IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 01/02/2005, Seite 34 ff.

HEIZUNGSTECHNIK

Wieso, weshalb, warum?

EnEV, PAS und EU-Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden

Prof.-Dr.-Ing. Helmut Burger, Dr.-Ing. Gerhard Meier-Wiechert*

Energie-Einsparverordnung (EnEV), mitgeltende Normen DIN V 4701 Teil 10 und DIN V 4108 Teil 6, dazu jetzt ein "Bestandsteil" DIN V 4701 Teil 12 sowie eine PAS (Publicly available specification)... Aber nicht genug damit, es folgt ab 2006 auch noch EU-weit die "Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden" und eine neue nationale Norm DIN V 18599. Was gehört wozu, warum und für wen? Hier der Versuch einer Aufklärung.

Die EnEV gilt inzwischen fast drei Jahre, die Wellen von Ablehnung und Unverständnis haben sich geglättet. Der Energiebedarfsausweis ist inzwischen zum Standard im Neubau geworden, auch wenn die öffentliche Nachfrage noch eher gering ist. Noch längst nicht alle Mieter und Immobilienerwerber lassen sich vor ihrer Entscheidung den Energiebedarfsausweis zeigen, obwohl er bei Neubauten einen guten Vergleich der energetischen Qualität von Gebäuden zulässt.

Die Einhaltung der berechneten Kennwerte in der Bauausführung wird in den meisten Bundesländern durch eine Fachunternehmererklärung bestätigt. Auch dieses Dokument hat noch nicht den gebührenden Stellenwert: Ausgestellt durch den ausführenden Fachhandwerker gibt es nicht nur Aufschluss über die realisierte energetische Qualität der Heizungsanlage, sondern ist auch ein gutes Mittel zur Bekämpfung von Schwarzarbeit.

Bild 1: Regelwerk zur Bewertung von Altanlagen.

In der inzwischen mehrjährigen Praxis der EnEV hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Energiebedarfsausweis lediglich eine normierte Vergleichsgröße darstellt und keinesfalls konkrete Rückschlüsse auf den realen Energieverbrauch eines Hauses oder einer Wohnung zulässt - genauso wenig wie ein "3-Liter-Auto" unter den alltäglichen Bedingungen tatsächlich 3 Liter pro 100 km verbraucht. Trotzdem - oder gerade deshalb - stellt der Energiebedarf aber eine sehr gute Vergleichsgröße dar, denn er beruht auf bautechnischen und damit objektiven Fakten und nicht auf individuell beeinflussbaren Verbrauchswerten.

EnEV und der Gebäudebestand

Allerdings bezogen sich bisher die EnEV und die sie begleitende anlagentechnische Norm DIN V 4701 Teil 10 ausschließlich auf die Bewertung von neu einzubauender Anlagentechnik. Diese kann mithilfe der Norm im Detail hinsichtlich ihrer energetischen Effizienz bewertet werden. Wenn aber neue, "EnEV-pflichtige" Gebäudeteile mit bestehender Anlagentechnik, z. B. montiert in einem älteren Gebäudeteil, beheizt werden, konnte bis vor einiger Zeit keine energetische Bewertung vorgenommen werden, da die Berechnungsgrundlagen in Form einer Norm fehlten.

Hierzu wurde im September 2003 die DIN V 4701 Teil 12 Blatt 1 veröffentlicht, die nun auch eine Berechnung von Altanlagen zulässt. Dazu wird, vereinfacht beschrieben, die Altanlage aufgrund ihrer Betriebsart, ihrer Größe und ihres Alters in ein Raster eingeordnet und daraus ein mittlerer Wirkungsgrad abgeleitet, der dann für die Berechnung der Erzeugeraufwandszahl verwendet werden kann.

Bild 2: EU-Richtlinie und begleitende Normen.

Da allerdings neben dem Wärmeerzeuger auch die Verlustgrößen für die Wärmeverteilung und -übergabe in die Gesamtbetrachtung eingehen müssen, waren weitere Regelungen notwendig. Zunächst war geplant, auch hierfür eine Normung vorzunehmen (weitere Blätter zur DIN V 4701 Teil 12), allerdings konnte man sich bisher nicht auf ein Berechnungsverfahren für bestehende Verteilungs- und Übergabesysteme einigen. Deshalb wurde, um überhaupt eine Berechnung von bestehenden Anlagen zu ermöglichen, anstelle einer Norm im Februar 2004 die PAS 1027 (publicly available specification) veröffentlicht, in der die Berechnung geregelt ist. Die PAS wird von den Verbänden BDH, DVGW, FIGAWA, IWO, ZIV, ZVEI und ZVSHK getragen.

