IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 04/2005, Seite 54 f.

UNTERNEHMENSFÜHRUNG

 

Änderungen für das neue (Steuer)Jahr

2004 hat dem Mittelstand eine Flut von Änderungen und Neuerungen beschert. Wieder einmal standen nicht fachlich-inhaltliche oder gar wirtschaftspolitische Ziele im Vordergrund der Änderungen, sondern die Frage, wie mehr Geld in die Haushaltskasse kommen könnte.

Ein besonderes Manko ist nach wie vor auffällig: Viele Gesetze wurden wie in den Vorjahren wieder mal mit heißer Nadel gestrickt. Damit ist absehbar, dass ihre Haltbarkeit von geringer Dauer sein wird, was nicht nur die betroffenen Unternehmen in Schwierigkeiten und ihre Berater in neue Haftungsrisiken treiben wird. Auffällig ist vor allem auch, dass den neuen Gesetzen immer häufiger mehrseitige Schreiben des Bundesfinanzministeriums vorangestellt werden (müssen), die für das Verständnis notwendig sind und zur Einführung und Auslegung entsprechender Erläuterungen bedürfen. "Damit hat der Gesetzgeber mehr Chaos statt Klarheit und Vereinfachung geschaffen", kritisierte der Präsident des Bundesverbandes der Selbstständigen (BDS), Rolf Kurz, die neuerliche Entwicklung der Steuerpolitik in Hinblick auf den Mittelstand.

Weitere Kritik: "Es ist nicht die Höhe der Steuern, die kleine und mittlere Unternehmen kritisieren - der Mittelstand zerbricht an der Steuerbürokratie, an fehlender Kontinuität und Planbarkeit. Wichtig wäre eine echte Steuerreform mit Steuervereinfachung und Sachverstand. So entbehrt etwa das Einkommensteuergesetz jeder Systematik. Unternehmer - und immer öfter auch die haftenden Steuerberater - unterzeichnen Steuererklärungen, deren Inhalt sie nicht nachvollziehen können."

Änderungen und deren Auswirkung in 2005

Abschreibungen: Die Abschreibungsregeln bei beweglichen Wirtschaftsgütern, Gebäuden, Baumaßnahmen in Sanierungsgebieten und Baudenkmälern haben sich verschlechtert.

Folge: Höhere Steuerzahlungen werden fällig, da sie sich insgesamt auf mehr Jahre verteilen.

Verlustverrechnung: Seit 2004 ist die Verlustverrechnung wieder unbegrenzt erlaubt. Somit können negative Einkünfte im vertikalen Verlustausgleich wieder voll mit positiven Einkünften verrechnet werden.

Folge: Es entsteht größere Flexibilität für die Gestaltung des steuerlichen Jahresergebnisses.

Betriebsveräußerung: Der Spitzensteuersatz für Betriebsveräußerungen (von dem der halbe Wert für die Steuerermittlung angesetzt wird) wurde 2004 auf den fiktiven Satz von 56% angehoben.

Folge: Es ist jetzt noch weniger attraktiv, ein Unternehmen zu verkaufen (vor allem im Alter). Tatsache ist, dass der Steuersatz von 56% willkürlich gewählt und nicht nachvollziehbar ist, da der ab 2005 gültige Spitzensteuersatz auf Einkommen nur 42% beträgt.

Veräußerung wesentlicher Beteiligungen: Der Freibetrag bei der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen wurde ab 2004 von bisher 10.300 auf 9600 Euro gekürzt.

Folge: Sich von Unternehmensteilen zu trennen (vor allem im Alter) ist unattraktiver geworden.

Erbschaftsteuer bei Betriebsübertragungen: Der Freibetrag wurde 2004 von 256.000 auf 225.000 Euro herabgesetzt. Der verbleibende Betrag wird nicht mehr mit 60 sondern mit 65% angesetzt.

Folge: Es gibt immer noch keine Erbschaftsteuer, die die Übertragung von Betriebsvermögen attraktiv macht. (BDS-Forderung: Stundung der Erbschaftsteuer bzw. vollständiger Erlass, wenn das Unternehmen fortgeführt wird.) Vom Erbe bleibt weniger übrig. Die Zukunft vieler Unternehmen ist bedroht. Unternehmensfortführungen und damit auch Arbeitsplätze sind massiv gefährdet. Der Tod eines Firmenchefs trifft die Firma oft doppelt: Zum einen fehlt dem Unternehmen der erfahrene Kopf, zum anderen gefährdet die fällige Erbschaftsteuer die ohnehin oft knappe Firmensubstanz. Finden sich keine neuen Mittel, muss das Lebenswerk von der Familie oft unter Wert verkauft werden.

