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Analoges oder digitales Berichtsheft?

Warum die Innung SHK Köln noch auf handschriftliche Ausbildungsnachweise setzt. Angebot an elektronischen Lösungen wächst

Bild: AdobeStock - auremar

 

Wo früher Papier und Bleistift zum Einsatz kamen, wird heute mit Computer oder Smartphone gearbeitet. In digitalen Zeiten braucht auch das Berichtsheft nicht mehr aus Papier bestehen. Ob der Leistungsnachweis handschriftlich oder digital geführt werden soll, muss seit dem 1. Oktober 2017 in allen neu geschlossenen Ausbildungsverträgen festgehalten sein. Den elektronischen Ausbildungsnachweis ermöglicht der erweiterte § 13 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG).

Unternehmen sind heute immer mehr vernetzt – mit Herstellern, Lieferanten, Mitarbeitern und Kunden. Nicht nur aufgrund der immer weiter steigenden Ansprüche an Handwerksbetriebe werden die digitalen Kommunikationsmittel eingesetzt, sondern auch, um effizienter zu arbeiten. In vielen Gewerken ist die digitale Fortbildung vorangeschritten, gleiches gilt für die digitale Ausbildung. Verschwinden also in einigen Jahren klassische Berichtshefte? Und setzt sich im Umkehrschluss der elektronische Ausbildungsnachweis durch? „Die Frage ist hier – wie in vielen Diskussionen über die Digitalisierung – nicht ob, sondern wie und wann“, meint vielsagend Michael Scholze von der Handwerkskammer für München und Oberbayern (Sachgebietsleitung Gesellen-, Abschluss-, Umschulungsprüfungen).
In der Berufsausbildung gibt es für Auszubildende die Möglichkeit, das Berichtsheft am PC zu führen und anschließend gedruckt und unterschrieben dem Prüfungsausschuss vorzulegen. Das ist nun auch vollständig digital möglich – also ohne Ausdruck. Das letzte Wort hat allerdings der jeweilige Prüfungsausschuss. Die Prüfer legen fest, in welcher Form das Berichtsheft vorgelegt werden muss und welche Datenträger und Formate akzeptiert werden.

Vorteil analog: Schrift verbessern, Konzentration steigern
Die Innung SHK Köln schreibt analoge Ausbildungsnachweise vor. Dort hat der Prüfungsausschuss festgelegt, dass das Berichtsheft ausschließlich handschriftlich geführt werden darf. Ausbildungsleiter Klaus Dieter Schulz nennt auf IKZ-Anfrage mehrere Gründe dafür. „Der Auszubildende soll seine Schrift verbessern, da die Arbeitszettel bei den Kunden in den meisten Fällen noch schriftlich geführt werden“, so Schulz. Über den analogen Weg könne zudem vermieden werden, dass ein Datenaustausch unter den Azubis stattfindet oder Fremde das Berichtsheft führen. Und: „Das Erstellen von Zeichnungen wird geübt und die Konzentrationsfähigkeit für das Geschriebene gesteigert.“ Laut dem Ausbildungsleiter wird es noch einige Zeit dauern, bis sich das digitale Berichtsheft in der Innung SHK Köln durchsetzen wird.

Apps und Cloud-Lösungen
Und doch: Das Angebot an Online-Berichtsheften wächst. Apps und Cloud-Lösungen bieten praktische Funktionen für Ausbilder und Auszubildende. Allerdings kann der Einsatz von entsprechenden Hilfsmitteln in der Praxis zu organisatorischen und rechtlichen Schwierigkeiten führen. Laut Berufsbildungsgesetz (BBiG) muss der Ausbildungsbetrieb seinen Lehrlingen Gelegenheit geben, den Ausbildungsnachweis am Arbeitsplatz zu führen. Demnach müssen Betriebe entsprechende elektronische Gerätschaften zur Verfügung stellen – z.B. PCs, Laptops, ­Tablets oder Smartphones.
Gefährlich wird es, wenn der Azubi ein privates Endgerät verwenden möchte. Denn durch die geschäftliche Nutzung wird es zum Arbeitsmittel – der Arbeitgeber könnte in diesem Fall also für eventuelle Schäden und Rechtsverstöße haftbar gemacht werden (siehe Interview mit ­Michael Scholze). Um sicher zu gehen, lassen sich Betriebe oftmals eine Haftungsausschlusserklärung vom Lehrling unterschreiben, in der festgehalten wird, dass nur die Verantwortung für die entsprechende Berichtsheft-Anwendung übernommen wird.
Eine Auswahl von Anbietern digitaler Berichtshefte kann im Internet (https://bit.ly/2L5ObWp) nachgelesen werden.