Damit steht auch für bestehende ältere Heizungsanlagen nunmehr ein komplettes Regelwerk zur Verfügung, um eine Anlagenaufwandszahl eP zu ermitteln. Die vielfach zitierte Ausnahmeregelung nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 der EnEV (wenn Berechnungsgrundlagen fehlen, muss kein Primärenergiebedarf bestimmt werden, sondern nur eine verschärfte Anforderung an den Transmissionswärmeverlust eingehalten werden) greift somit zumindest für Altanlagen, die neue Gebäudeteile beheizen, nicht mehr.

Für die Bewertung einer Altanlage nach DIN V 4701 Teil 12 sind nur folgende Informationen notwendig:

EnEV-Novellierung

Damit Änderungen in den begleitenden Normen in den EnEV-Berechnungen verpflichtend angewendet werden müssen, ist allerdings die Benennung der Normen im Verordnungstext der EnEV notwendig. Dort wird nämlich explizit die Norm DIN V 4701 Teil 10 in Bezug genommen, und zwar mit einem konkret benannten Ausgabedatum. Da auch der Teil 10 inzwischen in einigen wenigen Passagen geändert wurde (Aufnahme von Berechnungsgrundlagen für Mehrkesselanlagen und Pelletskessel), war die EnEV zu novellieren, um diesen neuesten Normenstand (Erscheinungstermin Februar 2003) als "Stand der Technik" auch in der Verordnung heranzuziehen. Die Novellierung der EnEV ist derzeit in Brüssel zur Notifizierung, nachdem der Bundesrat im Juli 2004 zugestimmt hat. Mit einem In-Kraft-Treten wird kurzfristig gerechnet. Damit muss dann in den Berechnungen der neue Normenstand angewendet werden. In dieser Novellierung ist allerdings der Teil 12 der DIN V 4701 nicht explizit genannt, sodass nach den Buchstaben der novellierten Verordnung eine rechnerische Bewertung von Altanlagen noch nicht verpflichtend ist.

Bild 3: DIN V 18599.

Richtlinie 202/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

Die nächsten wesentlichen Änderungen werden für 2006 erwartet, wenn die Regelungen der "Europa-EnEV" - Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (energy performance of buildings) - in nationales Recht umgesetzt sein müssen. Die EU-Richtlinie (Richtlinie 202/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden) ist seit Dezember 2002 in Kraft und bildet den Überbau zu den nationalen Regelungen der Mitgliedsstaaten.

Ziel dieser Richtlinie ist es, die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in der Europäischen Gemeinschaft unter Berücksichtigung der jeweiligen klimatischen und lokalen Bedingungen zu unterstützen. Die Richtlinie enthält Anforderungen hinsichtlich

Bei der Beurteilung der Gesamtenergieeffizienz soll zusätzlich zu dem, was heute nach EnEV bereits Standard ist, auch der Energiebedarf für Beleuchtung und Klimatisierung einbezogen werden, da offensichtlich ist, dass insbesondere die Klimatechnik mit ihrer aufgrund der Komfortansprüche wachsenden Bedeutung einen immer größeren Anteil am Energiebedarf bekommt.

Prüfung von alternativen Systemen

Neue Gebäude müssen die in der EU-Richtlinie erwähnten, aber nicht konkret benannten Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz erfüllen. Die Vorgabe der Mindestanforderungen obliegt den Mitgliedsstaaten. Bei neuen Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 1000 mē müssen zukünftig die technische, ökologische und wirtschaftliche Einsetzbarkeit alternativer Systeme wie dezentraler Energieversorgungssysteme auf der Grundlage von erneuerbaren Energieträgern,

vor Baubeginn berücksichtigt werden.

Bild 4: Struktur der eurpäischen Normenausschüsse.

Modernisierung

Außerdem müssen die Mitgliedsstaaten die notwendigen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Gesamtenergieeffizienz von bestehenden Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von über 1000 mē, die einer größeren Sanierung unterzogen werden, an die zu definierenden Mindestanforderungen angepasst werden, sofern dies realisierbar ist. Die Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von modernisierten Gebäuden sollen sich an denen von Neubauten orientieren.

Die Anforderungen können entweder für das renovierte Gebäude als Ganzes oder für die renovierten Systeme oder Bestandteile festgelegt werden.

