchführen zu lassen, die auch für die Wartung und Instandhaltung der Anlage verantwortlich ist, selbst wenn diese die notwendige Qualifikation aufweist. Auf diese Weise inspizieren zwei Fachleute unter unterschiedlichen Aspekten dieselbe Anlage, sodass eine gewisse „Betriebsblindheit“ vermieden und das Ziel, eine hygienisch einwandfreie Anlage zu betreiben, gesichert wird.
Bevor die Anlage nach einer Inspektion, Kontrolle oder Wartung und Instandhaltung wieder in Betrieb genommen wird, ist sie „besenrein“ zu hinterlassen. Dies bedeutet, dass die Oberflächen mit dem Besen oder der Bürste zu reinigen sind und anschließend bei einer Sichtprüfung als sauber bezeichnet werden können. Herrschen unterschiedliche Meinungen, was die Besenreinheit einer RLT-Anlage anbelangt, sind in Abschnitt 8.5 der VDI 6022, Blatt 1 Staubmessverfahren festgelegt, welche eine klare Aussage zulassen.

  • Qualifiziertes Fachpersonal

Hygieneinspektionen dürfen ausschließlich durch qualifiziertes Fachpersonal gemäß VDI 6022 Blatt 4, Kategorie A oder einen RLQ-Ingenieur durchgeführt werden. In dieser Kategorie können sich Ingenieure, Techniker und Meister im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung, Versorgungstechnik oder gleichwertiger Ausbildung mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich RLT-Anlagen nach einer einschlägigen Schulung bei einem VDI-Schulungspartner prüfen lassen.
Für die Hygienekontrollen können sich dagegen Monteure der Lüftungs- und Anlagetechnik mit Berufsabschluss oder mehrjähriger Erfahrung nach einer Hygieneschulung bei einem VDI-Schulungspartner in der Kategorie B prüfen lassen. Die VDI 6022 fordert, dass die mikrobiologischen Probennahmen ausschließlich durch Labore oder durch vom Labor geschulte Personen erfolgt.

Mikrobiologische Prüfungen

Die Beurteilung des mikrobiologischen Zustands einer Anlage erfolgt über Abklatschproben an Oberflächen, Wasserproben sowie Luftkeimbestimmungen.

  • Untersuchung der Oberflächen

An den Oberflächen von Anlagenkörpern, an denen man davon ausgehen kann, dass sie leicht mit Mikroben besiedelt sind, werden Proben in Form eines Abklatsches genommen. Dies sind z.B. Schalldämpfer, Wärmeübertrager, Kondensatwannen, Tropfenabscheider sowie Befeuchterkammern.
Die Bewertung der Oberflächenkeimbelastung erfolgt ebenfalls auf Grundlage von Blatt 1 der Normenreihe (siehe Tabelle). Die Proben sind möglichst an Stellen zu nehmen, an denen keine großen Staubablagerungen vorkommen. Dies erschwert die Auswertung bzw. kann sie unmöglich machen. Von Stellen mit sichtbarem mikrobiellen Befall, eingetrockneten Feuchtstrecken und Biofilmen sollten unbedingt Abklatschproben genommen werden. Es ist wichtig, die Situation dieser Stellen vor Ort auch festzuhalten. Die Dokumentation lässt sich dann für die Bewertung der mikrobiologischen Proben sowie für das Festlegen von Maßnahmen im Nachhinein heranziehen. So kann beispielsweise der Nachweis von Schimmelpilzen auf Pilzsporen zurückzuführen sein, die gerade mit der Außenluft eingeschleppt wurden, oder aber von einem im Anlageninneren wachsenden Schimmelpilzmyzel herrühren. Im Ergebnis lassen sich dann unterschiedliche Handlungsempfehlungen ableiten. Im ers­ten Fall wäre eine Verbesserung der Außenluftfilterung und im zweiten Fall eine teilweise oder komplette Reinigung sowie Desinfektion der RLT-Anlage angebracht. Bei kritischen Befunden sollten Spezialisten für die Beurteilung der Fehlerquelle hinzugezogen werden.

