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Alles was Recht ist

Fragen und Antworten rund um die dreieinhalb Jahre währende Ausbildung – Teil 31)

Eine Frage, die nicht eindeutig mit Ja oder Nein zu beantworten ist: Sind für den Kunden sichtbare Tattoos erlaubt?

Wenn die Arbeits­kleidung zur Dienst­kleidung wird, trägt der Arbeitgeber i.d.R. die Kosten. Bild: Mascot

Oh je: Wenn beim Kunden etwas beschädigt wird, gibt es Ärger. Ob man dafür haften muss, hängt vom Einzelfall ab. Bild: Fotolia/phanuwatnandee

 

Jährlich im August beginnt ein neues Ausbildungsjahr und für Auszubildende ein neuer Lebensabschnitt mit neuen Aufgaben und Herausforderungen. Wer dann weiß, was man muss und was nicht, findet sich besser zurecht und verhindert Konflikte. Deshalb sollten Auszubildende ihre Rechte und Pflichten kennen. Als Orientierungshilfe haben wir immer wiederkehrende Fragestellungen aus dem Ausbildungsalltag in einer Serie zusammengestellt. In Teil 3 dreht es sich um Piercings und Tattoos, um das Führen von Ausbildungsnachweisen, um Fahrtkosten und einiges andere mehr.

Während der Ausbildung hat der Ausbilder wie auch der Azubi einige Pflichten zu übernehmen: Der ausbildende Betrieb muss dafür Sorge tragen, dass der Lehrling das Ausbildungsziel erreichen kann. Der Azubi muss sich aber auch bemühen, die dafür notwendigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben. In diesem Dunstkreis gibt es einige Fragen, die immer wiederkehren. Wir haben beispielhaft einige herausgegriffen.

Darf mein Chef Tattoos oder Piercings verbieten?
Immer wieder kommt es aufgrund von Äußerlichkeiten zum Streit zwischen Ausbilder und Azubi. Hier spielen zwei wichtige Punkte gegeneinander: Auf der einen Seite ist der Azubi verpflichtet, sich an die im Ausbildungsbetrieb geltenden Ordnungen zu halten. Sie zielen darauf ab, dass Kunden nicht durch Äußerlichkeiten abgeschreckt werden. Auf der anderen Seite dürfen diese Ordnungen jedoch nicht in das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Grundgesetz) des Azubis eingreifen.
Tattoos dürften mittlerweile weitestgehend gesellschaftlich anerkannt sein und werden daher i.d.R. von den Ausbildern akzeptiert. Aber auch hier gibt es Grenzen. Viele Ausbilder sehen es nicht gerne, wenn die Azubis beispielsweise ein großflächiges und deshalb besonders auffälliges Tattoo am Unterarm tragen. Schließlich kann dies trotz des grundsätzlichen Wandels in der Gesellschaft immer noch Kunden abschrecken. Hingegen geht es den Ausbilder nichts an, wenn ein Azubi in nicht sichtbaren Bereichen tätowiert ist.
Ähnliches gilt für Piercings. Was nicht sichtbar ist, hat den Ausbilder auch grundsätzlich nicht zu interessieren. Das Tragen von sichtbaren Piercings kann er allerdings untersagen. Nicht zuletzt können auch Sicherheitsgründe das Entfernen von großen Piercings oder auch Ohrringen erforderlich machen.
Um Ärger zu vermeiden, sollte der Azubi vor dem Gang zum Tätowierer mit seinem Ausbilder sprechen und sich überlegen, ob er seine Persönlichkeit in diesem Bereich nicht lieber erst nach der Ausbildung stressfrei voll entfaltet.

Muss ich ein Berichtsheft führen?
In allen neueren Ausbildungsordnungen ist das Führen von schriftlichen Ausbildungsnachweisen – früher Berichtshefte genannt – für die Berufsausbildung vorgeschrieben. So auch in der Ausbildungsordnung für den Anlagenmechaniker. Die Auszubildenden müssen sie ordnungsgemäß führen und regelmäßig vorlegen.
Der Ausbildende muss die Auszubildenden zum Führen der Ausbildungsnachweise anhalten und die Nachweise durchsehen. Achtung: Das Führen von schriftlichen Ausbildungsnachweisen ist eine Zulassungsvoraussetzung für die Abschlussprüfung!
Als lästige und leidige Aufgabe sollte das Führen des Berichtshefts nicht betrachtet werden. Denn mit dem sorgfältigen Führen des Berichtshefts kann der Azubi vielfältige Fähigkeiten erlernen und der Ausbilder kann bei regelmäßiger Kontrolle die Ausbildungsentwicklung optimal begleiten und fördern.  

