IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 05/2005, Seite 46 ff.

HEIZUNGSTECHNIK

 

Einflussreicher Bodenbelag

Bei einer Fußbodenheizung hat die Art des Oberbodens Auswirkungen auf die Hydraulik

Dipl.-Phys. Sven Petersen*

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Planung und Ausführung von Heizungs- und Wassererwärmungsanlagen sind in der VOB klar geregelt. Dort heißt es beispielsweise, dass die einzelnen Bauteile aufeinander abzustimmen sind und dass der hydraulische Abgleich so vorzunehmen ist, dass alle Wärmeverbraucher entsprechend ihrem Wärmebedarf mit Heizwasser versorgt werden müssen. Leider ist immer wieder festzustellen, dass im Bundesdurchschnitt bei nur ca. 10% aller Fußbodenheizungen dieser hydraulische Abgleich auch wirklich durchgeführt wurde.

Die Nichtdurchführung kann dabei erhebliche finanzielle und arbeitsintensive Konsequenzen für den Auftragnehmer haben. Wenn festgestellt wurde, dass der Abgleich nicht durchgeführt wurde oder gar einige Räume eines Gebäudes nicht warm werden, müssen die Ventilvoreinstellungen am Verteiler im Nachhinein eingestellt werden.

Diese Ventilvoreinstellungen sollten eigentlich das Ergebnis der Planung sein und dem ausführenden Unternehmen vorliegen. Die Realität im Einfamilienwohnhaus und - wenn auch nicht mehr ganz so ausgeprägt - in Gebäuden mit sehr vielen Abnehmern sieht aber häufig leider anders aus: Der Wärmebedarf der Räume wird geschätzt, die Druckverluste der Heizkreise werden nicht berechnet. Deshalb liegen keine Einstellwerte für die Ventile vor und beim Verlegen der Heizkreise werden die tatsächlich verlegten Rohrmeter der Heizkreise nicht festgehalten. In diesen Fällen hilft häufig nur ein zeitaufwendiges Auslitern der Heizkreise oder der Einsatz einer Wärmebildkamera, um die tatsächlich verlegte Rohrlänge für die nachträgliche Bestimmung der Ventilvoreinstellungen zu ermitteln. Beide Varianten müssen hierbei vom Auftragnehmer bezahlt werden, da dieser dem Kunden eine mangelfreie Ausführung seines Gewerks schuldet.

Dass trotz dieser potenziellen Gefahr so wenig Anlagen einreguliert werden erstaunt umso mehr, wenn man sich ansieht, wie schnell heute ein Abgleich durchgeführt werden kann. Je nach Anbieter des Heizkreisverteilers dauert die Einregulierung nur wenige Minuten, der z.B. beim velta-provario-Verteiler sogar werkzeugfrei durchgeführt werden kann und bei dem auch später an den Zahlen des Einstellringes immer abzulesen ist, in welcher Stellung sich das Ventil befindet.

Der hydraulische Abgleich wird so stark betont, weil sämtliche nachfolgenden Regelungseinrichtungen immer nur auf die eingestellten Wassermengen zugreifen. Eine zu geringe Wassermenge in einem Heizkreis versucht der Heizungsbauer mitunter durch eine größere Pumpenleistung auszugleichen. Das hat durch die damit bedingte Überversorgung von anderen Heizkreisen zur Folge, dass die Einzelraumregelung den Überschuss wegregelt, indem sie bei Temperaturanstieg im Raum die Thermoantriebe schließt. Daraus ergibt sich die landläufige Meinung, eine Fußbodenheizung sei träge und nicht regelbar. Diese Aussage ist aber in dieser Form nicht haltbar.

Der Oberbodenbelag

Ein Haupteinflussfaktor auf die benötigten Wassermengen ist der Oberbodenbelag. Seine Auswirkung kann man in zwei Fragestellungen darstellen.

Frage 1: Wie stark muss sich bei konstanter Vorlauftemperatur die Wassermenge ändern, damit trotz Änderung des Oberbodenbelages der Wärmebedarf des Raumes abgedeckt wird?

