IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 04/2005, Seite 56 f.

EDV

Verlockender Internet-Browser

Viele Mitarbeiter nutzen den PC am Arbeitsplatz für private Dinge. Unternehmer können das zwar verhindern, müssen dabei aber Regeln einhalten.

Der EDV-Leiter eines mittelständischen Unternehmens aus Essen wollte es nicht glauben: regelmäßig analysiert er für seine Firma, welche Computer die meisten Daten aus dem Internet empfangen und welche die meisten Bits und Bytes ins Internet senden. Erwartungsgemäß war das zwar der hauseigene Web-Server. Dicht gefolgt allerdings von den PCs einiger Mitarbeiter. "Da wurden massenhaft Videodateien aus dem Web geladen und Pornoseiten angeschaut", erinnert sich Firmenanwalt Horst Leis. Eindeutig zweideutiges Privatvergnügen am Firmen-PC, das nicht nur Zeit, sondern auch Geld kostet. Schließlich hängen die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen heute an einer Internet-DSL- oder sogar an einer Standleitung. Und hier gilt: je mehr Daten pro Monat übertragen werden, desto teurer wird es. Das Essener Unternehmen zog darum Konsequenzen: Die allzu fleißigen Mitarbeiter wurden diesmal zwar nur formlos ermahnt. Bei ähnlichen Verstößen will die Firma in Zukunft allerdings formal Abmahnungen aussprechen.

Private PC-Nutzung am Arbeitsplatz - auf der ganzen Welt gang und gäbe. Das weiß auch der Suchmaschinenbetreiber Abacho.de. Das Unternehmen aus Neuss bei Düsseldorf hatte mehr als 1000 Internet-Surfer befragt und herausgefunden: 40% der Arbeitnehmer nutzen ihren Internet-PC am Arbeitsplatz auch für private Dinge.

Arbeitsplatzrechner für Privates verwenden

Die meisten Unternehmer sorgen heute bereits im Arbeitsvertrag vor. Dort sollte eindeutig geregelt sein, ob Mitarbeiter ihren Firmen-PC überhaupt privat nutzen dürfen. Für ältere Arbeitsverträge gilt gewissermaßen ein Gewohnheitsrecht. "Wenn ein Arbeitgeber stillschweigend akzeptiert, dass ein Mitarbeiter den Arbeitsplatzrechner auch privat nutzt, gilt das wie ein schriftlicher Vertrag", weiß der Düsseldorfer Rechtsanwalt Christian Lentföhr. Die Kriterien für eine "stillschweigende Genehmigung": Der Chef hat schon oft gesehen, dass ein Mitarbeiter privat surft, hat aber nie etwas dagegen unternommen oder ihn sogar aufgefordert, doch mal diese oder jene Internet-Adresse einzugeben, weil es da etwas Interessantes zu sehen gebe. Als stillschweigende Zustimmung gilt auch, wenn andere Mitarbeiter den PC schon privat nutzen dürfen. Hier gilt: entweder alle, oder keiner. "Wenn Arbeitgeber einzelnen Angestellten erlauben, privat zu surfen, dürfen sie es anderen nicht verbieten", weiß Rechtsanwalt Lentföhr.

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Christian Lentföhr.

Privat am PC - was darf ich trotzdem nicht?

