IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 07/2005, Seite 38 ff.

Die Ente bleibt draußen…

Dipl.-Kfm. Marcus Sauer*

Während die Herren Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner im berühmten Loriot-Sketch nur darüber diskutieren, ob ein Wannenbad mit oder ohne Wasser wohltuender ist, wird bei der Einrichtung barrierefreier Bäder gerne darüber diskutiert, ob überhaupt eine Badewanne nötig ist oder nicht. Betrachtet man die Wünsche der älteren Kunden, dann auf jeden Fall - so das Ergebnis einer Befragung der GGT bei der "Generation 50+" zur Ausstattung ihrer Bäder.

Sehr weit oben auf der Ausstattungs-Wunschliste stand dabei fast immer die Badewanne. Das ist erstaunlich, weil in derselben Befragung auch nach den größten Problemen im Bad gefragt wurde. Und da wurde immer wieder das Einsteigen in die Badewanne und vor allem das Aussteigen aus der Badewanne als großes Problem genannt. Der jungen und aktiven "Generation 50+" fällt es noch leicht, die Badewanne zu benutzen. Mit ersten körperlichen Einschränkungen einer "Generation 60+" fällt es dann aber immer schwerer, in der Badewanne ohne Hilfe aufzustehen.

Fast schon selbstverständlich sind Haltegriffe auf der Wandseite der Badewanne, wie hier in Chromoptik …
Bild: sam

Griffsysteme können helfen

Das Runterlassen auf den Boden und noch mehr das Aufstehen aus einer tiefen Sitzposition wird zum großen Problem. Es muss viel Kraft aufgewendet werden, um sich vom Wannenboden wieder auf die Beine zu stellen. Manche Nutzer gehen in die Knie und richten sich dann - wie bereits vor vielen tausend Jahren schon mal in der Evolution erprobt - von allen Vieren auf die Beine auf. Andere sind auf Hilfe durch eine dritte Person angewiesen.

Notwendig ist, dass im Bereich der Badewanne Haltegriffe vorhanden sind, an denen man sich hochziehen und festhalten kann. Der Idealfall ist eine Griffreling oberhalb des Fußendes der Wanne. Diese bietet nämlich neben der Möglichkeit, sich hochziehen zu können auch so lange Halt, bis man wieder mit beiden Füßen auf dem trockenen und sicheren Boden außerhalb der Wanne steht.

Fast schon selbstverständlich sind Haltegriffe auf der Wandseite der Badewanne. Für die Position - ob waagerecht, senkrecht oder schräg - gibt es kein "Patentrezept". Diese hängt immer vom Nutzer ab und sollte mit ihm zusammen ermittelt werden.

Haltegriffe an der Wandseite sind aber nicht in allen Fällen ausreichend. Eine Ergänzung - vielleicht auch zur Nachrüstung mit zunehmendem Alter - stellen Griffe auf der Einstiegsseite der Wanne dar. Diese können beispielsweise im Boden verankert werden. Es gibt auf dem Markt auch Badewannen mit integrierten Griffen auf beiden Seiten.

Egal wie der Griff angebracht wird - er muss in jedem Fall so positioniert sein, dass im Notfall auch tatsächlich der Griff gegriffen wird und nicht etwa die Armatur als Griff "missbraucht" wird.

… oder als Relingausführung in Edelstahlausführung.
Bild: FSB

Fällt das Aufstehen aus der tiefen Wanne immer schwerer, gibt es Hilfsmittel, mit denen sich die Sitzhöhe in der Wanne anpassen lässt. Diese "Badewannenbretter" ermöglichen dann zwar kein echtes Vollbad mehr, da man sehr hoch über dem Boden sitzt, sie ermöglichen aber ein bequemes Duschbad. Kombiniert mit einer drehbaren Einstiegshilfe sind solche Badewannenbretter ein echtes Komfortprodukt.