Alterseinkünftegesetz: Ab 2005 erfolgt der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung der Altersbezüge. Beiträge zur Altersvorsorge bleiben in voller Höhe steuerfrei; die daraus erzielten Renten oder Pensionen werden voll steuerpflichtig; auch für GmbH-Geschäftsführer und die Vorstände der Aktiengesellschaften. Da sich die Steuerlast in der aktiven Zeit vermindert, bleibt ein Betrag für die erforderliche zusätzliche private Vorsorge übrig.

Folge: Die schrittweise Umstellung auf eine nachgelagerte Besteuerung der Renten greift einen oft wesentlichen Baustein der Mittelstandsfinanzierung in seiner Substanz an: Firmeninhaber, die zur Betriebs- und Immobilienfinanzierung eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen haben, teilweise in Millionenhöhe - die Kalkulation basiert auf einer steuerfreien Verfügung nach zwölf Jahren Laufzeit. Mit der künftigen Besteuerung fällt eine Finanzierungsmöglichkeit weg. Angesichts der zurückhaltenden Kreditvergabe durch die Banken ist der Verlust dieser Besicherungsform ein Nachteil für den Mittelstand.

Umsatzsteuerchaos auf dem Bau (§ 13b Umsatzsteuergesetz): Das seit dem 1. Juli 2004 neu geregelte Umsatzsteuergesetz (§ 13b) sollte möglichst bald revidiert werden. Nach der geänderten Regelung stellen sich Bauleistende untereinander nun nicht mehr die Mehrwertsteuer in Rechnung. Sie wird jetzt vom Empfänger der Bauleistung an das Finanzamt abgeführt - und nicht mehr vom Lieferanten.

Folge: Was den Umsatzsteuerbetrug eindämmen sollte, hat für mehr Bürokratie auf dem Bau gesorgt. Das Erstellen von Rechnungen ist komplizierter geworden. Die eigentlichen Geschäfte der Firmen kommen weiter zu kurz. Denn: Viele Firmen können keine Rechnungen mehr erstellen, da ihre Buchungsprogramme Rechnungen ohne Mehrwertsteuer nicht ohne weiteres akzeptieren: Folglich muss erst die Software umgestellt oder neu angeschafft werden, meist mit zusätzlichem Kostenaufwand.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Definitionsproblemen. Folge: Die Betroffenen müssen in Grenzfällen spekulieren, wie das Finanzamt die getroffenen Maßnahmen steuerlich auslegt. Das kann unter Umständen zur Haftung für die Steuerschuld anderer führen. Außerdem steigt die Fehlerquote bei den Rechnungen. Die Buchhaltung wird komplizierter, da einzelne Rechnungen unterschiedlich gebucht werden müssen.

EÜR - ein neues Steuerformular: Für den Veranlagungszeitraum 2005 abgewendet wurde der Einsatz des neu entwickelten EÜR-Formulars in der im Dezember noch vorliegenden Form, das Kleinunternehmer und Selbstständige schon jetzt belastet hätte. An seiner Stelle wurde inzwischen ein neues, genauso kompliziertes Steuerformular entwickelt, dessen Einsatz nun ab 2006 in Aussicht gestellt ist. Geplant ist für Kleinunternehmer und Freiberufler, statt einer formlosen Einnahme-/Überschuss-Rechnung der Steuererklärung das zweiseitige Formular EÜR (= Einnahmen-Überschuss-Rechnung) beizufügen. Das Dokument zählt alle erdenkbaren Posten auf, die bei einer Einnahme-Überschuss-Rechnung überhaupt vorkommen können.

Folge: Auf 82 Zeilen sind sämtliche Fachbegriffe und Steuerparagrafen subsumiert, die ein normaler Steuerpflichtiger nicht versteht. Mindestens zwei Stunden, schätzen Experten, dauert es, den Bogen auszufüllen und zu klären, welche Angaben man machen muss, und welche Zeilen nicht auszufüllen sind. Zudem werden Datenangaben gefordert, die Kleinunternehmer bisher nicht bereitstellen mussten. Gegen die neuen Vorgaben hat sich unter anderem auch die Bundessteuerberaterkammer in Berlin ausgesprochen.


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