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Ausbildung

Thema: Gelungene Heizungssanierung?

Gemessene Temperaturen an der Außenwand.

Die Verteilungsleitungen im Keller wurden damals mit Lehm isoliert und einige Leitungsabschnitte später mit Glaswolle nachgebessert.

Auf den ersten Blick eine unübersichtliche Installation.

Der Einbau des Sicherheitsventils am Trinkwassererwärmer führt zu stagnierendem (stehendem) Wasser (Legionellengefahr).

 

Das Handwerk der SHK-Branche wird durch technische Innovationen in eine blühende Zukunft getragen. Waren es früher manuelle Fähigkeiten, so sind es heute technische Möglichkeiten, der Komfortanspruch des Kunden und die wachsende Verantwortung im Umgang mit Ressourcen, welche die SHK-Berufe in die Zukunft führen.

Vor 100 Jahren bedeutete eine wassergespülte Toilette bereits Luxus. Um 1920 war fließendes Wasser im Treppenhaus von Mehrfamilienhäusern die Errungenschaft der Zeit. Parallel hierzu wurden Gasbeleuchtungen eingebaut. Allmählich kam die Elektrifizierung hinzu. Die Möglichkeit der Warmwasserbereitung mithilfe gasbeheizter Badeöfen oder Durchlauferhitzern erleichterte gut betuchten Menschen den Alltag. Langsam fand auch die koks-,
öl- oder gasbetriebene Schwerkraftheizung Verbreitung. Zeugnisse dieser Entwicklung sind in alten Gebäuden noch genügend vorhanden. Es ist empfehlenswert und eigentlich auch die Pflicht, vor Reparaturen solche Anlagen näher zu betrachten und zeitgemäße Verbesserungen vorzuschlagen bzw. durchzuführen. Als Beispiel dient ein Gebäude, das 1920 von damals wohlhabenden Bauherren gebaut wurde. Dies wurde im Sommer 2012 auf Fernwärme umgestellt.


Alte technische Ausstattung    
Im Keller befand sich ein ölbetriebener Kessel mit einer Leis­tung von 48 kW, der 1972 anstelle eines Kokskessels an eine Dampfheizungsanlage angeschlossen wurde. Die ursprüngliche Schwerkraftanlage wurde mittels Pumpe mit einem elektrischen Anschlusswert von 2,25 kW und einer Umlaufleistung von 12 m³/h ersetzt. Die Regelung erfolgte über die Vorlauftemperatur von 90°C. Der Aufbau des Leitungssystems basierte auf den Erfordernissen für Dampfanlagen.
Der Heizungsvorlauf begann mit DN 100 und reduzierte sich abschnittsweise bis zu den einzelnen Gussradiatoren auf DN 25. Einige Heizkörper waren mit DN 40 angeschlossen. In den Steigleitungen waren Rücklauf- bzw. Kondensatleitungen DN 12 eingesetzt, die in den ­Decken verschwanden. Die Vor- und Rücklaufleitungen sind in ca. 10 cm Tiefe in die 40 cm starke Außenwand verlegt und nur mit Lehm ummantelt.
Die Verteilungsleitungen im Keller sind ebenfalls noch teilweise mit Lehm isoliert, der mit einfachen Mullbinden umwickelt ist. Einzelne Leitungsabschnitte wurden durch eine Glaswolle nachgebessert.
Auf dem Dach befindet sich das offene Ausdehnungsgefäß, dessen Überlauf auf die Dachhaut – die Ziegel – führt. Zum Schutze vor Frost ist der Behälter mit Glaswolle ummantelt. Der Sicherheitsvorlauf, der Sicherheitsrücklauf, die Überlaufleitung sowie die Zirkulationsleitung waren noch angeschlossen. Beim Befüllen trat das Überlaufwasser immer noch auf das Dach aus.
Ein kellergeschweißter Öltank mit einem Fassungsvermögen von 9000 l versorgte den Ölgebläsebrenner, der mit ca. 42 kW Leis­tung betrieben wurde. An der Wand war noch der 300 l fassende Doppelmantel-Warmwasserspeicher in Form eines „U-Bootes“ liegend montiert, der über eine separate Heizungsvor- und Rücklaufleitung verfügte sowie mittels Schwerkraftsystem betrieben wurde. Der Heizungsvor- und Rücklauf waren noch angeschlossen. Ebenso das Trinkwasser kalt. Die Trinkwasserleitung warm  und die Zirkulationsleitung waren über Absperrorgane abgestellt.
Die Warmwasserversorgung einzelner Zapfstellen wurde seit 1992 mittels Einzel-Elektrospeicher erreicht. Ein vor fünf Jahren neu erstelltes Bad besitzt einen 18-kW-Elektro-Durchlauferhitzer. Im Sommer 2012 wurde eine Fernwärmestation eingebaut, die nun die Ölkesselanlage ersetzen sollte.