Badewannen mit extra eingearbeiteter erhöhter Sitzfläche werden mittlerweile auch angeboten. Hier sitzt der Nutzer nicht auf dem tiefen Boden, sondern bequem etwas erhöht, kann aber trotzdem die Vorzüge eines Wannenbades genießen.

Nutzungsgewohnheiten

Hinterfragt man die Nutzungsgewohnheiten älterer Menschen in ihrem Bad genauer, so zeigt sich, dass die Badewanne zwar sehr beliebt ist, tatsächlich aber nur selten genutzt wird. Zwei Nutzungsarten werden dabei häufig genannt: das Wellness- oder Entspannungsbad - insbesondere bei der "Generation 50+" - oder das "Pflegebad" bei Erkältung, Rheuma oder anderen Krankheiten.

Der Grund für die eher seltene Nutzung der Badewanne liegt auf der Hand: der Aufwand, der für ein Wannenbad nötig ist, ist um ein Vielfaches größer als bei der Dusche. Der Zeitfaktor spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Barriere beim Ein- und Ausstieg. Ein weiteres Problem ist die anschließende Reinigung. Diese kann einen erheblichen Aufwand darstellen, der von älteren Menschen oftmals gescheut wird: bei zunehmender Einschränkung der Bewegungsfähigkeit fällt es schwer, den Wannenboden zu säubern. Er ist einfach nicht mehr erreichbar.

Themenbereiche

Ausgabe

Was ist Gerontotechnik?

22/2002

Wie sieht der Markt aus?

4/2003

Überblick über die DIN-Normen

9/2003

Rund um das Thema Armaturen

12/2003

Waschtisch und Accessoires

14/2003

WC-Einrichtungen

17/2004

Dusche und Accessoires

24/2004

Badewanne und Accessoires

 

Das ideale Bad

11/2004

Kostenträger und Finanzierung

19/2003

Kommunikationsproblem und Vermarktung

 

Marketing

 

Fazit

 

Badewanne mit Tür

Das immer größer werdende Interesse der Endkunden an diesem Thema hat dazu geführt, auch solche Produkte in der Ausstellung der GGT in Iserlohn zu präsentieren.

Eine Badewanne mit Tür kann durchaus eine Alternative zur "herkömmlichen" Badewanne sein. Allerdings müssen einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein, damit eine Badewanne mit Tür vom Nutzer komfortabel eingesetzt werden kann:

Werden diese Punkte berücksichtigt und ist die Installation entsprechend ausgelegt, kann die Badewanne mit Tür eine Alternative sein.

Für den SHK-Fachbetrieb ist hierbei zu berücksichtigen, dass die meisten Anbieter dieser Badewannen direkt an den Endkunden liefern - allerdings meist zusammen mit Kooperationspartnern vor Ort.

Die GGT - Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik - bietet in Iserlohn regelmäßig Schulungen zum "Fachbetrieb für senioren- und behindertengerechte Installation" an. Das in Kooperation mit dem ZVSHK angebotene Seminar gibt Handwerksbetrieben das nötige Werkzeug, um aktiv auf die Zielgruppe "Generation 50+" zugehen zu können - angefangen bei demografischen Aspekten über altersbedingte Beeinträchtigungen und Finanzierungsfragen bis hin zu Planungshinweisen.

Die Termine 2005:

27. - 29. April
28. - 30. September
30. November - 2. Dezember

Weitere Informationen:

Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik,
Max-Planck-Straße 5, 58638 Iserlohn,
Tel.: 02371/9595-0 oder sauer@gerontotechnik.de.

Alternativen

Spricht man mit Vertretern der Wohnungswirtschaft hört man auch heute noch oft die Aussage, dass sich Wohnungen mit Badewanne besser vermieten lassen - auch an ältere Mieter und auch unter Berücksichtigung der Probleme bei der Benutzung.