Berechnungen nach EU-Richtlinie

Die Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umfasst nach § 3 der EU-Richtlinie mindestens folgende Aspekte:

Für die Berechnung sollten die Gebäude angemessen in Kategorien unterteilt werden, wie z. B.:

Bild 5: Energiepassvorschlag (Label-Modell) der DENA (Quelle und Copyright: DENA).

Umsetzung in Deutschland

Die Bundesregierung plant die fristgerechte Umsetzung der EU-Richtlinie bis Januar 2006. Wegen der Bearbeitungsfristen in den Ministerien, im Bundestag und Bundesrat müsste ein erster Referentenentwurf der deutschen Umsetzungsverordnung noch in 2004 vorgelegt werden. Dabei wird auf die vorhandenen Normen zurückgegriffen.

Für den Wohnungsbau wird auf die DIN 4701 Teil 10 (neue Anlage) sowie auf Teil 12 und PAS 1027 Bezug genommen. Damit wird es für Wohngebäude keine Berücksichtigung von Beleuchtung und Klimatisierung geben.

Da die DIN 4701 nur für Wohngebäude angewendet werden kann, laufen derzeit Normungsarbeiten für den Bereich der Nicht-Wohngebäude. Die zu erstellende DIN V 18599 wird 12 Teile enthalten und voraussichtlich noch 2004 als Entwurf vorliegen.

Die Gültigkeit wird sich zunächst nur auf Nicht-Wohngebäude beziehen, Teil 5 wird die Berechnung des Heizsystems regeln, Teil 8 die Warmwassersysteme zum Inhalt haben. Später soll die DIN V 18599 dann die DIN V 4701 ablösen.

Die nationale Umsetzungsverordnung soll bis ca. 2010 Gültigkeit besitzen. Erst dann wird ein europäisch-einheitliches Normenwerk vorliegen, das die nationalen Normen ablöst.

Da Deutschland bei der Umsetzung von Energieeinsparmaßnahmen und der entsprechenden Regelung in Normen und Verordnungen derzeit eine Spitzenstellung in Europa einnimmt, ist davon auszugehen, dass große Teile des bestehenden deutschen Regelwerkes auf die europäischen Normen übertragen werden. Die Normenausschüsse haben in Europa ihre Arbeiten bereits aufgenommen.

Bild 6: Ablauf des DENA-Feldversuchs.

Insgesamt fünf technische Ausschüsse sind innerhalb des CEN auf euopäischer Ebene damit befasst, alle für die EU-Richtlinie notwendigen "Gewerke" mit den entsprechenden europäischen Normen zu versorgen:

Es ist leicht vorstellbar, dass noch erheblicher Abstimmungsaufwand entstehen wird, bis sich die verschiedenen Interessengruppen (Fassade, Fenster, Anlagentechnik, Strom, Klima, ...) aller beteiligten Staaten auf einheitliche Normen geeinigt haben. Solange werden die deutschen Normen Bestand haben.

Energiepass

Als eine wesentliche Neuerung steht über die EU-Richtlinie die verbindliche Einführung eines Energiepasses in ganz Europa ins Haus. Nach Art. 7 der EU-Richtlinie muss der Energiepass bei Bau, Vermietung oder Verkauf dem jeweiligen Interessenten vorgelegt werden, verpflichtend ab 2006. Der Pass muss Referenz- und Vergleichskennwerte enthalten, um den Verbrauchern einen Vergleich und eine Beurteilung der Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes zu ermöglichen. Außerdem sind Empfehlungen für die kostengünstige Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz beizufügen. Die Gültigkeit des Passes darf höchstens zehn Jahre betragen, danach ist er zu erneuern.

Für "öffentlich" genutzte Gebäude (z. B. Banken, Geschäfte, Behörden etc.), die größer als 1000 mē sind, muss der Energiepass öffentlich an einer gut sichtbaren Stelle angebracht werden.

Die Mitgliedsstaaten müssen sicherstellen, dass die Erstellung des Energieausweises von Gebäuden und die Inspektion von Heizkesseln sowie Klimaanlagen von qualifizierten Fachleuten durchgeführt werden.

Da die Detailregelung des Energiepasses wiederum Sache jedes Mitgliedsstaates ist, wurde in Deutschland durch die DENA (Deutsche Energie-Agentur) ein Feldversuch gestartet, in dem zwei Passvarianten als Prototypen miteinander verglichen und erste Anwendererfahrungen gesammelt werden sollen. Nach Abschluss des Feldversuches sollen die Ergebnisse dazu genutzt werden, den Energiepass vor der allgemeinen Einführung 2006 zu überarbeiten.