Das Ergebnis einer „Teilsanierung“.
Nach dem Rückbau der Kesselanlage wurde dieser durch eine Fernwärmestation mit Sicherheitsventil und einem Ausdehnungsgefäß (50 l) ersetzt. Zusätzlich wurde die Anlage mit einem Standspeicher (150 l) ausgerüstet. Die bestehende offene Heizungsanlage wurde im Urzustand belassen.
Bereits im Sommer beklagten sich die Mieter, dass Wärme verbraucht würde, ohne dass die Heizung in Betrieb war. Es stellte sich heraus, dass der vorgesehene, jedoch noch nicht an das Warmwassersystem angeschlossene Standspeicher mit Heizungswasser durchströmt wird und so Wärme verbrauchte. Bei der ersten Kältewelle kam die nächste Überraschung. Sämtliche Heizkörper wurden – wenn überhaupt – nur an den ersten Heizkörpergliedern warm. In den beiden Wohnungen fielen die Temperaturen auf unter 14°C. Im Keller wurde es wie vor der Sanierung nicht mehr 20-22°C warm, sondern nur noch 16 bis 18°C. Versuche, über eine höhere Vorlauftemperatur ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen, scheiterten. Elektroheizgeräte mussten kurzzeitig Abhilfe schaffen.


Ursachenforschung
Das Thermometer für die Vorlauftemperatur der Fernwärmestation zeigte 80°C an. Damit lief die Anlage vorgabengemäß. Die Pumpe des Trinkwasserwärmers lief nicht, während die Hocheffizienzpumpe (Heizung) auf Maximal-Leistung eingestellt war. An der neuen Fernwärme-Übergabestation konnte kein Fehler gefunden werden. Auffällig jedoch war, dass die Rücklauftemperatur mit ca. 72°C sehr hoch war.
Nun wurde versucht, über das Abstellen einzelner Heizkörper eine Art hydraulischen Abgleich zu schaffen. Unter dem Motto „wenigstens ein Raum sollte warm werden“ wurde vorgegangen. Auch dieser Versuch schlug fehl.
Nach mehreren Gesprächen mit Heizungsbauern, Versorgungsunternehmen, Energieberatern wurde die Anlage insgesamt analysiert. Der seit Jahren außer Betrieb gesetzte Trinkwasserwärmer wurde heizungsseitig immer noch durchströmt, sodass ein Teil der Pumpenleistung verbraucht wurde. Dieser „Kurzschluss“ erklärte zumindest die hohe Rücklauftemperatur. Ebenso erzeugte dies Wärmeverluste. Die Rohroberflächen der weit verzweigten Verteilleitungen (DN 50 bis DN 100) von ca. 70 m Gesamtlänge im Keller zeigten zudem Temperaturen von +45°C. An der Außenseite der Außenwand wurden (trotz ca. -4°C AT) Temperaturen von +6 bis 8°C gemessen. Diese stammten von den in der Wand befindlichen Vor- und Rücklaufleitungen. Zunächst wurde das offene Ausdehnungsgefäß abgeklemmt und der alte Trinkwassererwärmer demontiert.


Analysenergebnis
Die Hocheffizienzpumpe kann bei einem Füllvolumen der Heizungsanlage von ca. 1500 l maximal 2000 l/h umwälzen. Um das Anlagenwasser ein Mal umzuwälzen, benötigt die Pumpe etwa 1 Std. Die aus heutiger Sicht Überdimensionierung und die Anschlussdimensionen der Heizkörper führen zu einer Art Kurzschluss zwischen den Vor- und Rücklaufleitungen. Hierdurch werden die hydraulisch ungünstig gelegenen Heizkörper fast nicht durchströmt. Die eingebauten Schwerkraft-Thermostatventile bewirkten allenfalls eine Art „hydrau­lischen Abgleich“ – nach dem Motto, wo es am kältesten ist, wird weiter geöffnet.
Die unzureichende Wärmedämmung des Rohrsystems wirkt wie ein Heizkörper, der die Kellerräume kontinuierlich erwärmt. Die in den Außenwänden eingebetteten Steigleitungen geben einen Großteil der Wärme in die Wand bzw. an das Mauerwerk und fließt ins Freie – und das seit Jahrzehnten.
Die vorhandene Trinkwasserinstallation besteht aus einer Vielzahl stillgelegter Leitungsabschnitte, die jedoch noch mit den in Betrieb befindlichen Leitungsabschnitten verbunden sind. Stagnierende Wasser mit größerem Volumen bilden die Kinderstube biologischer Verschmutzung.
Es wurde zudem festgestellt, dass Teile der Übergabestationen nicht nach dem Stand der heutigen Technik ausgeführt waren. Sowohl die Leitungsführung, Wärmedämmung und der Anschluss des Trinkwassererwärmers zeigen erhebliche Mängel. Das Ausdehnungsgefäß mit 50 l Gesamtvolumen würde das Ausdehnungsvolumen von ca. 60 l (? 3,6% von 1500 l Füllmenge) bei 90°C Vorlauftemperatur bei Weitem nicht aufnehmen können. Es müsste fast drei Mal so groß sein.


Fazit
Das gesamte Rohrsystem mit Gussgliederheizkörpern sollte ausgewechselt werden. Zudem ist es sinnvoll, für jede Wohnung einen Wärmezähler einzubauen. Zur Vermeidung von Wärmeverlusten sind die Leitungsdimensionen erheblich zu verringern. Diese sind bei Beachtung kurzer Leitungswege zu 100% nach EnEV (Energieeinsparverordnung) zu isolieren.

 


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