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Brüsseler Bedenken

 

Die Europäische Union hat ein Problem mit Deutschland. Präziser ausgedrückt mit der Positivliste des Umweltbundesamtes für trinkwasserhygienisch geeignete metallene Werkstoffe – in der Branche bekannt als UBA-Liste.

Der Entwurf wurde bereits im September letzten Jahres bei der EU-Kommission zur Notifizierung eingereicht. Aufgrund von Nachfragen verzögerte sich die geplante Veröffentlichung. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte entschieden, eine Rückantwort der EU-Kommission abzuwarten. Diese Stellungnahme liegt inzwischen vor. In dem internen Papier äußert die EU-Kommission nochmals Bedenken gegen die Veröffentlichung.
So könne von allgemeinen Materiallis­ten – wie eben der Positivliste – nicht auf eine zwangsläufige Einhaltung oder Nichteinhaltung der Trinkwasserrichtlinie geschlossen werden. Mitgliedstaaten könnten durchaus einen anderen Regelungsansatz als Positivlisten wählen, um die hygienische Unbedenklichkeit von Trinkwasseranlagen sicherzustellen. Ohnehin geht die Kommission von der Gebrauchssicherheit eines in einem anderen Mitgliedstaat hergestellten oder in Verkehr gebrachten Bauprodukts aus. Und das führt automatisch zu einem weiteren wesentlichen Kritikpunkt: Die Kommission sieht in den Materiallisten nämlich eine Beschränkung des innereuropäischen Handels. Wirtschaftsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten müssten rechtmäßig hergestellte bzw. vermarktete Bauprodukte in Deutschland nach den deutschen Kriterien erneut zertifizieren lassen.
Gänzlich neu sind derartige Argumente nicht: Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf Mitte August letzten Jahres musste der DVGW einem Produkt des italienischen Herstellers Frabo das DVGW-Zertifizierungszeichen uneingeschränkt erteilen, obwohl es maßgebliche Prüfkriterien nicht erfüllte.
Offensichtlich haben die Brüsseler Beamten ein grundsätzliches Problem mit nationalen Alleingängen – seien es Zertifizierungen oder Materiallisten – wenn sie Einfluss auf den freien Warenverkehr nehmen. Fakt ist aber: Die Notifizierung der UBA-Liste kann seitens der EU nicht unterbunden werden. Das Bundesgesundheitsministerium kann die Positivliste also durchaus veröffentlichen und den SHK-Profis hierzulande damit ein stückweit Sicherheit bei der Werkstoffauswahl für trinkwasserrelevante Bauteile geben. Ob, wann und in welcher Form das passiert, bleibt abzuwarten. Wird die UBA-Liste in der aktuellen Fassung veröffentlicht, droht nämlich eine Anklage durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Unabhängig davon müssen die SHK-Fachbetriebe schon jetzt die geltenden Grenzwerte (insbesondere von Blei) der Trinkwasserverordnung einhalten und eine Installation nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erstellen. Mit den Werkstoffen der UBA-Liste, die bislang lediglich Empfehlungscharakter hat, sind sie damit zwar auf der sicheren Seite. Optimal wäre aber, wenn für alle Produkte, die in Kontakt mit Trinkwasser stehen, eine transparente und verbindliche Information der Hersteller vorliegen würde, dass auch tatsächlich nur die in der Positivliste aufgeführten Werkstoffe und Materialien verwendet werden. Die SHK-Berufsorganisation hat angekündigt, sich des Themas anzunehmen1).

Markus Sironi
Chefredakteur
m.sironi@strobel-verlag.de

 


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