„Das private Gerät des Lehrlings ist tabu“
IKZ-Praxis:
In SHK-Innungen kann der Prüfungsausschuss festlegen, dass das Berichtsheft  handschriftlich geführt wird. Wie denkt die Handwerkskammer München darüber?
Michael Scholze: Aus rechtlicher Sicht sehen wir derartige Beschlüsse kritisch. Die Handwerksordnung regelt die Zulassung zur Prüfung verbindlich, und darauf weisen wir unsere Prüfungsausschüsse auch ganz klar hin. Demnach ist zur Prüfung zuzulassen, wer u.a. einen abgezeichneten schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis vorlegt. Hier besteht kein Ermessensspielraum. Es muss aber die Art der vorzulegenden Datenträger oder das Dateiformat festgelegt werden, damit die Daten von den Prüfern auch gelesen werden können.

IKZ-Praxis: Was ist mit Betrieben, die den elektronischen Nachweis aktuell noch nicht in ihren Ausbildungsverträgen stehen haben?
Michael Scholze: Über 80% unserer Betriebe nutzen bereits den Lehrvertrag online. Dieses Formular haben wir an die neuen Anforderungen angepasst. Die noch vorhandenen schriftlichen Vordrucke werden einfach um ein unterschriebenes Beiblatt ergänzt. Sofern dieses nicht beiliegt, fordern wir es von den Betrieben an.

IKZ-Praxis: Spezielle Apps und Cloud-Lösungen bieten praktische Funktionen für Ausbilder und Auszubildende. Welche rechtlichen Stolperfallen müssen beachtet werden?
Michael Scholze: Ausbildungsnachweise enthalten beispielsweise personenbezogene Daten. Für deren Verarbeitung gelten besondere Regeln. In diesem Zusammenhang sollten Betriebe u.a. darauf achten, wo der jeweilige Anbieter die Daten speichert. Wenn die elektronische Erstellung der Ausbildungsnachweise vereinbart wird, muss der Betrieb die Endgeräte (Notebook, Tablet, o.Ä.) zur Verfügung stellen. Das private Gerät des Lehrlings ist tabu, denn in diesem Fall könnte der Arbeitgeber für eventuelle Schäden oder Rechtsverstöße haftbar gemacht werden.

IKZ-Praxis: Falls Berichtshefte digital geführt werden: ­Welche praktischen Tools können Sie Betrieben und Azubis empfehlen?
Michael Scholze: Es gibt mittlerweile etliche Anbieter für elektronische Ausbildungsnachweise, Tendenz steigend. Es existieren sowohl gewerkspezifische als auch gewerkübergreifende Lösungen. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht dürfen wir aber keine einzelnen Produkte empfehlen. Einige Verbände arbeiten noch an einem eigenen Produkt. Es existieren aber auch schon fertige Angebote, beispielsweise bei den Kaminkeh­rern. Ein mit öffentlichen Mitteln gefördertes Projekt ist BLok (www.online-ausbildungsnachweis.de).

IKZ-Praxis: Auszubildende, die ihren Ausbildungsvertrag vor dem 30. September 2017 abgeschlossen haben, müssen ihr Berichtsheft weiterhin schriftlich führen und in Papierform dem Prüfungsausschuss vorlegen. Dürfen Azubis in höheren Lehrjahren auf das digitale Berichtsheft umsteigen?
Michael Scholze: Das Gesetz sieht keine Übergangsregelung vor. Daher gelten für diese Ausbildungsverhältnisse ausschließlich die alten Regelungen.

IKZ-Praxis: Welche Vorteile haben Ihrer Meinung nach digitale Ausbildungsnachweise?
Michael Scholze: Die Verwendung von elektronischen Ausbildungsnachweisen kann sich positiv auf die betriebliche Berufsausbildung auswirken, der Arbeitgeber beispielsweise als modern oder innovativ wahrgenommen werden. Das kann die Auszubildenden zusätzlich motivieren. Für Ausbilder minimiert sich der Aufwand bei Kontrolle und Korrektur der Ausbildungsnachweise. Gewerkspezifische Angebote bieten daneben die Chance, weitere multimediale Lerninhalte zu integrieren. Die Prüfungsausschüsse sparen, gerade bei großen Prüflingszahlen, Platz für die Lagerung. Nicht zuletzt spart der Betrieb Büromaterial ein und auch die Umwelt wird durch den geringeren Papierverbrauch entlastet.

 


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