Bild 7: Energiepass als Marketinginstrument der Immobilienwirtschaft.

Bedarf oder Verbrauch?

In diesem Zusammenhang besteht allerdings insbesondere bezüglich der Bezugsgrößen des zukünftigen Energiepasses noch erheblicher Diskussionsbedarf.

Zum einen können nach der EU-Richtlinie die Energiepässe sowohl für komplette Gebäude als auch für einzelne Wohnungen gelten. Letzteres ist hinsichtlich einer aussagefähigen Verbraucherinformation sicherlich sinnvoller, allerdings bezüglich des Erstellungsaufwandes aufwendiger.

Zum anderen ist die Art der energetischen Bezugsgröße noch unklar. Die Erfahrungen mit der EnEV zeigen, dass eine bedarfsorientierte Betrachtung zwar Vorteile bietet, aber rechnerisch einen erheblichen Aufwand verursacht und keine konkreten Verbrauchsdaten liefert. Der Energiebedarfsausweis gibt in Abhängigkeit der objektiv feststellbaren Bauausführung und der gewählten Anlagentechnik einen "Normbedarf" wieder, der zwar den energetischen Vergleich von Gebäuden objektiviert, aber nicht unbedingt etwas mit dem nutzerabhängigen wirklichen Verbrauch zu tun hat. Für den Gebäudebestand bedeutet die Ausstellung eines Bedarfsausweises, dass die Bausubstanz und Anlagentechnik im Detail zu bewerten sind (z. B. anlagenseitig anhand der DIN V 4701 Teil 12).

Bezieht sich der Energiepass auf den Energieverbrauch, so entsteht vordergründig ein deutlich geringerer Aufwand. Der Mittelwert der Gebäude-Energieverbräuche der letzten Jahre genügt. Allerdings geht in diese Betrachtung das Nutzerverhalten stark ein: Baulich identische Gebäude können stark unterschiedliche Verbräuche aufweisen, je nach Zusammensetzung der Bewohnergemeinschaft. Damit ist eine objektive Vergleichbarkeit von Gebäuden nicht mehr gegeben. Außerdem suggeriert ein Verbrauchspass noch stärker als ein Bedarfspass, dass der entsprechende Mieter oder Eigentümer einen Rechtsanspruch auf den genannten Verbrauch hat. Dies ist natürlich unrealistisch, da der jeweilige Bewohner über sein Nutzerverhalten die Möglichkeit hat, mit Energie mehr oder weniger sparsam umzugehen. Führt in einem Mehrfamilienhaus ein Bewohner und damit ein Nutzerverhaltenswechsel zu starken Verbrauchsabweichungen, so muss ein Energieverbrauchspass theoretisch jeweils angepasst werden, während ein bedarfsbasierter Pass seine Gültigkeit behält.

Die Diskussion, ob der Bedarf oder der Verbrauch die sinnvollere Bezugsgröße ist, wird die deutsche Immobilienwirtschaft sicherlich noch eine Weile beschäftigen.

Unstrittig ist aber, dass ein Energiepass, zumindest wenn er sich an bekannte Lösungen wie z.B. dem Labeling von weißer Ware anlehnt, zu einem verstärkten Energiebewusstsein von Eigentümer oder Mieter führen und zukünftig auch hinsichtlich der Vermarktung von Häusern und Wohnungen zu einem wichtigen Kriterium werden wird.

Fazit

Auch wenn ab 2006 die EU-Richtlinie greift, stehen nach jetzigem Stand keine gravierenden Änderungen in der Vorgehensweise an. Die bestehenden Normen für Wohngebäude werden zunächst weiter gelten, für Nicht-Wohngebäude kommt eine entsprechende Norm (DIN V 18599) neu hinzu.

Eine gewisse Belastung für Wohnungseigentümer erwächst aus der Verpflichtung, ab 2006 Energiepässe erstellen zu lassen. Der Aufwand wird im Wesentlichen bestimmt durch die Entscheidung, ob eine Verbrauchs- oder eine Bedarfsbasis vorgeschrieben wird. Die Entscheidung hierzu ist derzeit offen. Präferiert wird die berechnete oder veranschlagte Bedarfsbasis. Übergangsweise ist auch daran gedacht, Verbrauchswerte heranzuziehen.


* Prof.-Dr.-Ing. Helmut Burger, Dr.-Ing. Gerhard Meier-Wiechert, Viessmann Werke, Allendorf


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