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Auf dem Weg in den Heizungskeller

Um mit der Installation von Brennstoffzellen schneller voranzukommen, schlossen sich im September 2008 die Gerätehersteller Baxi Innotech, Hexis und Vaillant mit den Ener­gieversorgern ENBW, E.ON Ruhrgas, EWE, MVV Energie sowie VNG-Verbundnetz Gas im Projekt Callux zusammen. Insgesamt investieren die neun Partner unter der Koordination des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) eine Mrd. Euro in den Ausbau und die Verbreitung der Brennstoffzellen-Technologie. Die beteiligten Partner haben sich vorgenommen, bis zum Jahr 2012 insgesamt 800 Brennstoffzellen in Heizungskellern zu installieren. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg: Ende des letzten Jahres wurde gerade die Marke von 50 installierten Brennstoffzellen-Anlagen überschritten. Derzeit werden im Durchschnitt zwei Brennstoffzellen-Geräte pro Monat in den Heizungskellern von Eigenheim-Besitzern oder in Schulen und Kindergärten installiert.

Ein Beispiel aus der Praxis: Diese Brennstoffzelle beheizt einen Kindergarten in Oberderdingen.

Die Nutzung von bisher ungenutztem Biogas mit 85% Methananteil zum Betrieb einer HM300-Brennstoffzelle von CFC-Solutions erbringt für das Brauereiunternehmen Erdinger Weißbräu netto 240 kW elektrische und 200 kW thermische Energie.

 

Doch Callux verfolgt noch andere Zielsetzungen, z.B. die Qualifizierung der Marktpartner. Denn später müssen die Geräte von sachkundigen Installateuren vor Ort zusammengebaut und angeschlossen werden. Die Forschungsgruppe "Praxisnahe Berufsbildung" an der Uni Bremen wurde mit der Durchführung solcher Qualifizierungsmaßnahmen beauftragt. Die Callux-Partner möchten außerdem erfahren, welche Erwartungen die Endverbraucher, d.h. die Eigenheim-Besitzer, an den Erwerb einer Brennstoffzellen-Anlage knüpfen, um markt- und bedarfsgerecht reagieren zu können.
Die Brennstoffzellen der Partnerunternehmen sind technisch vergleichbar ausgelegt. Sie liefern im umgekehrten Elektrolyse-Prozess, d.h. durch die Katalyse von Wasserstoff an einem Platin-Katalysator in der Brennstoffzelle, 2 kW thermische und 1 kW elektrische Energie. Zur Überbrückung von Leistungsspitzen im Winter erhalten die Eigenheim-Besitzer zusätzlich ein Erdgas-Brennwertgerät, das bei Bedarf zugeschaltet werden kann. Weiter koppeln manche Hersteller ihre Brennstoffzelle mit einem Wärmetauscher und nutzen die hohe Abwärme der Brennstoffzelle zusätzlich für Heizzwecke.

Erd- und Biogas als Wasserstoff-Träger
Der Wasserstoff, der in der Brennstoffzelle im Heizkeller durch die umgekehrte Elektrolyse zu thermischer und elektrischer Ener­gie umgesetzt wird, kommt in dieser Form nicht natürlich vor - ebenso wenig wie Heizöl oder Erdgas. Eigentlich müsste für die neue Wasserstoff-Wirtschaft eine komplette, neue Infrastruktur errichtet werden. Doch durch Vorschalten eines sogenannten Reformers können sowohl Erd- wie auch Biogas ohne größere Umwege direkt vor Ort im Heizungskeller zu Wasserstoff umgewandelt ("reformiert") werden. Zentraler Vorteil: Für Erdgas müssen meist keine neuen Versorgungsleitungen verlegt werden. So rückt das neue Zeitalter der Brennstoffzelle immer näher, denn ohne kostspielige Versorgungsnetz-Neubauten können in Heizkellern die neuen Brennstoffzellen-Anlagen praktisch erprobt werden.
Indes gibt es inzwischen sogar ein erstes Flugzeug in Deutschland, das - sehr leise - nur mit der Energie aus einer Brennstoffzelle fliegt. Auch ein erstes Schiff wurde probehalber mit einer Brennstoffzelle als Energiequelle ausgerüstet. Und im Automobilbau steht der Brennstoffzelle zumindest für Langstrecken-Fahrzeuge die Zukunft weiter offen.
Einige mittelständische Unternehmen vertrauen bereits auf die Brennstoffzelle: Die MTU-Tochter Tognum AG, Friedrichshafen, baut Brennstoffzellen mit rund 2000 kW thermischer und 2200 kW elektrischer Leistung. Damit können sich Betriebe autonom vom öffentlichen Stromnetz mit Strom und Wärme versorgen und Überschüsse an elektrischer Energie ins öffentliche Stromnetz speisen. Die Erdinger Weißbräu AG schaffte sich zum 60. Firmenjubiläum 2009 eine solche mittelgroße Brennstoffzelle an. Das Besondere daran: Sie wird vollständig mit Bio­gas betrieben, das die Brauerei aus den betriebseigenen Abwassern gewinnt. Auch ein Klärwerk bei Stuttgart und im bayerischen Moosburg wurde mit einer solchen mittelgroßen Brennstoffzelle ausgerüstet.

Überblick über den Stand der Brennstoffzellen-Herstellung
Der Heizgeräte-Hersteller Vaillant kooperiert derzeit mit dem Fraunhofer-Institut IKTS, Dresden. Deren Wissenschaftler sollen helfen, die Serienreife der firmeneigenen Brennstoffzelle zu beschleunigen. Eine erste, seriennahe Kleinserie stellte die Baxi Innotech, Hamburg, auf der letzten ISH in Frankfurt vor. Ihr Brennstoffzellen-Heizgerät Gamma 1.0 besitzt eine PEM-Brennstoffzelle mit 60 bis 80°C Betriebstemperatur. Es misst nur 60 cm x 60 cm bei knapp 1,60 m Höhe und liefert 1,0 kWel und 1,7 kWth Energie. Spitzenlasten werden über Wärmespeicher abgefangen. Solarkollektoren auf dem Dach sind nicht nötig.
Auch Viessmann beteiligt sich als Heizungsbau-Spezialist an der bundesweiten Initiative, die zahlreiche Hersteller von Brennstoffzellen umfasst. Sehr aktiv in Sachen Brennstoffzelle ist die schweizerische Hexis AG. Das Unternehmen beliefert zurzeit nicht nur den Schweizer, sondern auch den süddeutschen und österreichischen Markt mit seinem Standard-Modell Galileo 1.000 N. Wie viele Brennstoffzellen monatlich installiert werden, darüber gibt das Unternehmen allerdings keine Zahlen bekannt. Die Hexis-Ingenieure setzen auf die SOFC-Brennstoffzelle (Solid Oxid Fuel Cell), die Festoxid-Brennstoffzelle, die eine deutlich höhere Betriebstemperatur (ab ca. 200 °C aufwärts) entwickelt.
Fazit: Mit 40% Anteil am gesamten Ener­gieverbrauch und an der Entstehung von CO2 kommt dem Heizungssektor in Deutschland eine maßgebliche Rolle beim Umweltschutz zu. Hier sind CO2-Reduzierungen mithilfe der Brennstoffzelle sicherlich ohne größere Einbußen an Effizienz oder Komfort zu realisieren. Mithilfe der staatlichen Förderung wird das Kooperationsprogramm Callux die Installationen von Brennstoffzellen sicher weiter steigern können.

Autor: Richard E. Schneider, freier Wissenschaftsjournalist, Tübingen

 


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