Ich bin volljährig: Muss ich trotzdem in die Berufsschule?
Die Berufsschulpflicht ist Ländersache und somit je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. In NRW beispielsweise ist derjenige Lehrling berufsschulpflichtig, der zu Beginn der Ausbildung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ältere Auszubildende haben die Berechtigung, die Berufsschule zu besuchen. Hat sich der Auszubildende allerdings einmal zum Besuch entschlossen und angemeldet, gilt die Berufsschulpflicht für die gesamte Vertragsdauer, also 3 bzw. 3½ Jahre. Entscheiden sich ältere Azubis gegen den Besuch der Berufsschule, so ist der Ausbildungsbetrieb verpflichtet, ihnen die in der Berufsschule vermittelte Fachtheorie beizubringen und ausreichend Zeit zur Erarbeitung der theoretischen Kenntnisse einzuräumen.

Muss ich die Fahrtkosten zur Berufsschule und den ÜLUs bezahlen?
Die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) zählt zur betrieblichen Ausbildung und stellt eine Maßnahme außerhalb der Ausbildungsstätte dar. Aus diesem Grund muss der Betrieb auch Fahrtkosten des Auszubildenden bezahlen.
Da im dualen System die Berufsschule und ihr Besuch eigenen gesetzlichen Grundlagen unterliegen, braucht der Ausbildungsbetrieb hier keine Kosten – auch nicht die Fahrtkosten – zu tragen. Die Fahrtkosten sind vom Auszubildenden selbst zu zahlen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Auszubildende aber Zuschüsse beantragen.

Wer trägt die Kosten für meine Arbeitskleidung und Schutzausrüstung?
Zu unterscheiden ist zwischen Arbeitskleidung (im engeren Sinn), Dienstbekleidung und Schutzbekleidung.

Arbeitskleidung
Arbeitskleidung ist Kleidung, die der Auszubildende zur Schonung seiner eigenen Kleidung bei seiner normalen Arbeit trägt, z.B. die Arbeitshose und -jacke. Gemeint ist hiermit also nicht vom Betrieb vorgeschriebene Kleidung, sondern solche Kleidung, die der Auszubildende aus Praktikabilitätsgründen und aus eigener Entscheidung trägt. Sofern nichts anderes tariflich oder betrieblich vereinbart ist, trägt der Auszubildende die Kosten für Anschaffung und Reinigung dieser Kleidung selbst.

Dienstkleidung
In vielen Betrieben gibt es eine Dienstkleidung, deren Tragen vom Betrieb aus Gründen eines einheitlichen Erscheinungsbildes seines Personals vorgeschrieben wird, z.B. blaue Arbeitshose und -jacke mit dem Logo des Betriebs. Sofern nicht anderweitige Regelungen bestehen, trägt die Kosten für Anschaffung und Reinigung der Dienstkleidung grundsätzlich der Betrieb. Der Azubi kann aber unter bestimmten Voraussetzungen an diesen Kosten beteiligt werden, nämlich dann, wenn keine anderslautenden tariflichen oder betrieblichen Regelungen bestehen, er die Dienstkleidung auch in der Freizeit sinnvoll tragen kann und die Kostenbelastung zur Ausbildungsvergütung nicht unverhältnismäßig ist.

Schutzkleidung
Schließlich gibt es noch Schutzkleidung, deren Tragen arbeitsschutzrechtlich zwingend vorgeschrieben ist, z.B. Schutzhelm, Sicherheitsschuhe. Diese Schutzkleidung muss i.d.R. vom Betrieb bezahlt werden.

Ich habe auf der Baustelle etwas beschädigt. Darf der Chef Lohn abziehen?
Auch in einem Ausbildungsverhältnis kann man unter bestimmten Umständen für Beschädigungen haftbar gemacht werden, wenn man beispielsweise eine Maschine oder ein Auto beschädigt. Allerdings gelten besondere Regeln im Hinblick auf das Verschulden. Denn die allgemein gültigen Regelungen werden in diesen Fällen als zu streng empfunden. Schließlich kann auch dem sorgfältigsten Auszubildenden mal ein Fehler unterlaufen.
Daher wird er bei leichter Fahrlässigkeit i.d.R. nicht zur Verantwortung gezogen. Bei mittlerer Fahrlässigkeit kommt eine Schadensteilung je nach den Umständen des Einzelfalls in Betracht. Hat der Auszubildende grob fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt, kann ihm der Schaden je nach Vorwurf auch vollständig angelastet werden.
Sofern der Ausbilder einen Schadensersatzanspruch gegen den Azubi hat, kann er aber nicht einfach einen Teil von der Ausbildungsvergütung einbehalten. Denn der Schadensersatzanspruch ist bei Beachtung der Pfändungsgrenzen meist nicht pfändbar. So bleibt dem Betrieb nur die Möglichkeit, den Schadensersatz außerhalb der Entgeltabrechnung gesondert vom Azubi zu verlangen.

Autorin: Rechtsanwältin Felicitas Floßdorf; sie arbeitet im SHK-Handwerksverband NRW (Fachverband SHK NRW)


1) Teil 1 der Serie finden Sie in Ausgabe 8/2017, Teil 2 in 9/2017

 


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