Frage 2: Wie stark kann sich bei konstanter Wassermenge die Vorlauftemperatur ändern, damit trotz Änderung des Oberbodenbelages der Wärmebedarf des Raumes gedeckt wird?

Bild 1: Korrekturfaktoren für die benötigte Wassermenge bei unterschiedlichen Oberbodenbelägen.

Zu Frage 1

Bild 1 macht deutlich, welche Korrekturfaktoren für diesen Fall angesetzt werden müssen. Setzt man statt eines Teppichs mit einem Wärmedurchgangswiderstand von Rl, B = 0,15 (m² · K)/W einen Fliesenbelag mit Rl, B = 0,02 (m² · K)/W ein, so kann die Wassermenge um den Faktor 2,5 reduziert werden.

Bild 2: Auslegungsdiagramm am Beispiel velta tecto 2 mit dem 14er-Rohr, 45 mm Überdeckung.

Zu Frage 2

Diese Frage kann anhand des Auslegungsdiagramms in Bild 2 beantwortet werden. Man sieht:

Weitere Effekte, wie die Erhöhung der Rohrdimension von 14 mm auf 17 mm Außendurchmesser, eine Verringerung der Estrichüberdeckung von 45 mm auf 30 mm oder die Systemänderung von Typ A auf Typ B haben dagegen nur untergeordnete Auswirkungen. Dies soll nicht den Eindruck vermitteln, diese Maßnahmen würden nichts bringen. Ihre Vorteile aber liegen in anderen Bereichen. So bringt die Erhöhung der Rohrdimension von 14 mm auf 17 mm geringere Druckverluste bei gleicher Wassermenge. Die Heizkreise können größer werden oder es kann mehr Wasser transportiert werden, um beispielsweise die Fußbodenheizung auch zur Flächenkühlung zu nutzen. Eine Reduzierung der Estrichüberdeckung von 45 mm auf 30 mm spart 15 mm Aufbauhöhe und trägt durch die um ca. 25% verringerte Estrichmasse zu einer noch besseren Regelbarkeit des Systems mit bei.

Eine Verringerung des Verlegeabstandes wird immer dann durchgeführt, wenn man eine möglichst gleichmäßige Oberbodentemperatur erreichen möchte. Je wärmetechnisch besser der Oberbodenbelag ist, desto enger sollte der Verlegeabstand gewählt werden. Das führt im Badezimmer zur generellen Forderung nach einem Verlegabstand von 10 cm. Man sollte sich heute hinsichtlich des Verlegeabstands immer am verwendeten Oberbodenbelag orientieren und nicht nur auf eine Abdeckung des Wärmebedarfes aus sein.

Berechnungsbeispiel

Es folgt der Versuch, die Folgen eines nicht durchgeführten hydraulischen Abgleichs anhand einer Beispielsrechnung abzuschätzen. Als Grundlage soll hier ein Berechnungsbeispiel mit folgenden Eckdaten dienen:

- Einfamilienwohnhaus,

- Heizkreislängen und Wassermengen sind bestimmt,

- aus diesen Daten ist der Druckverlust in jedem Heizkreis berechnet, sodass

- die Ventilvoreinstellwerte für den hydraulischen Abgleich vorliegen.

Bild 3: Abhängigkeiten zwischen dem Förderstrom und der abgegebenen Wärmeleistung. Wird der Volumenstrom um 10% reduziert, sinkt die Wärmeabgabe nur um 1%.

Was passiert in diesem Fall, wenn der hydraulisch Abgleich nicht durchgeführt wird? Die am Verteiler zur Verfügung stehende Wassermenge verteilt sich jetzt so auf die Heizkreise, dass bei voll geöffnetem Ventil immer der gleiche Druckverlust herrscht. Die sich daraus ergebenden Wassermengen für die einzelnen Heizkreise werden dann mit den Wassermengen aus der Beispielsrechnung verglichen und die Erhöhung bzw. Absenkung der Wärmeabgabe anhand von Bild 3 abgeschätzt. Ohne hydraulischen Abgleich ergibt sich für alle Heizkreise ein einheitlicher Druckverlust von 55 mbar. Das Ergebnis zeigt Tabelle 1.