Aber auch mit Einwilligung des Arbeitgebers bleiben gewisse Dinge verboten: Dies gilt besonders für das Herunterladen von Dateien und das Installieren von privaten Programmen. Egal ob Spiele oder eindeutig Zweideutiges - solche Dateien dürfen weder lokal auf dem Arbeitsplatzrechner noch auf dem Firmenserver gespeichert werden. So hat das Arbeitsgericht Frankfurt/Main eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung bestätigt, weil ein Mitarbeiter einer Firma im Laufe eines Jahrs etwa 100 Bilder und 24 Filme mit pornographischem Inhalt auf dem Unternehmens-Server gespeichert hatte. Zwar behauptete der Mitarbeiter, sein Chef habe ihn nicht auf den Umfang der privaten Internetnutzung hingewiesen. Die Richter folgten diesem Argument allerdings nicht. Besonders heikel wird es, wenn durch private PC-Nutzung Viren oder Würmer ins Firmen-Netz gelangen. "Verursachen Mitarbeiter durch private PC-Nutzung einen Schaden, dann können Arbeitgeber sogar Schadenersatzansprüche stellen", erklärt Christian Lentföhr. Gänzlich verboten ist nach Ansicht des Düsseldorfer Rechtsanwaltes das Tauschen von MP3-Songs oder Videodateien per Internet: "Eine Verletzung von fremdem Copyright kann eine fristlose Kündigung im Einzelfall sogar begründen", sagt Lentföhr und verweist darauf, dass Unternehmer diesen Punkt besonders penibel überprüfen sollten. Schließlich könne der Arbeitgeber für das Fehlverhalten seiner Mitarbeiter haftbar gemacht werden.

Big brother is watching you - das darf der Chef

Damit der Chef die Art der PC-Nutzung kontrollieren kann, darf er seine Mitarbeiter durchaus überwachen. Eine Dauer-Kontrolle per Videokamera ist zwar nicht zulässig, allerdings hat die Industrie inzwischen Programme auf den Markt gebracht, die festhalten, welche Internetseiten der Arbeitnehmer während seiner Dienstzeit besucht. Diese Programme verstecken sich so gut, dass der Computernutzer noch nicht einmal merkt, dass die Software auf seinem Rechner läuft. Vor allem in den datenschutzrechtlich eher rückständigen USA ein Verkaufsschlager: dort überwachen bis zu 78% der Unternehmen die Internetnutzung ihrer Angestellten, 60% überwachen auch die E-Mail-Nutzung. Die meisten amerikanischen Angestellten wissen jedoch davon überhaupt nichts. In Deutschland ist dies schon aufgrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht möglich. Hierzulande muss der Chef den Betriebsrat oder die Mitarbeiter vor dem Start der Überwachung über die Kontrollmaßnahmen informieren. "Damit Mitarbeiter nicht blind in eine Falle tappen, ist heimliche Überwachung immer unzulässig", betont Christian Lentföhr. Wer diese Regel verletzt, macht sich seiner Ansicht nach als Unternehmer sogar strafbar. Das gilt auch für die Überwachung des E-Mail-Verkehrs. Private elektronische Post darf der Vorgesetzte zwar protokollieren, deren Inhalt darf er allerdings nicht lesen. Denn Empfänger der privaten Nachricht ist der Mitarbeiter, nicht der Chef. Genau wie bei regulären Briefen gilt auch hier das Postgeheimnis.

Offenbar eines der meist genutzten Überwachungsprogramme in Deutschland. Damit können Chefs überprüfen, welche Webseiten ihre Mitarbeiter so anschauen.

Vorbeugen ist besser

Damit es erst gar nicht zu Konflikten kommt, können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern zwar generell erlauben, privat im Internet zu surfen. Allerdings dürfen sie nach Ankündigung auch mithilfe von entsprechenden Programmen bestimmte Web- oder Mailadressen von vornherein sperren lassen. Das kann dabei über Filter geschehen, die auf bestimmte Reizwörter wie etwa "Sport", "Jobbörse", "Erotik", "Sex" oder "Porno" reagieren und die Website dann automatisch sperren. Zusätzlich kann auch noch der Download von Dateien ab einer bestimmten Größe gesperrt werden. So eingeschränkt macht den Mitarbeitern das private Surfen zwar nur noch halb so viel Spaß, erinnert sie dann vielleicht aber auch an die wichtigste Regel: Privates Surfen am Arbeitsplatz gilt als Pausenzeit. Und da die in den meisten Arbeitsverträgen etwa 30 Minuten beträgt, wird sie bei ausgiebigen virtuellen Ausflügen im Internet allzu schnell überschritten.


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