Kühlen ohne Kältemittel
Die indirekte Verdunstungskühlung mit Kompaktgeräten hat viele Vorteile. Durch die Nachrüstung bestehender RLT-Anlagen mit Kältekompressoren lässt sich deren erforderliche Leistungsaufnahme deutlich minimieren
Die adiabate Verdunstungskühlung ist seit Jahrzehnten bewährt und findet häufig Anwendung in raumlufttechnischen Geräten. Hierbei wird die Abluft vor Eintritt in die Wärmerückgewinnung stark befeuchtet. Aufgrund der Verdunstung des Wassers kühlt die Lufttemperatur ab und die relative Luftfeuchtigkeit steigt. Die gekühlte Abluft wird mittels Wärmerückgewinnung dazu verwendet, den angesaugten Außenluftvolumenstrom abzukühlen. In der Praxis ist eine Temperaturdifferenz von bis zu 9 K realisierbar. Da bei dieser Kühltechnologie keine Kompressoren oder synthetisches Kältemittel notwendig sind, bietet es eine umweltschonende und nachhaltige Lösung zur Klimatisierung.
Innovative Kompaktgeräte der Baureihe „Climate Wizard“ von Seeley International werden von der Schulte-Industrieheizung GmbH als offizieller Distributor in Deutschland vertrieben und nutzen die adiabate Verdunstungskühlung auch ohne zentrale RLT-Anlage. Die modulare Einsatzmöglichkeit der dezentralen Geräte ermöglicht unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten. Die indirekten Verdunstungskühler nutzen hierzu einen hocheffizienten Wärmeübertrager, um kühle Zuluft ohne zusätzlichen Feuchteeintrag zu garantieren.
Die Schlüsselkomponente der Geräte wird in Bild 2 am Modell „CW-H15“ dargestellt.
1. Der Ventilator des Gerätes saugt warme Außenluft (ca. 7000 m3/h) an und führt diese über die trockenen Kanäle des Wärmeübertragers.
2. Nach Austritt strömt ein Teil der Luft in das Gebäude (4000m3/h). Der Rest (3000 m3/h) wird als Prozessluft durch die feuchten Kanäle zurückgedrückt.
3. Die Temperatur der Prozessluft wird durch Wasserverdunstung gesenkt und kühlt die Wärmetauscheroberfläche ab, bevor sie als warme, feuchte Luft ins Freie ausgestoßen wird. Eine spezielle hydrophile Beschichtung des Wärmeübertragers optimiert diesen Prozess.
4. Die Temperatur der angesaugten Außenluft, die durch die angrenzenden trockenen Kanäle strömt, wird dadurch gesenkt und ohne zusätzlichen Feuchteeintrag dem Objekt zugeführt.
Das hx-Diagramm (Bild 3) verdeutlicht diesen Vorgang anschaulich. Bei einem definierten Luftzustand (Sommertag, z. B. 32 °C, 40 %) stellt sich eine Feuchtkugeltemperatur von 21,5 °C ein. Dies ist die niedrigste Temperatur, welche bei der Verdunstung von Wasser erreicht werden kann (100 % Sättigung). Die Zulufttemperatur des Kompaktgerätes beträgt hierbei 20,7 °C bei x = konstant, da keine zusätzliche Feuchtigkeit hinzugefügt wird. Diese Unterschreitung der Feuchtkugeltemperatur von 0,8 K ist auf die Funktionsweise des Luft-Luft-Wärmeübertragers unter Rückführung der Prozessluft zurückzuführen.
Im Volllastbetrieb hat das Modell „CWH15“ eine elektrische Leistungsaufnahme von 1,8 kW. Im direkten Vergleich zu herkömmlichen Kühlsystemen zeigt sich somit, dass bei steigenden Temperaturen aufgrund der Funktionsweise eine steigende Kühlleistung bei gleichbleibender elektr. Leistungsaufnahme zu verzeichnen ist (Bsp.: 38 °C, 20 %, Zuluft temperatur 19,4 °C).
Das bei diesem Prozess verwendete Wasser wird kontinuierlich von einem integrierten System hinsichtlich Qualität und Güte überwacht. So tauscht das System das Wasser z. B. automatisch aus, wenn durch Ablagerungen kein optimaler Betrieb mehr möglich ist. Die Nutzung von Regenwasser ist ebenfalls möglich.
