IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 06/2005, Seite 32 ff.

ISH 2005 VON A - Z
B wie Brennwerttechnik

Brennwerttechnik erobert den Heizungsmarkt

Zwei Entwicklungen in der konventionellen Heiztechnik der vergangenen Jahre setzen sich weiter durch: Der Trend weg von bodenstehenden Heizkesseln hin zu Platz sparenden wandhängenden Geräten und der Wechsel von Standard-Technik hin zu hochwertiger, effizienter Brennwerttechnik. Hinzu kommen steigender Bedienkomfort und Ausweitung des Systemangebots. So lassen sich moderne Brennwertkessel problemlos mit Warmwasserspeichern und anderen Wärmeerzeugern (wie Solaranlagen oder Pelletheizungen) zu intelligenten, Energie sparenden Heizsystemen kombinieren. Die ISH wird auch diesen Strömungen wieder mehr als gerecht. Nahezu alle renommierten Hersteller haben entsprechende Geräte im Programm - sowohl für Gas als auch vermehrt für Heizöl. Sie nutzen die Leitmesse als Plattform, um über die Möglichkeiten dieser wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Heiztechnik zu informieren.

"Angesichts der angespannten Lage auf den Energiemärkten und stetig steigender Energiepreise müssen auch die Verbraucherinnen und Verbraucher Energie effizienter nutzen." Diese Mahnung von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sollte selbstverständlich sein. Für Privathaushalte bedeutet dies nicht nur, die Stand-by-Verluste ihrer Elektrogeräte im Auge zu behalten, effiziente Leuchtmittel einzusetzen und ihr Automobil mit Vernunft zu nutzen, sondern besonders auch Ihrer Heizung mehr Beachtung zu schenken. Denn noch vor dem Auto (mit 35%) ist die Heizung (49%) der größte Energieverbraucher eines durchschnittlichen Privathaushaltes in Deutschland, berichtet der Initiativkreis Erdgas & Umwelt. Zusammen mit der Warmwasserbereitung, die häufig mit der Heizung gekoppelt ist, würden gar 57% der gesamten Energie für die Wärmeerzeugung verbraucht.

Im größeren Leistungsbereich werden immer häufiger Brennwertkessel eingesetzt.
Bild: Viessmann

2,5 Mio. veraltete Heizungen

Hohes Energieeinsparpotenzial bietet neben dem Neubau auch die Modernisierung. Nach Angaben der Energieagentur NRW werden immer noch rund 90% der Heizenergie in Gebäuden verbraucht, die vor 1977 errichtet wurden. Viele Heizungsanlagen sind nicht minder alt. Sie lassen die technologischen Entwicklungen der 80er- und 90er-Jahre vermissen. Das Institut für wirtschaftliche Oelheizung (IWO) berichtet von Studien, nach denen rund 2,5 Mio. Heizungen allein in Deutschland über 25 Jahre alt sind. Aufgrund hoher Abgas- und Oberflächenverluste geht bei diesen Anlagen viel Energie durch den Schornstein verloren oder wird zum Aufheizen des Heizkellers vergeudet. Hier empfiehlt sich dringend eine Heizungsmodernisierung. Mit einem neuen Niedertemperaturkessel können bis zu 30% Öl oder Gas eingespart werden. Heizkessel in Brennwerttechnik kommen gar mit bis zu 40% weniger Brennstoff aus als ihre veralteten Vorgänger.

Noch vor dem Auto ist die Heizung mit 49% der größte Energieverbraucher eines durchschnittlichen Privathaushaltes in Deutschland.

Das Angebot an modernen Brennwertkesseln ist vielfältig. Bei Wandkesseln, wie sie führende Hersteller von Atag, BBT Thermotechnik (mit Bosch-Junkers und Buderus) oder Brötje bis hin zu Vaillant, Viessmann oder Weishaupt im Programm haben, gehört die Brennwerttechnik mittlerweile zum Standard. Bei bodenstehenden Großkesseln, die nicht für Brennwertnutzung ausgelegt sind, können separate Abgaswärmetauscher zwischen Heizkessel und Schornstein/Abgasanlage installiert werden.

Wandkessel erweisen sich als echte Platzsparer. Ausdehnungsgefäß, Umwälzpumpe und Regelung sind häufig in die kompakten Geräte integriert.
Bild: Vaillant

Wandkessel erweisen sich als echte Platzsparer. Ausdehnungsgefäß, Umwälzpumpe und Regelung sind häufig in den kompakten Geräten integriert. Dank raumluftunabhängigem Betrieb, bei dem die Verbrennungsluft über ein Zuluftsystem von außen und nicht aus dem Aufstellraum zugeführt wird, erübrigt sich ein separater Heizungsraum. Der Leistungsbereich und die Modulationsspanne der Geräte werden zunehmend erweitert. Hohe Leistungen lassen sich auch durch Reihenschaltung (Kaskade) erzielen. Mit einer Kaskadenregelung können mehrere Brennwertwandkessel zu einer Heizzentrale zusammengefasst werden. "Für die Mehrgeräteanlage in Kaskadenbauweise spricht zum einen der Sicherheitsaspekt, da bei Ausfall eines Brennwertgerätes die übrigen Geräte weiter arbeiten können, zum anderen die optimale Energieausnutzung bei niedrigen Schadstoffemissionen", unterstreicht man bei Weishaupt.

