Ausgabe 3/2003, Seite 4 f.


Sanitär


Clevere Problemlöser

Belüftungsventile in der Abwasserinstallation

Noch vor wenigen Jahren in der Abwasserinstallation grundsätzlich verboten, steht es nun um den Einsatz von Lüftungsventilen besser (Bild 1). Wurden sie in der Vergangenheit meist bei Funktionsstörungen in der Hausentwässerung eingesetzt, gibt es jetzt aufgrund neuer europäischer und nationaler Normen genaue Definitionen ihrer Verwendungsmöglichkeiten.

Bild 1: Beispiele für Belüftungsventile von Dallmer (v.l.n.r.):
- Belüftungsventil 900 zum direkten Anschluss an HT-Muffenrohre, DN 50, DN 70, DN 100.
- Belüftungsventil 904 zum Direktanschluss an HT-Rohre DN 40.
- Belüftungsventil Studor-Maxi-Vent zum Anschluss an Abwasserleitungen DN 70 und DN100.
- Belüftungsventil Studor-Mini-Vent zum Anschluss an Abwasserleitungen 11/2", DN 30, DN 40 und DN 50.

Ohne Luft läuft nichts

Um eine ordnungsgemäße Funktion des Entwässerungssystems sicherzustellen, muss es nicht nur belüftet, sondern auch entlüftet werden. Funktioniert die Belüftung nicht planmäßig, sind leer gesaugte Siphons und damit verbundene Geruchs- und Geräuschbelästigungen die Folge. Ohne ausreichende Entlüftung kann es zu Zersetzungsprozessen kommen, bei denen explosive und sehr aggressive Kanalgase entstehen können. Diese wiederum greifen das Rohrmaterial an und können zudem eine Gefahr für die im Abwasserkanal arbeitenden Personen darstellen.

Die ausreichende Luftmenge ist entscheidend

Bei einer Benutzung eines Sanitärobjekts entsteht während des Abflussvorgangs ein Unterdruck im Rohrsystem. Bei durchschnittlichen Spülvorgängen beträgt dieser ca. 0,5 - 2,5 mbar. Dieser muss durch eine ausreichende Belüftung ausgeglichen werden. Während in Anschlussleitungen die gleiche Menge Luft wie Abwasser strömt, beträgt bei Fallleitungen das zu erwartende Wasser/Luft-Verhältnis ca. 1:8, also achtmal mehr Luft als Wasser.

Bild 2: Links: Bei Überdruck im System ist das Belüftungsventil geschlossen und dicht; es können keine Kanalgase austreten. Rechts: Bei Unterdruck öffnet das Belüftungsventil und Luft strömt in die Abwasseranlage.

Wie funktioniert ein Belüftungsventil?

Lüftungsventile werden meist innerhalb von Gebäuden eingesetzt und sind im Ruhezustand geschlossen (Bild 2). Dies ist sehr wichtig, weil sonst übel riechende Kanalgase austreten würden. Erst wenn sich in der Rohrleitung ein Unterdruck aufbaut ca. (20-100 Pa), hebt sich im Ventil eine Gummimembrane und Luft wird angesaugt. Belüftungsventile dienen damit nur der Belüftung.

Lüftungsventile als Hauptlüftungsersatz?

In der DIN 1986-100 sind nun die neuen Einsatzbedingungen von Lüftungsventilen eindeutig geregelt. In Ein- und Zweifamilienhäusern können Belüftungsventile für die Belüftung von Fallleitungen als Hauptlüftungsersatz eingesetzt werden, wenn mindestens eine Fallleitung weiterhin als Hauptlüftung über Dach geführt wird (Bild 3). Auf diese Weise können nicht nur erhebliche Kosten eingespart, sondern auch die ungeliebten und kritischen Dachdurchführungen reduziert werden.

Bild 3: Unter Beachtung der DIN 1986-100 können Belüftungsventile als Hauptlüftungsersatz im Innern des Gebäudes eingesetzt werden.

Nicht verwendet werden dürfen Lüftungsventile, wenn deren Einsatzort unter der Rückstauebene liegt oder eine Hebeanlage über sie belüftet werden soll. Diese Forderung ist zum einen darin begründet, dass bei Fäkalienhebeanlagen die Faulgase das Gebäude über eine Lüftungsleitung sicher verlassen müssen. Andererseits lösen viele Hebeanlagen ihre Funktion über einen Drucksensor aus: Wird die Lüftungsleitung durch ein Rohrbelüfter ersetzt, kann die durch das einlaufende Wasser verdrängte Luft nicht entweichen. Der sich aufbauende Druck veranlasst dann den Drucksensor die Pumpe einzuschalten.

An dieser Stelle ist besonders hervorzuheben, dass die neuen Abwassernormen die Möglichkeit eröffnen, die Einzel- und Sammelanschlussleitungen höher belasten zu können, wenn sie belüftet werden. So kann ein Lüftungsventil bei Einzelanschlussleitungen unmittelbar in Fließrichtung nach dem Siphon, bei Sammelanschlussleitungen nach dem letzten anzuschließenden Objekt installiert werden. Durch deren Belüftung dürfen z.B. Einzelanschlussleitungen bis zu 10 m lang sein, sie brauchen nur noch ein Mindestgefälle von 0,5% und es können eine unbegrenzte Anzahl von 90°-Bögen eingesetzt werden (Bild 4).

Bild 4: Anwendungsgrenzen bei belüfteten und unbelüfteten Anschlussleitungen.

Einbaurichtlinien

Aber nicht nur das Wo, sondern auch das Wie ist beim Einsatz von Lüftungsventilen wichtig. Sie sind zwar wartungsfrei, müssen aber jederzeit gut zugänglich und lotrecht eingebaut werden. Ihr Einsatz darf nur dort erfolgen, wo Abwasser nach DIN 1986-3 anfällt. Bedingt dadurch, dass die Verschlussmembrane bei sehr geringen Drücken öffnen und schließen muss, spielt eine saubere Umgebung hier eine große Rolle (Bild 5). In einer staubigen oder stark fetthaltigen Umgebungsluft hat das Ventil folglich eine nicht so hohe Lebenserwartung. Sind die äußeren Umstände jedoch gut und die Montage sachgerecht, kann man von einer jahrzehntelangen Lebenserwartung ausgehen.

Bild 5: Einbaubeispiel für ein Belüftungsventil, hier auf einem Speicher. Wichtig ist, dass Belüftungsventil in sauberer Umgebung einzubauen, um es vor Verschmutzungen zu schützen.

Wird das Ventil hinter einer Wand oder in einer Vorwandinstallation eingesetzt, muss es erreichbar bleiben. Hier empfiehlt sich der Einbau eines Revisionsrahmens. Damit dem Ventil auch genügend Luft zur Verfügung steht, sollte dieser Rahmen eine Zuluftöffnung von etwa 20 cm2 aufweisen.

Auch gegen Frost haben viele der in Deutschland verkauften Lüftungsventile nichts einzuwenden. In den meisten Fällen vertragen die Ventile in Verbindung mit dem Einbau der werkseitig mitgelieferten wärmegedämmten Abdeckhaube Temperaturen bis zu -20°C.

Eine grundsätzliche Voraussetzung für die Verwendung der Belüftungsventile ist, dass sie eine bauaufsichtliche Zulassung des deutschen Instituts für Bautechnik mitbringen. Herstellerseitig sind sie mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) gekennzeichnet und damit auch verwendungssicher.


T e x t   u n d   B i l d e r :   Dallmer GmbH + Co. KG, Arnsberg


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