Die Kühlsysteme bieten großes Potenzial zur Energieeinsparung und Dekarbonisierung. Aktuell finden die „Climate Wizard“ meist Anwendung in Nichtwohngebäuden (Produktions-, Lagerhallen etc.) zur Schaff ung eines behaglichen Klimas.
Unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten
Nachfolgend werden zwei unterschiedliche Nutzungsszenarien dargestellt, bei welchen ein sommerlicher Außenluft zustand von 32 °C und 40 % zugrunde gelegt wird.
Einzelgeräte
In diesem Beispiel wird wie in Bild 4 dargestellt die Kühllast mit einem oder mehreren Geräten gedeckt. In Objekten mit sehr hohen internen Wärmelasten (z. B. Großwäschereien, Gießereien), in welchen keine ganzheitliche Kühlung wirtschaft lich sinnvoll oder notwendig ist, besteht die Möglichkeit der punktuellen Kühlung. Dabei wird der definierte Arbeitsbereich mit einem entsprechend hohen Luft wechsel beaufschlagt, um die Zieltemperaturen sicherzustellen. Somit muss nicht zwingend die gesamte Kühllast gedeckt werden. Bei diesem Luftzustand erreichen die Geräte 20,7 °C bei 4000 m3/h, was einer Kühlleistung von rund 15 kW entspricht (Leistungszahl EER 8,3).
Vorkühlung bestehender Anlagen
Im nachfolgenden Beispiel (Bild 5) werden die Effizienzpotenziale an bestehenden RLT-Anlagen durch Vorkühlung dargestellt werden. Die Nachrüstung als Vorkühlung der Außenluft bestehender RLT-Anlagen ermöglicht eine zusätzliche Kühlung der Luft, ohne große bauliche Änderungen vornehmen zu müssen. Hierbei wird die gekühlte Zuluft des Verdunstungskühlers in die Außenluftansaugung des Bestandsgerätes eingebracht. Im Kühlbetrieb wird per Bypass die Wärmerückgewinnung des RLT-Gerätes umgangen – analog zu der „freien Kühlung“ während sommerlichen Nächten.
Sollten bereits Kühlsysteme in der RLT-Anlage integriert sein, zeigen sich positive Auswirkungen durch Entlastung der Kompressoren und somit Senkung der Betriebskosten. Alternativ besteht die Möglichkeit der Deckung höherer Kühllasten durch die zusätzliche Kapazität.
Das folgende Beispiel soll die Effizienzsteigerung eines RLT-Gerät mit integriertem dx-Register anschaulich aufzeigen: Die RLT-Anlage verfügt über einen Außenluftvolumenstrom von 5000m3/h. Die Soll-Zulufttemperatur beträgt 20 °C. Das integrierte Kühlregister hat eine Leistungszahl EER von 3,4. Somit beträgt die elektr. Leistungsaufnahme rund 5,9 kW (20kW/3,4). Um die Effizienz des Systems zu Verbessern, wird ein indirekter Verdunstungskühler eingeplant. Dieser fördert einen Zuluftvolumenstrom (4000 m3/h, 20,7° C) in die Ansaugung des Bestandsgerätes. Der restliche Volumenstrom von 1000m3/h und 32° C vermengt sich. Es stellt sich eine Mischlufttemperatur von 22,9 °C für den angesaugten Volumenstrom ein. Die geringere Temperaturdifferenz (2,9 statt 12 K) zur Soll-Zulufttemperatur führt zu einer erheblichen Entlastung des verbauten Kühlregisters. Statt vormals 20 kW Kühlleistung müssen nun nur noch 4,8 kW aufgebracht werden. Dies führt zu einer Reduzierung der Leistungsaufnahme auf etwa 1,4 kW (4,8 kW/3,4 EER). Die Effizienz des gesamten Kühlsystems steigt durch die Vorkühlung mittels indirekter Verdunstungskühlung um 84 % (EER 6,25) gegenüber der Bestandssituation (EER 3,4).
Autor: Christian Hahn, Schulte-Industrieheizung GmbH
Bilder: Schulte-Industrieheizung GmbH, Seeley International