Eine Alternative kann hier eine Innovation namens "DuBa" sein. Diese Dusch-Badewanne ist in erster Linie eine (nahezu) bodengleiche Dusche. Bei Bedarf kann der Nutzer jedoch ein "Schott" einsetzen, das mit einer Dichtung versehen ist und fest verschraubt wird. Ist dieses Schott eingesetzt, kann er die Dusche als ganz normale Badewanne nutzen. Die Handhabung des Schotts ist relativ einfach und auch von älteren Menschen problemlos zu bewältigen. Gerade in kleinen Bädern bietet sich so die Möglichkeit, auf gleicher Fläche sowohl Badewanne als auch Dusche unterzubringen.

Wenn der Einstieg in die Badewanne nur noch schwer möglich ist und sich keine (bodengleiche) Dusche einbauen lässt, kann auch ein Badewannenlifter zum Einsatz kommen. Diese Hilfsmittel, die teilweise auch von den Krankenkassen finanziert werden, werden in die Badewanne eingesetzt und ermöglichen es, sich mittels Fernbedienung akkugetrieben bis auf den Wannenboden herunterfahren zu lassen.

Die früher im Einsatz befindlichen mit Wasserdruck betriebenen Badewannenlifter sind aus Sicherheitsgründen heute nur noch selten im Einsatz. Gerade bei älteren Menschen ist jetzt aber Überzeugungsarbeit zu leisten, wenn es darum geht, sie von der Ungefährlichkeit von Strom in der Badewanne zu überzeugen. Gelingt dies, haben die Nutzer eine sehr komfortable und einfach zu handhabende Möglichkeit, die Badewanne auch weiterhin zu nutzen.

Wer heute schon beim Einbau einer Badewanne vorausschauend plant, sollte darauf achten, eine Badewanne mit Überlauf am Fußende und nicht in der Mitte der Wanne zu wählen. Liegt der Überlauf nämlich in der Mitte, ist eine spätere Ausrüstung der Wanne mit einem Badewannenlifter nicht mehr möglich.

Eine Badewanne mit Tür kann durchaus eine Alternative zur "herkömmlichen" Badewanne sein.
Bild: VitaActiva

Der Blick in die Norm

Fast schon obligatorisch ist bei der Planung barrierefreier Bäder ein Blick in die einschlägigen DIN-Vorschriften, nämliche die DIN 18024 Teil 2 (öffentlich zugängliche Sanitärräume) und die beiden Teile der DIN 18025 (privater Bereich: Teil 1 - Wohnungen für Rollstuhlbenutzer, Teil 2 - "Barrierefrei für Alle") - zumindest dann, wenn der Bauherr explizit auf diese Vorschriften Wert legt. Mit Verwunderung und Freude fällt dem SHK-Fachbetrieb dabei auf, dass für öffentlich zugängliche Sanitärräume überhaupt keine Badewanne vorzusehen ist. Im privaten Bereich sind lediglich die Aussagen über Bewegungsflächen vor den Einrichtungen im Bad zu berücksichtigen. Und die schreiben gemäß Teil 1 eine Fläche von 150 x 150 cm vor und gemäß Teil 2 nur 120 x 120 cm. Eine weitere Vorgabe befasst sich mit der Umwandlung einer Dusche in eine Badewanne: Nach DIN 18025 Teil 1 muss ein nachträgliches Aufstellen einer Badewanne im Bereich der Dusche möglich sein, nach Teil 2 sollte dies möglich sein.

Fazit: Die Badewanne ist ein beliebtes Ausstattungselement im Bad. Richtig geplant bietet sie Entspannung, Wellness und Erholung. Für den täglichen Bedarf ist sie aber gerade für die "Generation 50+" immer nur die zweite Alternative nach der bodengleichen Dusche.

Internetinformationen:
www.gerontotechnik.de
www.fsb.de
www.sam.de
www.vitaactiva.org


* Dipl.-Kfm. Marcus Sauer, Projektleiter Sanitär, Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik, Iserlohn


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