Man erkennt, dass die Schwankungsbreiten in der Wärmeabgabe nicht sehr stark sind. Hier ist wohl auch der Grund dafür zu sehen, warum der Abgleich so selten durchgeführt wird. Bei einigermaßen gleich großen Heizkreisen und Räumen mit ähnlichem Wärmebedarf, also der typischen Situation im Einfamilienhaus, wo die meisten Innentüren im Normalfall auch noch offen stehen, wird der Unterschied kaum bemerkt. Kritisch wird es in Gebäuden, bei denen kein Temperaturausgleich zwischen den Räumen stattfindet (Hotel, Büro) und in Räumen, bei denen erhöhter Komfort erwartet wird (Badezimmer, Wohnzimmer). Hier werden -25% Wärmeabgabe weder vom Bauherren noch vom Heizungsbauer akzeptiert.

Entweder werden durch eine Erhöhung der Pumpenleistung die Wassermengen erhöht, oder es wird die Heizkurve angehoben. In beiden Fällen drosselt dann die Einzelraumregelung die nochmals erhöhte Wassermenge in den schon überversorgten anderen Räumen und es ergeben sich durch die so reduzierte Wassermenge sehr große Spreizungen. Es kommt gerade in Räumen mit Fliesenbelägen zu den vom Bauherrn als unbehaglich empfundenen großen Temperaturwelligkeiten. Sowohl die Erhöhung der Pumpenleistung als auch die Erhöhung der Vorlauftemperatur sind energetisch ungünstig.

Sondersituation Renovierung

Besonderes Augenmerk auf einen hydraulischen Abgleich sollte bei Renovierungssystemen gelegt werden, bei der die Wasser führenden Rohre fast unmittelbar unterhalb des Oberbodens liegen. Dieser direkte Wärmeübergang führt nicht nur dazu, dass die Rohrabstände gegenüber einer üblichen Verlegung reduziert werden müssen, damit keine Temperaturwelligkeiten auftreten, sondern auch, dass die Vorlauftemperaturen noch einmal reduziert werden können. Ein Beispiel für solche Systeme zeigt Bild 4. Hier wird mit einer Rohrüberdeckung von ca. 5 mm gearbeitet. Das System hat eine Aufbauhöhe von 15 mm inklusive Ausgleichsmasse.

Bild 4: Beispiel für eine Fußbodenheizung, das im Altbau als Renovierungssystem zum Einsatz kommt (velta minitec).

Die benötigten Vorlauftemperaturen liegen in einem Bereich von max. 40°C bis hinunter zu 26°C. Im typischem Fall einer Badrenovierung mit Fußbodentemperierung liegen die mittleren Heizwassertemperaturen unterhalb von 30°C.

Fazit

Der hydraulische Abgleich ist rechtlich gefordert und muss durchgeführt werden. Bei einer Fußbodenheizung ist der Haupteinflussfaktor auf die benötigten Wassermengen der Oberbodenbelag. Eine Nichtdurchführung des Abgleichs führt entweder zu untertemperierten Räumen, zu erhöhten Vorlauftemperaturen und/oder erhöhten Wassermengen. Der Bauherr wird mit höheren Kosten belastet, da die Pumpenleistung angehoben werden muss und Wärmepumpen und Brennwerttechnik nicht optimal ausgenutzt werden.

Zusätzlich werden Behaglichkeitsdefizite durch erhöhte Welligkeiten der Oberbodentemperatur und eine nicht optimal funktionierende Regelung in Kauf genommen. Der nicht durchgeführte hydraulische Abgleich kann also nicht nur rechtliche Konsequenzen mit entsprechenden Kosten für den Auftragnehmer haben, sondern führt auch schnell zu unzufriedenen Kunden.

Internetinformationen:
www.velta.de


* Dipl.-Phys. Sven Petersen, Uponor-Velta GmbH & Co. KG, Norderstedt


B i l d e r :  Uponor-Velta GmbH & Co. KG, Norderstedt


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