Ausgabe 6/2004, Seite 6 f.


Sicherheit


Unfallquelle Kabeltrommel

Gerüst stand unter Strom: Drei Personen schwer verletzt

Rüdiger H. F. Heuchel

Der SHK-Handwerker arbeitet auf Baustellen nicht selten auf Leitern oder Gerüsten. Als größte Gefahr für ihn kann dabei sicher der Sturz genannt werden, sei es aus Unachtsamkeit oder wegen mangelhafter Sicherheitsausrüstungen. In dem hier beschriebenen Fall hat sich ein schwerer Unfall mit drei Personen ereignet, mit dem man in den seltensten Fällen rechnet: Das Gerüst stand unter Strom.

Drei Mitarbeiter eines Unternehmens für Sanitär, Heizung und Klempnerei waren beauftragt, an einem dreigeschossigen Wohnhaus die alten schadhaften Zink-Regenrinnen gegen neue aus Kupfer auszutauschen. Um diese Arbeiten sicher ausführen zu können, war das Gebäude eingerüstet. Auf dem Gerüst wurden mittels Bohrhammer Dübellöcher zur Regenrinnen- und Fallrohrbefestigung in das Mauerwerk gebohrt. Die Monteure arbeiteten somit auf einer so genannten kleinen Bau- und Montagestelle (Bild 1).

Arbeitsbereich "Kleine Bau-/Montagestelle" auf einem Gerüst.

Unfallhergang

Die Stromversorgung für die Elektrowerkzeuge erfolgte über einen Leitungsroller (Kabeltrommel), gespeist aus einer Schutzkontakt-Steckdose im Heizungsraum des Gebäudes. Die Leitung verlief durch eine Keller-Außentür auf das darüber errichtete Metallgerüst. Einer der Beschäftigten erhielt beim gleichzeitigen Berühren des Gerüsts und eines Balkongeländers einen heftigen elektrischen Schlag und konnte nicht mehr loslassen. Bei dem anschließenden Rettungsversuch des Verletzten, der zwischen Fassade und Gerüst abzustürzen drohte, erhielten die beiden Kollegen ebenfalls einen elektrischen Schlag. Aufmerksame Passanten erkannten die Gefahrensituation und zogen geistesgegenwärtig den Stecker aus der Steckdose. Mit einem Mobiltelefon wurde sodann der Notarzt/Krankenwagen herbeigerufen.

Schadhafte Anschlussleitung des ungeeigneten Leitungsrollers (Kabeltrommel).

Unfallanalyse

Die der Steckdose vorgeschaltete 16 A Stromkreissicherung hatte nicht ausgelöst. Eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) war nicht, wie vorgeschrieben, vorgeschaltet. Die Anschlussleitung des Leitungsrollers (Kabeltrommel) wies eine sehr starke mechanische Beschädigung durch eine Quetschung auf. Hier waren Außenisolierung sowie eine Aderleitung derart schadhaft, dass ein blanker Leiter sichtbar war (Bild 2). Durch diese Quetschstelle stand das metallene Gerüst unter Strom. Die Qualität der Anschlussleitung (leichte Gummi-Schlauchleitung) war für die zu erwartenden Umgebungsbedingungen auf der Baustelle unzureichend und unzulässig. In solch einem Fall ist mindestens die Qualität einer mittelschweren Gummi-Schlauchleitung erforderlich.

Geeigneter Leitungsroller (Kabeltrommel) mit mittelschwerer Gummi-Schlauchleitung.
(Bild GIFAS)

Fazit

Ortsveränderliche Schutzeinrichtung mit "PRCD-S" als Speisepunkt für elektrische Betriebsmittel auf kleinen Bau- und Montagestellen.
(Bild Kopp)

Konsequenzen

Grundsätzlich muss vor dem Beginn der Arbeiten mit elektrischer Energie am Einsatzort ein besonderer Speisepunkt für die Stromversorgung geschaffen werden. Dabei ist der Schutz durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit einem Bemessungsdifferenzstrom < 30 mA von herausragender Bedeutung. Außerdem müssen die elektrischen Betriebsmittel* für die rauen Umgebungsbedingungen und äußeren Einflüsse am Verwendungsort geeignet sein. Zum Einsatz kommende elektrische Betriebsmittel müssen der Anwendungskategorie entsprechen. Zudem ist vor jeder Benutzung eine Sichtprüfung durch den Betreiber vorzunehmen. Eine Vielzahl von Stromunfällen könnte unter Beachtung der einfachsten Schutzvorkehrungen und -maßnahmen wirksam verhindert werden.

Auch eine Lösung: Leitungsroller (Kabeltrommel) der Anwendungskategorie mit hochempfindlicher Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (PRCD-S) in der Anschlussleitung. Dadurch ist ein zwangsläufiger Zusatzschutz gewährleistet.
(Bild Elspro)

 

Checkliste zum sicheren Umgang mit elektrischer Energie

Schutz gegen Gefahren des elektrischen Stroms

  • Wurde für die durchzuführenden Arbeiten ein Arbeitsverantwortlicher benannt?
  • Wurden die Mitarbeiter auf die Gefahren des elektrischen Stroms hingewiesen?
  • Sind die Beschäftigten belehrt, einen besonderen Speisepunkt für die Stromversorgung zu benutzen, und ist eine entsprechende Zusatz-Schutzeinrichtung verfügbar?
  • Finden Unterweisungen statt, dass keine nassen oder feuchten elektrischen Geräte angefasst werden dürfen?
  • Sind die elektrischen Betriebsmittel für die zu erwartenden Umgebungsbedingungen und Beanspruchungen am Einsatzort geeignet?
  • Wurden die beweglichen Anschlussleitungen vor Beschädigungen geschützt verlegt und sind sie für die Umgebungsbedingungen geeignet?
  • Sind vor der Benutzung die elektrischen Betriebsmittel auf augenfällige Mängel/Schäden untersucht worden?
  • Ist es den Mitarbeitern untersagt, selbst Reparaturarbeiten an elektrischen Ausrüstungen durchzuführen?
  • Ist sichergestellt, dass regelmäßig die elektrischen Betriebsmittel überprüft werden? Sind die Wiederholungsprüfungen dokumentiert, z.B. durch Kennzeichnungen an den Betriebsmitteln?
  • Gibt es Ersthelfer, die auch in der Herz-Lungen-Wiederbelebung nach Elektrounfällen ausgebildet sind?

 

Bei Arbeiten auf einem Gerüst ist ein besonderer Speisepunkt mit hochempfindlichem F.-I.-Schutz (PRCD-S) für die Stromversorgung der elektr. Geräte erforderlich.


* Unter elektrische Betriebsmittel sind alle Geräte gemeint, die elektrischen Strom führen, z.B.: Kabeltrommel, Kabellampe, Staubsauger, Bohrhammer usw.


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