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Corona-Virus: Was muss bei Lüftungsund Klimaanlagen beachtet werden?

Experte für Raumluft und Kältetechnik klärt auf

Prof. Dr. Bernd Boiting ist Experte für Raumluftund Kältetechnik. In Sachen Klimaanlagen sieht er beim richtigen Betrieb und geltenden deutschen Standards keine Gefahr für eine vermehrte Verbreitung des Corona-Virus. (FH Münster/Maxi Krähling)

Für den Betrieb von Lüftungs- und Klimaanlagen müssen einige Anforderungen beachtet werden, um eine Verbreitung von Corona-Viren weitgehend ausschließen zu können. (Dan Hildebrandt)

Bestrahlung mit ultraviolettem Licht sorgt für eine Entkeimung der Luft. (SterilAir AG)

 

Um eine Verbreitung von Corona-Viren durch eine Lüftungs- oder Klimaanlage weitgehend ausschließen zu können, müssen für dessen Betrieb bestimmte Anlagenanforderungen beachtet werden. Zudem stehen die Hygieneaspekte auch im Vordergrund von Anlagenkonfigurationen. Prof. Dr. Bernd Boiting von der Fachhochschule Münster zeigt notwendige Maßnahmen auf.

Lüftungs- und Klimaanlagen stehen spätestens seit den Corona-Vorfällen des fleischverarbeitenden Unternehmens Tönnies in der Kritik. Aufgrund der niedrigen Temperatur, einer geringen Frischluftzufuhr und einer konstanten Luftumwälzung in der Halle soll dessen Lüftungs- und Kühlungsanlage zur enormen Verbreitung des Corona-Virus im Schlachtbetrieb beigetragen haben. Als Folge stellt sich vielfach die Frage, ob Raumlufttechnische-Anlagen generell Viren verbreiten? Prof. Dr. Bernd Boiting, Experte für Raumluft- und Kältetechnik an der FH Münster, antwortet auf diese Frage mit einem klaren „Nein“. „Mittels moderner Filtertechnik lässt sich mittlerweile eine Luftqualität in geschlossenen Räumen herstellen, die frei von Bakterien und Viren ist. Der richtige Betrieb der Klimaanlage ist dabei natürlich vorauszusetzen“, sagt Prof. Boiting.

Luftfeuchtigkeit

Egal, welche Anlagenbauart zum Einsatz kommt, ob Klimaanlagen mit Frischluftzufuhr oder Split-Geräte, die ausschließlich die Raumluft kühlen und umwälzen, es geht um die richtigen Filter und die richtige Luftfeuchtigkeit. „Wir setzen beim Sprechen, Lachen oder Singen immer feine Tröpfchen frei, durch die Coronaviren übertragen werden können. Ist die Luft feucht, sinken diese Tröpfchen schnell ab und stellen bei ausreichendem Abstand kaum eine Gefahr dar. Ist die Luft sehr trocken, entzieht sie den Tröpfchen die Feuchtigkeit. Sie werden kleiner und leichter und fliegen dementsprechend weiter“, erklärt Boiting.

Gerade im Winter, wenn Raumluft häufig trocken und warm sei, stelle das in Bezug auf Bakterien und Viren ein erhöhtes Infektionsrisiko dar. Vor diesem Hintergrund sollte entsprechend der DIN EN 15251 die relative Luftfeuchtigkeit in einem Raum zwischen 30 und 65 % liegen.

Dass zu trockene Luft die Übertragungseffizienz von Viren erhöht, hat darüber hinaus auch der Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK) zu Jahresbeginn 2020 thematisiert und eine Informationskampagne „Mindestfeuchte 40 %“ gestartet. Dazu wurde ein neuer Internetauftritt (https://mindestfeuchte40.de) entwickelt, der über die verschiedenen Aspekte der notwendigen Raumluftfeuchte informiert.

Filtertechnik

Schwebstofffilter, sogenannte HEPA-Filter (Hocheffiziente Partikelfilter), sind ausreichend fein, um Partikel sowie Aerosole und die daran haftenden Coronaviren aus der Luft zu filtern. Dazu hebt Prof. Boiting hervor: „Meines Erachtens reichen Feinstaubfilter der etwas niedrigeren Kategorie ISO ePM 2,5 mit einer Minimal-Effizienz von 50 % ebenfalls aus. Das bedeutet, dass mindestens 50 % aller Feinstaubpartikel, die 2,5 Mikrometer oder größer sind, vom Filter abgeschieden werden müssen.“

Auf der absolut sicheren Seite sei man mit HEPA-Filtern. Allerdings stellen diese Filter einen höheren Kostenfaktor dar. Aufgrund ihrer enormen Filterwirkung bringen sie zudem einen höheren Druckverlust mit sich, der i. d. R. den Energiebedarf der Ventilatoren ansteigen lässt.

„Wer diesen finanziellen Schritt nicht gehen will und eine Klimaanlage mit Außenluftzufuhr und Umluftfunktion betreibt, hat in Zeiten von Corona eine Möglichkeit: Man verzichtet auf die Umluft und erhöht den Außenluftanteil auf 100 %. Damit verdünnt die RLT-Anlage die Virenkonzentration in ausreichendem Maße. Und wer auf die Umluft nicht verzichten kann, muss z.B. einen Filter einbauen“, erklärt der Experte für Raumlufttechnik. Ebenso sollte bei Split-Klimageräten, die lediglich mit Umluftfunktion betrieben werden, ein entsprechender Filter vorgesehen werden.

Zusätzlich kann mittels Bestrahlung dem Corona-Virus entgegengewirkt werden. Dabei werden Leuchtstoffröhren mit ultraviolettem Licht z. B. in die Luftkanäle von Klimaanlagen eingebaut. Die Viren strömen an dem extrem kurzwelligen Licht vorbei, was ihr Erbgut schädigt, sodass sie sich i. d. R. nicht mehr vermehren können.

Prof. Boiting sieht für Deutschland somit keine Gefahr einer verstärkten Verbreitung des Corona-Virus durch Klimaanlagen. Zudem sind meist hohe Hygieneanforderungen vorgeschrieben.

 


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