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Unnötige Irritationen

Die SPD im Landtag NRW strebt eine „Abwrackprämie“ für alte Heizkessel an. So war es vor wenigen Wochen in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) nachzulesen.

 

Damit soll – so das ehrgeizige Ziel – das Sanierungsgeschäft in Deutschlands Heizungskellern nachhaltig neuen Schwung erfahren. Doch während die Politik noch über das Für und Wider dieses neuen Absatzförderungsinstruments diskutiert, haben zwei Marktteilnehmer Nägel mit Köpfen gemacht und ihre eigene Kampagne gestartet: Unter der Überschrift „Heizungswechsel zum Hammerpreis“ wenden sich „BILD Energie“ und der Heiztechnikhersteller Viessmann mit einem augenscheinlich verlockenden Angebot an modernisierungswillige Kunden – und ziehen vielerorts den Unmut des SHK-Handwerks auf sich.
In einer optisch auffälligen Beilage zur Bildzeitung und der Bild am Sonntag Anfang Oktober heißt es: „Ärgern Sie sich immer noch über die happige Heizkostennachzahlung vom letzten Winter? Dann schieben Sie die Heizungs-Modernisierung nicht länger auf die lange Bank! Wechseln Sie jetzt zu BILD Energie, sichern Sie sich 1250 Euro Effizienzprämie und erhalten Sie das exklusive Modernisierungs-Angebot (Wert des Pakets: 5749 Euro) zum attraktiven Komplettpreis von 4499 Euro! In dem Paket enthalten ist das Gas-Brennwertgerät Viessmann Vitodens 200-W, die Installation durch einen Fachbetrieb, Schornsteinsanierung bis zu 8 Meter inklusive Material sowie die Entsorgung der Altanlage…“ Das Aktionspaket ist gekoppelt mit dem Abschluss eines mindestens zwölf Monate laufenden Gasliefervertrages mit „BILD Energie“. Etwa 14 Mio. Leser soll die Botschaft erreicht haben.
Die Aktion führte zu heftigen Reaktionen in der Branche: So wiesen die SHK-Fachverbände Bayern und NRW in spontanen Rundschreiben darauf hin, dass diese Aktion ohne vorherige Information der Handwerksorganisationen durchgeführt worden sei und ausdrücklich nicht unterstützt werde. In der Begründung heißt es unter anderem: Das Angebot verspreche dem Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket in Form eines knapp kalkulierten 08/15-Minimaleinbaus. Aufgrund der individuellen Gegebenheiten vor Ort kämen auf den Kunden vielfach Mehrkosten zu. Unbeachtet bliebe beispielsweise der hydraulische Abgleich. Hier sei erheblicher Ärger vorprogrammiert.
Auch in der Redaktion gingen zahlreiche E-Mails und Anrufe zur Kampagne ein. Nachdem man es in einigen Regionen endlich geschafft habe, eine Partnerschaft mit den Energieversorgern aufzubauen, torpediere diese Aktion das einvernehmliche Miteinander, argumentierte ein Handwerker. Ein anderer sieht nicht ein, seine Leistung pauschal zu verramschen. Zitat: „Ich habe nichts gegen Pauschalen, aber die lege ich selbst fest.“ Nicht wenige Handwerksbetriebe waren unwissentlich als Teilnehmer der Aktion gelistet. Einige wurden bereits von Kunden angesprochen. Das führte zu unnötigen Irritationen auf beiden Seiten. Besonders verärgerte Fachbetriebe kündigten an, künftig auf die Fabrikate anderer Hersteller ausweichen zu wollen.
Gegenüber der IKZ-Redaktion hieß es seitens des Heiztechnikherstellers: Die Aktion mit der Bild-Zeitung solle dazu beitragen, den Modernisierungsstau aufzulösen, was sich positiv für die gesamte Branche auswirke. Überdies würde mit einem klar beschriebenen Produkt ein kleines Marktsegment angesprochen. Mit herkömmlichen Marketinginstrumenten sei das nicht möglich.
Um ein wenig mehr Licht ins Dunkel zu bringen, hatten wir dem Unternehmen einen Fragenkatalog zugeschickt. Wir wollten dem renommierten Heizungshersteller die Gelegenheit geben, seine Sicht der Dinge und die Beweggründe für die Aktion zu erläutern. Aufklärung und Transparenz sind unserer Ansicht nach das beste Instrument, um die Missstimmung in der Branche zu beseitigen. Leider erreichten uns die Antworten nicht zum vereinbarten Abgabezeitpunkt. Wir hoffen, dass wir Ihnen diese Informationen im kommenden Heft und in Kürze unter www.ikz.de zur Verfügung stellen können. Dort findet sich übrigens die Beilage der Bildzeitung, für alle diejenigen, die das Motiv und die Werbeversprechungen noch nicht kennen.
In der Zwischenzeit sind wir gespannt auf Ihre Meinung: Was halten Sie von der Kampagne? Welche Risiken sehen Sie? Und welche Chancen machen Sie aus? Handelt es sich um einen viel versprechenden Vorstoß oder um eine contraproduktive Aktion? Schreiben Sie uns! Am besten per E-Mail.

Markus Sironi
Chefredakteur
m.sironi@strobel-verlag.de

 


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