  • Untersuchung des Wassers

Allgemein muss das in einer RLT-Anlage eingespeiste Wasser Trinkwasserqualität aufweisen. Für die mikrobiologische Untersuchung des Wassers sind Wasserproben von Luftbefeuchteranlagen sowie von Rückkühlwerken zu nehmen. Es wird nicht nur die Gesamtkeimzahl jeder Probe bestimmt, sondern auch das Vorkommen von Legionellen und ggf. Pseudomonaden sowie von Pilzen und Hefen. Die Bewertung der Gesamtkeimbelastung und der Legionellenkonzentration des Umlaufwassers und des Wassers in Rückkühlwerken erfolgt auf der Grundlage von VDI 6022 Blatt 1, Tabelle 1 und 3, sowie Abschnitt 8. Für die Bestimmung wird eine Wasserprobe von etwa 100 ml mit einer sterilen Flasche entnommen. Diese sind in Apotheken oder in Labors erhältlich. Wasserproben müssen innerhalb von 24 Stunden unter Lichtabschluss, bei einer Temperatur von unter 20°C, in das untersuchende Labor transportiert werden. Sie werden im Labor auf entsprechende Nährböden gegeben und bebrütet. Danach erfolgt die Auswertung.

  • Untersuchungen der Luft

Ziel der VDI 6022 ist es, dass die durch RLT-Geräte in Räumen transportierte Luft zumindest nicht stärker von Keimen belas­tet ist, als die von der Anlage angesaugte Luft. Die Richtlinie fordert im Falle eines konkreten Verdachts einen Vergleich der Zuluft mit der definierten Vergleichsluft in Form einer Luftkeimuntersuchung. Hierbei wird die Veränderung des Keimspektrums der Luft durch das RLT-Aggregat bzw. durch die RLT-Anlage untersucht. Für die mikrobiologische Untersuchung der Luft sind in der VDI 6022 jedoch keine Grenzwerte definiert. Hintergrund ist die unterschiedliche mikrobielle Luftbelastung an den verschiedenen Standorten. Die in den Raum strömende Zuluft muss mindes­tens der Qualität der Vergleichsluft entsprechen. Die Vergleichsluft wird im Abschnitt 3.3 im Blatt 1 näher definiert.
Die vergleichende Luftkeimkonzentrationsmessung erfolgt in der Praxis normalerweise mit Luftkeimsammlern (Impaktionssampler). Das Messen von Zuluft und Vergleichsluft sollte zeitnah erfolgen, da sich das Keimspektrum im Tagesverlauf in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit verändert. Ebenso sollten Luftfeuchtigkeit und Temperatur im Zusammenhang mit der Luftkeimkonzentrationsmessung dokumentiert werden. Beispielsweise ist die kalte Außenluft im Winter von vorneherein in der Regel nur gering mit Keimen belastet. Beim Messen der Zuluft an den Zuluftauslässen muss der Prüfer darauf achten, dass er die Probe an einer Stelle nimmt, wo sich die Zuluft nicht schon mit keimbelasteter Raumluft vermischt hat. Dies ergäbe ein verfälschtes Ergebnis.

  • Dokumentation

Der Inspektionsbericht enthält sämtliche Untersuchungsergebnisse, eine Anordnung notwendiger Maßnahmen sowie einen Termin für die Überprüfung von deren Umsetzung. Er geht in schriftlicher Form an den Betreiber.

Anlagensicherheit/Kosteneinsparung

Hygieneinspektionen bieten eine Plattform für eine von der reinen Wartung und Instandhaltung einer Anlage unabhängige Untersuchung der RLT-Anlage. Durch die regelmäßigen Sichtkontrollen werden somit auch Mängel an der Anlage erkannt, die nicht nur den Hygienezustand der Anlage betreffen, sondern auch deren Funktionsweise. Gut kontrollierte und in der Folge gut gewartete Anlagen verfügen über eine lange Lebensdauer und bieten eine größere Sicherheit gegenüber spontanen Ausfällen. Die Hygieneinspektion ist deshalb nicht nur eine Maßnahme, die der Gesundheit der Raumnutzer zugute kommt, sondern sie spart langfristig auch bares Geld.
Öffentlichen wie privaten Auftraggebern bietet z.B. das seit 2012 vom TÜV Süd in Zusammenarbeit mit dem Fachverband Gebäude-Klima (FGK) erarbeitete Zertifikat für Instandhaltung raumlufttechnischer Anlagen eine Orientierung bei der Auswahl eines geeigneten Dienstleisters. Die Zertifizierung steht u.a. dafür, dass die ausführenden Unternehmen alle für den Bereich der Instandhaltung und Reinigung von raumlufttechnischen Einrichtungen wichtigen Normen und Richtlinien, allen voran die VDI 6022, einhalten.

Autorin: Dipl.-Ing. Anja Rothmund, Geschäfts­leitung Sachkundige für VDI 6022 (Kat. A) der Gesec Hygiene + Instandhaltung GmbH + Co. KG

Bilder, soweit nicht anders angegeben: Gesec Hygiene + Instandhaltung

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