Bodenstehender Brennwertkessel mit integriertem Wärmetauscher.
Bild: Rotex

Verbesserungen im Detail

Was die Effizienz der Brennstoffausnutzung betrifft, so haben Gas-Brennwertkessel nahezu die Grenzen der Physik erreicht. Doch überraschen die Hersteller zur ISH wieder mit vielen Verbesserungen im Detail. So wird das Systemangebot immer umfangreicher, bis hin zur Solar-Kombination. Z.B. bietet Vaillant eine Kombination aus Brennwertheizgerät mit Solar-Schichtladespeicher in einem kompakten Gehäuse an. Alle wesentlichen Komponenten wie Solarpumpe, Manometer, Volumenstrombegrenzer oder Thermostatmischer seien schon im Heizgerät vormontiert, der Solarregler integriert. Moderne Regelungen sorgen für einen effizienten, emissionsarmen Betrieb. So setzt etwa Weishaupt eine Sauerstoffregelung ein, mit der die Verbrennungsqualität bei unterschiedlichen Gasqualitäten überwacht wird. "Diese automatische Kalibrierung sorgt für einen gleich bleibend hohen Wirkungsgrad, einen geringen Gasverbrauch und eine hohe Betriebssicherheit." Oder Vaillant erhielt jüngst für seine Kohlenmonoxid (CO) geführte Verbrennungsregelung den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft. Ein im Abgasweg platzierter CO-Sensor erfasst dabei permanent das Verbrennungsergebnis, der Kessel wird über eine Regelung immer auf einen optimalen Betriebszustand eingestellt.

Nachgeschaltetes Brennwertmodul, Leistungsbereich 15, 20, 25 und 30 kW.
Bild: Weishaupt

Renaissance der Ölheizung

Mit der Brennwerttechnik kann sich auch das Heizöl von seinem Low-Tech-Image der vergangenen Jahre lösen. "Die Ölheizung erlebt gegenwärtig eine Renaissance", berichtet denn auch das IWO. Die besonders sparsame Öl-Brennwerttechnik und die neue umweltschonende Ölsorte "Heizöl EL schwefelarm" sollen der Ölheizung in den nächsten Jahren weiteren Zuwachs bringen. Mittelfristig dürfte sowohl im Neubau als auch bei der Modernisierung die Niedertemperaturtechnik von der Öl-Brennwerttechnik als technischer Standard abgelöst werden.

Öl-Brennwertkessel mit nachgeschaltetem Wärmetauscher (links: Wolf, Mitte: Buderus, rechts: Brötje).

Die Heizungsindustrie bietet Verbrauchern, die auf Heizöl setzen, zur ISH denn auch eine umfangreiche Auswahl an Öl-Brennwertkesseln an. Einsatz ist sowohl für den Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser als auch in größeren Wohnanlagen möglich. Auch raumluftunabhängiger Betrieb ist möglich, z.B. bei den neuen Anlagen von Brötje oder Rotex. Hersteller wie Weishaupt oder MAN Heiztechnik bieten für die Brennwertnutzung separate Wärmetauscher an, die ihren Öl-Heizkesseln nachgeschaltet werden. Dies schone das Material und erhöhe die Lebensdauer.

Mit einer Kaskadenregelung können mehrere Brennwertwandkessel zu einer Heizzentrale zusammengefasst werden.
Bild: Junkers

Dass sich die Öl-Brennwerttechnik deutlich schneller entwickeln wird, als dies in der Vergangenheit beim Gas der Fall war, darin sind sich Fachleute einig. "In 2007 könnte jede dritte Öl-Unit ein Brennwertgerät sein", prognostiziert etwa Dipl.-Ing. Bernd Schedlitzki, Produktmanager beim Heiztechnikhersteller August Brötje. Allerdings müsse es gelingen, die Öl-Brennwerttechnik vom teuren Nischenprodukt zu einem Massenprodukt mit überzeugendem Preis-/Leistungsverhältnis zu entwickeln. Zu den Verfechtern der Brennwerttechnik gehört auch Rotex-Geschäftsführer Dr. Franz Grammling. Seine Argumente: "Niedertemperaturkessel verbrauchen nach DIN 4710 - 10 rund 18 % mehr Heizöl als Öl-Brennwertkessel. Dieser Mehrverbrauch ist nicht akzeptabel."

Vom Boden an die Wand

Auch für den durch Gasgeräte ausgelösten Trend "vom Boden an die Wand" gibt es bereits Lösungen mit Öl, z.B. wandhängende Öl-Brennwertkessel von Viessmann. Bei Rotex hat man die Fertigung von Öl-Niedertemperaturkesseln bereits komplett eingestellt und bietet für Gas und Öl nur noch Brennwertgeräte an. Moderne Öl-Brennwertkessel sind Teil der umfangreichen Systemtechnik der Hersteller. Neben abgestimmten Regelungen und Abgassystemen gehören dazu auch die passenden Module und Kombinationen für die Integration der Solarenergie, wie sie u.a. Rotex oder Solvis anbieten.

Auf der Gasseite hat sich die Brennwerttechnik längst durchgesetzt. Inzwischen steigt auch die Nachfrage nach Öl-Brennwertgeräten.

Kein Grund also, auf die effiziente, Energie sparende Gas- und Öl-Heiztechnik zu verzichten. Brennwert setzt sich nicht nur in Deutschland immer mehr durch. In Großbritannien, dem derzeit größten europäischen Markt für Heiztechnik, ist die Brennwerttechnik der Renner. Und wenn im Mai 2005 das "Energy White Paper" Gesetz wird, dürfen dort nur noch Brennwertgeräte verkauft werden. Europaweit, so schätzt man bei Buderus (BBT Thermotechnik), werde der Anteil von Gas-Brennwertgeräten bis 2020 von derzeit unter 20% auf über 50% aller neu installierten Heizkessel steigen.


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]