IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 04/2005, Seite 44 f.

REPORT

Energiepass: eine Chance fürs SHK-Handwerk

Ab 2006 werden Energiepässe für den Gebäudebestand zur Pflicht. Bau- und Wohnungswirtschaft, Eigentümer und Mieter werden davon betroffen sein - und das Fachhandwerk. Auch das SHK-Handwerk kann aus der Neuregelung großen Nutzen ziehen. Der Initiativkreis Erdgas & Umwelt informiert über den Stand der Dinge.

Wie bei Kühlschränken und Waschmaschinen wird man ab 2006 auch bei einem Altbau auf einen Blick wissen, woran man in energetischer Hinsicht ist: Die Energieeffizienzklasse eines Gebäudes inklusive seiner technischen Anlagen wird bei der "Passkontrolle" sofort ins Auge springen: Von A bis I reicht der Qualitätsstandard. Nach bundesweit einheitlichem Verfahren und Layout wird auf diese Weise die EU-Richtlinie "Gesamtenergieeffizienz für Gebäude" umgesetzt. Von der zu erwartenden Transparenz und von der plakativen Darstellung des Energielevels werden beispielsweise Mieter oder Käufer profitieren, können sie doch zukünftig die zu erwartenden Nebenkosten einer Wohnung oder eines Hauses besser einschätzen. Hausbesitzer dagegen haben nur dann einen Nutzen vom neuen Pass, wenn sie ihn als den ersten Schritt zur energetischen Sanierung begreifen - oder wenn sie ihre Immobilie schon auf einen guten Energiestandard getrimmt haben.

Überzeugungsarbeit für energetische Qualität

Zunächst werden viele Eigenheimbesitzer befürchten, dass mit der Ausstellung des Passes lediglich Kosten verbunden sind. Hier bietet sich nicht zuletzt für das SHK-Handwerk die Chance, durch Überzeugungs- und Informationsarbeit die Vorteile des Energiepasses darzustellen. Er ist - im Gegensatz zu gesetzlichen Sanierungspflichten oder Förderprogrammen - ein rein marktwirtschaftliches Instrument, um die energetische Sanierung anzukurbeln. Wertsteigerung der Immobilie, eine höhere erzielbare Grundmiete: das sind neben der Energie- und Kosteneinsparung im selbstgenutzten Eigenheim die wichtigsten Argumente bei der Aufklärung vor Ort. Und vielleicht wird in ein paar Jahren der Besitz einer "A-" oder "B-Immobilie" sogar zum Statussymbol...

Die Erstellung des Energiepasses soll Ingenieuren und Energieberatern vorbehalten bleiben. Ein mit weniger Aufwand erstelltes Kurzverfahren soll auch von Handwerkern mit Zusatzqualifikation durchgeführt werden können. Über Planungswerte und Eigentümerangaben hinaus werden in jedem Fall die Begehung und Bestandsaufnahme vor Ort Voraussetzung der Vergabe des Energieausweises sein.
Bild: boco

Mit dem Energiepass soll nicht zuletzt auch System in die Sanierungsmaßnahmen kommen. Denn neben der Gesamtbewertung und Detailbewertungen von Bau- und Anlagentechnik werden auch konkrete Modernisierungstipps Bestandteil des Energiepasses sein. Flickschusterei, unkoordinierte und damit wenig effiziente Einzelmaßnahmen sollen von aufeinander abgestimmten Maßnahmepaketen abgelöst werden.

Großer Bedarf an Energiepass-Ausstellern

Vorgelegt bzw. erstellt werden muss der maximal zehn Jahre gültige Pass ab 2006 immer dann, wenn energetisch relevante bauliche Veränderungen durchgeführt werden oder wenn Miet- oder Kaufverträge abgefasst werden. Dabei soll nach derzeitigem Stand der Dinge der Hausbesitzer die Wahl zwischen zwei Verfahren haben: Ein ausführliches Bilanzierungsverfahren schließt die komplexe Gebäudeaufnahme mit ein. Dessen Durchführung soll Ingenieuren und Energieberatern vorbehalten bleiben. Ein mit weniger Aufwand erstelltes Kurzverfahren soll auch von Handwerkern mit Zusatzqualifikation durchgeführt werden können. Über Planungswerte und Eigentümerangaben hinaus werden in jedem Fall die Begehung und Bestandsaufnahme vor Ort Voraussetzung der Vergabe des Energieausweises sein.

Grobe Schätzungen gehen ab 2006 zehn Jahre lang von im Schnitt jährlich mehr als 1 Mio. auszustellenden Energiepässen aus. Es liegt auf der Hand, dass es einen sehr großen Bedarf an Pass-Ausstellern geben wird. Auch SHK-Handwerkern bietet sich hier ein großes Marktpotenzial. Da allein der Begriff "Energieberater" nicht geschützt ist, gilt es, sich rechtzeitig um die entsprechenden Qualifikationen zu bemühen. Auf der sicheren Seite ist man mit der bundesweit einheitlichen, sechsmonatigen Weiterbildung zum "Gebäudeenergieberater - Handwerk", die beispielsweise an den Bildungsakademien des SHK-Handwerks angeboten wird. Für interessierte Handwerker gilt in diesem Fall dasselbe wie für Hausbesitzer: Wer beim Energiepass frühzeitig mit von der Partie ist, wird die Marktvorteile am besten nutzen können. Denn schon heute können Gebäude mit dem (vorläufigen) Energiepass zertifiziert werden. Die Anpassung der Daten an den endgültigen Inhalt des Passes ist dann mit wenig Aufwand verbunden.

Feldversuche

Als objektives Instrument muss der Energiepass übergreifend alle energetisch relevanten Gewerke berücksichtigen. Dies und die Entwicklung einer entsprechenden Software-Lösung ist die Aufgabe der Energiepass Initiative Deutschland (EID). Seit 2003 ist die EID-Software gegen ein geringes Entgelt erhältlich. Weiterentwicklungen des Programms bis zur endgültigen Version können integriert werden (Informationen unter www.zub-kassel.de). Die endgültige Optik des Passes wird voraussichtlich erst Mitte 2005 feststehen.

Energiepassvorschlag (Label-Modell) der dena.

Gut 3000 Energiepässe wurden bis Ende 2004 in einem von der Deutschen Energie-Agentur (dena) initiierten einjährigen Feldversuch ausgestellt. Dabei wurden zwei verschiedene Labels getestet. Der Feldversuch prüfte nicht nur deren Layout und Inhalt sowie Berechnungsverfahren und Software auf ihre Praxistauglichkeit. Auch die Akzeptanz bei den Hausbesitzern und das Marketing des Energiepasses wurden untersucht. Die Ergebnisse werden in das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung der Energie-Einsparverordnung einfließen, das bis Ende 2005 abgeschlossen sein muss, wenn die EU-Richtlinie pünktlich umgesetzt werden soll.

Die energetische Sanierung im Gebäudebestand kann als ein wichtiger Konjunkturmotor der Bauwirtschaft bezeichnet werden. Vieles spricht dafür, dass das Instrument Energiepass in der Lage ist, den Motor ein Stück weit auf Touren zu bringen. Entscheidend für das Handwerk ist, dass nicht passiv auf eine Sanierungsentscheidung des Hausbesitzers gewartet werden muss, sondern dass bereits die Ausstellung des Passes ein erster aktiver Sanierungsschritt ist. Bei diesem ersten Schritt sollte sich das SHK-Handwerk als kompetenter Dienstleister präsentieren.


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