Um eine Erfahrung reicher
Politische Entscheidungen stoßen oft auf zwei oder mehr Lager: Die einen befürworten sie, die anderen lehnen sie ab, mancher meint, sie wären nur ein halbherziger Schritt in die richtige Richtung. In die letzte Kategorie fällt das 2010 in Baden-Württemberg eingeführte Erneuerbare-Wärmegesetz, kurz EWärmeG. Es schreibt vor, dass bei einem Heizkesseltausch im Wohn- und Nichtwohngebäudebereich 15 % des erforderlichen Wärmebedarfs
aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Darunter fallen z. B. Wärmepumpen, Solarthermieanlagen, Biomassekessel, Bio-Heizöl oder Biogas. Als Ersatzmaßnahmen kommen Wärmedämmmaßnahmen am Gebäude infrage.
Möglicherweise von den Absichten der Berliner Bundesregierung getrieben oder mit den Gedanken einer Vorreiterrolle wollte man im Ländle den Anteil von Erneuerbaren Energien im Gebäudebestand erhöhen. Seit der Einführung wird darüber gestritten, ob mit der Regelung das anvisierte Ziel – den Wärmebedarf eines Gebäudes zum Teil mit Erneuerbaren Energien zu decken – tatsächlich erreicht wird oder ob es gar kontraproduktive Auswirkungen zeigt. Jetzt liegt ein Erfahrungsbericht des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft von Baden-Württemberg 1) vor – leider ohne klares Ergebnis. Es bleibt im Dunkeln, ob das Konzept auch auf andere Bundesländer oder auf den Bund übertragbar ist.
Denn die positiven Erträge wie eine CO2-Vermeidung in Höhe von mindestens 110 000 t werden überlagert von negativen Auswirkungen. Die Rede ist von Vorzieheffekten, geringerer Modernisierungsrate nach der Einführung des Gesetzes und Hinauszögerungen von Heizungsmodernisierungen aufgrund der starren Gesetzesregelung. Diese Argumente sind nicht neu. Die Heizungsbranche führt sie seit Langem an und wird nun in ihrer Haltung bestärkt.
Bei all der Diskussion und Interpretation steht doch eines fest: Es ist an der Zeit, über wirksamere Regelungen nachzudenken, wie der Anteil der Erneuerbaren Energien bei Sanierungsmaßnahmen im Wärmemarkt erhöht werden kann, und zwar auf Bundesebene. Eine reine Verpflichtung wie
die in Baden-Württemberg scheidet aus. Steuerliche Anreize, wie immer wieder vonseiten der Heizungsbranche vorgeschlagen, wären eine Option. Möglicherweise sind aber auch ganz andere Modelle denkbar. Wie die aussehen können, müssen Fachleute, aus Politik und insbesondere der Heizungsbranche, erarbeiten.
Detlev Knecht
stv. Chefredakteur IKZ-HAUSTECHNIK
d.knecht@strobel-verlag.de
1) Direkte Adresse zum Bericht: https://bit.ly/2DRHlSe